Katja Heinrich

AugenBlicke - 2. Kapitel, 1. Teil

Es war ein wunderschöner Winterabend, Anfang Februar.
Alexa traf Wolfgang, ihren Verleger und Lektor, vor dem Theater. Sie hatten sich für ein Konzert von Herman van Veen verabredet und wollten anschließend auf Alexas neues Buch anstoßen. Es war vor zwei Wochen erschienen und scheinbar hatte dieses Buch wieder Erfolg.
Das Konzert war - wie immer - ein Genuss. Die Konzerte von Herman van Veen waren jedes Mal eine Reise in eine andere Welt. Dieser Mann besaß eine umwerfende Art, seine Zuhörer zu verzaubern.
Als Alexa am Schluss des Konzerts auf Wolfgang wartete, der die Jacken holte,  riss sie ein erfreutes „Hallo“ aus ihren Gedanken.
Sie drehte sich überrascht um und schaute in das Gesicht ihres ehemaligen Mitschülers Pascal, den sie mittlerweile acht Jahre nicht mehr gesehen hatte. Er strahlte sie an.
„Mensch, Alexa, das ist ja ein Zufall. Klasse siehst du aus. Wie geht es dir denn?“ sprudelte er heraus.
„Hallo, Pascal“, begrüßte sie ihn, „das ist ja wirklich ein Zufall. Ich wusste gar nicht, dass du dich für so eine Musik interessierst. “
„Na ja, das tue ich auch nicht unbedingt. Ich begleite eigentlich nur meine Mutter“ erwiderte er. „Warum ist dein Vater nicht statt dir mit gegangen?“
Blöde Frage, dachte sie bei sich, das geht dich ja gar nichts an. Aber besser, darüber zu sprechen als nicht wissen, worüber man sonst reden soll, wie es häufig passiert, wenn man alte Schulfreunde nach längerer Zeit wieder trifft.
Die Schulzeit tauchte kurz in Alexas Gedanken auf: Früher hatten wir doch mal einen kurzen Flirt gehabt. Mensch, das war eine schöne Zeit.
Allerdings erwies sich ihre Sorge bezüglich eines geeigneten Gesprächsthemas als unnötig, denn die alte Vertrautheit stellte sich gleich ein.
„Meine Eltern reisen morgen für einige Monate ins Ausland, nun hat aber ein dummer Zufall meinen Vater gezwungen, schon vor drei Tagen abzureisen. Und da Herman van Veen so selten in Deutschland ist, hat meine Mutter gestreikt, als sie mit meinem Vater fahren sollte. Sie wollte die Karten nicht verfallen lassen, und ich ließ mich breitschlagen mitzukommen“ erklärte Pascal, „Aber erzähl doch mal, wie es dir geht? Ich hörte, du bist unter die Autoren gegangen?“
„Ja, während des Studiums fing ich mit dem Schreiben an, und nach Beendigung des ersten Buchs bin ich dann losgezogen,  um einen Verlag zu finden und hatte großes Glück. Mein Verleger hat mein Buch damals ziemlich gepuscht, mit Werbung und so. Danach fiel es mir nicht mehr so schwer, meinen Platz zu behaupten“ schilderte sie ihre ersten schriftstellerischen Gehversuche, „Und du? Wolltest du nicht Jura studieren?“
„Stimmt genau, das habe ich auch tatsächlich getan. Falls du also mal einen Anwalt suchst, jederzeit“ bot Pascal seine Dienste an.
„Ach, du meinst wohl, wenn sich mal jemand in meinen Geschichten erkennt und mich verklagt? Du willst bloß Geld scheffeln mit mir, aber da hast du dich getäuscht, bis jetzt kann sich keiner in meinen Figuren entdecken, alles frei erfunden.“
„Och, schade, ich dachte, mit dir käme ich endlich an die Öffentlichkeit“ bestätigte er Alexas Vermutung scherzhaft. 
Unbemerkt verfielen sie in den alten saloppen Flirt aus ihrer Schulzeit, bis Pascal sagte: „Oh, da vorne kommt meine Mutter. Sie hat vorhin einen Bekannten getroffen, und ich wollte in der Zwischenzeit eigentlich nur unsere Mäntel holen. Jetzt habe ich mich hier mit dir festgequatscht. Aber sag mal, wollen wir uns nicht mal treffen?“ Er kramte in seiner Hosentasche. „Ach, Mensch, ich hab nichts zum Schreiben da, hast du was?“ fragte er sie.
Alexa gab ihm schnell ihre Karte.
„Hier, ich gebe dir meine Karte. Oh, wie ärgerlich, das ist meine letzte. Da muss ich dringend wieder welche machen lassen und das dauert immer so lange“ stellte sie fest.
„Ja, das Problem kenne ich. Willst du mir lieber deine Adresse aufschreiben und die Karte da behalten?“ meinte Pascal.
„Quatsch, so schlimm ist das nun auch wieder nicht. Außerdem hab ich gar keinen Stift dabei. Nein, nimm sie nur.“
Sie verabredeten sich zum Telefonieren und verabschiedeten sich.
 
Alexa freute sich, ihn getroffen zu haben und erzählte Wolfgang davon als er abgekämpft mit den Mänteln vor ihr stand.
 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Katja Heinrich).
Der Beitrag wurde von Katja Heinrich auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.01.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Katja Heinrich als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Nickname Sonnenschein von Feli März



Kurz vor der Hochzeit mit Tom muss sich Henriette den schmerzhaften Tatsachen stellen: Ihr Fast-Ehemann geht mit ihrer besten Freundin ins Bett!
Ihr darauf folgendes Login in einer Datingbörse entwickelt sich nach anfänglichem Spaß und der wohlverdienten Entspannung immer mehr zu einer fatalen Sucht und stellt Henriette erneut auf eine harte Probe.
Eine Geschichte, die Herz, Lachmuskeln und Galgenhumor gleichermaßen anspricht.
Happy End? Wer weiß...

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Romane" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Katja Heinrich

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Sodbrennen - 18. Im Restaurant von Katja Heinrich (Satire)
Gott von Julia Russau (Alltag)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen