Patrick Klein-Selig

Fremde Welt

 

Femde Welt

 
Es war ein Tag wie jeder, hier in diesem Kaff, dieses kleine miese Kaff wo nie etwas passiert. Ich saß auf meiner Terrasse, die ich damals so ganz allein gebaut habe, weil Papa wieder arbeiten musste. Ich beneidete ihn. Er konnte hier weg, weg aus all dem nichts. Aus diesem langweiligen Kaff wo nie etwas passierte.

So saß ich dort nun, auf dem kleinen braunen Hocker, an diesem sonnigen tag auf meiner Terrasse, und blicke auf die Strasse. Mal kam ein Trecker, mal sogar ein Auto oder ein Kleinbus, aber sonst nur Trecker. Und Radfahrer, diese nervigen Radfahrer die so laut brüllten und klingelten, manchmal sangen sie sogar, dieses Penetrante Geräusch in der Stille der nichts. hinter mir hörte ich Kühe. Ich drehte mich auf dem Hocker und beobachtete nun die Kühe, diese stinkenden großen Viecher die den ganzen Tag auf der weide stehen und muhten, als ob es kein Morgen mehr gibt. Aber ich mochte dieses Muhen, es beruhigte mich, dieses grässliche Geräusch, das mochte ich.

Meine Mutter rief mich. Ich hätte hingehen sollen, aber ich tat es nicht, ich schaute weiter auf die Weide, auf meine Kühe, ohne mich zu regen. Im Winkel sah ich meine Mutter immer näher kommen, den langen Rasen, an dem alten Weg vorbei, auf den vergammelten Platten, direkt auf meine Terrasse kam sie zu, die ich damals mit so viel mühe ganz allein gebaut hatte, Papa war ja arbeiten. Sie stand nun neben mir und sah mich an. Ich blickte zu ihr auf, von meinem kleinen niedrigen Hocker, und wir sahen uns nur an, ohne ein Wort. Ich blickte wieder auf meine Kühe, die Nervigen unnützen Viecher, die ich so mochte. “Wir müssen los“, sagte eine Mutter. Ich wollte nicht weg. Ich beachtete sie nicht und sah weiter auf meine Kühe. Sie packte mich am arm, doch ich regte mich nicht, ich wollte dablieben, bei meinen Kühen, wie sie so kauten und muhten, ich mochte sie. Doch innerlich fühlte ich, das es an der Zeit war aufzustehen und ins Auto zu steigen, ins Auto in eine ungewisse Zukunft, ohne penetrante Fahrradfahrer, ohne Kühe, die ich so mochte, ohne meine Terrasse, die ich damals mit soviel mühe ganz allein gebaut hatte, ich stieg ins Auto, der Rücksitz drückte mich stark nach vorn, so voll beladen war unser kleiner gammeliger Audi noch nie, so bis unters Dach, doch mir war es egal, denn nun fuhren wir, wir fuhren fort mit dem wissen, nie wieder herzukommen. War schon ein komisches Gefühl. Unterwegs sahen wir immer wieder Kühe, die Kühe die ich so mochte, doch wir hielten nicht, ich konnte sie nicht beobachten. Wir fuhren weiter, immer weiter, ohne halt, ohne genaues Ziel. Auf halben weg machten wir Rast, meine Mutter hielt an einer Tankstelle, ich sah mich um. Ich sah keine Kühe und auch keine Radfahrer, nicht einmal einen Trecker, nur eine menge Autos und Lkws, man hörte auch kein muhen, nur ein ständiges gerausche, von der Strasse, wie wenn man sich abends fernsehen anschaut und der Stecker wie von Geisterhand aus der Steckdose fliegt, dieses rauschen das ich schon so oft gehört hatte, das ich so hasste. Wir gingen in die Tankstelle, meine Mutter bezahlte, wir gingen also wieder in unseren Audi, unseren gammeligen Audi der so voll gepackt war, so voll wie noch nie. wir fuhren weiter, bis zu den großen Hügeln. Wie Deiche kamen sie mir vor, wie große Deiche, wie die Auf Sylt, damit die Häuser geschützt sind vor dem Meer, nur hier gab es kein mehr, nur Bäche und berge, das pfeifen in den Ohren machte mein Mutter fast wahnsinnig, mich störte es nicht, doch sie machte es fertig. Wir fuhren weiter. Ich habe schon lange eine Kühe mehr gesehen, doch nun kamen wir an die Grenze, meine Mutter fuhr langsam durch, der Zollbeamte, der mit diesem schleimigen korrupten blick, winkte uns nach links, und wir fuhren weiter, in die Stadt, die bekannte Stadt, so hässlich und unansehnlich, doch sie war aufregend und groß, doch so hässlich. Wir fuhren weiter und fragten uns, wo der Rest unsrer Familie wohl grade war, die doch mit dem Zug gefahren sind, wegen meinen kleinen Geschwistern, sie sind doch noch so klein, damit sie schlafen können, ruhiger Reisen, sind doch noch so jung. Wir fuhren weiter und machten noch einmal Rast, wie so oft auf dieser fahrt, und wechselten unser Geld, unser schönes Geld haben wir umgetauscht, in dieses hässliche Geld, mit diesen hässlichen alten Menschen drauf und diesen seltsamen Farben. dann fuhren wir weiter, war ja nicht mehr weit. wir fuhren durch eine menge Tunnel, solche Tunnel wie den In Hamburg, nur unter Berge, so hohe berge, mit dem Pfeifen im Ohr, fuhren wir durch die Tunnel, war ja so lang. Wir erreichten unser Ziel, der Rest meiner Familie war auch schon dort, nun waren wir hier, bei bekannten, die ich nicht ausstehen konnte, mit ihren Katzen, ihren dreckigen stinkenden Katzen, mit de dreckigen stinkenden Katzenklo, ist ja nur für 2 Tage, sagte Mama, nur 2 Tage müssen wir es aushalten. Sie waren doch ganz nett, wir durften dort wohnen, ohne zu bezahlen, waren doch so nett, doch dann kam der tag wo wir weg durften, der weg war ja so weit, wir fuhren mit der bekannten, die nette bekannte mit den Katzen, die mit den Führerschein, wahrscheinlich irgendwo gewonnen, so wie sie fuhr, doch wir haben es ja lebend geschafft, so lebendig wie zuhause beiden Kühen. In dieser Welt sah ich noch keine von meinen geliebten Kühen, nur diese braunen, mit diesen Glocken, sie waren so fremd, es wahren wohl Kühe, doch waren sie nicht wie meine geliebten nervigen und unnützen Kühe, sie waren alle braun, alle gleich, so langweilig und leise, kein muhen, nur die Glocken, die mir fast den letzten Nerv raubten. Doch ich hielt es aus, wir gingen in die neue Wohnung, diese schöne Grosse Wohnung mit der Einbauküche, und er großen Terrasse, die Terrasse, nicht selbstgemacht wie die von mir, oben bei uns, die ich damals ganz allein gemacht habe, eine andere, größere, von Bauarbeitern des reinen Profites wegen gemacht, nicht mit Liebe und schweiß wie meine, von wo man aus die Kühe und die Radfahrer sah, von der hier sah man auch eine Strasse, eine andere, tausende Autos fuhren hier jede Stunde, jeden Tag, keine Pause, keine Trecker oder nervige Radfahrer, nur solche mit Rosa Hemd und Großer Brille, allesamt mit Spitzen Helm und engen Klamotten, so wie die im fernsehen sahen sie alle aus, sprachen kein Wort, fuhren nur, wohl ohne zu wissen wohin, sie fuhren einfach nur dort hin wo nichts war. Im Hintergrund sieht man die Berge, die Alpen wie mein Vater erklärt, die Alpen, ich kenne Deiche und Hügel, und keine weißen Klippen. Warum bin ich hier, wieso nicht bei meinen Kühen, auf meiner ruhigen Terrasse, die ich mit soviel Mühe gebaut hatte, ganz allein, Papa war ja arbeiten. Nun war ich hier, in der Stadt, wo es aufregend war , so wie ich es immer wollte, doch nun ohne Zukunft, ohne Ziel, ohne Freunde, ohne meine Kühe, die ich doch so mochte, in einer fremden Welt, nichtmal reden kann man hier, versteht ein doch eh keiner, und dann immer diese Hopper, die hier so cool rumlaufen, die ich noch nie abkonnte, also gehe ich in meine Zimmer, das Zimmer ohne Möbel, wir hatten ja nur so ein kleinen gammeligen Audi, wo keine Möbel reinpassen, aber nach ein paar Monaten würde es schon werden, wenn erstmal genug Geld von der Arbeit zusammen kommt, so hatte Papa es ja versprochen, hier in dieser neuen, fremden Welt, ohne meine Kühe oder Deiche, nur mit den Alpen und den Hoppern, die ich nicht mochte.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.01.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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