Klaus-Peter Behrens

Das Tor zwischen den Welten, Teil 23

 

Wirdnix tapste derweilen, in Erwartung seines baldigen Ablebens, ängstlich durch das Burgtor und blieb erst einmal vorsichtig stehen. Nichts passierte. Etwas erleichtert, doch nicht gleich umgebracht worden zu sein, stieß er einen Seufzer aus und betrat das Innere. Vorsichtig überquerte er den Burgplatz und schaute nach links und rechts. Nichts regte sich, die Burg wirkte wie ausgestorben. Oh ja, dafür habe ich wirklich den Oscar verdient, dachte er griesgrämig. Etwas mutiger geworden, schritt er zügiger aus, als ihn plötzlich eine düstere Stimme erstarren ließ.

"Na Slide, was gab‘s denn da draußen?"

Keule hatte seinen Platz hinter der Säule verlassen und glaubte nun, den vermeintlichen Slide auf frischer Tat ertappt zu haben. Slides Ausflug war ihm nicht verborgen geblieben. Als pflichtgetreuer Wachmann, hatte er seinen Platz aber nicht verlassen, sondern den richtigen Moment abgewartet. Der schien jetzt gekommen zu sein. Erfreut stellte er fest, dass sein drohender Ton durchaus eine respektable Wirkung, auf den sonst so frechen Slide zu haben schien. Selbst auf diese Entfernung war deutlich zu erkennen, dass dieser vor Schreck regelrecht zusammen geschrumpft war und in seinen Klamotten zitterte.
"Wwwwas?", brachte der arme Wirdnix stotternd hervor, während er versuchte, in seinen Hut zu kriechen.

"Was du da draußen gemacht hast, will ich wissen!"

"Frische Luft schnappen", brachte Wirdnix vorsichtig krächzend hervor.

"Hmmm."
 
Keule musterte den schlotternden Gnom zweifelnd, der jetzt doch nichts gegen ein paar Flügel einzuwenden gehabt hätte. "Scheint dir nicht bekommen zu sein", fuhr er fort. "Du siehst so ungesund aus. Verheimlichst du mir nicht etwas?"
Wirdnix schüttelte den Kopf. Irgendwie hatte sich seine Stimme verabschiedet. Anscheinend war Keule mit dieser Antwort nicht zufrieden; denn er trat drohend einen weiteren Schritt auf Wirdnix zu, worauf dieser fast ohnmächtig umfiel. Selbst bei dieser spärlichen Beleuchtung bot der Troll einen Anblick, bei dem jede anständige Milch sofort sauer geworden wäre. Entsprechend unwohl fühlte sich Wirdnix in seiner Haut.
"Muß an die Arbeit", krächzte er und verschwand, so schnell ihn seine kurzen Beine tragen konnten, in die hinterste Ecke der Burg. Keule war verwirrt. So kannte er Slide gar nicht. Irgendetwas stimmte hier nicht. Sein kleines Hirn war jedoch nicht auf logisches Denken programmiert und so zuckte er nur gleichgültig mit den Achseln. Schließlich konnte es ihm ja egal sein, was der Verrückte da draußen gemacht hatte. Hauptsache er war auf dem Posten, wie es sich für eine ordentliche Wache gehörte. Immerhin war der Kapitän anwesend, da mußte man eine gute Figur machen.
Wirdnix hatte inzwischen dankbar eine Treppe entdeckt und diese im olympiareifen Tempo erklommen. Je mehr Distanz zwischen ihm und diesem Ungeheuer lag, desto besser. Oben angekommen, keuchte er wie eine asthmatische Dampflok.
"Die – pffff – ahnen gar nicht – pffff – was ich hier leisten muß – pffff", keuchte er leise vor sich hin, während er versuchte, sich wieder zu beruhigen. Hätte man in diesem Augenblick ein EKG gemacht, hätte Wirdnixs Herz wahrscheinlich alle Taktfrequenzen, die je gemessen wurden, lächelnd geschlagen, und er wäre sofort in der Notaufnahme gelandet. Leider gab es hier aber keine Möglichkeit, sich einweisen zu lassen, so dass ihm nichts anderes übrig blieb, als die Suche wieder aufzunehmen. Der Wehrgang hier oben war schmal und dunkel und führte an der Innenwand des Burghofes einmal im Kreis herum. Vorsichtig bewegte Wirdnix sich vorwärts, bis er wieder an seinem Ausgangspunkt angekommen war. Ihm war niemand begegnet.
Gibt wohl nur den Klops da unten, dachte er und überlegte, wie die Gefährten an dem vorbeikommen sollten. Doch so oft er auch darüber nachdachte, er fand keine Lösung für dieses Problem. Verzweifelt kratzte er sich seine blonden Locken unter dem viel zu großen Hut. Wahrscheinlich bekomme ich auch noch Läuse, dachte er angewidert.
In diesem Moment zeichnete sich von selbst eine Lösung des Problems ab. Unten war offenkundig eine Tür aufgegangen; denn ein schmaler Lichtstreifen fiel in den Burghof. Einige Worte wurden gewechselt, die Wirdnix bis auf das Wort Elfen aber nicht verstehen konnte. Was er aber mit Begeisterung registrierte, war, dass der Troll durch die Tür verschwand. Kaum war diese ins Schloß gefallen, sprintete Wirdnix die Treppe hinunter und rannte über den Burghof, als wenn der Leibhaftige selbst hinter ihm her wäre. Den Eindruck schienen auch die Gefährten zu haben, als er wie ein Derwisch um die Ecke des Einganges gefegt kam und in hundert Meter Bestzeit auf sie zuhastete. Eilig zogen sie ihre Waffen und starrten erschrocken auf den Burgeingang, doch nichts rührte sich.

"Schnell- pffff - Troll weg – pffff – pffff – Beeilung - pffff", brachte der angekommene Wirdnix hechelnd hervor und zappelte aufgeregt. Die Gefährten konnten mit dieser Kurzversion wenig anfangen und sahen den wild herumhopsenden und gestikulierenden Wirdnix an, als hätte sich dieser in einen Bolero tanzenden Schnapper verwandelt.

"Jetzt ist er völlig durchgeknallt", bemerkte Gart mitfühlend.

"Erde an Wirdnix", sagte Tom, der den armen Gnom an den Schultern gepackt hatte und nun leicht schüttelte, um ihn zu beruhigen. "Komm mal wieder runter und erzähle, was da drinnen los war." Doch Wirdnix riß sich mit überraschender Kraft los, drehte sich um und rannte ein Stück zurück. Dann bedeutete er ihnen mit der Hand, nachzukommen.

"Unser wirrer Freund will anscheinend, dass wir ihm folgen", sagte Gart.

"Worauf warten wir dann noch?" Behende nahm Myrana ihren Bogen von der Schulter und legte prophylaktisch einen Pfeil ein. "Falls jemand da drinnen Fragen hat", bemerkte sie trocken auf Toms Blick hin. Der schüttelte nur den Kopf und folgte ihr. Manchmal erschreckte ihn Myranas Kaltblütigkeit zutiefst. Ihm wiederum folgte Baumbatz, der sehnsüchtig hoffte, die Funktion seiner Keule noch einmal überprüfen zu können. Den Schluß bildete Meister Reno vi´Eren, der fluchend das dicke Zauberbuch schleppte.
 
"Das hätte er wenigstens mitnehmen können", schimpfte er leise vor sich hin.

Wirdnix war inzwischen schon wieder im Burgeingang verschwunden. Als die schwer bewaffneten Gefährten eintrafen und um die Ecke sahen, stand der Gnom in der Mitte des Burghofs und zeigte auf etwas, was die Freunde nicht sehen konnten, da einige Pfeiler im Weg standen. Seinen hektischen Bewegungen und den wild rotierenden Augen nach zu urteilen, schien jedoch höchste Dringlichkeit angebracht. Sie sprinteten los.

 

Kapitän Jim hatte derweilen echte Probleme. Die Elfen weigerten sich einfach, ihm mitzuteilen, an wen er sich zwecks einer Lösegeldforderung wenden könne. Alles, was sie ihm nicht müde wurden, mitzuteilen, war, dass er demnächst von den Soldaten des Protektors aufgeknüpft werden würde. Die Selbstsicherheit, mit der sie das vortrugen, bewirkte nach und nach, dass sich Jim immer unwohler in seiner Haut fühlte. Wen hatte er da bloß entführt? Weder er noch seine Mannschaft kannten sich mit Waldelfen aus. Waldelfen waren nicht gerade die typischen Seefahrer, die man auf dem Meer antraf. Selbst Zwerge waren da noch häufiger vertreten, und das sollte etwas heißen. Womöglich hatte er sich mehr Ärger eingehandelt, als ihm lieb war. Panisch dachte er an den nächsten Tag, wenn er den Piraten seinen Plan vortragen sollte. Liebe Gefährten, ich habe keine Ahnung, wie wir aus der Angelegenheit Gold schlagen können. Ich weiß nur, dass wir alle vielleicht demnächst aufgeknüpft werden, würde wahrscheinlich nicht so gut ankommen. Er hoffte daher immer noch verzweifelt, dass die Elfin, die er als das Oberhaupt einstufte, reiche aber ängstliche Verwandte hatte, die klaglos für ihre Freilassung zahlen würden. Irgendwie drängte sich ihm aber immer mehr der Verdacht auf, dass die Zahlung zwar großzügig, nicht aber unbedingt in Gold ausfallen würde. Irgendetwas mußte ihm einfach einfallen, sonst war er erledigt. Daher hatte er sich entschlossen, die Elfin, die er für die Anführerin hielt, von den anderen zu separieren, um sie besser unter Druck zu setzen. Dies konnte er jedoch nicht alleine bewerkstelligen. Immerhin waren in der Zelle zwanzig Elfen eingesperrt. Dort hineinzugehen, wäre selbst mit seiner Pistole Selbstmord, zumal er nur noch eine Patrone in der Kammer hatte. Also hatte er sich entschlossen, den Troll um Hilfe zu bitten, der nun neugierig neben ihm stand.

"Wollt Ihr den Schlüssel holen?", fragte Keule und versuchte, einen verschwörerischen Blick aufzusetzen. Jim verzweifelte. Hörte das denn nie auf? Manche Komplizen in seiner Heimat waren ja schon begriffsstutzig gewesen, aber der Troll übertraf sie alle. Trotzdem konnte er es sich nicht leisten, ihn zu verärgern.
 
"Keinen Schlüssel", erklärte er seufzend.

"Aber Ihr habt doch selbst gesagt...."

"Das war doch nur eine Metapher!", unterbrach ihn Jim, der kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand. "Die Elfen bilden den Schlüssel zum Gold", kreischte er, wobei sich seine Stimme beinahe überschlug.

Der Troll war irritiert. Irgendwie schien der Kapitän, alles durcheinander zu bringen und nur noch wirres Zeug zu reden. Wie konnten Elfen einen Schlüssel bilden? Nachdenklich betrachtete er seine Keule. Hatte er nicht irgendwo einmal gehört, dass ein Schlag auf den Hinterkopf in so einem Fall ganz hilfreich sein könnte. Vielleicht wäre ihm der Kapitän dann ja sogar ganz dankbar und würde ihm seinen Anteil an dem Gold erhöhen. Aber dazu mußten sie erst einmal den Schlüssel haben. Mit einem Seufzen schob Keule den rostigen Riegel zur Seite und öffnete die schwere Tür zu den Verliesen. Einstweilen beschloss er, den Kapitän, der bereits fluchend die ausgetretene Treppe hinunter stürmte, nicht aus den Augen zu lassen. Irgendwo dort unten mußte der Schlüssel zum Gold liegen, und Keule hatte nicht die Absicht, den Kapitän damit allein zu lassen. Seine kleinen, schwarzen Augen glitzerten gierig, als er Jim hinab in die Verliese folgte.

 

Ein Stockwerk höher hatten die Gefährten inzwischen Wirdnix erreicht, der auf eine Tür in einem Säulengang zeigte.

"Da drin ist ein Troll und ein Mensch, der das Wort Elfen erwähnte", brachte er, inzwischen wieder zu Atem gekommen, hervor. Die Gefährten musterten skeptisch die Tür. Ein großer, jetzt zurückgeschobener Riegel befand sich an der Außenseite. "Sieht aus wie eine Gefängnistür", bemerkte Tom.

"Das würde erklären, warum sie bewacht wurde", sinnierte Gart.

"Bekanntlich sind Verliese immer im Keller. Vielleicht sollten wir nachsehen", schlug Meister Reno vi´Eren vor. Die Gefährten nickten zustimmend. Tom wollte sofort losstürmen, doch Myrana hielt ihn zurück.

"Moment, hast du nicht zugehört? Da unten ist mindestens ein Troll. Willst du dem mit deinem Zahnstocher entgegentreten?" Tom musterte zweifelnd sein Rapier worauf Baumbatz ihm seine Keule hinhielt.

"Nimm lieber das."

Tom betrachtete die riesige Keule, die vor seinem Gesicht schwebte.

"Okay, okay", gab er nach. "Wer soll dann vorgehen? Baumbatz?"

"Nein, Gart und ich. Ich habe meinen Bogen und Gart seine Wurfaxt. Das sind effizientere Waffen."

"Ich habe auch einen Bogen", meuterte Tom.

"Nur du kannst damit nicht umgehen", stellte Gart nüchtern fest. Tom war beleidigt, doch Myrana ließ sich nicht erweichen. Entschlossen begab sie sich zur Tür hinüber, die sich zu ihrer Überraschung leicht und geräuschlos öffnen ließ. Etwas Licht fiel nach draußen und warf tanzende Schatten auf die auf die Wände des Gangs. Vorsichtig schlüpften sie hinein. Ein modriger Geruch lag in der Luft und von unten ertönte Stimmengemurmel zu ihnen herauf.

"Da sind mehrere unten", flüsterte Gart, der die Axt griffbereit hielt und die Treppe nicht aus den Augen ließ. Das flackernde Licht spiegelte sich auf der blanken Klinge.

"Laß mich vorgehen. Ich kann mich leiser bewegen", hauchte Myrana. Gart nickte nach kurzem Zögern. Es gefiel ihm zwar nicht, in einem Kampfeinsatz einer Frau die Führung zu überlassen, aber er beugte sich der Logik, die in den Worten Myranas lagen. Nach dem das geklärt war, schlichen die Gefährten im Abstand von einem Meter leise die gewundene Treppe hinab. Wirdnix, nun wieder die Nachhut, zog die Tür hinter ihnen zu.

 

Der Streit zwischen Jim und Keule war in vollem Gange. Der Troll wollte einfach nicht einsehen, wieso Jim die Elfin anstatt eines Schlüssels brauchte, um an das Gold zu gelangen. Das kam den Gefährten zugute; denn so konnten sie sich unbemerkt nähern. Jim raufte sich gerade verzweifelt die Haare, als eine eiskalte Stimme ihm dieselben zu Berge stehen ließ.

"Keine Bewegung! Der erste, der sich rührt, wird Schnapperfutter!"

Mit diesen Worten traten Gart und Myrana in den Lichtschein einer flackernden Fackel, die hier unten an der Wand hing. "Myrana", riefen diverse Elfen begeistert, als sie durch die Gitterstäbe der Zellentür erkannten, wer den Kellerraum betreten hatte. Jim keuchte entsetzt. Das sah nach keiner positiven Entwicklung aus. Irgendwie hatten sie eine Elfin übersehen, und die schien jetzt ausgesprochen schlechte Laune zu haben. Der große Ebenholzbogen war bis zum Zerreißen gespannt und der Pfeil mit der häßlichen Widerhakenspitze zeigte, ohne im geringsten zu wackeln, auf Jims Magen. Nein, das sah gar nicht gut aus. Auch Keule war vor Überraschung wie erstarrt. Er hatte noch nie einen Zwerg gesehen, aber schon eine Menge über sie gehört. Als er nun die erhobene Wurfaxt in der Hand des grimmigen Winzlings entdeckte, erinnerte er sich mit Grausen daran, was man ihm über die Fähigkeiten der Zwerge erzählt hatte. Da er nicht pensionsberechtigt war und schon lange keinen Sold mehr gesehen hatte, stellte er vorsichtshalber sämtliche überflüssigen Bewegungen ein. Zu Jims Entsetzen kamen noch mehr Personen die Treppe hinunter, so dass es in dem feuchten Kellerloch allmählich unangenehm eng wurde. "Baumbatz", erklang es begeistert, als der Troll erschien. Jim war verzweifelt. Hier fand anscheinend ein Familientreffen statt.

"Nimm die Pistole vorsichtig mit zwei Fingern aus dem Gürtel und wirf sie auf den Boden!"

Jim zuckte zusammen, als habe man ihm einen Schlag versetzt, so dass Myrana beinahe die Sehne losgelassen und ihn erschossen hätte. Fassungslos starrte er den kräftigen jungen Mann an, der das gesagt hatte. Das schien jemand aus seiner Heimat zu sein. Jim war geschockt. In Gedanken betrachtete er die Welt schon wieder durch ein paar solide Eisenstangen.

"Wie habt ihr mich gefunden?", brachte er mühsam hervor.

"Dirty Harry hat geholfen", sagte Tom und zeigte auf Wirdnix. Der warf sich stolz in die Brust, obwohl er mit Dirty Harry wenig anfangen konnte.

"Wer ist das denn? Eine Spezialeinheit?" Jim sah den kleinen Gnom fassungslos an. Der grinste unverschämt.

"So ähnlich", winkte Tom ab. "Deine Pistole, oder soll Myrana dich durchlöchern?"

"Lange kann ich den Bogen nicht mehr spannen." Der Pfeil zitterte plötzlich, und Jim wurde blaß. Er beeilte sich, der Aufforderung nachzukommen. Mit einem Scheppern fiel die Waffe auf den Boden. Jim kickte sie mit dem Fuß zu den Gefährten rüber. Wirdnix hob sie auf und schaute neugierig in den Lauf.

"An deiner Stelle würde ich das lassen. Das kann ins Auge gehen", sagte Tom und nahm dem Gnom die Waffe ab. Myrana wurde ungeduldig.

"Den Schlüssel, schnell!", herrschte sie den immer noch verblüfften Jim an.

"Den hat Keule." Der wedelte vorsichtig mit dem Schlüssel.

"Aufschließen", befahl Gart. Der Troll ging schnell zu der Zellentür hinüber, wobei er seine Keule schweren Herzens zuvor auf den Boden gelegt hatte. Gart folgte ihm vorsichtig, die Axt immer noch zum Wurf erhoben. Myrana hingegen entspannte den Bogen ein wenig, nahm den Pfeil jedoch nicht von der Sehne. Doch Jim war viel zu erschrocken, um irgendetwas zu unternehmen. Seine Augen glitten hastig über die bunt zusammengewürfelte Truppe, die ihm gegenüberstand, während die Gedanken hinter seiner Stirn hin und her rasten und verzweifelt nach einem Ausweg suchten. Zumindest hatte er hier kein Spezialkommando aus seiner Heimat vor sich. Ob ihm das allerdings etwas nützen würde, bezweifelte er. Sein Blick blieb auf einem älteren Mann hängen, der ihn frappant an einen alternden Hippy erinnerte. Die Hand des Hippys legte sich schwer auf die Schulter des jungen Mannes, der offenbar aus Jims Heimat kam.

"Jetzt habt ihr tatsächlich jemanden aus eurer Welt gefunden", sagte Meister Reno vi´Eren beeindruckt. "Hoffentlich kann er euch auch helfen, zurückzukehren."

"Ich soll ihm helfen?" Jim lachte hysterisch. "Ich bin selbst hier gestrandet. Ich dachte, du wärst gekommen, um mich zu verhaften und zurückzubringen. Ich fürchte, wenn du Hilfe suchst, bist du bei mir an der falschen Adresse."

"Das werden wir ja noch sehen", sagte Tom enttäuscht. Inzwischen hatte Keule die Zellentür aufgeschlossen, und die Elfen drängten nach draußen. Freudig begrüßten sie Baumbatz und Myrana, allerdings ohne ihre Schußposition zu beeinträchtigen. Myrana stellte ihnen kurz die Gefährten vor. "Draußen wartet noch einer. Also los jetzt, wir müssen hier weg, bevor wir entdeckt werden", drängte Meister Reno vi´Eren.

"Wie ist euer Plan?", fragte die Tochter des Waldfürsten, die von unglaublicher Anmut war. Ihr Blick streifte gelegentlich Jim, und die Art, wie sie ihn dabei ansah, behagte diesem überhaupt nicht. Selbst die Schatten an den Wänden schienen bei diesen Gelegenheiten plötzlich zuckende, makabre Tänze aufzuführen, die Jim unangenehm an das Zappeln von Gehenkten erinnerte. Auf der anderen Seite fragte Jim sich zurecht, wie seine ehemaligen Gefangenen seiner Mannschaft entkommen wollten. In der Bucht lagen zwei schnelle Segler, die sofort die Verfolgung aufnehmen würden, vorausgesetzt, sie würden es überhaupt schaffen, sich mit einem eigenen Schiff abzusetzen.

"Wir kapern ihre Schiffe", erklärte Tom mit einem dreisten Grinsen, als hätte er Jims Gedanken erraten, worauf das Gesicht des Piratenkapitäns einen Ausdruck annahm, als habe er gerade auf eine besonders saure Zitrone gebissen.

"Aber wie kommen wir an Bord?", fragte einer der männlichen Elfen zweifelnd. "Die Wache wird Alarm schlagen, lange, bevor wir in die Nähe der Schiffe gekommen sind."

"Nicht, wenn wir die richtige Eintrittskarte dabei haben", sagte Tom. Dann erklärte er ihnen, was ihm soeben in den Sinn gekommen war. Ursprünglich hatten sie ja vorgehabt, nur ein Schiff einzunehmen und damit möglichst schnell abzuhauen. Mit dem Kapitän in ihrer Hand boten sich jedoch erheblich vielversprechendere Möglichkeiten.

"Nicht schlecht", lobte Meister Reno vi´Eren.

"Und was wird mit dem hier?", fragte Gart und sah Keule auf eine Weise an, die diesem gar nicht behagte.

"Sperrt ihn in die Zelle", befahl Meister Reno vi´Eren. Baumbatz schob den Troll daraufhin unter den wachsamen Augen Garts in die nun leere Zelle.

"Aber der wird doch Alarm schlagen, sobald wir hier heraus sind", wandte die Tochter des Waldfürsten ein.

"Dong"

Alle fuhren erschrocken zusammen.

"Wird er nicht", sagte Gart lakonisch und sah zu Baumbatz hinüber, der betrübt seine zerbrochene Keule begutachtete.

"Kaputt", sagte er traurig. Vor ihm lag, alle Viere von sich gestreckt, der Troll, der für die nächste Zeit jedes Interesse an seiner Umwelt verloren hatte. Nachdem sich dieses Problem auf so erfreuliche Weise erledigt hatte, waren alle bereit, den wenig gastlichen Ort zu verlassen. Da die Gefährten den Weg kannten, gingen sie voran. Die Spitze bildeten Gart, Tom, Myrana, Baumbatz und Kapitän Jim, der als Eintrittskarte den Weg zu den Schiffen freimachen sollte. Myranas spitzes Wurfmesser im Kreuz sorgte für die nötige Kooperationsbereitschaft.

"Du würdest einen guten Motivationstrainer abgeben", sagte Tom, der amüsiert beobachtete, wie ängstlich sein Landsmann sich bemühte, es der Elfin recht zu machen.

"Danke, ich gebe mir Mühe."

"Das testiere ich jederzeit", stöhnte Jim, dem die Elfin gerade wieder einen kräftigen Stoß verpaßt hatte, damit er sich schneller die Treppe hinauf bewegte. Baumbatz folgte dicht auf. Er trug die Keule des Wachtrolls und hatte sich auch seine Wachuniform übergeworfen, um eventuell auftauchende Piraten zu täuschen, bevor diese Bekanntschaft mit seiner neuen Errungenschaft machen würden. Gerne hätte er sie zuvor an Jim einem Belastungstest unterzogen, aber die anderen hatten ihm erklärt, dass ein bewußtloser und verbeulter Kapitän wenig überzeugend wirken würde, wenn sie auf das Schiff gelangen wollten. Den Schluß bildeten Meister Reno vi´Eren und Wirdnix, der wieder das Zauberbuch schleppen durfte, dann folgten die befreiten Elfen. Oben angekommen, öffnete Gart vorsichtig die Tür. Nichts geschah. Noch immer lag der Burghof verlassen im blassen Licht des Mondes, der sich immer mehr durch die Wolkendecke kämpfte.

"Alles klar", informierte er die anderen. "Wir gehen vor. Wenn ich kurz pfeife, führt ihr die Elfen zum Burgtor."

"Verstanden", antwortete Meister Reno vi´Eren.

"Und seid ja leise", ermahnte Baumbatz die Freunde.

"Paß du lieber auf deine Füße auf", knurrte Wirdnix, der sich noch gut an die anmutige Art erinnern konnte, mit der der Troll durch den Wald auf der Klippe geschlichen war. Das Ökosystem würde wahrscheinlich einige Jahre brauchen, um sich davon zu erholen. Die vier Gefährten, mit Jim im Schlepptau, hasteten eilig zum Burgtor hinüber. Entgegen aller Erwartungen, wurden sie nicht bemerkt. Jim überraschte das weniger. Er wußte, dass sich seine wackeren Piraten abends regelmäßig den Kanal zuschütteten und entsprechend wenig davon mitbekamen, was bis zum Morgen so um sie herum passierte. Diese unfähigen Idioten würden nicht mal merken, wenn die ganze verflixte Elfenbande eine Party in ihrem Schlafsaal abhalten würde, fluchte er still vor sich hin. Nachdem sie also ohne Schwierigkeiten das Tor erreicht hatten, pfiff der Zwerg einmal leise, und der Rest des Flüchtlingskonvois setzte sich in Bewegung. Kurze Zeit später duckten sich alle im Schatten der Burgmauer und beobachteten die beiden Schiffe, die weiter unten im Hafen vor sich hin dümpelten. Dean stieß erleichtert zu ihnen. Während seines Wachgangs war nichts passiert. Jetzt brannte er darauf zu erfahren, was die Freunde erlebt hatten. Neugierig betrachtete er Jim. Tom erzählte ihm kurz, was er in Erfahrung gebracht hatte. Auch Dean war enttäuscht, dass Jim angeblich den Weg zurück nicht kannte. Doch sie hatten keine Zeit, sich mit diesem Problem näher auseinandersetzen. Jetzt gab es vordringlichere Dinge zu erledigen. Dank Myranas leidenschaftslosem Einsatz für die Sache, hatte Jim ihnen gerne bestätigt, dass sich an Bord tatsächlich nur jeweils eine Wache befand. Das Problem war nur, dass die Schiffe wegen des flachen Wassers in dem natürlichen Hafenbecken nicht an dem behelfsmäßigen Steg, sondern weiter draußen im tiefen Wasser ankerten. Ein einzelnes Ruderboot, das mit einer langen Leine an einem Pfosten des Stegs befestigt war, bot die einzige Möglichkeit, zu den Schiffen zu gelangen. Es sei denn, man wollte schwimmen, was mit Waffen allerdings schwierig werden dürfte. Tom erklärte ihnen den Plan.
 
Welchen Plan mag Tom sich ausgedacht haben? Mehr erfahrt Ihr bald auf dieser Seite. Den Lesern, die mir bisher treu geblieben sind, danke ich an dieser Stelle herzlich. Zugleich appelliere ich an Eure Mitarbeit. Was kann Eurer Ansicht nach verbessert werden? Was gefällt Euch, was nicht? Schreibt mir doch einfach mal ein paar Zeilen. Dieses Manuskript ist mit SIcherheit noch weit entfernt von der perfekten AUsarbeitung, und da hilft ein wenig Mitarbeit.
 
Danke
 
Klaus-Peter Behrens
 

 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Klaus-Peter Behrens).
Der Beitrag wurde von Klaus-Peter Behrens auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.05.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Klaus-Peter Behrens als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Auch auf Leichen liegt man weich - Kurzgeschichten von Michael Mews



"Auch auf Leichen liegt man weich" ist eine Sammlung schaurig schöner und manchmal surrealer Kurzgeschichten, in denen Alltagsbegebenheiten beängstigend werden können und Schrecken auf einmal keine mehr sind - vielleicht!

Wir begegnen Lupa, der ein kleines Schlagenproblem zu haben scheint und sich auch schon einmal verläuft, stellen fest, dass Morde ungesund sind, und werden Toilettentüren in Flugzeug in Zukunft mit ganz anderen Augen betrachten.

Und immer wieder begleiten den Erzähler seine beiden guten Freunde: die Gänsehaut und das leichte Grauen ...

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Fantasy" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Klaus-Peter Behrens

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Der Kater und sein Magier, 06 von Klaus-Peter Behrens (Fantasy)
Die Zauberblume von Joachim Garcorz (Fantasy)
26.July 2011...was ein Morgen... von Rüdiger Nazar (Autobiografisches)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen