Andreas Rüdig

Liebe

Sag mal, Archibald, du bist doch verheiratet, nicht wahr?

Ja, bin ich. Wieso fragst Du?

Ach, weißt du, unser Chef hätte da einen ganz speziellen Auftrag für dich.


Hallo Chef; der Willibald behauptet doch tatsächlich, du hättest Arbeit für mich?

Stimmt. Du bist der einzige in der Redaktion, der verheiratet ist. Daher bist du für das Thema prädestiniert.

Und das wäre?

Das menschliche Liebesleben und seine Sexualität.

Und wieso bin ich dafür besonders qualifiziert?

Du hast schon einmal eine nackte Frau gesehen, bist nicht blind davon geworden und hast bestimmt diese Frau auch genießen dürfen. Du hast also Ahnung, worüber die schreibst.

Sexualität bezeichnet im engeren biologischen Sinne die Gegebenheit von (mindestens) zwei verschiedenen Fortpflanzungstypen (Geschlechtern) von Lebewesen der selben Art, die nur jeweils zusammen mit einem Angehörigen des (bzw. eines) anderen Geschlechts zu einer zygotischen Fortpflanzung fähig sind. Hier dient die Sexualität einer Neukombination von Erbinformationen, die aber bei manchen primitiven Lebensformen auch durch der Sexualität ähnliche, nicht polare Rekombinationsvorgänge ermöglicht wird.

Im sozio- und verhaltensbiologischen Sinne bezeichnet der Begriff die Formen dezidiert geschlechtlichen Verhaltens zwischen Geschlechtspartnern. Bei vielen Wirbeltieren hat das Sexualverhalten zusätzliche Funktionen im Sozialgefüge der Population hinzugewonnen, die nichts mehr mit dem Genomaustausch zu tun haben müssen, so daß dann die handelnden Partner auch nicht unbedingt unterschiedlichen Geschlechts sein müssen.

Im weiteren Sinne bezeichnet Sexualität die Gesamtheit der Lebensäußerungen, Verhaltensweisen, Empfindungen und Interaktionen von Lebewesen in bezug auf ihr Geschlecht. Zwischenmenschliche Sexualität wird in allen Kulturen auch als ein möglicher Ausdruck der Liebe zwischen zwei Personen verstanden.

Die Herausbildung der Sexualität ist einer der Hauptfaktoren und gleichzeitig das Ergebnis der biologischen Evolution. Die Entstehung von genetisch unterschiedlichen Geschlechtern und Paarungstypen gilt aus Ausgangspunkt für di Entwicklung höherer Lebewesen aus ursprünglich geschlechtslosen Einzellern, die sich nur asexuell (vegetativ) fortpflanzen. Auf der Ebene der Einzeller, besonders bei den Ciliaten, gibt es auch Arten von mehr als 2 unterschiedlichen Paarungstypen und abgestufter Fähigkeit zur Bildung von Zygoten.

Die Sexualität hat sich vermutlich erst von rund 600 Millionen Jahren etabliert. Vermochten sich die Lebewesen anfangs nur durch einfache Zellteilung unter Vermehrung fortzupflanzen, was fast ausschließlich zu genetisch identischen Nachkommen führte, ist am Ende des Evolutionsschrittes die Fortpflanzung mit einer Vereinigung und Neuaufteilung der Genome zweier Individuen verbunden, was zu genetisch verschiedenen Nachkommen führt. Dadurch wie die Variabilität der Individuen einer Population und damit deren Fähigkeit zur Anpassung erhöht. Die Wahrscheinlichkeit, daß zwei verschiedene Genome vereinigt werden, wird dadurch erhöht, daß es mindestens zwei verschiedene Paarungstypen gibt und nur die Genome zweier verschiedener Paarungstypen vereinigt werden können. Die Vereinigung von identischen Genomen wird so verhindert. Bei den meisten Lebewesen kommen nur jeweils zwei Paarungstypen vor, die im Fall der Oogamie als Geschlechter mit männlich und weiblich bezeichnet werden.

Die Entwicklung eines durch Hormone gesteuerten Systems war ein weiterer Schritt zur Herausbildung sexueller Verhaltensweisen. Neben der Fortpflanzung mittels Austausch von Erbinformationen hat geschlechtlicher Verkehr bei höheren Organismen teils auch eine soziale Bedeutung, insbesondere bei den Primaten wie dem Menschen und den Bonobos.

Bei den Menschen scheint die Sexualität im Gegensatz zu fast allen Tieren kein reines Instinktverhalten zu sein, sondern auch bewußten Entscheidungsprozessen zu unterliegen. Menschen drücken ihre sexuelle Anziehung zum Anderen durch unterschiedliche Formen und Aspekte aus: Zärtlichkeiten, Worte, verschiedene sexuelle Praktiken oder durch besitzergreifendes Verhalten. Die Sexualität des Menschen beeinflußt seine Psyche, seine persönliche Entwicklung, die Formen seines Zusammenlebens sowie – auch beeinflußt von der Sexualmoral – die gesamte Sozialstruktur, also die Kultur und Gesellschaft, in der er lebt. Da zwischen der Sexualität des Mannes und der Sexualität der Frau teils erhebliche Unterschiede bestehen, führt diese Diskrepanz bei der Heterosexualität zu mannigfaltigen Abstimmungsschwierigkeiten zwischen den Geschlechtern. Folgen mangelnder Anpassung auf beiden Seiten können sich auch in sexuellen Funktionsstörungen bei Mann und Frau niederschlagen.

Außer der am weitesten verbreiteten Ausrichtung des Sexualverhaltens, der Heterosexualität, weist das Sexualverhalten des Menschen weitere sexuelle Orientierungen auf. Dazu gehören zum Beispiel die Homosexualität, also die Ausrichtung des Sexualtriebs auf das eigene Geschlecht, die Bisexualität, die sich auf beide Geschlechter richtet, die Asexualität, bei der kein Verlangen nach Sex – weder mit dem männlichen noch mit dem weiblichen Geschlecht – besteht, oder auch auf die fetischistische Sexualität, die sich auf unbelebte Gegenstände oder bestimmte Handlungen richtet. Früher teilweise tabuisiert und gar unter Strafe gestellt, gewinnen diese Ausrichtungen heute in aufgeklärten Gesellschaften zunehmend an Akzeptanz und sind in vielen Ländern heute erlaubt.


So so, so ist das also mit dem Schweinskram. Und darüber soll ich schreiben? Und das nur, weil ich verheiratet bin und angeblich die Frauen kenne. Na ja, egal, ich werde mich mal an die Arbeit machen.

In der antiken Götterwelt heißt die Göttin der Schönheit und der Liebe „Venus“. Ihr Sohn heißt „Amor“. Trifft er die Menschen mit dem Pfeil ins Herz, entflammen sie in Liebe. In ihrer Nacktheit und Schönheit wurde Venus insbesondere von den europäischen Künstlern immer wieder in Gemälden dargestellt. Die Venus wurde damit zu einem Idealbild des Weiblichen. Ob die tatsächlich lebenden Frauen dieses Idealbild auch wirklich erfüllen können, sei einmal dahingestellt. Auf jeden Fall fließen die geheimen sexuellen und erotischen Wünsche der Künstler mit in ihr Werk ein. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war der Rückgriff auf die römische und griechische Mythologie für Künstler die einzige Möglichkeit, nackte weibliche Körper künstlerisch darzustellen und der Öffentlichkeit vorzustellen.

(2 Polizisten auf Streife in einem Park)

Du, Theo, schau mal, was macht der Kerl da drüben.

Er steht da vor einem Standbild. Die Hose ist heruntergelassen. Vorne ist ein Ständer sichtbar. Und er fummelt an dem Venusstandbild. Du, da müssen wir einschreiten.

(Kurzmeldung im gestrigen Duisburger Generalanzeiger)

Unser Lokalreporter wurde gestern im Innenstadtpark festgenommen. Der Tatvorwurf: Erregung öffentlichen Ärgernisses. Zwei Polizisten auf Streife beobachteten ihn dabei, wie er vor einer Figur, die eine unbekleidete Venus dargestellt, mit unbekleideten Becken und ausgestreckter Männlichkeit stand. Gefragt, was er da tue, antwortete er nur: „Meine Redaktion behauptet, ich hätte Ahnung von Frauen. Es stimmt, selbst dann, wenn sie aus Stein sind.“ Archibald ist gegen Kaution wieder auf freiem Fuß.

Der Perückenmacher ist ein aussterbender Beruf. Perückenmacher sind im Friseur- oder Perückenfachgeschäft in erster Linie mit der Beratung und Bedienung von Kunden beschäftigt. Sie beurteilen Resthaar und Kopfform des Kunden und lassen daraufhin ein Maßtoupet bzw. eine Maßperücke anfertigen.

In der handwerklichen Haarersatzteilherstellung fertigen die Perückenmacher die Monturen (Unterbaue der Perücken) und veredeln dann die zu verarbeitenden Haare (Menschen-, Tier- und Kunsthaare). Für erstklassige Nikolausperücken verdünnen Perückenmacher Büffelschweifhaar, bleiben es und tönen es dann weiß. Nach dem Veredeln fertigen Perückenmacher die Haarersatzteile nach unterschiedlichen Techniken an (Tressieren, Knüpfen oder Tambourieren).

Der Perückenmacher ist ein aussterbender Beruf. Das beweisen alle berufskundlichen Untersuchungen. Kaum Lehrlinge, kaum Arbeitslose, kaum Arbeitnehmer. Untersuchungen der örtlichen Industrie- und Handelskammer bestätigen es: Es gibt kaum noch eigenständige Perückenmacherbetriebe. Auch Friseurmeister stellen kaum noch Perücken her, wie die lokale Friseur – Innung berichtet. „Seit auch Frauen Glatze tragen dürfen, gibt es einfach keinen Bedarf an Perücken mehr,.“ berichtet Petra Pansen, Perückenmacherin und Inhaberin eines Friseurbetriebes.

„Alles Quatsch! Totaler Quatsch,“ berichtet Ferdinand Wolframshausen. „Ich bin doch nicht der letztes meines Standes!“ Wolframshausen betreibt ein kleines Perückenfachgeschäft ganz in der Nähe des Rotlichtviertels.

Doch er stellt nicht Haupthaarperücken her. „Viele ältere Kunden kommen zu mir,“ berichtet Wolframshausen. „Sie haben am gesamten Körper insgesamt weniger Haare. Wollen sie eine Liebesdienerin besuchen, möchte sie selbstverständlich wie ein ganzer Kerl aussehen. Sie möchte eine jugendliche Körperbehaarung haben. Sie brauchen ein Brusttoupet. Manchmal brauchen sie mehr Haare in den Achselhöhlen. Viele Kerle benötigen dringend ein Schamhaartoupet. Es muß ihrer Männlichkeit schmeicheln, Glied und Hoden umrahmen und Potenz vermitteln. Er ist äußerst schwierige Handarbeit.“

Ob er wohl auch schon mal Schamhaarperücken für Frauen angefertigt habe, frage ich. „Wo denken Sie hin,“ faucht mich der engagierte Haarkünstler an. „Die Damen haben eher zu viele männliche Sexualhormone in die Wiege gelegt bekommen. Sie haben einen kompakten Körperbau, oft genug einen Damenbart und sind oftmals im Schambereich zwischen den Beinen dicht behaart. Für diese Frauen brauche ich keine Schamhaarperücke nähen. Da sind andere Friseurdienstleistungen gefragt – Naßrasur an den erogenen Zonen..“


Liebe im engeren Sinne ist die Bezeichnung für die stärkste Zuneigung, die ein Mensch für einen anderen Menschen empfinden kann. Analog wird dieser Begriff auch auf das Verhältnis zu Tieren oder Sachen verwendet. Im weiteren Sinne bezeichnet Liebe eine ethische Grundhaltung („Nächstenliebe“). oder die Liebe zu sich selbst („Selbstliebe“).

Im ersteren Verständnis ist Liebe ein Gefühl oder – mehr noch – eine innere Haltung positiver, inniger und tiefer Verbundenheit zu einer Person, die den reinen Zweck / Nutzwert einer zwischenmenschlichen Beziehung übersteigt und sich in der Regel durch eine tätige Zuwendung zum anderen ausdrückt. Dabei wird nicht unterschieden, ob es sich um eine tiefe Zuneigung innerhalb eines Familienverbandes („Elternliebe“) handelt, um eine enge Geistesverwandtschaft („Freundesliebe“) oder um ein körperliches Begehren („geschlechtliche Liebe“). Auch wenn letzteres eng mit Sexualität verbunden ist, bedingt sich auch im letzteren Falle beides nicht zwingend (z. B. bei der „platonischen Liebe“).

Ausgehend von dieser ersten Bedeutung wurde der Begriff in der Umgangssprache und in der Tradition schon immer auch im übertragenen Sinne verwendet und steht dann allgemein für die stärkste Form der Hinwendung zu anderen Lebewesen, Dingen, Tätigkeiten oder Ideen. Diese allgemeine Interpretation versteht Liebe also zugleich als Metapher für den Ausdruck tiefster Wertschätzung.

Kulturell und historisch ist „Liebe“ ein schillernder Begriff. Er wird nicht nur in der deutschen Sprache in vielen Kontexten und in den unterschiedlichsten Bedeutungsschattierungen verwendet. Das Phänomen wurde in den verschiedenen Epochen, Kulturen und Gesellschaften unterschiedlich aufgefaßt und erlebt. Jede Zeit und jeder sozialer Verband setzt seine eigenen Verhaltensregeln für den Umgang mit der Liebe. Daher können die Bedeutungsebenen zwischen der sinnlichen Empfindung, dem Gefühl und der ethischen Grundhaltung „Liebe“ wechseln.

Ebenso vielschichtig wie die Bedeutungen der Liebe sind die Bedeutungen der Antonyme. Im Hinblick auf die emotionale Anziehung zwischen Personen ist es der Haß. Im Sinne der Abwesenheit von Liebe kann aber auch die Gleichgültigkeit als Antagonismus angesehen werden. Im christlichen Verständnis gilt auch die Angst – als der Mangel oder die Abwesenheit von Liebe und Geborgenheit – als Gegensatz zur Liebe. Fehlentwicklungen der Liebesfähigkeit sind im Sinne des reinen Liebesbegriffes das Besitzdenken (Eifersucht) oder verschiedenen Formen der freiwilligen Abhängigkeit bzw. Aufgabe der Autonomie bis hin zur Hörigkeit.

Liebe wird häufig als eine auf Freiheit gegründete Beziehung zwischen zwei Personen angesehen. Sie findet ihren Wert nicht im Besitz des adressierten Objektes, sondern sich im dialogischen Raum zwischen den Liebenden entfaltet. Die Liebenden erkennen einander in ihrer Existenz wechselseitig an und fördern sich „zueinander strebend“ gegenseitig.

Liebe wird teilweise als quasi anarchisches, asoziales und entgrenzendes Gegenmodell zu den Beschränkungen, Anforderungen, Funktionalisierungen und Ökonomisierungen der menschlichen Alltags- und Arbeitswelt aufgefaßt. Auch wenn Liebe kein bewußter oder rationaler Entschluß der Liebenden ist, muß sie deswegen nicht als irrational betrachtet werden.

Die abendländische Auffassung von Liebe wird von der Dreiteilung Platons geprägt, die in der antiken Philosophie später ausgebaut wurde. Sie basiert auf den folgenden Konzepten:

• Eros bezeichnet die sinnlich erotische Liebe, das Begehren des geliebten Objekts, der Wunsch nach dem Geliebtwerden, die Leidenschaft
• Philia bezeichnet die Freundesliebe, Liebe auf Gegenseitigkeit, die gegenseitige Anerkennung und das gegenseitige Verstehen
• Agape bezeichnet die selbstlose und fördernde Liebe, auch die Nächsten- und „Feindesliebe“, die das Wohl des Anderen im Blick hat.

Die genauen Bedeutungen und Schwerpunkte der Begriffe haben sich im Laufe der Zeit verändert, so daß – im Gegensatz zum ursprünglich Gemeinten – unter „Platonischer Liebe“ heute ein rein seelisch-geistiges Prinzip ohne körperliche Beteiligung und Besitzwunsch verstanden wird, dam das leiblich – erotische Modell von geschlechtlicher Liebe schroff gegenübergestellt wird.

Im Laufe der Zeiten wurden diese Grundformen der Liebe immer wieder differenziert. So bezeichnet man manchmal die Interessenliebe als „stoika“, die spielerisch-sexuelle Liebe als „ludus“, die besitzergreifende Liebe als „mania“ und die auf Vernunftgründen basierende Liebe als „pragma“. Ein besonderes Liebesverhältnis stellt in theistischen Religionen auch jenes zwischen der erbarmenden Liebe Gottes zu den Menschen und der verehrenden Liebe der Menschen zu Gott dar. In Anlehnung an diese Dreiteilung kann man die Ausprägungen des Phänomens der Liebe in Empfindung, Gefühl und Haltung unterscheiden.

Unter Liebesempfindungen versteht man die primär sinnlichen Liebesgefühle, insbesondere die Verliebtheit und die sexuelle Anziehung. Sie stehen in der Regel in Verbindung mit den beiden anderen Formen der Liebe, können aber auch durch die Wahrnehmung eines fremden Körpers, also durch visuelle, olfaktorische oder taktile Reize ausgelöst werden oder ganz einfach durch den empfundenen Mangel an einem geliebten Gegenüber. Die Liebesempfindung steht in enger Verbindung mit der Sexualität, also sexuellen Wünsche, Bedürfnissen und Handlungen (dem Geschlechtsverkehr, auch als „Liebe machen“ bezeichnet).

Unter Liebesgefühlen allgemein versteht man ein komplexes, vielfältiges Spektrum unterschiedlicher Empfindungen und Haltungen gegenüber verschiedenen Arten von möglichen Liebesobjekten, in denen die sinnlich-erotische Komponente nur sekundär von Bedeutung ist. Sie führen zu einer Hinwendung und Zuwendung zum Anderen, dem Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit geschenkt werden.

Sympathie, Freundschaft, Sorge und emotionale Liebe sind Erscheinungen, in denen Liebesgefühle eine große Rolle spielen. Ebenso können die kontemplative Liebe (etwa zur Natur), die aktive sorgende Liebe um den Nächsten (Caritas), die religiöse bzw. mystische Liebe und das Mitleid dazu gerechnet werden.

Liebe als ethische Grund- und Geisteshaltung, als Tugend, ist das Paradebeispiel für rational begründete Moralität und eine Fremdliebe, die eine Interessenbalance zwischen Egoismus und Altruismus herstellt. Nächstenliebe wird dabei üblicherweise nicht als altruistische Selbstaufgabe aufgefaßt.

In den meisten Religionen ist die Liebe der zentrale Begriff. Ein wichtiges Gebot im Christentum lautet „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Analoges gilt für das Judentum und den Islam. Im Buddhismus stehen Mitgefühl als allumfassendes Mitleid und Mitfreude und Weisheit im Bezug auf alle fühlenden Wesen (also auch gegenüber Tieren) im Mittelpunkt.

Art des Liebesobjekts

• Selbstliebe: Selbstliebe wird in der Regel als die Voraussetzung zur Fähigkeit zum Lieben und zur Nächstenliebe angesehen, wobei nach Auffassung von Erich Fromm Selbstsucht Selbsthaß bedeutet. Selbstsucht äußert sich demzufolge in der Liebe durch besitzgieriges Interesse. Fromm behauptet, daß zu starke Selbstlosigkeit keine Tugend sei, sondern ein Symptom, durch das unbeabsichtigter Schaden entstehen kann. Pathologische Selbstliebe wird als Narzißmus betrachtet.

• Partnerliebe: Die geschlechtliche Liebe kann in gegengeschlechtliche (Heterosexualität) und gleichgeschlechtliche Liebe (Homosexualität) unterschieden werden und findet oft in Liebesbeziehungen Ausdruck, für in heutigen europäischen Kulturen das Ideal der Partnerschaft, vermischt mit dem ehemals höfischen Ideal der romantischen Liebe, betont wird. Eine besondere Rolle nimmt in vielen Gesellschaften die eheliche Liebe ein, die oftmals Exklusivität für sich in Anspruch nimmt. Nicht auf exklusiven Zweierbeziehungen beruhende Liebesmodell (Polygamie) spielen in außereuropäischen Kulturen in den letzten Jahrzehnten auch im Westen eine größere Rolle.

• Familiäre Liebe: Neben der partnerschaftlichen Liebe sind insbesondere die Liebe zwischen (engen) Verwandten (Vaterliebe, Mutterliebe, Kindesliebe) und die Freundesliebe in menschlichen Gemeinschaften von größter Bedeutung.

• Nächstenliebe. Die Nächstenliebe gilt im Sinne von Religion und Ethik primär dem Bedürftigen, während die Philanthropie sie zur allgemeinen Menschenliebe ausdehnt. Die Feindesliebe ist eine im Neuen Testament auf Feinde bezogene Nächstenliebe, die oft als christliche Besonderheit gilt, aber in abgeschwächter Form auch in anderen Religionen vorkommt. Noch weiter geht das Konzept der „Fernstenliebe“.

• Objekt- und Ideenliebe: Insbesondere in jüngerer Zeit ins Zentrum gesellschaftlicher Begriffe gerückt sind auch „Tierliebe“ oder die „Liebe zur Natur“. In der weiteren sprachlichen Auslegung „liebt“ man seine Hobbys oder Leidenschaften und kann diese dann als Liebhaberei oder Vorlieben bezeichnen. Auch Ideale können demnach geliebt werden, etwa durch den Begriff der „Freiheitsliebe“ dargestellt, aber auch Zugehörigkeiten wie Vaterlandsliebe / Patriotismus. Der Begriff Fan wird aber heutzutage auch für nichtfanatische Formen der Bewunderung, Verehrung / Anhängerschaft verwendet.

• Gottesdiebe: Eine besondere Rolle nimmt die Gottesliebe - in ihrer allgemeinen Form die Liebe zu einem Gott oder mehreren Göttern bzw. einer spirituellen Entität – ein.

• „Objektlose Liebe“: Liebe als Grundhaltung benötigt für christliche Mystiker wie Meister Eckhart kein Objekt. Liebe wird hier als bedingungslosen Öffnen verstanden. Der Philosoph und Metamystiker Jean Emile Charon bezeichnet diese universale Liebe gar als „Finalität der Evolution“ und „Selbsttranszendenz des Universums“.

Liebe, insbesondere Verliebtheit („Verliebtsein“), kann sich nonverbal, etwa durch Blicke, Mimik, Unruhe oder Körperhaltung ausdrücken. Beruht die Liebe auf Gegenseitigkeit, drückt der Mensch sie durch Zärtlichkeiten, insbesondere Küssen und Berührungen aus. Die körperliche Vereinigung / Sex kann dabei als intimste Ausdrucksform der Liebe dienen.

Verbale Ausdrucksformen sind in erster Linie Bezeichnungen der oder des Geliebten, meistens in Form von Komplimenten und Koseworten bzw. Kosenamen wie „Liebling“ oder Schatz.

Neueren Untersuchungen des Gehirnstroms und Studien zufolge bewirkt Verliebtheit in Bereichen des menschlichen Gehirns, die auch für Triebe zuständig sind, die höchste Aktivität, was darauf schließen läßt, daß das Gefühl, das gemeinhin als „Liebe“ bezeichnet wird, in seinem biochemischen Korrelat einen starken Zusammenhang mit dem biologischen Trieb aufweist.

Die mitunter sehr lange anhaltenden Wirkungen der Verliebtheit (Limerenz) deuten aber auch auf neuroendokrine Prozesse hin, die dem Phänomen zugrunde liegen. Das würde sich auch in das Entstehungsfeld einfügen, das in der Sexualität zu suchen ist, die ihrerseits maßgeblich der diencephalen neuroendokrinen Steuerung unterliegt. Dabei spielen nicht zuletzt die endogenen Opiate des Hypophysenzwischenlappen eine Rolle.

Verliebt sich ein Mensch, so sorgen verschiedene Botenstoffe für Euphorie (Dopamin), Aufregung (Adrenalin), rauschartige Glücksgefühle und tiefes Wohlbefinden (Endorphin und Cortisol) (umgekehrt können Momente, in denen man nicht mit der geliebten Person zusammen ist, als schmerzhaft empfunden werden) und erhöhte sexuelle Lust (Testosteron sinkt bei Männer, steigt bei Frauen). Auch Sexualduftstoffe (Pheromone) werden vermehrt abgegeben. Hingegen sinkt der Serotoninspiegel stark ab, wodurch der Zustand der Verliebtheit in diesem Punkt eine Ähnlichkeit mit vielen psychischen Krankheiten aufweist. Das trägt dazu bei, daß Verliebte sich zeitweise in einem Zustand der „Unzurechnungsfähigkeit“ befinden können, sich dabei zu irrationalen Handlungen hinreißen lassen und Hemmschwellen aufbauen. Nach einiger Zeit gewöhnt sich der Körper an diese Dosen. Ganz allmählich (laut Weltgesundheitsorganisation nach 24 – 36 Monaten) beendet das Gehirn diesen sensorischen „Rauschzustand“.

Nach vier Jahren Verliebtheit sind laut internationalen Statistiken die Scheidungen bei Menschen am häufigsten. Nach dieser Phase spielen die Hormone Oxytocin und das männliche Gegenstück Vasopressin, die Vertrautheit und Bindungen verstärken, und Endorphine eine Rolle. Nach etwa zwei bis vier Jahren muß die Verliebtheit in eine andere Form der Liebe übergehen, in der die Beziehung der Partner eher vom freundschaftlichen Ausleben gemeinsamer Interessen geprägt ist. Die berauschenden Hormone können ab einem bestimmten Punkt ihre Wirkung nicht mehr entfalten. Als Folge stellt der Körper ihre Produktion ganz ein. „Entzugserscheinungen“ können die Folge sein. Nun treten auch viele vormals nicht störende Eigenschaften beim Partner offen zutage. Aus rein hormoneller Sicht wäre eine Trennung nun oft ebenso vorteilhaft wie ein weiteres Zusammenbleiben, um die Kinder aufzuziehen.

Das vertiefte Gefühl der Liebe ist aus evolutionsbiologischer Sicht möglicherweise im Zusammenhang mit der Sexualität entstanden, wobei die Liebe es ermöglichte, die erfolgte Partner-Selektion und damit die Paarbeziehung über längere Zeiträume zu stabilisieren. Es sind zwar bei vielen Tierarten monogame Paarbeziehungen bekannt (beispielsweise auch bei den Graugänsen von Konrad Lorenz), aber ob diese Tiere dabei so etwas wie „Liebe“ empfinden, ist wohl eine aus erkenntnistheoretischen Gründen unbeantwortete Frage.

Nach Auffassung von Evolutionspsychologen werden Frauen und Männer bei der Partnerwahl von Vorlieben regiert, die sich über Millionen von Jahren von unseren Vorfahren auf uns weitervererbt haben. Diese „Steinzeit-Psyche“ soll Frauen auf starke oder statushohe Beschützertypen reagieren lassen, Männer dagegen auf junge, hübsche Frauen. Schönheit gelte bei beiden Geschlechtern offenbar als Indiz für „gesunde Gene“, wie auch Humanethnologen bestätigen. In diesem Zusammenhang wurde auch vielfach untersucht, was „Schönheit“ in diesem Zusammenhang bedeutet, welche körperlichen Merkmale für beide Geschlechter als attraktiv gelten („Durchschnittlichkeit“ als Ideal).

Die Psychiatrie befaßt sich unter dem medizinischen Aspekt mit dem Phänomen. So wird beispielsweise die Psychopathologie des „Liebeswahns“ im Zusammenhang mit paranoischen Vorstellungen diagnostiziert.

Viele Bezeichnungen für Fachgebiete sind – ebenso wie eine Reihe anderer Begriffe – auf dem Präfix Phil- aufgebaut. Dazu zählen insbesondere die Philosophie (ursprünglich: „Liebe zur Weisheit“) und die „Philologie“ (ursprünglich: „Liebe zu den Sprachen“). Die „Philatelie“ sei stellvertretend für andere Sammelleidenschaften genannt. Der Name „Philipp“ („Philhippos“, verschiedene Schreibweisen) bedeutet „Pferdeliebhaber“.

Polytheistische Religionen kennen zumeist Göttingen, denen die Liebe zugeordnet ist und die sie befördern. In monotheistischen Religionen ist die Alliebe Gottes eine seiner Eigenschaften. Da er aber auch Zorn oder Eifersucht zu seinen Eigenschaften zählt, hat die Theologie hier ein komplexes Arbeitsfeld. Selbst in der negativen Theologie wie auch in der Mystik wird als einzige Aussage über das Unsagbare in der Regel dennoch die Feststellung Gott ist die Liebe anerkannt.


Du Archibald, oh unser Experte für Liebesfragen, ich habe hier einen interessanten Gesprächspartner für dich. Ansgar Schweinfeger heißt er. „Verbietet die Liebe“ heißt sein neuestes Buch. Bespreche es bitte. Außerdem hast du übermorgen einen Interviewtermin bei ihm.

Ja, Cheffe.

(in Gedanken) Meine Güte, warum tut er mir das an.

(Duisburger Generalanzeige, 1. April 2015, Feuilletonteil)

„Verbietet die Liebe“ heißt ein neues Buch, das in diesen Tagen im Duisburger „Fachverlag für Liebe – Plaisier der Amour“ erschienen ist. Autor Ansgar Schweinfeger fordert darin, die Liebe zumindest aus der Öffentlichkeit zu verbannen. Händchenhaltende und sich küssende Jugendliche sind genauso verpönt wie das Benutzen entsprechender Begrifflichkeiten („Liebling / Darling“, „Schätzchen“ u. ä.) oder das Abspielen von Liebesliedern in der Öffentlichkeit. Wer dagegen verstößt, macht sich nach Auffassung Schweinfegers strafbar. „Erregung öffentlichen Ärgernisses“, „Förderung der Prostitution“, „Förderung der Pornographie“ – dies sind nur einige der Paragraphen, gegen die nach Meinung Schweinfegers verstoßen wird. „Das Buch soll mithelfen, Straftaten zu verhindern,“ berichtet die Inhaltsangabe auf dem hinteren Buchdeckel.

In welche Kategorie ist das Buch nun einzuordnen? Ernstzunehmende gesellschaftliche Betrachtung? Soziologische Untersuchung? Humoristische Einlassung? Die Absicht Schweinfegers ist nicht deutlich zu erkennen. Das Buch ist sehr persönlich geschrieben, wird aber oft mit juristischen, medizinischen, soziologischen, psychologisch-psychiatrischen und erkenntnistheoretischen, also philosophischen Ausführungen verquickt. Es erhält so einen pseudowissenschaftlichen Anstrich.

Empfehlenswert weil lesenswert ist das Buch auf jeden Fall für Eltern mit Kindern in der Pubertät. Nein, eigentlich ist diese Formulierung falsch. Das Buch kann Jugendlichen in der Pubertät empfohlen werden, die ihre erste, zweite, dritte ... Liebe vor ihren Eltern geheimhalten und sich so als seriöse Streber präsentieren wollen, denen Beruf, Ausbildung, Erfolg und gesellschaftliche Anerkennung wichtiger sind als das eigene Liebesleben. Hier erfahren die Jugendlichen, wie sie Strebertum und Geheimnistuerei erfolgreich miteinander verbinden können.

(Duisburger Generalanzeige, Lokalteil, am selben Tag)

Dieses Buch ist mir wichtig und eine Herzensangelegenheit. Diese Aussage trifft Schweinfeger im Brustton der Überzeugung. Er habe sich sehr viele Gedanken zum Thema Liebe gemacht, berichtet der Autor, der sich als überzeugten Junggesellen und Schriftsteller aus Leidenschaft bezeichnet.

Wie entscheidet das Gehirn unter biochemischen Gesichtspunkten, daß es sich verliebt? Gibt es einen Katalog mit Merkmalen, der abgehakt werden muß, damit das Gehirn weiß, daß es die Liebeshormone ausschütten muß? „Die naturwissenschaftliche Frage nach der Entstehung der Liebe ist noch nicht ausreichend beantwortet,“ behauptet Schweinfeger. „Auch verhaltensbiologisch ist nicht geklärt, welche Schemata bei den Menschen, bei dem jeweiligen Individuum Liebe auslösen. Erst wenn dies geklärt ist, darf Liebe in der Öffentlichkeit wieder gezeigt werden.“

Wie er dieses Verhalten unterbinden möchte? Soll es eine Sittenpolizei gehen? „Nein, das ist nicht nötig. Das können auch die städtischen Politessen. Dann belästigen die wenigstens nicht mehr die Autofahrer mit ihren Knöllchen. Politessen sind in der Regel weiblich. Die können dann auch ganz unauffällig die Kaufhäuser daraufhin überwachen, daß dort keine aufreizende Bekleidung mehr verkauft wird.“ Enganliegende Radlerhosen werden in Zukunft also genauso verboten sein wie heiße Höschen oder bauchfreie Damenoberbekleidung.

Ob denn sein Vorschlag mit der Justiz abgesprochen sei – dies ist sicherlich eine berechtigte Frage. Ja, das sei es, berichtet Schweinfeger. Viele Familienrichter seien ihre Arbeit leid. Ständig müßten sie sich mit sich streitenden Noch-Ehepartnern und weinenden Kindern beschäftigen. Sie möchten sich auch nicht mehr mit Vaterschaftsanerkenntnissen, Kindespflegschaften und ähnlichen Verwerfungen, die nur eine Folgeerscheinung der Liebe seien, beschäftigen müssen. Wenn es gelinge, der Liebe gesittet zuhause zu frönen, dann halte die Ehe auch länger. „Mir ist das ganze Unterhaltsrecht zu umfangreich und kompliziert. Ich verstehe es nicht,“ soll sogar eine Familienrichterin gesagt haben. Da privater und dezenter geheiratet werde und somit auch mehr Kinder gezeugt werden, könnten sich die Standesbeamten wieder verstärkt auf die Verwaltungsakte, mit denen Heiraten, Geburten und Sterbefälle beurkundet werden, konzentrieren.

Ob er denn Erfahrungen mit Frauen habe? Diese Frage sei zum Abschluß des Gesprächs erlaubt. „Meine Frau existiert nur digital,“ berichtet Schweinfeger. „Ich habe ihren Körper am Computer zusammengesetzt. Mit ihr kann ich mich den ganzen Tag und überall unterhalten; sie gibt nie Widerworte. Ich kann leckere Gerichte kochen. Und wenn die Hormone verrückst spielen, na ja, da kann ich auch Abhilfe schaffen...“

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.01.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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