Marcus Gieske

Leider verloren

 

 

Es wurde schon dunkel und es nieselte leicht, Karl-Heinz Baumgartner war auf dem Heimweg nach Gerolstein, als er die schwache Kneipenbeleuchtung am Straßenrand entdeckte. Zimmer frei las er da und einem plötzlichen Impuls folgend lenkte er seinen Wagen auf den kleinen Parkplatz vor dem Gebäude, dass offensichtlich schon einmal bessere Tage gesehen hatte. Kurz entschlossen fischte er seine abgegriffene Brieftasche aus dem Handschuhfach stieg aus und schloss die Tür ab. Nein er wollte nicht nach Hause an diesem Abend nicht mehr, er würde sich hier ein Zimmer nehmen und seine Ruhe haben. Der dicke Wirt verlangte Vorauskasse wurde aber nach Erhalt seiner 30 Euro zusehends freundlicher, auf Baumgartners Frage ob er etwas zu Essen bekommen könnte grinste der Mann und antwortete: „He krisste nur joode Saache ze bieße dat sisste doch an Mir! Baumgartner suchte sich einen freien Tisch und ließ sich müde auf einen Stuhl fallen. Während er auf sein Essen wartete nippte er an einem Bit und betrachtete sich die übrigen Gäste, die in etwa so vertrauenerweckend aus­sahen wie die Autos vor der Tür, man hätte sie nicht vor einem Schrottplatz parken dürfen sonst wären sie garantiert mit in die Presse gewandert. Baumgartner hing seinen Gedanken nach, die immer die gleichen zu sein schienen, er hasste seine Frau, er hasste sein Fertighaus mit dem winzigen gepflegten Garten in Gerolstein das Sie unbedingt haben wollte und für das sie noch etliche Jahre abbezahlen würden und er hasste seinen Job als Staub­saugervertreter ,besonders deshalb weil sein Chef ein ausge­sprochenes Arschloch war. Jeden Tag erzählte Er mit wichtigem Gesicht das Baumgartners Umsätze doch sehr zu wünschen übrig ließen und das jeder froh sein könne in einer Firma zu arbeiten in der es ein Festgehalt plus Provision gebe, da das durchaus nicht üblich sei. Außerdem pflegte Er noch hinzuzufügen das Baumgartner wenn Er nur von Provision hätte leben müssen schon längst verhungert wäre. In diesem Punkt hatte das Arschloch leider Recht. Gleichzeitig mit seinem Essen kamen zwei neue Gäste die irgendwie nicht so recht hierher zu gehören schienen Sie trugen Anzüge und sahen sehr gepflegt aus, was man vom Rest der schmuddeligen Kneipenbesucher nun wahrlich nicht behaupten konnte. Die Eleganten setzten sich an den Nebentisch. Baumgartner konnte gut verstehen worüber Sie sich unterhielten, da die Tische sehr eng beieinander standen. Die beiden redeten fortwährend in fast beschwörendem Tonfall über einen Mann namens Hafner, der ihnen offensichtlich nichts als Ärger bereitete. Dann kam der Satz bei dem sich Baumgartner fast an seinem Schnitzel ver­schluckte „Hafner muss weg, Er muss aus dem Weg“ sagte einer der Männer mit steinerner Miene. Baumgartner spülte das in seinem Hals steckende Fleischstück mit einem Schluck Bier hinunter und lauschte schockiert aber irgendwie auch fasziniert der weiteren Unterhaltung. „Ich zahle 40.000 Euro an denjenigen der das Problem Hafner für uns löst“. Der andere Anzugträger nickte zustimmend „Anders geht es nicht“. Es schien alles gesagt zu sein, die Männer standen schweigend auf, zahlten an der Theke und verließen das Lokal. Benommen stolperte Baum­gartner zum Fenster und versuchte durch die beschlagenen Scheiben zu erkennen mit was für einem Fahrzeug „die Mafia“ unterwegs war. Er sah wie Sie zielstrebig auf einen roten Jaguar zu gingen der etwas abseits geparkt war. Als Sie davon­fuhren glaubte er ein Kölner Kennzeichen gesehen zu haben.

‚ ^   In dieser Nacht schlief Karl-Heinz Baumgartner kaum, seine Gedanken kreisten immer wieder um das zufällig belauschte Gespräch am Nebentisch. Irgendwann ertappte er sich bei der Überlegung was er mit 40.000 Euro alles anstellen könnte, vielleicht seine Frau verlassen, seinem bescheuerten Job für immer den Rücken kehren und seinem Chef dem Arschloch den „Stinke Finger“ zeigen, einfach abhauen und irgendwo alles anders machen. Sollte seine Alte doch aufhören die Fingernägel zu lackieren und sich einen Arbeits­platz suchen wenn Sie ihr beknacktes Schicki - Micky Fertighaus behalten wollte. Schnell verwarf er seine Überlegung wieder, das war ja Irrsinn an so etwas nur zu denken und außerdem waren die Geldträume vor geraumer Zeit in einem Jaguar davongerauscht.

Am nächsten Morgen nach einer fast schlaflosen Nacht saß Baum­gartner müde aber immer noch grübelnd vor seinem Frühstück. Er hatte es mit einer kalten Dusche versucht, aber auch die ver­trieb seine seltsamen Phantasien nicht. Nachdem er den letzten Schluck Kaffee gierig aus der Tasse gesaugt hatte verließ er sein Nachtquartier um sich auf den Weg zu seiner Morgenbe­sprechung bei seinem Chef dem „ Arschloch „zu machen. Als er gerade im Begriff war seinen Wagen aufzuschließen, sah er den roten Jaguar auf der anderen Straßenseite stehen. Nur einer der beiden Männer des vorigen Abends saß darin und blätterte in einer Zeitung. Baumgartners Herz hämmerte wild, in seinem Gehirn war nichts mehr... außer 40.000 Euro...40.000 Euro. Er konnte nicht anders er fragte sich nichts mehr, er zweifelte an nichts mehr, er bewegte sich mit automatischen Schritten auf den Jaguar zu, dessen Fahrer sich weiter intensiv mit seiner Zeitung beschäftigte. Baumgartner trat mit glühendem Gesicht an das Fahrzeug und klopfte an die Scheibe. 10 Sekunden lang, die Baumgartner wie eine Ewigkeit vorkamen geschah gar nichts dann ließ der Mann hinter dem Steuer die Zeitung sinken und die Seitenscheibe öffnete sich leise surrend. Guten Morgen sagte Baumgartner Ich habe gestern Abend Ihr Gespräch mit­gehört Äh völlig unbeabsichtigt natürlich ich glaube Ich kann Ihnen bei Ihrem Problem behilflich sein! Sie glauben oder Sie können? Kam es unwirsch zurück. Jetzt nur keinen Scheiß reden dachte Baumgartner und erwiderte nun merklich ruhiger: Wenn Sie mir sagen was ich wissen muss bin ich garantiert der Richtige. Der Mann im Jaguar verzog keine Miene, er gab Baumgartner einen Umschlag und sagte leise: Hier steht alles drin, alles einprägen dann verbrennen. Wenn es erledigt ist kommen Sie am Abend danach hierher sobald die Kneipe aufmacht Sie stellen Ihren Wagen auf den Parkplatz und lassen den Koffer­raum unverschlossen Sie gehen ein Bier trinken und wenn Sie wieder rauskommen befindet sich im Heck Ihres Wagens eine Tasche die selbigen um 40.000 Euro wertvoller macht. Noch bevor Baumgartner etwas hervorbringen konnte surrte die Scheibe nach oben, der Jaguar wurde gestartet und entfernte sich gemächlich. Auf was hatte er sich da eingelassen? Egal jetzt gab es kein zurück mehr jetzt durfte er nur noch an die 40.000 Euro denken an SEINE 40.000 Euro. Er hastete zu seinem Auto, ließ sich hineinfallen und riss den Umschlag auf. Als Erstes fiel ein Photo heraus, es zeigte einen etwa 45 jährigen Mann mit nackenlangem schwarzem Haar und einem breiten Schnäuzer. Robert Hafner schien eine sehr gepflegte Erscheinung zu sein. Als Nächstes kam ein eng beschriebenes Din A4 Blatt zum Vor­schein und Baumgartner hatte Mühe die winzige Schrift zu ent­ziffern. Er sollte nach Köln fahren zu einem bestimmten Büro­gebäude, dort müsste er am 23.11. um 22 Uhr eintreffen. Sein Wagen würde zwei Straßen weiter geparkt sein, er würde das Gebäude durch die Tiefgarage betreten, um dann durch das Treppenhaus in den dritten Stock zu gelangen. Rechts neben der Tür des Treppenhauses befindet sich der Aufzug den Hafner benutzen würde, wenn er noch könnte. Der davor liegende schmale Gang an dessen Ende sich Hafners Büro befindet würde um diese Uhrzeit nur noch Notbeleuchtung haben. Am Anfang des Flures auf der linken Seite vor der ersten Bürotür befindet sich eine Ausbuchtung in der Wand, vor der eine große künstliche Palme steht. Hinter dieser würde  sich Baumgartner mit einem Jagdmesser bewaffnet postieren. Um 22Uhr 15 würde Hafner einen Anruf erhalten und sein Büro verlassen ,er würde geradewegs auf den Aufzug zu­marschieren und dabei Position X passieren. Wenn der Name Hafner aus allen Adressbüchern gestrichen werden kann, würde Jemand der um etliches reicher geworden ist, wieder durch die Tiefgarage das Gebäude verlassen. Die Überwachungskameras  für den Parkraum würden an diesem Tag außer Betrieb sein. Baumgartner schluckte schwer,23.11 das war Übermorgen, so bald schon und es gab kein Zurück.

Am Tag ´´der Wahrheit´´ schlich sich Karl-Heinz Baumgartner pünktlich um 22 Uhr mit unsicheren Schritten durch die Tiefgarage des Kölner Bürohauses. Er fühlte sich schrecklich, seine Nerven lagen blank seitdem am Barbarossaplatz ein Polizeiwagen hinter ihm herge­fahren war. Erst kurz bevor er seinen Wagen abgestellt hatte war das Einsatzfahrzeug abgebogen. Baumgartner lauschte auf jedes Geräusch, als er schwer atmend das Treppenhaus erklomm. Was sollte er sagen oder tun wenn er plötzlich einem Wachmann gegenüber stand? Seine Hand tastete nach dem Hirschfänger in seiner Jackentasche, würde er das wirklich können? Er musste es ging nicht anders, jetzt würde er seine 40.000 Euro ver­dienen. Nachdem er zwischenfallslos bis vor die Kunstpalme ge­kommen war, blickte er auf die Leuchtziffern seiner Armband­uhr 22Uhrl4 noch eine Minute, Schweißperlen begannen sich auf Baumgartners Stirn Breitzumachen. Dann öffnete sich die Büro­tür am Ende des Ganges und Hafner trat auf den Korridor. Er hatte es sichtlich eilig, denn nachdem er die Tür ver­schlossen hatte, kam er eiligen Schrittes auf den Aufzug zu. Baumgartner dachte noch das der Anzug den Hafner trug wahr­scheinlich das Monatsgehalt einer Sekretärin gekostet hatte, dann war das Zielobjekt auch schon neben der Palme. Baumgartner sprang wie von Sinnen aus seinem Versteck und stieß mit dem Hirschfänger dorthin wo er Hafners Herz vermutete. Keine Reaktion, er stach ein zweites Mal zu diesmal etwas tiefer. Die Reaktion die nun erfolgte hätte Baumgartner fast um den Verstand ge­bracht ,Hafner begann zu grinsen, ein widerliches feistes Grinsen!

Dann ging das Licht an, eine richtige Festbeleuchtung, Baumgartner war mittlerweile einer Ohnmacht nahe. Sein potentielles Opfer grinste nun noch feister, Baumgartner fiel das Messer aus der Hand und er sackte an der Wand in sich zusammen. „Guten Abend mein Bester“ sagte der vermeintlich Erstochene, mein Name ist Rolf Marx ich bin Produktionsleiter der Special TV GmbH und ich bin kein Geist, ich trage einen kompletten Panzer aus Spezialkunststoff den kriegen Sie auch mit einer Mistgabel nicht durch. Er nahm die Perücke ab und es kam ein blonder Stoppel­haarschnitt zum Vorschein auch den unechten Schnäuzer entfernte er immer noch feixend. Tja Sie sind nun mein Kandidat, eine feine Sache mal ins Fernsehen zu kommen nur mit den 40.000 Euro haben Sie leider verloren, wir zahlen nämlich keine Gage. Sehen Sie wir drehen hier eine neue Reality Show in der wir die Frage stellen, was sind ganz normale Menschen bereit für Geld zu tun? Dazu senden wir unsere Teams in Kneipen, Diskotheken, Nachtclubs etc. sie betrachten sich die Gäste und wenn sie denken das sie Jemanden gefunden haben der darauf anspringen könnte begeben sie sich unauffällig in seine Nähe und erzählen solche Storys wie in Ihrem Fall. Das Ganze Späßchen,

wird dabei mit versteckter Kamera gefilmt. Der Kandidat wird von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Ausführung der vermeint­lichen Tat ständig überwacht und gefilmt. Nach der Aufklärung der ganzen Sache wird in unserer Show der Film gezeigt, aber keine Angst man kann keine Person auf Grund der Bilder identifi­zieren. Der Kandidat erscheint im Studio und wir befragen ihn live über seine Motive und Empfindungen. Selbstverständlich

wird der Kandidat vorher von unseren Maskenbildnern so ver­ändert das ihn Niemand erkennen kann nicht mal seine eigene Mutter. Glauben Sie mir, das bringt geniale Einschaltquoten ! Baumgartner riss die Augen auf und rappelte sich hoch, das ist doch krank, das ist doch total pervers kreischte er. Marx hörte auf zu grinsen und sein Tonfall wurde eisig als er entgegnete Das ist nicht kranker und perverser als das was Sie getan haben. So ist das eben die einen Kranken tun etwas widerliches und die anderen Kranken sehen sich das gerne an. Nein! Schrie Baumgartner dabei mache ich nicht mit, niemals. Aber, aber säuselte Marx und fing wieder an zu grinsen, Sie haben nur zwei Optionen entweder Sie weigern sich, dann wird unser Filmchen in die Hände der Polizei gelangen, natürlich mit erkennbaren Gesichtern bzw. zumindest mit einem gut erkenn­baren Gesicht und raten Sie mal wessen Antlitz das wohl sein wird? Wie lange bekommt man wohl für versuchten Mord aus niedrigen Beweggründen? Die zweite Möglichkeit ist wesentlich problemloser, Sie machen mit und kommen Morgen um 21Uhr in dieses schöne Haus, das Studio befindet sich im Keller. Marx klopfte Baumgartner im vorbeigehen auf die Schulter, also dann bis Morgen und seien Sie pünktlich!!!

 

 

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.01.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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