Inge Offermann

Überraschung am Morgen

Gutgelaunt betrat ich um sieben Uhr die Firma. Früher wie gewöhnlich. Der Bus war halb leer gefahren, nicht das übliche Gedränge. Ich hatte einen bequemen Platz gefunden und ein neues Buch begonnen, eine gute Voraussetzung für einen arbeitsreichen Tag.
 
Hinter geschlossenen Türen hörte ich einzelne Kollegen reden, aber noch kein Schreibmaschinengeklapper und kein Telefon. Auch mein Chef fehlte noch. Minutenlang genoss ich die wohltuende Dämmerung meines Arbeitsraumes, bevor ich die Fensterläden öffnete. Feucht glänzte das Gras, und an den karminroten Blüten des Blutjohannisbeerstrauches hingen feine Tautropfen.
 
Langsam zog ich die Hülle meiner Schreibmaschine ab, stellte den Tagesstempel ein, nahm mir einen Ordner vor und suchte die Telefonnummern unserer Kunden heraus. Schließlich wollte ich in der Zeit, in der ich früher angefangen hatte, bereits Arbeit erledigen.
 
Mein Chef tauchte schon kurz vor acht Uhr auf, dass hieß telefonieren, den Anwesenheitsbericht erstellen und ihm diesen sogleich vorlegen.
 
Anschließend holte ich die Hauspost beim Postmann im Hauptgebäude, der sich wie
jeden Tag über das Wetter ausließ.
 
In der Frühstückspause wollte ich zur Bank gehen. Kurz davor teilte mir mein Chef mit, dass er keine Raumänderung von der geplanten Besprechung vorliegen habe. Mir wurde siedendheiß. Ich hatte doch diese Änderung verteilt. Er wartete darauf, während ich nervös meinen Eingangskorb durchsuchte. Schließlich entdeckte ich eine Notiz in meinem Kalender. Ja, um diesen Raum musste es sich handeln. Zum Kuckuck, warum hatte ich ihm keine Kopie auf den Tisch gelegt? Hatte ich sie wirklich vergessen oder fand er sie nicht mehr? Da ich mir im Zweifel war, entgegnete ich nichts. Ich sollte mir vielleicht wirklich manches lieber aufschreiben. Ich durchsuchte die Ablage seines sich im Urlaub befindlichen Vertreters, ob ich diesen informiert hatte. Vergeblich.
 
Erst einmal Frühstückspause. Aber der Schreck saß mir noch so in den Knochen, dass ich mich nur mühsam auf etwas konzentrieren konnte. So vergaß ich den Bankbesuch.
 
Nach der Pause brachte ich eine Unterlage zu einem Besprechungsteilnehmer. Dieser hatte zufällig die betreffende Mitteilung mit der Raumänderung auf dem Tisch liegen. Ein Blick genügte, dieser und somit die anderen Teilnehmer waren also doch informiert. So kopierte ich die Mitteilung nochmals, legte sie meinem Chef auf den Tisch und konnte erleichtert meinem weiteren Tagesgeschäft nachgehen.
 
© Inge Hornisch
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.03.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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In meinen Gedichten, schreibe ich mir meine eigene Realität, meine Träume auch wenn sie oft surreal, meistens abstakt wirken. Schreiben bedingt auch meine Sprache, meine Denkmechanismen mein Gefühl für das Jetzt der Zeit.

Ich vernehme mich selbst, ich höre tief in mich rein, bin bei mir, hier und jetzt. Die Sprache ist dabei meine Helfershelferin und Komplizin, wenn es darum geht, mir die Wirklichkeit vom Leib zu halten. Wenn ich mein erzähltes Ich beschreibe, beeinflusse, beschneide, möchte ich begreifen, wissen, welche Ursachen Einflüsse bestimmte Dinge und Menschen auf mein Inneres auf meine Handlung nehmen, wie sie sich integrieren bzw. verworfen werden um mich dennoch im Gleichgewicht halten können.

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