Ein Vegetarier liebt Tiere. Er hat Achtung vor ihrer Daseinsberechtigung und isst sein Fleisch nicht. Das ist löblich. Fakt ist allerdings, dass Millionen von Menschen alles essen, was sich bewegt oder sich mal bewegt hat und sie geben auch vor, Tiere zu lieben. Das ist erstaunlich, auch befremdlich aber gleichermaßen sehr vertraut.
Vegetarier mogeln manchmal ein wenig, denn sie tragen nicht nur Gummilatschen, sondern auch die guten Lederstiefel. Ups! Oder sollten es immer nur die Kunstledernen sein, dann bitte ich um Verzeihung. Aber sie essen kein Fleisch. Das ist ein Anfang! Doch nur kein Fleisch zu essen rüttelt nicht auf, es ist nicht genug, wenn auch wenigstens ein aktiver Beitrag. Die Massen der Fleischfresser sind dickfellig. Engstirnig verlangen sie nach einem Kotelett oder den Hähnchenschenkeln. Und sie schlachten Hunde und pressen Katzen in Paletten, um sie besser verschiffen zu können. Müllers schalten solche Dokumentationen immer gleich ab. Die Fernsehfritzen können einem aber auch den ganzen Appetit verderben. Wie wunderschön ist dagegen die Hitparade der deutschen Volksmusik.
Menschen sind Monster, die tausendmal verfressener sind als jeder blutrünstige weiße Hai es je sein könnte. Wer, wenn nicht die Vegetarier, die ohne sichtbaren Schaden genommen zu haben fleischlos leben, sollten dem ungenierten Treiben der Monster Einhalt gebieten.
Vegetarier entkleidet uns, stellt euch an die Spitze, entblößt die Monster, reißt ihnen die Decken weg, zieht ihnen die Schuhe und Pelze aus, macht sie nackig und scheucht sie so in das ewige Eis.
Na gut, so funktioniert das auch nicht. War ein Versuch!
Der Feinschmecker lässt sich seine Gänseleberpastete auf der Zunge zergehen, tätschelt liebevoll seinen Hund Waldi und sieht mit entsetzten Augen im Fernsehen, dass wieder ein Killerwal an Land gekommen ist, um eine Stadt auszulöschen. In den Nachrichten wird über die bedrohliche Zunahme von Feldhasen und Kormoranen berichtet. Tiere vernichten unsere landwirtschaftlichen Kulturen. Sie nehmen uns die ganze Nahrung weg. Das Aus für Fischer und Bauern. Man gibt sie zum Abschuss frei. Also die Hasen und Vögel meine ich natürlich.
„ So geht das wirklich nicht mehr weiter, sagt Meier empört, „Man müsste noch etwas anderes unternehmen“, und betrachtet dabei nachdenklich den frisch zu Tage geförderten Inhalt seiner Nase. Diese unkontrollierte Vermehrung, also diese Karnickel, ein Skandal ist das. Vielleicht sollte man die Rammler kastrieren. Alle!
„Wir können ja gar nicht vegetarisch kochen, wenn das so weiter geht. Das ganze Getreide rammeln die gnadenlos runter“, wimmert Frau Meier. „ Die Viecher ruinieren die halbe Landwirtschaft. Oberförster Knallerballer meint das auch, deshalb haben wir jetzt auch die Hirschgehege, daneben ist gleich das schöne Geschäft für Wildfleisch.“
Und alles wäre so teuer, fällt den anderen ein. Und dem Ganzen wird jetzt sowieso ein schnelles konsequentes Ende bereitet, die Hühnerbrut wird zum Beispiel erst einmal vorsorglich gekeult. Die verpesteten Schweine und die verseuchten Rinder müssen auch weg. Alle!
Lieschen nickt altklug und knabbert an ihrer Möhre. Sie ist heimlich mit Pestiziden behandelt, die Möhre natürlich. Lieschen ist nur ein wenig mit dem Klammerbeutel gepudert aber sonst ist sie noch gesund. So spricht man mal geruhsam, zuweilen auch ein wenig erregt über die unerträglichen Zustände in der Welt, über das ständige Reißen der Nahrungs-ketten und über die bevorstehende Krötenwanderung. Man ist interessiert und betroffen, schüttelt traurig die Köpfe und geht achselzuckend, manchmal auch leise weinend auf die Toilette. Der Stuhlgang klappt nicht aber die Frisur sitzt.
Zum Mittag gibt es saures Lüngerl mit Graupen. Meier seufzt und gähnt.
Die Welt ist schlecht. Vegetarier haben Recht, doch gebt fein acht, davon ist noch keiner aufgewacht.
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Anmerkung der Verfasserin: Dieses ist ein Auszug aus meinem unveröffentlichten Buch: "Die Mondgenies möchten mogeln" und ist im Original von mir illustriert. Mehr auf meiner Homepage.