Andreas Rüdig
Der fliegende Kopfschmuck
Ich bin in diesem Jahr zum erstenmal seit Jahren in Urlaub gefahren. Schließlich gab es auch einen besonderen Grund dafür. Meine Frau und ich sind jetzt 25 Jahre miteinander verheiratet. Unsere Silberhochzeit war uns eine ausführliche Fahrt durch die USA wert. Wir haben uns die Neuenglandstaaten angesehen, New York, New Orleans mit seinem French Quarter, Los Angeles und San Francisco.
Wir haben uns auch ein Indianerreservat angesehen. War es in North Dakota oder in South Dakota? Kann ich jetzt nicht mehr genau sagen; es habe es schon wieder vergessen. Die genaue Lage ist auch nicht so wichtig für meine Geschichte. Die Vorführungen, die die Indianer vor Ort boten, war sehr langweilig. Es waren reine Touristenveranstaltungen. Dementsprechend lustlos wirkten die beteiligten Indianer. Aus lauter Mitleid kaufte ich einen Kopfputz, den die Indianer auf dem Kopf tragen. Sie, liebe Leser, kennen diese Federskalpe bestimmt von Zeichnungen aus Geschichtszeichnungen.
Einen direkten Nutzen dafür sah ich anfangs nciht. Ich gehöre keinem Rodeoverein oder Karl-May-Fanclub an. Der Kopfschmuck sollte bei uns zuhause als Dekoration an der Wohnzimmerwand hängen. Doch kaum hatte ich den Nagel in die Wand geschlagen, spürt ich einen nicht erwarteten Luftzug im Wohnzimmer. Als ich mich umschaute, konnte ich nur noch staunen. Einem lebendigen Vogel gleich schwebte die Kopfbedeckung in der Luft. Die Federn bewegten sich so schnell, daß die Kopfbedeckung vor viel Aufwind bekam, daß sie sich von dem Tisch, auf dem sie lag, abhob.
Fragen Sie mich bitte nicht, woher die Federn diese Beweglichkeit und die Bewegungsenergie nehmen. Ich konnte es bislang noch nicht herausfinden. Heute nutze ich die Feder-Kopfbedeckung konstruktiv. Andere Leute führen ihren Hund Gassi. Und was tue ich? Zumindest abends setze ich den Kopfputz auf, öffne die Balkontüre und fliege aus. Ich schwebe unsere Straße entlang zum Fluß und zum nahegelegenen Park.
Es ist schon interessant, die Menschen von oben zu betrachten. Sie benehmen sich so ungezwungen wie sonst nie, wenn sie mich sehen. Ich habe manchmal den Eindruck, daß sie mich nicht mögen. Wie viele erschrockene und überraschte Gesichter bekomme ich zu sehen, wenn sie mich entdecken. Ich bin die Sensation des Stadtteils. Wer sonst hat schon einen fliegenden Hut mit Federn?
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.04.2008.
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