Annika Albe

Schreib mal

 
 
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern...   Ich stand da, einen Stein fest umschlossen. Ich wollte ihn werfen, ihn gegen die Tonne schleudern, doch die Spannung in den Muskel lies nach und der Arm sank nach unten. Statt zu werfen ging ich weiter über die traurige Straße, die mit dunklem Blick mich ansah.   Die Bäume, die ich so gern umschließen wollte, ließen mir keine Wahl, denn ihre schützenden Rinden, waren rau und kalt. Sie sahen erbärmlich aus, und viele kleine Risse, hatten Tränen gebildet.   An einer Wand blieb ich stehen, sah den Schmutz, der sie überdauern würde. Wie lange sie wohl schon hier stand, fragte ich mich und lächelte. Die Wand war kahl, nur ein kleiner Papierfetzen leuchtete und hob sich vom Fundament ab.   Schreib mal! Rote Buchstaben, wie Feuer glühten und blendeten meine sehenden Augen. >Schreib mal, schreib mal,< ging es mir durch den Kopf. Wie sollte man schreiben, wenn Worte so schwer fallen, wenn eine Bitte wie eine Folter ist. Ich senkte den Kopf, um nicht mehr hinsehen zu müssen, um mich abzuwenden. >Schreib mal,< dachte ich und riss an dem Papier, zerknüllte es und steckte es ein.   Die Worte kreisten in mir, machten mich rasend. Ich kratze mir über das Gesicht und zog an den Haaren, doch sie verschwanden nicht.   Ich ging weiter, ohne es zu merken und hörte Stimmen, die die Luft zerissen. Singend saß da ein Mädchen, sie mochte etwa vier Jahre alt sein. Ein leerer Blick kam auf mich zu und umarmte mich. Sie klopfte mit Steinen auf die Straße und sang. Sang vom Himmel, den es nicht gab und von Farben.   >Schreib mal,< wieder waren da diese Worte. Ich setzte mich neben die Kleine, sah und hörte ihr zu . Ich begann im lockeren Asphalt zu wühlen und hörte die Stimme. Kreise, Punkte, Wölbungen. >Schreib mal,< dachte ich und mein Finger zeichneten Wörter. Ich spürte den Zettel in meiner Tasche. Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern...
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.12.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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