Mariusz Mroczek

Die Schnur


Die dünne weiße Schnur der Dachbodenluke mit dazugehöriger runder Kugel zur Festigung des Griffes im Hause der Familie G, dessen Mauern offensichtlich Nazigold beherbergten, hatte bereits viele Betrunkene und Beharzte dazu aufgefordert, sie zu ziehen und somit die Grenze zum Dachboden zu überschreiten. Normalerweise waren nur wenige überhaupt noch imstande, dieser Aufforderung nachzukommen. Andere trauten sich nur unter Begleitung eines der Hausbes(i)etzer, diese Schranke zu übertreten, gaben sich aber meistens mit Geschichten darüber zufrieden. Dann gab es noch welche, die nur unter der Zuhilfenahme der medizinischen Wirkung einer Überdosierung von holländischer Exportware und internationaler Braukunst davon abgehalten werden konnten und stattdessen irgendwo im Hause er- und zusammenbrachen. Doch es gab einen, der auf die sirenenhaften Rufe der bezaubernden Schnur reinfiel. Völlig selbstlos und trunken von zahlreichen Mythen, die sich um ein williges, minderjähriges asiatisches Mädchen drehten, welches oben gefangen gehalten werden sollte, gab er der Schnur als Tribut seine wärmende Jacke. Eine Geste, so dachte er, für die man ihm in vielen Jahren sicherlich Lobpreisen würde. Kinder würden mit Laternen nachts um die Häuser ziehen, ihm zu Ehre Lieder singen und zahlreiche Pädophile anlocken. Vielleicht sogar war unter diesen Kindern ein williges minderjähriges asiatisches Mädchen. Und tatsächlich öffnete sich ihm zugunsten die Luke, so dachte er zumindest. "Preiset mich" waren seine Worte, die von einem hallenden Krachen förmlich zerbrochen wurden und unter der Verachtung seines ihm zurückgeworfenen Kleidungsstücks begraben wurden. Benommen am Boden liegend, richtete sich der Gepeinigte auf, gezeichnet mit einer Wunde an seiner Stirn. Seine zahlarmen Getreuen, Geisteskranke, die er um sich zu sammeln pflegte, eilten ihm zu Hilfe. Doch weinerlich herumtorkelnd und den Sätzen: "Unparteischer, der Mann hat eine violette Ziege in der Tasche. Das Miststück hat mir vorhin die Brieftasche geklaut. Ich fordere eine Entscheidung!" auf den Lippen, zeigte er, dass Hilfe nicht erwünscht war. Aber diese war schon in Gestalt von wundheilenden, gefrorenen Gemüsearten bei ihm, die er mit der alten Geste der Ohnmacht an sich nahm. So wurde er nach alter polnischer Tradition der "Beseitigung von Unfallopfern auf der Autobahn" zu seiner eigenen Sicherheit mit vereinter Kraft in den nahen Wald geschmissen. In weiser Voraussicht begrub man ihn schon mal zur Hälfte. Sollte er wider Erwartung durchkommen, konnte er mit seinen freiliegenden Beinen die Erde von der oberen Hälfte seiner Körpers wieder freischaufeln und seinem Traum von der Legende der Zukunft erneut aufnehmen ... falls es ihm sein Neurologe erlauben und die Reha gut verlaufen würde.

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Ich hätte nie im Traum daran gedacht, dass ein Besuch auf einer Faschingsparty solche Konsequenzen haben könnte. Eingeplant hatte ich eine Menge Spaß, gern auch frivoler Art. Meine Freundin schleppte mich häufig auf Veranstaltungen, wo auch in der Horizontalen die Post abging. Doch was bei diesem Fasching passierte, war jenseits des Erklärbaren. Irgendein als Magier verkleideter Partybesucher beschwor lustigerweise germanische Götter. Und dann stand ER plötzlich vor mir, ein Typ mit Axt, er wirkte ziemlich desorientiert und nannte sich Saxran. UND er war attraktiv. Ich schnappte ihn mir also. Nicht nur die Axt war recht groß an ihm. Hätte ich allerdings damals schon geahnt, was das noch für Konsequenzen haben würde… Saxran war absolut nicht von dieser Welt, und seine Welt sollte ich bald kennenlernen. Sie war geprägt von Unterwerfung, Schmerz, Lust und jeder Menge Abenteuer.

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