Werner Kistler

Schwiegereltern zu verschenken

In unserer Familie verweilt ein gar seltsames Paar. Nicht immer sind sie zu verstehen, denn die Beiden sprechen ihre eigene Sprache. Erwähnt er z.B. den Begriff  "Jochhurt", so meint er natürlich ein Joghurt. Dabei bekomme ich immer fürchterliche Angst, er könnte sich bei dieser Würgesprache, einmal die Zunge abbeißen. Sprechen sie alledings vom "Liddell ". Dann kleiden sie sich nett an. Er zieht sich dann Schlips und Kragen an. Auch bei fünfunddreißig Grad im Schatten und sie macht sich schick, mit einer diesen gestärkten Rüschenblusen. Gerne geben wir die beiden Exemplare ab und finanzieren sogar eine Spezial-Spedition, die die enorm große und propper gefüllte  Schrankwand  speditiert. Denn wöchentlich bestellt sich Mütterchen neue Kleidungsstücke, die sie dann im Hause anzieht. Man muss ja immer propper aussehen und die Nachbarn könnten ja was sagen...
Dabei nehmen die Herrschaften überhaupt nicht mehr am gesellschaftlichen Leben  teil.  Die Frau plagen sogar Probleme,  wenn sie nicht mehr bestellt, bekommt sie womöglich keinen Katalog mehr zugestellt. Wenn in ihrer Wohnung aber einmal eine Reparatur ansteht, können sie die Rechnung niemals begleichen. Die Kosten dürfen wir dann sponsern. Lieber schmort das gesparte Geld bei anderthalb Prozent auf dem Sparbuch.
Jegliche andere Sparform gleicht ja sofort einem Höllenbetrug. Also wir geben die Beiden immer noch gerne ab. Wir liefern auch gerne noch einen Stapel Yello-press wöchentlich bei.
Bei diesem üppigen Zinssatz, sollen wir dann die beiden Anverwandten würdevoll beerdigen. Der Stein auf dem zukünftigen Grab,kann nicht groß genug sein.  In der Woche beginnen meine Frau und auch ich, unseren Dienst bereits um sieben Uhr. Da möchten wir am Wochenende gerne einmal länger ausschlafen. Undenkbar bei unseren häuslichen Drachen. Sie müssen sehr schlechte Betten besitzen. Bereits um sieben Uhr am Wochende, muss die Wohnung gesaugt werden, die gesamte Kommunikation im Hausflur lauthals ausgetragen werden und die Rollladen mit einem Schwung, geräuschsvoll hochgezogen werden. Dann ist auch für uns die Nacht vorbei. Darauf angesprochen, dürfte uns das bisschen Lärm doch gar nichts ausmachen.Wenn meine Schwiegermutter eine Frage an ihre "Kinder" (wir) hat, kommt sie nicht wie jeder andere Mensch auch, die Treppe hoch, nein sie schreit ihr Anliegen durch das ganze Treppenhaus. Wir kommen uns dann immer wie in einer Kaserne vor. Ob da sich noch eine Tür zwischen Befehlsgeber und Rekrut befindet, interessiert sie überhaupt nicht. Sie spult ihre Ansage runter und ist fertig. Aber wehe wenn sie eine Ansage an die restliche Belegschaft hat. Hiobsbotschaften, Vorwürfe und andere unangenehme Sachen bringt sie persönlich vorbei. Da kennt die Frau keine Hindernisse und Treppen.
Wenn mein Schwiegervater seine Langeweile auslebt, dann rennt er wie besessen von Raum zu Raum und schließt in zwei Sekunden die Türen auch zweimal. Dieser Türenmarathon dauert am Abend dann bis zu einer Stunde an. Die Situation kann sich abends beliebig wiederholen und am Wochenende geht dieses Türenknallen den ganzen Tag weiter. Angesprochen auf diesen Makel, ist ihm gerade mal die Klinke aus der Hand gerutscht.    Ich will hier raus!
Werner Kistler
 
 

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