Martin Peters

Bedeutungslose Opfer ( Teil 1 )


1

Kinder, die man nicht liebt, werden Erwachsene, die nicht lieben.

[Pearl S. Buck]

 

Ein Mann. Ein Zimmer. Sein Computer. Der Bildschirm flackert im abgedunkelten Raum. Nur eine kleine silberne Tischlampe erhellt den übersichtlichen Arbeitplatz. Er starrt mit geröteten Augen auf seinem Flachbildschirm. Schweiß läuft ihm zeitweise in seinen geleeartigen Seelenspiegel.

Viele Menschen sind der Meinung, dass die Augen, das Wesen eines Lebewesens widerspiegeln. Aber seine Augen geben nichts als Kälte und Leere wider. Es hat sogar den Anschein, als strahlen sie Hass in das kleine verdunkelte Zimmer, sodaß die Tischlampe dagegen ankämpfen muß, um nicht durch zubrennen.

Auf seinem Bildschirm laufen Bilder in einer Diashow vorbei. Kleine Kinder. Nackt.
Neben der Diashow ist ein Fenster, daß auf den ersten Blick einer Uhr ähnelt. Nur mit dem Unterschied, daß sie rückwärts läuft.
Der Countdown ist mit der Überschrift  „Search IP Programm“ versehen. Am Ende des Countdowns würde das Programm also eine IP-Adresse des gesuchten PCs ausspucken.
Der Mann starrte immer noch wie gebannt auf das Mäusekino und fragte sich, ob er schnell genug war, oder die blöden Bullen ihn vorher schnappen würden. Dies war die Alles entscheidene Frage. Und sie hatte mehrere Facetten. Aber das sollten sie später am eigenen Leib erfahren. Die Zeit lief.

 
 

Der leitende Komissar warf vor Wut seinen leeren Kaffeebecher in den Mülleimer. Er stand mit einer schnellen Bewegung auf und brüllte in das Großraumbüro: „Ich will Ergebnisse!“Niemand drehte sich zu ihm um, denn es war einer der ungezählten Ausbrüche bei so einer Operation. Und es war mehr eine Floskel, auf die man keine Antwort erwartet.

Die Mannschaft von über zwanzig Spezialisten versuchte einen Kinderporno-Ring zu fassen. Die besten Hacker der Polizei, V-Männer mit ihren Erfahrungen, Profiler und viele mehr versuchten ihr  Glück. Denn wie sich in den letzten Tagen herausstellte, hatten sie trotz guter Ergebnisse ihre Schwierigkeiten damit, an die führenden Köpfe heran zu kommen. Und das lag nicht direkt an ihrer Unfähigkeit.

Als niemand, wie erwartet, antwortete, durchschritt der Komissar den Raum, wie eine Dampfwalze, die alles platt zu machen schien, was sich in den Weg stellt. Nach wenigen Schritten erreichte er Niels, den Hacker.
„Wie sieht’s aus? Wann haben wir ihn?“, fragte der Komissar Erich.
„In einigen Minuten.“, kam die kurze Antwort von Niesl, in der Hoffnung, daß ihn sein Chef anschließend in Ruhe läßt.
Erich drehte sich um. Er blickte mit gerunzelter Stirn im Raum herum, als suche er jemanden.
„Ist Niels der einzige, der arbeitet?“ , fragte er in die ausdruckslosen Gesichter.
„Romy, was ist mit ihnen? Wissen sie schon mehr über dieses Schwein?“
>Außer, daß es kein Schwein ist? <, dachte sich Romy, die Profilerin im Team. Sagte aber stattdessen: „Er verkleidet sich als Polizist. Eine sehr gute Täuschung, weil nicht einmal einer von uns den Unterschied zum Orginalen erkennen würde.“
„Vielleicht ist es sogar eine und sogar einer von uns.“, erwiderte der Komissar.
„Nein.“, entgegnete sie ihm, „Wenn es so wäre, dann ist er einer der Dummen. Aber Chef, ich kann ihnen sagen, der Typ ist verdammt clever. Er sucht mit einem IP-Prorgamm die richtige Adresse. Er zieht seine Uniform an und besucht dann seine Opfer.“
„Warum die Uniform?“, fragte Erich und forschte im Gesicht der Spezialistin.
„Wissen wir noch nicht. Vielleicht eine Art Ritual, weil sein Vater ein Beamter war. Es kann aber auch wegen des Gefühls der Macht sein, die er dabei empfindet.“, sagte Romy im langsamen und ruhigen Tonfall, wie man es von Analytikern gewohnt ist.

Erich dachte darüber nach. Er lief nachdenklich von seinem Tisch auf ein bestimmtes Ziel, weil er sich zum wiederholten Mal an der Kaffeekanne zu schaffen machen wollte. Plötzlich drehte er sich um und sagte: „Gibt es vielleicht einen Zusammenhang mit seinen Opfern? Ich meine, wenn dieses Ritual oder Vatergeschichte eine Rolle spielte, dann könnte er sich die Opfer anhand deren Merkmale aussuchen.“
>Das brauchst du fettwanst mir nicht erklären. Dafür bin ich schließlich Spezialistin in dem Bereich, so daß ich auch solche Möglichkeiten in Betracht ziehe. <, dachte sich Romy wütend.
Sie schluckte ihren Ärger runter, weil sie wußte, daß es Erich nicht böse meinte. Er war bis zum heutigen Fall einer der effektivsten Ermittler, mit dem sie je arbeiten durfte.
>Er macht sich schließlich Gedanken. Nicht wie die anderen Blödmänner. <, urteilte sie und sagte anschließend: „Tut mir leid, aber daran habe ich auch schon gedacht. Es würde bei ihm auch keinen Sinn ergeben. Er macht diese Dinge auch mit Leidenschaft, so wie ein Florist seine Blumen streichelt und mit ihnen redet. Mit seinen Opfern redet er auch, bevor er ihnen diese unsagbaren Sachen antut. Einfach widerlich.“, gab sie als Antwort, wobei sie sich theatralisch schüttelte.

 
 Nur noch einige Minuten. Es wurde Zeit sich fertig zu machen. Der Mann vor dem Computer sah zu seinem Nachbarstuhl. Die sauber zurecht gelegte Polizeiuniform wartete schon auf ihren Auftritt. Der Mann erhob sich und nahm sie vom Stuhl.Nachdem er sich angezogen hatte, gab sein Rechner einen Ton von sich. Er hatte ihn. Das Schwein. Vor den Bullen. Die werden diesen Kretin nicht retten können.Der Mann verließ seine Wohnung, ohne den Computer auszuschalten. Nachdem er die Tür schloß, blinkte neben der ermittelten Adresse ein Fenster auf: „Gegenstelle, falsche Information übermittelt“
 

Chef!“, brüllte Niels mit Leibeskraft „wir haben Ihn! Er wollte mit falschen Infos verwirren, aber wir haben die richtige Adresse trotzdem bekommen“.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.03.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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