Harry Schloßmacher

... und führe mich nicht in Versuchung, Amen!

 
 

Gerd fuhr 15 Monate lang von Düren mit dem Zug zum Berufsfortbildungswerk des DGB in Köln, Neusser Straße. Bei der Schulung zum Bürokaufmann saß jeden Vormittag eine superdralle Blondine (zunächst links, später etwas rechts) vor ihm. Sie hatte wohl den herrlichsten Hintern Kölns ...und da sollte Gerd noch was lernen ;-). So war es fast schon eine Kunst für ihn - ein kleines Wunder-, in Maschinenschreiben und Politik trotzdem ein Sehr gut (Mitschüler meinten während der Politikstunden dann auch öfter: "Gerd for president!") und in den restlichen Fächern ein Gut auf dem Zeugnis zu haben ... Stop, stimmt nicht ganz: In Kaufm.-Rechnen bekam er nur eine Drei. Umgekehrt wäre es für einen richtigen Kaufmann besser gewesen: Sehr gut im Rechnen und nur eine Drei in Politik. Auch da war bereits zu erkennen, daß Gerd in der Sparte "Bürokaufmann u.ä." wohl fehl am Platze war.

 

Als er Anita in der Unterrichtspause so richtig vor sich sah, funkte es in ihm gleich: SOS - da hilft nur noch beten. Jeden Morgen gab es so zum Unterrichtsbeginn ein richtig schönes - hoffentlich helfendes - Stoßgebet ;-):

"Und führe mich nicht in Versuchung, Amen ! "  :-)

Immerhin war Anita genau der Typ Frau, dem er total verfallen konnte. Wären sie sexuell aufeinander gestoßen ;-), er wäre ihr wohl hörig geworden. So blieb es zunächst aber bei optisch-verbalen Kontakten.

 

Nähe Neusser Straße gab es dann u.a. in einer echt kölschen Pinte zünftigen Kölner Karneval. Angesäuselt wurde bei extrem lauter Stimmungs-Musik voll mitgegröhlt, geschunkelt und rumgetanzt und auch etwas gefummelt. Aber das Wichtigste für Gerd in diesem Durcheinander von Männlein und Weiblein: ein fast schon leidenschaftlicher Kuß mit Anita auf der kleinen Tanzfläche ! !

 

Dann kamen die Prüfungstage zum Kaufmanns-Gehilfenbrief, bei der IHK Köln. Laut Zeugnissen war Gerd ein klarer Zweier-Kandidat. Aber er hatte höllische Prüfungsangst als er leichenblaß und knatschnervös erschien. Er hatte keinerlei Beruhigungsmittel o.ä. genommen, was wohl ein Fehler war: Zum Erstaunen auch seiner Mitschüler brachte er es nämlich nur zu einem "befriedigend" auf dem Kaufmanns-Gehilfenbrief!

 

Das ist eben der Mist, wenn nur Tagesform und Momentwissen bei einer Prüfung entscheiden und nicht die Zeugnis-Jahresleistung. Ein Vergleich mit der Fußball-Bundesliga dient dem besseren Verständnis:

Hier entschieden in den ersten Jahren auch nur ein paar "Kampftage" zum Schluß der Saison darüber, wer Deutscher Meister wurde. Auch Tabellen-Schlußlichter konnten so mit viel Glück und guter Tagesform gewinnen. Was natürlich schon paradox war und ein Schlag ins Gesicht aller Mannschaften, welche die Tabelle - womöglich schon lange - anführten. Man erkannte später, daß die Jahresleistung eines Fußballclubs eine viel aussagekräftigere, stabilere und leistungsgerechtere Beurteilungsbasis bot. Deutscher Fußballmeister wurde fortan nur der, wer zum Schluß die Tabelle anführte.

 

Und ähnlich war es jetzt auch bei Gerd:

Das ganze Jahr über rackerte er sich ab, schrieb fast nur Zweier in Klassenarbeiten/Klausuren und mußte sich jetzt nur mit einer Prüfungs-Drei begnügen. Andere wiederum, die kaum Leistung zeigten, im Jahresschnitt nur eine Drei oder Vier erreichten, lachten sich jetzt einen ins Fäustchen, weil sie mit mehr (Tages-)Glück als Verstand ruckzuck eine Prüfungs-Zwei bekamen!

 

Aber wenden wir uns wieder den angenehmeren Dingen zu:

Ein Schulausflug in den Kölner Nahbereich. Auf einem Tanz- und Musikdampfer ging es znächst den Rhein entlang. Die blondhaarige Anita im herrlichen Kostüm - dezent blau-weiß gemustert. Stand ihr super! Gerd drehte gerne ein paar Tanzrunden mit ihr.      

Danach wurde ein tolles Lokal in der Kölner Altstadt ausgesucht und ein schöner Tag ging hier ruhig zu Ende.

 

Gerd hatte Anita - die früher eine Ossi war - auch privat angerufen. Sie bekannten sich beide zu ihrer gegenseitigen tiefen Sympathie, mindestens... Aber ihr italienischer Mann holte sie immer nach der Schulung ab - hielt sie überhaupt straff gezügelt. Bei solch attraktiver Weiblichkeit verständlich. Einerseits.

Andererseits: Bekanntlich ist ja alles relativ, so auch "Attraktivität". Männer, die auf schlanken Frauen stehen, würden Anita wohl nicht oder kaum beachten...

Jedenfalls wäre Gerd eine Liebe zu ihr - bei solch heißblütigem Mann - einfach zu heiß gewesen.

 

Während des Praktikums in einer Firma in Düren-Niederau, lernte er die hilfsbereite Gaby aus Birkesdorf (später Hoven) kennen. Sie schrieb Gerd's erste literarische Handschrift-Erzeugnisse mit elektrischer Schreibmaschine. Für ihn eine große Hilfe; denn nur so konnte er sich ganz dem Wesentlichen - den Schreib-INHALTEN - widmen!

 

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Nach dieser Schulung zum Bürokaufmann fand Gerd eine Stelle bei einer namhaften Kölner Bank  ( Rheinboden Bank, Unter Sachsenhausen 2 ).  Er verdiente dort gut und Personal-Chefin Hilde(gard) Nieslony (Hübsch-üppig, ganz nett, blond) sagte noch: "Hier müssen Sie schon silberne Löffel stehlen, bevor Ihnen gekündigt wird ! "  War ja erfreulich, aber seine überaus kreative Künstlernatur ließ sich natürlich mit stupiden Zahlen- und Buchstabenkolonnen auf Dauer nicht besänftigen. Seine empfindsame Künstlerseele erkrankte schwer, aber nicht nur deswegen: Gerd war nicht mehr in der Lage, normal Zug und Bus zu fahren. Er hatte dort fast täglich heftigste Ängste und Panikattacken - in der Fachsprache Klaustrophobie (Krankhafte Angst vor engen Räumen) genannt.

 

Mit Tricks und "Klein-Drogen" (Wie Alkohol und Beruhigungsmittel nehmen) versuchte er zunächst, dagegen anzukämpfen. Gleichzeitig fuhr er auch im Zug 1. Klasse, was er aus eigener Tasche bezahlen mußte. Auf Bahnhöfen riß er sofort das Fenster runter, damit wenigstens frische Luft reinkam und beim Rausschauen fühlte er sich wieder wohler. Er zählte dann die verbleibenden Bahnstationen und freute sich riesig, wenn es nur noch ein paar bis Düren waren.

 

Zu einem Umzug nach Köln konnte er sich nicht entschließen - zu haus- und emotionsverwurzelt war er in seinem Heimatgebiet Düren - Birkesdorf - Merken.


 
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So war Gerd auf dem besten Wege, alkohol- und tablettensüchtig zu werden. Und an sowas hatte er (aus verständlichen Gründen) nun mal gar kein Interesse! Ihm wurde der Aufenthalt in einer Psychosomatischen Klinik empfohlen, was er auch machte. Dort, im schönen Bad Honnef am Rhein, konnte er Alkohol und Tabletten rasch vergessen - sie waren dort strengstens untersagt !  Hauptsächlich Gesprächstherapien waren angesagt: Große Stationsgruppe mit allen Leuten - Kleine Gruppen mit 8/10 Patienten und Einzeltherapie.

 

Die interessante und unterhaltsame Umgebung von Bad Honnef lernte er mit der Zeit auch kennen: Berg und Burg Drachenfels - Königswinter - Ölberg (eben nicht der biblische ;-) ) - etc.. Schöne Erlebnisse.

Eine zunächst amüsante Wald-Party in der Nähe der Klinik endete jedoch abrupt widerlich. Gerd mischte noch munter mit beim lustigen Treiben in der gut besetzten Grillhütte, als sich ein kräftiger Dünnschiß ankündigte. Mit der fadenscheinigen Ausrede "Immer wenn's am schönsten ist, soll man gehen!" suchte er blitzschnell das Weite. Einige Meter in den Wald rein, ruckzuck die Jeans runter und schon spritzte das gelbbraune Zeugs ergiebig auf Grünes und leider auch Blaues. Erschrocken bemerkte Gerd die Scheiße im Hoseninnern. Vielleicht wäre er doch noch zurück zur Waldparty...aber jetzt konnte er es vergessen. Wie ein Dieb in der Nacht schlich er übel riechend Richtung Klinik und dann auch behutsam ins Gebäude. Zuviel Bewegung hätte gar wieder einen Dünnschiß-Schwall, einen "Flotten" provoziert. Und das wäre außerhalb des Waldes besonders fatal.

Es war halt etwas "Fluch der bösen Tat". Tagelang hatte der Milchzucker nicht gewirkt. Und ausgerechnet heute hatte er die Dosis erhöht ...

Gottseidank gesellte sich kein Bekannter zu ihm - die meisten waren ja ohnehin im Wald. Als er eine reine Jeans anhatte und die andere säuberte, ging es ihm wieder deutlich besser.
 

Gerd lernte natürlich hier viele Frauen kennen. So auch Margot. Hübsche, rothaarige, symphatische Erscheinung mit hautengem weißen Pulli und Riesen-Titten darunter. (Dies erinnerte ihn kurz an seine "Golden-Products-Geliebte" Kläre, die ihn genau so im Meeting Düsseldorf-Hilton faszinierte. Nur, daß Sie nicht rothaarig war )  Margot + Gerd spazierten und talkten oft mit anderen in der schönen, waldigen Umgebung. Und eines Tages lag Margot verführerisch in seinem Klinik-Zimmer vor ihm. Sie wollten es beide, aber "Stations-Mutti" Linda nicht, die irgendwie Wind davon bekommen hatte !  Er wollte gerade Margot´s herausragende Möpse näher kennenlernen, als mit Drohungen wie wild auf die abgeschlossene Zimmertüre gehämmert wurde. "Me mos halt och jönne könne" ("Man muß halt auch gönnen können", für die Nicht-Kölner)  So blieb es für die beiden leider nur bei der Vorfreude.


Linda Gottwald war eine hochgewachsene, recht mobbelige Blonde -- ganz hübsch + mittelalt. Und schreien konnte Sie wie ein Weltmeister !  So schockte die Stations-Walküre Gerd auch, als er nach dem Anklopfen zaghaft in ihr Stations-Zr. trat - nur um Sie etwas zu fragen. Der höllische Ur-Schrei einer Furie - die noch nicht mal alleine war - ließ ihn zunächst erstarren. Dann fragte er sich: Bin ich hier im falschen Film ?  Wie bescheuert muß diese OBER-Tante sein, wenn Sie so einen Mitpatienten angeht, der ihr garnichts getan hatte ! ? ! ?  Tja, mußte ja einen Grund haben, weshalb Sie in der Klinik in Behandlung war  ;-) ...

 

Auf der Station der Rhein-Klinik gab es bereits mehrere inoffizielle Pärchen, die dann auch fast immer zusammen waren. Inge aus Düsseldorf und Josef aus Koblenz waren eines davon - bis Josef wieder nach Hause mußte. Dieser hatte sich gerade verabschiedet, da bot Inge Gerd unverblümt einen Treff auf ihrer Yacht an, die am Rheinufer lag. Gerd war ja eigentlich ein mehr cleveres Kerlchen, aber hier hatte er wieder eine treudoofe Phase. Irgendwie wurde diese Absprache - die ja nur Inge und Gerd etwas anging - dann auch Gesprächsstoff zwischen dem Schönen Willi und Gerd. Letzterer ließ sich übertölpeln und gab sein kleines Date-Geheimnis preis.

 

Der Schöne Willi arbeitete ansonsten bei den Bayerwerken in Leverkusen und machte der verheirateten Stations-Elke-Sommer mächtig den Hof - man munkelte  FAST  BIS  (!!)  zur Vergewaltigung.
Nebenbei: Mit Elke + der hübschen Martina konnte Gerd es besonders gut - sie alberten oft zusammen. Auf einem Spaßfoto, wo alle lachen, ist nur noch Gerd´s Kopf zu sehen - umrahmt von Elke, Martina + Mitpatientin Brigitte aus Köln.
Aber jetzt weiter: Ein wirklich Schöner Willi ;-), der jetzt nichts Besseres zu tun hatte, als die halbe Station über das Date Inge-Gerd zu informieren! Resultat: So 10 Leute erschienen mit Gerd beim Treff mit Inge, die natürlich auch erstaunt war. Dummheit und Strafe liegen oft eng zusammen: Von geplanter bzw. gewünschter trauter Zweisamkeit zwischen Inge und Gerd - mit all ihren Reizen und Vorzügen - war jetzt natürlich nichts mehr. Die "Meute" überschwemmte die Yacht und fühlte sich lange Zeit sauwohl, während Gerd sich schwarz ärgerte.

 

Aber "Aufgeschoben ist nicht (unbedingt) aufgehoben!" Inge und ihr verlockendes Angebot gingen Gerd jetzt nicht mehr aus dem Sinn. Inge war einige Jahre älter als er, aber attraktiv...hatte halblanges schwarzes Haar und Augen so dunkel wie die Nacht. Zudem eine gepflegte, symphatische Erscheinung mit nett-ruhiger Umgangsart. Die wohl betuchte Lady aus der Stadt der Reichen war als einzige auf dem Rhein zur Rhein-Klinik geschippert...und nun lag sie vor ihm...nackt, wie Gott sie schuf. Es wurde noch ganz schön wild unter Deck, aber gottseidank ist die Yacht nicht zusammengekracht ;-) ...

 

...Mehrfach zu lange zu laut des nachts in der Klinik auf einem Zimmer gefeiert - fast wurden er und seine Kompagnons deswegen gefeuert!

Gefeuert wurde Gerd schließlich schon, aber von seinem Arbeitgeber, der Bank! Ihr dauerte das mit der Krankheit von ihm zu lange. Er hatte als kranker Mensch leider nicht mehr die Kraft, rechtlich dagegen  anzugehen - womöglich noch lange. So war der ganz schön lukrative Beruf irgendwann wieder futsch.

Auch von der hübschen Anita hatte Gerd nur noch gehört, daß sie mittlerweile bei einer Behörde arbeitete...

 

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(c) 2008 by Harry Schloßmacher

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.06.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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