Michael Masomi

Gott ist ein DJ

 Der Tag war Kacke! Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich hatte einen Pelz im Mund, vom Rauch der letzten Nacht und mein Kopf dröhnte. Die Sonne stach mir in die Augen,  mein Bett roch nach meiner Frau und die Wohnung nach Scheiße. Buffo hechelte wild und sein bärenähnlicher Kopf schaute gestresst  in mein Schlafzimmer, dass ich die letzte Nacht alleine für mich hatte. Angela war bei ihrer Mutter.
  Ihre Worte halten noch in meinem Stammhirn nach. „Beweg dich endlich! Mach was, sonst verlass ich dich!“
  „Ich mach doch was!“
  „Ja, mit einer Achtzehnjährigen im Park spazieren. Du bist mein Mann! Ich bin schwanger!“
  Ich bin schwanger, war in den letzten drei Monaten die Antwort auf alles. Hier nimm Sam, ich bin schwanger. Trag das, ich bin schwanger, mach das, ich bin schwanger! Kiff nicht immer in der Wohnung, ich bin schwanger. Ja, ja, aber nicht schwanger genug, um auf dem Markt Wassermelonen zukaufen, oder den wöchentlichen Rotwein zu saufen.
  „Ich bin schwanger und du bist ohne Arbeit!“
   „Ich kann mir keine Arbeit aus der Arschbacke schneiden!“
  Ich war doch Lehrer. Ich konnte doch nicht einfach in einer Fabrik Dosen zuschrauben!
  „Du hast deinen Job wegen des Kiffens verloren!“
  Hatte ich nicht. Sie konnten mir nie was nachweisen. Denn wenn jemand im Lehrerzimmer Tests durchgeführt hätte, würde eine ganze Schule nicht mehr unterrichtet, soviel Alkohol und Tabletten waren dort im Umlauf sind.
  Wer interessierte sich dort schon für ein wenig Pot, wo doch jeder einen Jack mit Eis in seiner Thermoskanne hat. Die Kinder rauchen selber alle und bei mir ist es eigentlich nur hin und wieder. Also kein großes Ding. Jaqueline ist ein großes Ding.
  „Du bist arbeitslos, ich bin schwanger und du gehst mit einer kleinen Schlampe in den Park!“
  Jacky ist keine Schlampe, sie ist ein Mädchen aus der Nachbarschaft. Okay, sie sieht zurzeit  etwas attraktiver aus als  Angie,  aber will ich mit ihr schlafen? Ja! Sie macht mich wild, sie flirtet ganz subtil mit mir. So unter der Oberfläche des Sehbaren. Und ich würde sie gerne…Deine Frau ist schwanger!
  Mein Kopf dröhnte. Das Zeug von Carsten war mal wieder der Hammer.
  „Torsten, du bist nicht für die Ehe geschaffen.“
  Das sagte meine Exfrau auch immer, dennoch hatte ich es ein zweites Mal versucht.
  Ich stand wankend auf und sah das Malheur. Furzsoße auf dem Paket. Buffo hatte Durchfall. Na Prima, toller Tag. Die Scheiße fing ja schon gut an. Es  war sieben Uhr, die Frau war bei den Eltern, der Hund kackte mir die Wohnung voll und ich wollte noch zur ARGE. Montag, sag ich da nur.
  Als ich alles in der Tüte hatte klingelte es. Jacky!
  Ich schlüpfte in meine Jeans und öffnete.
  „Heute keine Schule?“
  „Ne! Du bist doch auch Lehrer!“
  Ich grinste.
  „Wo ist deine Frau?“
  „Abgehauen! Zu Mutti.“
  „Stress?“
  „Jep!“
  „Tut mir leid!“
  „Blas mir einen!“
  Die Türe knallte zu und ich stand mit offener Hose, einen Ständer der langsam wieder zusammen fiel und einer Tüte voll Scheiße da und glotzte auf das Holz der Tür. Hatte ich das wirklich gesagt? War ich so zugedröhnt, dass ich einen Teenager zum Blowjob aufforderte?
  Buffo fiepte kurz und heftig und sprenkelte die Tapete in ein lustiges Muster. Ich packte ihn beim Kragen und verfrachtete ihn auf den Hof. Dann schmiss ich die Tüte weg und zog mich richtig an. Die Hose nicht gebügelt, der Pulli zu kurz. Was sollte es, ich war Hartz IV.
  Ich schüttelte noch den Kopf über Jacky, als ich in meine Sneaker stieg und die Türe hinter mich schloss. Ich war auf den Weg zur ARGE. Nach dreizehn Minuten war ich da, setzte mich in die Wartezone und starrte so um mich herum. Eigentlich nehme ich immer ein Buch mit, dieses Mal war es anders. Ich saß so herum und beschaute die Leute die da waren. Ein Pärchen saß mir gegenüber und die Frau sprach monoton auf ihren Mann ein.
  „Du brauchst Arbeit Franz, wir haben kein Geld.“
  „Ich kann mir keinen Job aus der Arschbacke schneiden!“
  War die Welt verloren? Wurde niemand mehr gebraucht? Gab es zu viele Menschen für die wenige Arbeit. War Arbeit alles auf dieser Welt. In meiner alten Schule, einer Hauptschule warteten die Kinder darauf, mit dem Abschluss, oder ohne, in die ARGE aufgenommen zu werden. Sie würden heiraten, Familien gründen und sich auch keinen Job aus der Arschbacke schneiden können.
  Da kam Familie Totaldruff. Ihm war der Alkoholmissbrauch ins Gesicht geschrieben und sie hatte wohl andere Probleme, die sie sich nach ihren Blicken wohl anders finanzierte, als der vermeintliche Erzeuger ihres kleinen Lenchens.  Lena lief umher und suchte weitere Kinder. Doch es waren keine weiteren da. Meine Sam saß bei Oma und hörte sich Geschichten aus einer anderen Welt an. Einer anderen Zeit, wo Opa noch auf Zeche war und Oma am Herd.
  Ich schaute auf meine Adidasschuhe. Na toll, die hatte Buffo auch erwischt
  Meine Nummer erschien und die Nummer des Zimmers in das ich treten durfte.
  Ich öffnete die Türe und die quitschige Stimme von Afroman schall mir entgegen.
   I LOST MY JOB BECAUSE I GET HIGH
  Ich  dachte mir, ja da geht die Sonne auf. Der Typ am Tisch nahm meine Nummer und grinste mich an. Ein Kiffer erkennt den anderen. Ich schmunzelte.
  I LOST MY KIDS’ N WIFE ‚ BECAUSE I GET HIGH
  I EAT YOUR PUSSY AND THEN I GET HIGH
  NA NA NA NA LA LA BECAUSE I GET HIGH! BECAUSE I GET HIGH!
   “Kann ich was für sie tun, Herr Gehner?“
  LA LA LA LA I GET HIGH!
  Ich drehte mich um und sagte: “Ne, danke bin Falsch  hier!“
  Ich ging wieder nachhause. Setzte mich auf meinen Stuhl, holte das Zeug vom letzten Abend heraus und drehte mir einen fetten Blunt.
  Leck mich am Arsch! Wenn Gott ein DJ ist, wer bin ich dann, dass ich nicht tanze?
  Amen und ein großes Halleluja!      
 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.11.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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