Gaby Schumacher

Bärentraum, 20. und 21. Kapitel

20. Kapitel
Eine abenteuerliche Fahrt
 
„Starten wir endlich?“, tutete Boxy.
Da er ja jetzt wusste, worum es ging, war er ganz bei der Sache.
„Ja, auf zur Sternenallee!“, kommandierte Piri.
 
Boxys Motor heulte einmal laut auf und schon schoss das Auto hinauf zu den Sternen. Bald bogen sie auf die Sternenallee ein, eine der vielen Himmelsautobahnen. Sie rasten in einem solchen Tempo dahin, dass dem Eulenjungen beinahe Hören und Sehen verging.
„Au!“, schimpfte er, denn bei dem Geschaukel hatte er sich am Lenkrad heftig den Schnabel gestoßen. „Hast du ´nen Knall? Ich möchte eigentlich sehr gern heile auf der Milchstraße ankommen!“
 
Boxy beeindruckte das kein bisschen. Dafür gefiel ihm das Dahinflitzen viel zu gut.
„Tuut, wie herrlich! Ich fühl` mich wunderbar!“ 
„Und mir wird gleich schlecht, wenn das so weiter geht!“, protestierte der Eulenjunge schwach.
Sein Schnabel tat verflixt weh. Bestimmt gab das da an dessen Spitze eine ordentliche Beule. Was wohl seine Lizzi dazu sagen würde?
 
„Pass bloß auf, dass du bei diesem Tempo nicht die Abfahrt zur Milchstraße verpasst!“, ermahnte er das Auto.
Jedoch brauchten sie hier oben wahrlich keine Straßenkarte. Erstens kannte Piri die Strecke wie seine Hosentasche und zweitens leuchtete vor jedem dritten Stern am linken Fahrbahnrand ein auf einem kleinen Lichtstrahl fest geklebtes, rotes Herz. Solange sie diesen Herzen folgten, fuhren sie richtig. Ab und an aber war da auch eine Kreuzkarte, die aussah wie die aus dem Kartenspiel. Die kündigte an, bald kamen sie an eine Kreuzung und mussten dort in eine der Sternenalleenebenstraßen einbiegen.
 
„Wie heißt diese Straße hier eigentlich?“, fragte Boxy kurz darauf.
Er war unbekümmert drauflos gerast und hatte dabei kein bisschen auf die Straßennamen geachtet. Es wimmelte nur so von Fahrwegen. Deshalb trug jede Straße eine Nummer, damit man sie trotzdem mühelos finden konnte.
„Wir sind auf dem Leuchtweg Nr. 20“, klärte Piri ihn auf.
„Leuuchtweg? Seehr lustig!“, knurrte Boxy. „Siehste, wie dunkel der ist?“
„Die Sternenallee war natürlich besser beleuchtet!“, gab Piri zu und dachte:
´Gott sei Dank ist das hier dunkler. Dann kann Boxy endlich nicht mehr so rasen. Mir reicht es nämlich!`
 
Sie fuhren noch durch die Strahlstraße 17, ebenfalls dunkel, den Lichtweg 35, sogar noch finsterer und landeten schließlich in der Nebelstraße 1. Die hieß wirklich zu Recht so. Es wurde stetig nebliger und schließlich sogar total milchig, bis Piri und selbstverständlich auch Boxy kaum mehr etwas erkannten. Der Eulenjunge zwinkerte angestrengt mit den Augen und der Bobbycar schaltete verzweifelt seine Scheinwerfer auf ´Super-hell-Blitzen`. Nur nutzte das leider nicht viel.
 
Boxy blieb nichts anderes übrig als noch langsamer als Schritt zu fahren. 
„Ich hab` keine Lust mehr auf diese Trödelei“, maulte er. „Sind wir eigentlich nicht schon fast da?“
„Ja, es ist nicht mehr weit!“, verdrehte Piri die Augen.
Vom langen Sitzen taten ihm nämlich schon gehörig die Krallen weh.
 
Kurz darauf rief er:
„Boxy, da vorne ist ja schon die Milchstraße!“
„Schoon ist gut!“, kniff das Auto leicht angesäuert seine Scheinwerfer zusammen.
Es wäre ja auch nicht Boxy gewesen, hätte es sofort klein beigegeben. Sie fuhren noch ein paar Meter die Milchstraße entlang und hielten dann endlich vor der Garage des Lumimobils.
„Geschafft!“, atmeten beide auf.
 
21. Kapitel
Die Rückreise
 
Piri löste seinen Lederbandsicherheitsgurt, reckte sich, streckte erst die linke, danach die rechte Kralle zur Seite und hüpfte dann aus dem Auto. Draußen schüttelte er sein Federkleid. Das machte ihn wieder munter. Flott trippelte er auf die Garage zu.
 
Seufzend beobachtete Boxy seinen jungen Herrn:
„Puuh, wie kann der denn jetzt so quicklebendig daher laufen? Ich bin total kaputt. Am liebsten machte ich jetzt einen ausgiebigen Mittagsschlaf. - Doch daraus wird wohl nichts werden!“
Stattdessen starteten sie gleich garantiert zu einer Blitzheimreise. Lumimobils waren schließlich aus Lichtstrahlen gebaut und nichts war schneller als das Licht.
 
Piri dagegen hatte gegen eine schnelle Rückkehr nun so gar nichts einzuwenden. Beim Gedanken an die bevor stehende Raserei tröstete es ihn ja doch gewaltig, dass er so fix wieder daheim bei Lumi und seinen Freunden aus dem Park, vor allem aber bei Lizzi eintraf, die bestimmt sehnsüchtig auf ihn wartete. Dessen war er sich ganz sicher. Ihm fehlte seine Freundin auch sehr.
 
Inzwischen hatte Piri mit dem Schnabel bereits die Türklinke des Garagentores herunter gedrückt und dieses weit geöffnet. Drinnen schimmerte ein schwaches Licht. Das Fahrzeug stand in der hintersten Ecke und war offensichtlich aus festem Tiefschlaf aufgeschreckt.
„Huch, was i... ist denn l... los?“
„Hallo, Lumimobil!“, grüsste Piri artig.
“Ach d... du bist es!“, antwortete es, noch immer nicht richtig wach.
Schließlich hatte es wie das Dornröschen aus dem Märchen beinahe hundert Jahre geschlafen.
 
Je wacher es wurde, umso kräftiger leuchtete es. Schließlich strahlte es so hell wie die Sonne:
„Hat wieder ein Kind Lumi um Hilfe gebeten?“
Einen anderen Grund für Piris Besuch konnte es sich einfach nicht vorstellen.
„Genau!“, lächelte Piri und drängte: „Draußen wartet Boxy. Beeil dich, wir müssen sofort los, damit wir rechtzeitig zurück sind.“
Gutgelaunt glitt das Fahrzeug aus der Garage. 
„Hallo, Boxy!“
„Halloo!“, gab der freundlich zurück.
 
„So, Boxy, nimm mal ein wenig Anlauf und hops` hoch auf seinen Rücken!“, kommandierte Piri.
„Du bist gut!“, jammerte Boxy. „Wie soll ich das denn schaffen?“
Schließlich war es ja beinahe einen Dornröschenschlaf lang her, dass er so ein Kunststück fertig gebracht hatte.
„Stell dich nicht so an. Los!“
Piri schob von hinten, damit sein Auto genug Schwung bekam. Boxy stellte sich auf seine Hinterräder und sprang tatsächlich.
 
´Rums!` knallte es. Das Lumimobil zuckte zusammen und schimpfte los:
„Kannste denn nicht etwas vorsichtiger sein? Meine armen Lichtstrahlen!“
Entsetzt sah es an sich herunter und blitzte dann fassungslos den geknickten Bobbycar an:
„Gekrümmte Lichtstrahlen ... “
Dies war das Schlimmste für ein Lumimobil, was ihm überhaupt zustoßen konnte. Lichtstrahlen hatten einfach gerade zu sein. Das galt schon bereits vor hundert Jahren und erst recht heutzutage.
Boxy wusste so schnell keine passende Entschuldigung und stotterte beschämt:
„D... das wollte ich b...  bestimmt nicht!“
Aber, wie er seinen Fehler wieder gut machen konnte, wusste er auch nicht.
 
Da griff Piri helfend ein: Der schnappte nach einem der jämmerlich zugerichteten Strahlen und fuhr mit seinem Schnabel langsam über dessen ganze Länge. So glättete er ihn und legte ihn anschließend behutsam wieder zurück an seinen Platz. Dies machte er mit allen jener leuchtenden Unglücksraben. Das Lumimobil beobachtete ihn dabei sehr genau. Als alles wieder völlig gerade da lag, wo es hin gehörte, bedankte sich das Fahrzeug mit einem tiefen Seufzer:
„Danke, Piri! Das war wirklich Rettung aus größter Not.“
 
Der Eulenjunge schnallte noch fix den verlegen klappernden Boxy mit dem Riesenfahrradschloss an dem Namensschildstern des Lumimobils fest, kletterte dann schnell auf seine Sitzstange und befahl:
„Auf geht`s, zurück zu Lumi!“
Piri wie auch Boxy ahnten, was sie erwartete. Piri kniff seine Augen und das Auto seine Scheinwerfer fest zu. Das Lumimobil startete, flitzte als super schnelles Lichtbündel über die Milchstraße zurück zur Nebelstraße, raste den Lichtweg entlang, bog in die Strahlstraße ein und erreichte kurz darauf schon die Sternenallee.
´Hui!` machte es.
„Haltet euch bloß gut fest!“, ermahnte das Lumimobil seine beiden Fahrgäste. „Gleich landen wir!“ 
 
Piri umklammerte mit seinen Krallen fest die Sitzstange und Boxy drückte seinen Kofferraum möglichst fest an den Namensschildstern hinter ihm. Das Lumimobil flog eine enge Kurve, bis seine Lichtnase in die Richtung des Schlosses zeigte und düste nach unten. Zunächst erkannten sie nur Boxys Heimatwald, danach immerhin schon die Straßen und dann endlich  Lumis Zuhause, das Feenschloss.
 
Mit elegantem Schwung blitzte das Lumimobil über den schmalen Zufahrtsweg zum Schloss und bremste sanft ab, bis es schließlich genau vor dessen wunderschönen Eingang stoppte. Piri half seinem Boxy hinunter und führte die Zwei in die Schlossgarage. Dort durften sie sich von der aufregenden Fahrt erholen.
 
Daraufhin machte sich Piri eiligst auf den Weg zu Lumi, mit der er unbedingt noch etwas sehr Wichtiges besprechen wollte.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.01.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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