Hans Pürstner
Ikea
Ich gestehe, ich habe zwei linke Hände bei allem, was Heimwerker so auszeichnet. Meine Fähigkeiten in dieser Hinsicht beschränken sich überwiegend auf das Auswechseln von Glühbirnen oder Sicherungen.
Wie gerne würde ich mir die Peinlichkeit ersparen, beim notwendigen Tapetenwechsel meinen alten Freund Andre bitten zu müssen. Aber bevor ich mich jahrelang über dilettantisch verklebte Tapeten ärgere beiße ich halt in den sauren Apfel.
Wobei der Apfel für ihn viel saurer ist, schließlich hat er ja die ganze Arbeit.
Da ist es für mich besonders bitter, dass man heutzutage immer weniger Möbel und andere Einrichtungsgegenstände zu kaufen kriegt, die hundertprozentig gebrauchsfertig geliefert werden.
Jeder neuer Besucher meiner Wohnung verzieht spätestens nach einigen Minuten spöttisch sein Gesicht, sobald er die Stehlampe im Wohnzimmer entdeckt.
Ein Versandhaus hatte sie angeboten, mit wundervollem Foto im Katalog.
Was dann kam, entwickelte sich zum Schreckensszenario für mich.
Ein Urlaubstag geopfert für die versprochene Lieferung am Vormittag. Gegen 17 Uhr(!) tauchte dann ein Kleinwagen des privaten Speditionsdienstes auf, der gestresste Fahrer knallte mir eine für eine Stehlampe ziemlich klein aussehende Schachtel vor die Tür, schnell unterschreiben und das war´s dann.
Also Paket öffnen, zuerst die „kinderleichte Aufbauanleitung“ entnehmen und daraufhin das beunruhigende Sammelsurium von allerlei Kleinteilen am Fußboden sortieren. Die für die Standfestigkeit des Lampenfußes gedachte Steinplatte zerkratzt mir zuerst das Parkett, danach schraube ich ein um das andere Teil des Ständers zusammen um am Ende festzustellen, dass ich das durchzuführende Stromkabel verkehrt rum eingelegt hatte. Also alles wieder auseinander- und zusammenbauen. Nun stand sie da, meine neue Stehlampe, stolz und aufrecht.
Na, ja, aufrecht schon, aber windschief. Egal, noch mal tu ich mir das nicht an.
Warum kriegt man so was nicht fix und fertig geliefert? Früher ging das doch auch. Was soll beispielsweise ein achtzigjähriges Mütterchen ohne Anhang machen, wenn sie eine neue Lampe braucht? Die kann das gar nicht zusammenbauen, schon rein körperlich.
Ich finde es ja toll, wenn handwerklich begabte Menschen die Möglichkeit bekommen, durch Eigenleistung Geld sparen zu können.
Aber müssen?
Vielleicht kriegt man demnächst auch das neue Auto per Tieflader vor die Haustür gestellt. Anbei ein Paket mit den vier Rädern zum Selbstanbauen.
„Da kann man ja so viel sparen, super!“
Also ich persönlich kann darauf verzichten, für ein paar Euro Ersparnis ein Paket mit Brettern und einen Sack voll Schrauben zu bekommen, obwohl ich einen Wohnzimmerschrank bestellt hatte.
Wozu gibt es Tischler, Möbelpacker oder ähnliches? Damit die von Hartz 4 leben, während ich keine Möglichkeit mehr habe einen Couchtisch zu kaufen, den ich nicht erst stundenlang selbst zusammenbauen muss?
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.04.2008.
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