Ginette Rossow

Glück im Unglück

 

Ich hatte noch nie an diesen Schwachsinn geglaubt, weder an die sieben Jahre Pech durch den zerbrochenen Spiegel, noch an die Unglück bringende schwarze Katze. Erst recht nicht an ein böses Omen, wenn der 13. zufällig auf einen Freitag fiel. Bisher hatte mir dieses Datum nur positive Erlebnisse beschert. Aus diesem Grunde brachte mich ein Brief mit der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch auch in keinster Weise aus der Ruhe.

Jedoch lief es dieses mal irgendwie anders. Als Erstes klingelte der Wecker eine gute Stunde zu spät. Die Batterien waren schon etwas schwach und die Uhr ging nach. Der Tag fing ja schon super an!

Beim Zähneputzen musste ich die Tuben verwechselt haben, denn die „Zahnpasta“ schmeckte abscheulich und prickelte auf der Zunge. Mit noch halb geschlossenen Augen sah ich noch einmal auf die Tube. Enthaarungscreme. Nun gut, auf diese Weise hatte ich auch gleich etwas gegen meine Haare auf den Zähnen getan. Von nun an lief alles mehr oder weniger normal. Etwas hecktisch, da mir ja eine Stunde fehlte, aber ich hatte genügend Vorlauf eingeplant.

Pünktlich verließ ich das Haus, durchgestylte und immer noch positiv gestimmt. Es hatte geregnet am frühen Morgen, doch nun schien die Sonne und streichelte meine noch etwas müde Haut. Der Bus kam und ich stieg ein. Während der Fahrt konnte ich noch einmal alles durchgehen, was ich bei dem Gespräch so anbringen wollte, mir Gedanken über meine Selbstdarstellung machen. Alles verlief reibungslos.

Am Ziel angekommen holte ich noch einmal tief Luft. Sah noch einmal auf die wunderschönen Herbstfarben und beobachtete zwei Eichhörnchen, die in den Bäumen tobten. Plötzlich spürte ich, wie ich den Boden unter mir verlor. Das von mir so sehr geliebte Herbstlaub war durch den morgendlichen Regen nass und rutschig und ich drehte eine filmreife Pirouette mit harter Landung auf meinem Allerwertesten. Trotz Allem hatte ich noch Glück im Unglück, denn der Pfütze konnte ich noch entgehen. Verärgert begutachtete ich meine verschmutzte Kleidung und jammerte still über die schmerzende Rückseite. Notdürftig reinigte ich meine Hände und machte mich wieder auf den Weg.

Gerade in dem Moment als ich vor dem Gebäude angekommen war,  sah ich aus den Augenwinkeln ein Auto an mir vorbeifahren. Im gleichen Moment spürte ich eine kalte Flüssigkeit über mein Gesicht laufen. Ich fühlte, wie sich meine Frisur in einen nassen Helm verwandelte, wie mir die Wimperntusche über die Wangen lief. Nun war der Zeitpunkt  gekommen, wo ich nicht mehr positiv gestimmt war. Als Zombie konnte ich unmöglich zu diesem Gespräch erscheinen. Mit zitternden Fingern nestelte ich mein Handy aus der Tasche und suchte verzweifelt nach der Einladung.

In diesem Moment klingelte das Telefon. Mein Gesprächspartner bat mich um Entschuldigung, er müsse den Termin für morgen  leider absagen.  Ob es mir möglich wäre, den Termin auf heute Nachmittag vorzuziehen?

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.10.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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