Werner Gschwandtner

Liebe unterm Weihnachtsbaum, Teil 2

« Jan wollte das wir umgehend zusammen ziehen sollten. Ich wollte das irgendwie auch, hatte aber dennoch auch Angst davor und wollte zunächst auf die Gefühle von Karin und ebenso auf jene von Jans Sohn Manuel achten. War es für die beiden Kinder schon angebracht, das wir so rasch Zusammenzogen? In den Tagen nach der Jahreswende verstärkten sich unsere Probleme und obgleich ich fühlte das ich liebte, wurde mir das alles zu viel. Ich konnte auch instinktiv spüren, das es Jan ebenso ging. Nach einer heftigen Auseinandersetzung, beendeten wir eine Woche nach dem neuen Jahr, unsere Beziehung. Ich zog fort und ließ mich mit meiner Tochter in Hollabrunn nieder. Was ich nicht wusste, auch er verließ Wien und zog in dieselbe Stadt wie ich. Und obgleich Hollabrunn, im vergleich zu Wien ein Dorf war, so kam es, das wir uns zunächst nicht begegneten, fast ein Jahr lang, hatte keiner von dem anderen gewusst das er ebenfalls in dieser Stadt lebte… »

 

Meinen Job hatte ich behalten, und Erik, der uns beide Verstand, hatte mir angeboten, das ich meine Tätigkeit auch freiberuflich, und damit unabhängig von der gegenwärtigen Stadt ausüben konnte. Ich widmete mich zunächst nur meiner Tochter. Karin war im vorletzten Jahr des Kindergartens und würde ab dem September in die Vorschulzeit gehen. Für Liebschaften hatte ich vorerst keinen Sinn und es vergingen vier Monate, bis ich zum ersten mal wieder an das Ausgehen dachte.

Im Sommer, während der Ferien, trat ich mich auch mit ein paar Männern, doch egal mit wem ich mich auch Einzulassen gedachte, ich verglich sie alle mit Jan und keiner kam ihm auch nur annähernd gleich. So mancher war von sich aus uninteressant, da er entweder meine Herkunft nicht wirklich tolerierte, oder eben meine Tochter nicht anerkennen konnte. Es kam auch vor, das wenn er passte, Karin mit ihm nicht auf Grün kam. Karin sagte da dann immer, „Jan war anders, und du weißt das auch.“

Im Herbst begann für Karin das letzte Kindergartenjahr, das Vorschuljahr, da sie als November geborene, ja erst mit knapp sieben Jahren die Schule besuchen würde. Ich hatte in dieser ersten Zeit alle Hände voll zu tun um meinem Kind diese Tage, und damit die Eingliederung in die kommende Schule, zu erleichtern. Gemeinsam machten wir die ersten Hausaufgaben und übten auch Tag für Tag, gewisse vorschulische Leistungen.

Nur Abends, und immer öfter des Nächtens, wenn ich alleine wach war und an die schöne Zeit der vergangenen Weihnacht dachte, da sah mein Herz immer wieder Jan und ich empfand tiefe Trauer um diesen Verlust. Ich fragte mich wo er nun wohl sein, und wie es ihm ergehen mag? Ich fragte mich auch, ob er eventuell noch an mich dachte und wie es Manuel gehen würde.

„Wo seit ihr meine Lieben?“ Dachte ich recht bekümmert bei mir. „Vielleicht war es ein Fehler so rasch die Flinte ins Korn zu werfen!“

Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, und welches ich erst viel später erfuhr, war jenes, das auch Jan, der ja in der selben Stadt wie ich lebte, nur am anderen Ende, nahe der Gartenstadt, das selbe fühlte und erlebte wie ich. Auch er hatte mit den weiblichen Bekanntschaften die er Kennenlernte, kein Glück und auch er dachte immer wieder an mich. Doch das Glück wollte es nicht, das wir wussten, das wir eigentlich nicht so weit auseinander lebten. Zumindest gegenwärtig noch nicht und es sollten noch einige Monate vergehen, bis sich das, wie durch ein Wunder, ändern sollte!

 

« Als die neue Weihnachtszeit ins Land zog, war es Karin, die mich nunmehr in die festliche Stimmung der Weihnacht brachte. Ich hatte mich die letzten Jahre, bevor meine Liaison mit Jan begonnen hatte, eigentlich wenig um diesen Christlichen Brauch gekümmert und auch ein erster Mann Manfred, zeigte für diese Sitte wenig Verständnis. Doch nun, durch unseren kurzen Kontakt zu diesem Tun, hatte sich jene Begebenheit tief in unsere Herzen gesetzt. Ich lebte mit dieser Zeit und genoss sie in vollen Zügen! »

 

Heute schreiben wir den 29. November, den ersten Advent in dieser Weihnachtszeit. Karin und ich hatten heute den grünen Tannenkranz gekauft und nun, nachdem es bereits Dunkel war, entzündeten wir gemeinsam die erste Kerze.

„Frohen Advent“, sagte ich zu meiner Tochter, „alles liebe für dich mein Kind.“

Ich nahm die Hand Karins und drückte sie fest. Auch Karin drückte meine Hand und sie sagte dabei.

„Alles Glück für dich Mam, es kann nur nun wieder Aufwärts gehen und wer weiß welche Wunder das Christkind in dieser Zeit für uns bereit hält.“

Ich wusste nicht so recht, auch wenn ich nun diese Zeit ehrte, ob ich auch schon soweit war an das Wunderhafte dieser Tage zu glauben, aber in Karins Augen stand es deutlich geschrieben, das sie felsenfest daran festhielt. Und ich wollte ihren Glauben daran nicht zunichte machen, deswegen nickte ich und sagte.

„Lassen wir die Zukunft auf uns zu kommen, das Leben schreibt seine eigenen Geschichten und das Schicksal ist unser aller Glücks Schmied.“

Das Wetter war unwirklich, es war nicht ganz kalt, aber auch nicht warm. Es war einerseits trüb, auf der anderen Seite vom Sonnenschein überzogen. Im vergangenen Jahr war es zu nächst auch so gewesen, doch am Heiligen Abend, in den Abendstunden hatte es zu schneien begonnen. Doch Heuer, dieses Jahr, würde der Himmel wohl ein solches Geschenk nicht der Erde zu teil werden lassen!

 

Eine Woche später, Sonntag der 6. Dezember. 2. Advent und zugleich der Nikolausabend. Ich hatte mich in den vergangenen Tagen darüber informiert, wie ich einen Besuch des Heiligen Mannes, bei uns zu Hause arrangieren konnte. Es war das erste Mal das ich dieses Ereignis so anging und diesen Umstand verdankte ich nur Jan. Jan, wie mag es ihm wohl jetzt ergehen? Ob er schon über mich hinweg war? Oder dachte er auch noch hin und wieder an mich?

Ich hatte mich auch schon dabei erwischt, das ich überlege, ob ich Erik nicht einfach mal nach Jan befragen sollte. Erik hätte mir sicherlich etwas über seinem Bruder gesagt, denn ich konnte es immer in seinen Augen ablesen, wie schade er es befand, das aus uns nicht wirklich etwas geworden war. Dennoch fasste ich niemals wirklich den Mut dazu und so schwieg ich stets…

Der Tag dunkelte, die Dämmerung setzte sich über die Stadt und kurz nach 17 Uhr, lag die Nacht vor unseren Fenstern. Ich hatte über einen Krampusverein, einen Nikolaus bestehlt und dieser war für wenige Minuten nach Fünf Uhr, angesagt.

Karin war aufgereckt, ich hatte meine Tochter natürlich wissen lassen, das der Heilige Mann an diesem Tag zu uns ins Haus kommen würde und sie konnte es gar nicht mehr erwarten.

Liebevoll entzündete ich die zweite Kerze des Adventkranzes und stelle einen Teller mit frischen Keksen auf den Tisch. Karin saß auf der Fensterbank und blickte in die dunkle Nacht, sie versuchte den willkommenen Besucher zu erhaschen, doch bislang konnte sie den Nikolaus nicht ausmachen.

Ich dämpfe etwas das Licht und legte zusätzlich noch stimmungsvolle Weihnachtsmusik auf. Dieses Jahr, war es das erste, wo ich diese Bräuche auch in meinem Zuhause einbrachte. Für mich war dies alles dennoch sehr neu und ich fühlte mich auch etwas komisch dabei. Doch für Karin war es einfach nur ein schönes Geschehen und das alleine zählte für mich.

Ich trat hinter meine Tochter und blickte ihr über die Schulter.

„Kannst du den Nikolaus schon sehen?“ fragte ich Karin, doch meine Kleine schüttelte den Kopf.

„Noch nicht Mam“, sagte sie leise, „ich hoffe doch das er auf mich nicht vergessen hat. Ich war doch Brav dieses Jahr!“

„Du bist doch immer Brav meine Liebe“, gab ich beruhigend zur Antwort, „er wird sicherlich bald kommen, das kann ich dir Versprechen.“

Karin legte ihren Kopf auf meine Schulte rund ich begann ihr das Haar zu streicheln. Beide schauten wir wie gebannt in die frühe Nacht.

„Kommenden Sonntag“, wandte sich Karin schließlich an mich, „möchte ich an das Christkind meinen Wunschzettel schreiben. Hilfst du mir dabei Mam?“

Ich nickte. „Natürlich mein Kind“, ich sprach auch leise, „was wünscht du dir denn?“

„Ich habe eigentlich nur einen einzigen Wunsch heuer“, sagte Karin fest, „ich möchte das du Glücklich bist. Und deswegen werde ich das Christkind um etwas ganz besonderes Bitten!“

Schritte wurden auf der Straße laut, ein sanftes Glöckchen bimmelte und dann, wenige Sekunden danach, klopfte es an unsere Einganstür…

 

« Karin schluckte, auch mir saß ein Frosch im Hals. Beide wussten wir, wer da nun an unsere Pforte klopfte und ich machte mich auf, die Tür zu öffnen. Karin nahm währenddessen an den Adventstisch platz. »

 

Der Nikolaus, in seinem goldenen Gewandt und der roten Bischofsmütze, trat ein und ich führte den Heiligen Mann in das Wohnzimmer. In der einen Hand hielt er seinen Stab, in der anderen ein dickes Buch.

„Guten Abend Karin“, sagte der Nikolaus mit sanfter Stimme, „ich freue mich sehr, Heute Abend bei dir sein zu dürfen. Ich habe dich das ganze Jahr über sehr genau beobachtet und ich muss ehrlich sagen, dein vorbildliches Verhalten zeichnet dich ehrenvoll aus.“

Karin saß am Tisch, schaute verlegen zu Boden und war sich keiner Worte mächtig. Ich war an dem Nikolaus vorbei gehuscht und ließ mich nun neben meiner Tochter nieder.

Der Heilige Mann schlug sein Buch auf und begann nach einer Zeile zu suchen.

„Da haben wir es ja“, sagte er schließlich, „du bist deiner Mutter in Stunden der Trauer sehr beigestanden. Hast immer zuverlässig deine Aufgaben verrichtet und gabst eigentlich niemals Anlass zur Besorgnis. Durch deine Aufgewecktheit“, setzte er hinzu, „kann deine Mutter so manchen Schmerz leichter verarbeiten.“

Ich musste den Nikolaus etwas verwirrt gemustert haben, denn der Heilige Mann zwinkerte mir zu, und sein weißer Bart schien dabei aufzuleuchten. Er klappte das Buch zu und schloss mit den Worten.

„Du bist eine wahre Freude für deine Mutter und genau aus diesem Grund, bin ich Heute zu dir gekommen. Um dir ein kleines Geschenk zu überreichen.“

Noch immer war ich verunsichert. Im Grunde hatte der Nikolaus all jene Tatsachen genannt, welche ich mit ihm ausgemacht hatte. Nur meine Trauerzeit, der Umstand, das ich durch den Verlust Jans etwas mitgenommen war, das hatte ich natürlich nicht erzählt. Woher wusste der Nikolaus diese Tatsache?

Karin taute nun etwas auf und sei erhob sich. Langsam schritt sie auf den Nikolaus zu, und als sich der Heilige Mann etwas zu ihr hinab beugte, flüsterte Karin dem Nikolaus etwas ins Ohr.

„Kannst du mir diesen einen Wunsch erfühlen?“ fragte Karin danach und schaute den Nikolaus fest in die Augen.

„Dein Wunsch ist ein sehr menschliches Verlangen“, bedächtig wiegte der Nikolaus seinen Kopf, „ich möchte gerne sehen, was sich da tun lässt. Aber ich möchte dir auch nahe legen, dich mit diesem Wunsch an das Christkind zu wenden. Den nur wahrer Glaube kann das schier unmögliche wahr machen!“

Danach griff der Nikolaus in seinen großen Jutesack und überreichte Karin schließlich ihr Geschenk. Es war ein rotes Nikolaussäckchen, welches in Folge mit Äpfeln, Orangen, Nüssen und auch einem Schokonikolaus gefüllt war. Dann, nach einigen Worten des Abschied, wandte sich der Heilige Mann um und verließ leise die Wohnung. Karin hatte Tränen in den Augen, sie kam still zu mir an Tisch und umarmte mich.

„Mam“, sagte sie schluchzend, „ich liebe dich.“

 

 

Liebe unterm Weihnachtsbaum,

Teil 2

Werner Alexander

www.litterarum.at

„Literatur für Jung & Junggebliebene“

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