Patrick Gappmaier

Eines Gottes würdig...

 

Eine blutige Hand umfasste den Schaft eines Dreizack-Speeres. Der runenverzierte Griff begann zu leuchten. Die Macht die den Speer beseelte, durchströmte den Körper des Mannes und eine schützende Aura, dessen Strahlen so hell waren wie die Sonne selbst, umhüllte dessen Körper. Er spürte die nicht endende Flut von Energie, die sich immer weiter in seinem Leib ausbreitete. Abrupt endete das seltsame Lichtspiel.

Keuchend stütze sich Salfalor am Boden ab. Der Speer lag pulsierend am Boden, und strahlte ein seltsames Leuchten aus. Vertrocknetes Blut klebte an seinen Händen, die sich immer weiter in den Sand gruben. Da er die Kraft nun erlangt hatte, musste er sie nur noch freisetzen. Aber wie?

Nachdenkend fasste er sich an die Stirn. Kleine Sandkörner klebten an seiner Haut.

Was hatte er nicht beachtet? Hatte er etwas übersehen? Doch so sehr er sich anstrengte, er konnte die Antwort nicht finden. Die Macht des Dreizack-Speeres, beseelt von der unsterblichen Seele des legendären Kriegers Malik, war die letzte Möglichkeit die Schlacht, die am Mirjam Pass tobte, zu gewinnen. Er wusste das seine Männer nicht nur zahlenmäßig unterlegen waren. Auch an Erfahrung und Kraft mangelte es ihnen. Denn ihre Feinde waren keine geringeren als die Wolfsmenschen. Tollwütige, behaarte Biester, ausgestattet mit messerscharfen Zähnen und Krallen. Selbst ihre Pranken konnten den Kopf eines erwachsenen Mannes mühelos umschlingen. Salfalor konnte sich nicht vorstellen, wozu diese Ungeheuer fähig waren. Noch nie stand er solchen Feinden gegenüber. Noch nie…

Wieder fasste er sich an die Stirn, und die Sandkörner die auf seiner Haut klebten, fielen auf den Boden. Er dachte an die Zeit vor seinem Aufbruch. Vereinzelt ordnete er seine Gedanken, immer achtend auf einen Hinweis. Sein Atem wurde langsamer.

Er fühlte wie das Blut seinen Körper durchströmte. Wie die Lunge sich mit Luft, füllte, nur um sich wieder zu leeren. Salfalor fiel in Trance. Dieser Zustand ermöglichte es ihm, tief in seinen Geist einzudringen und nach den Antworten zu suchen, die er hoffte zu finden. Sein Atem beschleunigte sich. Vor seinem Geistigen Auge konnte er die vergangen Wochen wieder betrachten. Dennoch benötigte er einen Anhaltspunkt. Zu lange konnte er seinen Geist nicht belasten, denn ein Körper ohne Geist konnte nicht existieren. Minuten vergingen.

Noch immer fand er nicht was er suchte. Schweißtropfen rannen an seiner Stirn herab, und Schmerzen zierten sein Gesicht. Immer schneller hob und senkte sich seine Brust. Ich muss es finden… Doch sein Geist war zu sehr geschwächt und Salfalor musst wieder in den Wachzustand zurückkehren. Schweißüberströmt fiel er auf den Boden. Mühsam versuchte er sich aufzurichten, doch jegliche Versuche scheiterten. Seine Kraftreserven waren aufgebraucht. Dunkelheit überfiel ihn. Ihm kam es vor als ob unsichtbare Kräfte seine Augenlider kontrollierten, denn es fiel ihm schwer sie zu beherrschen. Er richtete seinen Blick auf die Wolken. Mit großer Geschwindigkeit bewegten sie sich von Osten nach Westen. Hier und da tauchten Blitze auf, ehe sie wieder im Tannenwald von Mondorigur verschwanden. Salfalor selbst befand sich südwestlich vom Mirjam Pass und etwa 130 Meilen von seinen Kameraden entfernt. Er würde Tage brauchen um sie zu erreichen. Vor allem in diesem Zustand, in dem er sich befand. Auch wenn Truppen des Königs Kántor, die in diesem Land Wache hielten, ihn zufällig entdeckten, würde er niemals rechtzeitig ankommen. Doch er gab seine Hoffnung nicht auf.

Plötzlich wurde es unter seinen Stiefeln feucht. Zuerst dachte er, dass er sich nicht mehr unter Kontrolle hatte, doch dann spürte er förmlich wie sich seine Wildlederstiefel mit dem Salzwasser voll sogen. Er stieß einen leichten Schmerzensschrei aus, als das Wasser eine tiefe Schnittwunde erreichte, die er sich während seiner Reise zugefügt hatte. Brennend schoss der Schmerz in den Oberschenkel. Hastig wandte er seinen Blick vom Himmel ab und blickte jetzt in Richtung Meer. Mit letzter Kraft hob er sein Haupt um über seine Beine zu blicken, und was er da sah gefiel ihm überhaupt nicht. Oh nein, nicht jetzt, sagte er zu sich selbst. Immer schneller gewann die Flüssigkeit an Höhe. Sein halber unterleib war schon verschwunden, als er endlich begriff wie es um ihn stand. Wieder und wieder versuchte er sich zu bewegen, doch jedes seiner Gliedmaßen verweigerte den Dienst.

Allmählich wurde es ihm kalt, als das Wasser sein Genitalien verschlang. Bibbernd hielt er nach etwas Ausschau, an dem er sich weiter an Land ziehen könnte. Da fiel ihm der Speer ein. Doch so schnell ihn seine Idee überwältigte, um so schneller blickte er der Tatasche ins Auge, das er viel zu weit entfernt war. Wie ein heller Klumpen lag er etwa fünf Meter weit von ihm entfernt. Blut schoss aus seiner Wunde und färbte das Wasser rot. Kurz glaubte er bewusstlos zu werden, was er gerade nicht für den besten Zeitpunkt hielt. Nun sog sich auch sein weißes Hemd, das mit silbernen Knöpfen und Manschetten verziert war, voll. Angst durchströmte seinen Körper. So wollte er nicht sterben. Lieber lag er mit seinen Männern am Mirjam Pass, erschlagen von einem Wolfsmenschen, der sich dann freudig an seinem Leib nährte. Wie gerne hätte er ein dutzend dieser Biester in die ewigen Jagdgründe befördert. Doch sein Schicksal meinte es nicht gut mit ihm. Besser ersaufen wie ein Bettler der besoffen in den Bach stürzt, als glorreich im Kampf zu sterben und auf dem Schild nach Hause zurückkehren, sagte er zu sich selbst, wobei sich seine Miene verfinsterte. Abermals versuchte er sich zu bewegen, wobei er aber dem Tod entgegen schritt. Seine Finger glitten durch etwas glitschiges. Eine Alge hatte sich verfangen und da bemerkte er, das auch seine Hände bereits nicht mehr zu erkennen waren. Salfalors Lippen formten sich zu einzelnen Silben. Er holte tief Luft und begann zu beten. Etwas besseres fiel ihm zu diesen Zeitpunkt nicht mehr ein. Sein Bart, der kunstvoll zu Zöpfen gebunden war, trieb nun kraftlos und ohne Halt an der Wasseroberfläche. Als auch sein Hals verschwunden war, holte er abermals tief luft und versank unter der blutgetränkten Flüssigkeit.
Stille.
Kein Laut, außer das Rauschen des Meeres drang bis zu seinen Ohren vor.
Er wusste das er diesen Kampf verlieren würde. Doch versuchte er so lange wie möglich am Leben zu bleiben.

 

Ein kleiner Wendefisch strich an seinem rechtem Ohr vorbei.

Da er diese kurze Berührung wahrnahm, vermutete er, das er sich noch immer unter Wasser befand. Ha,… wo sollte ich den sonst sein, fragte er sich wobei einzelne Luftblasen aus seinem Mund stießen. Lange würde er nicht mehr durchhalten.

An der Oberfläche zogen die Wolken noch immer hastig Richtung Westen.

Vereinzelt traten Regenschauer auf, die den fruchtbaren Boden des Tannenwaldes bewässerten. Ein Windböe strich über das Land.

Salfalor war nun schon seit einiger Zeit unter Wasser verschwunden.

Eine Möwe flog in hohem Bogen auf den Strand zu. Mit weit gespreizten Flügeln landete sie auf den Speer, der pulsierend im Sand lag. Es dauerte etwas bis sie das Gleichgewicht zurückerlangte, jedoch hüpfte sie merkwürdig von rechts nach links.

Das Meer hatte mittlerweile den runenverzierten Griff erreicht. Mit neugierigem Blick, beobachtete der Vogel diesen seltsamen Vorgang. Rund um den Speer stiegen Blasen auf und das Wasser verdampfte. Nur das Blut, das sich mit der Flüssigkeit vermischt hatte, kroch wie ein fetter Klumpen über die Sandkörner, direkt auf den Griff zu. Dort angekommen bedeckte es die Runen, die darauf ein helles leuchten ausstrahlten. Völlig überrascht und geblendet fiel der Vogel auf den Boden und landete mit seinen Kopf auf einen Stein.

Bluttropfen rannen den Schnabel entlang. Noch etwas wackelig auf den Beinen richtete er sich auf. Doch sogleich fiel er auf den Boden zurück, wo er sich vor schmerzen wandte. Immer mehr Blut schoss aus der Wunde, das zu einem lebendigen Gerinnsel wurde und sich unaufhaltsam auf den Speer zu bewegte.

Nochmals klommen die Runen auf.

Währenddessen bemerkte Salfalor ,im Unterbewusstsein, das Leuchten. Er wusste das seine Waffe dafür verantwortlich war, konnte sich aber nicht erklären wieso.

Allmählich verschwand sein Lebensgeist.

Die letzten Luftbläschen stiegen auf und Salfalor öffnete seinen Mund.

Sofort rann Wasser in seine Lungen und er spürte den Schmerz der davon ausging.

Doch irgendetwas versetzte ihn in Bewegung.

Dreck wirbelte auf, als er sich vom Sandboden erhob und Richtung Land befördert wurde. Er spürte wie Algen und Fische seinen Handrücken entlang berührten. Prustend und hustend tauchte er auf. Mit weit geöffneten Mund schnappte er nach Luft, wobei er sich kurz übergeben musste und sämtliches Wasser das seine Lungen füllte entwich.

Durchnässt und verwirrt kam er wieder zu sich. Vorsichtig öffnete er seine Augen und vor Freude warf er beide Arme zur Seite. >>Da hat es der gute alte Salfalor doch noch geschafft…,<< prustete er vor sich hin und ein lächeln zierte sein Antlitz. Dankend kreuzigte er sich und stimmte darauf ein Lied an. Die Sonne schien ihm ins Gesicht und der Wind blies ihm durch sein langes schwarzes Haar. Den Blick in Richtung Himmel gerichtet, atmete er erleichtert auf und genoss das schöne Blau, dass das Firmament zierte. Eine Strähne fiel ihm in den Blickwinkel, wobei er sie mit dem rechten Arm zur Seite schob. Unachtsam streckte er seinen Arm wieder zu Seite, als er aufschrie. Ein spitzer Stein erhob sich auf den Boden, gefolgt von kleinen Treibhölzern. Ich könnte schwören da war vorher kein Stein…, rätselte er. Neugierig blickte er in Richtung Wasser. Er konnte nichts erkennen, doch als er den Strand näher betrachtete, sah er seine Schleifspuren. Völlig überrumpelt schrie er auf und versuchte seinen Retter oder seinen Feind zu verscheuchen.
Doch niemand konnte ihn tragen, denn er lag flach am Boden. Es ist zu spät. Ich habe den Verstand verloren, sagte er zu sich selbst.

Plötzlich begann er sich um die eigene Achse zu drehen. Sein Kopf blickte jetzt in Richtung einer Sandhöhle. An den Wänden wuchs giftgrünes Moos. Altes Treibholz wurde mit getrockneten Algenbändern zu einem Dach fest gebunden, was darauf schließen lässt das ein Ausgestoßener oder ein Bettler sich einst hier niederließ. Sofort verlor er die Höhle aus seinem Blick als er sich erneut im Kreise drehte.Sandkörner verfingen sich in seiner Hose und rieben an seiner Haut.Ein dumpfer Schlag auf den Hinterkopf lies Salfalor aufschreien. Noch immer war er nicht im klaren was hier passierte. Unsichtbare Mächte? Ein Zauberer vielleicht?Doch er fand keine Erklärung. Blitzartig hob sich sein linkes Bein. Zähneknirschend befahl er seinen Bein zu gehorchen, aber egal was Salfalor versuchte, er konnte es nicht kontrollieren. Wieder beschwor er es.
Nichts.
Wärme schoss in den Oberschenkel. Hastig befreite er sein Bein von sämtlicher Bekleidung, währenddessen er, so schien es ihm, über den Boden schwebte.
Dicke Blutfäden rannen an seiner Wade herab, die sich in ein Gerinnsel verwandelten.
Salfalor traute seinen Augen nicht.

Ein Schatten huschte über sein Gesicht. Bei genauerer Betrachtung konnte er seinen runenverzierten Dreizack-Speer erkennen.Leuchtend, pulsierend und kerzengerade steckte er im Sand. Er spürte wie er zu ihm hingezogen wurde.

Gerade zwei Meter trennten sie noch von einander.

Salfalor bekam es erneut mit der Angst zu tun. Er wusste nicht wozu diese Waffe fähig war. Und als er das Blut sah das auf den Runen klebte, dachte er, das er wüsste was geschah.>> Der Speer ernährt sich vom Blut<<, rief Salfalor erschreckt. Rasch fasste er all seinen Mut zusammen und versuchte im Sand halt zu finden. Hier und da griff er ins leere, bis er etwas zu fassen kriegte. Es fühlte sich sehr weich und glitschig an. Er zog seine Hand näher vors Auge, und angewidert warf er dieses Ding wieder weg. Es war die leere blutdurchtränkte Hülle der Möwe.

Noch einen Meter.

Ihm lief die Zeit davon. Das restliche Blut das an seiner Hand klebte wisch er sich an seinem Hemd ab. Auffallend rot stach es ihm ins Auge.Sein Bein streckte sich jetzt auf die Höhe des Griffes. Schmerzverzehrt blickte er auf seinen Fuß. Immer mehr schwoll sein Stiefel an, ehe er in hohem Bogen über seinem Kopf vorbeisauste.

Stille.

Wissend das er seinen Blick davon nicht abwenden könne, blickte er auf seinen mit Blut geschriebenen Runen verzierten Fuß.Sie leuchteten im Einklang. Pulsierten im Einklang.Sofort begann der Speer sämtliches Blut aus Salfalor aufzusaugen.Unter Schmerzen wälzte er sich am Boden. Seine Schreie drangen weit bis ins Landesinnere.

Stille.

Nichts als Stille…



 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.10.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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