Ulrike Steiner

verloren

„Hi. Ich wollte dir nur Bescheid geben, dass ich mit Tom zu einem Match gehe. Werde etwas später Heim kommen!“

Obwohl Janina schon18 Jahre alt war und ein eignes Auto besaß, sagte sie ihrer Mutter immer Bescheid, wo sie war oder was sie machte. Sie wollte ja nicht, dass sie sich ihretwegen Sorgen machte.

Janina und ihr Bruder Tom legten den größten Teil des Weges zum Fußballmatch mit der U-Bahn zurück. Sehr zum Missfallen seiner kleinen Schwester trank Tom bereits sein drittes Bier, als sie endlich aussteigen konnten.

Janina war weder erfreut noch teilte sie die Passion ihres um 20 Jahre älteren Bruders, doch sie schwieg, denn ein Freund hatte ihr einmal gesagt, dass sie aufhören sollte, ihre Brüder zu erziehen. Auf Grund dieser Aussage ihres besten Freundes nahm sie Tom, wenn auch sehr widerwillig, zwei weitere Bier von der Getränkeausgabe des Stadions mit.

Das Spiel verlief gegen aller Erwartungen miserabel, und Janina konnte Tom nicht aufhalten, sich während der 90 Minuten Spielzeit 5 weitere Male zum Bierausschank zu begeben.

Toms kleine Schwester war regelrecht froh, als das Spiel endlich zu Ende war. Gemeinsam gingen sie zur U-Bahn zurück, Janina neben ihrem stolpernden Bruder her.

Während sie unaufhörlich schwieg, war ihr Bruder in seinen Eskapaden, was für ein Idioten diese Fußballspieler doch waren, nicht zu bremsen.

„Schwesterherz, wie viel Geld hast du noch?“, Janina ahnte Schlimmes, deshalb meinte sie leise, so das niemand außer ihrem Bruder die Lüge hören konnten: „Nichts mehr!“

Laut fluchend bahnte sich Tom seinen Weg zum Bankomat in der mit heimfahrenden Fußballfans voll gestopften Eingangshalle der U-Bahnstation.

Verzweifelt blieb Janina einige Meter entfernt stehen und beobachtete ihren Bruder, als er erst Geld abhob um es dann gleich darauf bei einem Imbisstand für Bier wieder auszugeben. Das Gefühl von Machtlosigkeit trieb ihr die Tränen in die Augen.

Sie stolperte hinter ihrem Bruder her in die U-Bahn. Bemerkten die Leute, dass ihr älterer Bruder bereites sein zehntes Bier trank?

„Du wirst genau wie deine Mutter!“, Toms Stimme riss Janina aus ihren traurigen und düsteren Gedanken.

„Die versucht auch immer mit ihrem Beleidigt sein mich dazu zu bringen auf zuhören.“

Janina wollte ihrem Bruder erklären, dass sie nicht beleidigt war, doch er schien sie gar nicht mehr wahrzunehmen.

„Unsere Beziehung wäre viel besser, wenn das aufhören würde.“

War jetzt Janina oder ihre Mutter gemeint?

„Weißt du eigentlich, warum ich das mache? Um dir zu zeigen, wie schlecht Alkohol ist. Irgendwer muss dich ja davon fern halten, und ich bin dein großer Bruder.“

Janina starte auf ihre Füße. Wer war wohl von ihnen in diesem Moment erwachsener?

Den ganzen restlichen Weg gab Tom weitere Erklärungen für seinen Bier-Missbrauch ab. Seine Exfrau, seine fehlende Anwesendheit im Leben seiner Kinder.

Tomtat Janina ja Leid, nur wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Sie wusste nur, dass es keine Lösung war alle Probleme im Bier zu ersaufen.

Janina war froh, als sie ihren Bruder in sein Haustor gehen verschwinden sah und endlich in ihr Auto steigen konnte.

Zu ihrer Verwunderung war Janinas Mutter noch wach, als sie Heim kam.

„Und wie war es?“

„Wir haben verloren!“

Janina war sich nicht sicher, ob sie das Match meinte, oder ihren Bruder.

 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Ulrike Steiner).
Der Beitrag wurde von Ulrike Steiner auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.10.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Ulrike Steiner als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Fallender Schatten von Heiger Ostertag



Eine attraktive Lehrerin einer Stuttgarter Waldorfschule wird zum Mordopfer, aus dem Kollegium könnte es jeder gewesen sein! Jeder? Nun, die Dinge liegen vielleicht doch etwas schwieriger. Denn die Ermittlung der Polizei laufen ins Leere, weitere Morde ereignen sich. Erst zum Ende entwirrt eine Eurythmistin das undurchdringliche Dickicht aus Lügen und Gerüchten.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (2)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Autobiografisches" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Ulrike Steiner

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Die weiße Rose von Ulrike Steiner (Abschied)
Meine Bergmannsjahre (fünfter Teil) von Karl-Heinz Fricke (Autobiografisches)
PIZZA-Studie - wissenschaftliche Mouse-Arbeit von Siegfried Fischer (Humor)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen