Paul Duke

Taxi


Taxi
 
 
Ich hatte noch ziemlich genau Viereinhalb Stunden, dann sollte ich den Job machen. Ganz einfacher Auftrag, hätte jeder Amateur hinbekommen. Aber ich war viel zu betrunken und viel zu sehr auf dem Weg zu meinem Dealer um mir darüber Gedanken zu machen. Es regnete wie aus Badewannen, also beschloss ich ein Taxi zu nehmen. Rein in den Wagen, Ziel genannt, los geht’s. Die frisch geklaute Gaspistole drückte mir in den Schritt, aber das war es nicht, was in mir Unbehagen auslöste. Es war eher der Blick des Taxifahrers. Und das er mit einem Affenzahn durch die Innenstadt brauste. Bis dahin OK, aber das er sprach wie ein Wasserfall im Zeitraffer und dabei fast permanenten Blickkontakt mit mir hielt, machte mich doch etwas nervös. „Total viel verkehr heute…scheiß Autofahrer…scheiß Bullen…Bla Bla…Bundesliga geguckt? Nein? Scheiß auf die rote Ampel, in meiner Heimat gibt’s nichtmal Ampeln!“ so in etwa quasselte er mich zu, sein Akzent klang ein bisschen wie eine schlecht geölte Kettensäge, seine weit aufgerissenen Augen glänzten wie polierte Spiegel, der Schweiß rann ihm in Bächen runter. Die längste Taxifahrt meines Lebens. Der Typ fuhr mit der Souveränität eines Kamikaze-Bombers durch den Regen, ohne die Straße auch nur ansatzweise zu beachten. Gelegentliche Blicke voller Verachtung und Psychose auf den Fahrstreifen, ohne auch nur für den Bruchteil einer Sekunde zu schweigen. Ich war überzeugt, dass ich heute Nacht in einem Mercedes sterben würde. Während ich mein Leben wie ein Film auf die Windschutzscheibe projeziert an mir vorbeirasen sah wie meinen Fahrer durch die verfetteten Adern des Asphaltdschungels, prasselte sein Wortschwall auf mich ein wie die Schlagserie eines Profi-Boxers. Plötzlich hielt er mit quietschenden Reifen an, schlitterte Aquaplaning mäßig ein bisschen hin und her und redete weiter darüber, wie beschissen all die anderen Taxifahrer seien. Ich drückte ihm Geld in die Hand, sprang aus dem Wagen, verfolgt von seinem Laberflash, knallte die Tür zu und begab mich in die Crack-Höhle, in der Ich bereits sehnsüchtig erwartet wurde. Ich sollte mal langsam meinen Führerschein machen, dachte ich noch, als ich sah, wie der Taxi-Bomber über die nächste rote Ampel preschte.
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.12.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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