Carsten Hinze

Die Bahn

Er sah sich schüchtern um, als er in die Bahn einstieg. In der Hand hatte er eine Aktenmappe mit zwei unterschiedliche farbigen Kugelschreibern. Es waren kaum Fahrgäste anwesend. Ein älterer Mann saß vorn an der Tür und starrte gelangweilt zum Fenster hinaus. Das Pärchen in der Mitte des Wagens nahm kurz Notiz von der Ankunft des neuen Mitreisenden! Er ging bis zum Ende durch und setzte sich auf den Sitz der normalerweise nur für körperlich Behinderte vorgesehen war. Doch das störte ihn nicht weiter. Sein Blick ging aus dem Fenster, welches mit Farbe von außen beschmiert war. Ein durchschauen war kaum möglich. Die Bahn fuhr mit einem starken ruckeln an. Stehende Personen im vorderen Zugwagen mussten sich festhalten, sonst wären sie umgefallen. Schweißnasse Hände hatte er. Der Termin der ihm bevorstand war ein sehr wichtiger für sein weiteres Leben. Mehrere Absagen hatte er im letzten halben Jahr bekommen. Heute war der große Moment wo er ein Vorstellungsgespräch bei einer, seiner Meinung nach, genialen Firma hatte ! Ein Hand wischte sich den Schweiß im Hosenbein ab, während die andere sich einen Kugelschreiber griff. Wieder ein ruckeln und die Bahn stand ! Vorne ging die Tür auf und ein Mann mit einer dunklen Lederjacke betrat den Waggon. Sein blick war hart und verstörend. Aus seinen Ohren schauten Ohrhörer heraus. Die Musik war zuhören. Sein schwerer Körper lies sich zweite Sitze vor ihm fallen. Das Beben war regelrecht zu spüren. Die Nervosität stieg. Sein Herz schlug schneller. Der Puls raste. Sein Daumen tastete nach dem Kugelschreiberknopf und drückte ihn mit einem klicken hinein. Mit einem weiteren Druck und zweitem klicken holte er den Knopf wieder heraus. Ein Sonnenstrahl traf seine Augen. Sofort fingen sie an zu tränen. Die Augenlider schlossen sich in Bruchteilen von Sekunden. Aber der Daumen ließ nicht vom dem Knopf am Kugelschreiber ab. Immer rhythmischer drückte er das kleine Ding. Mal schnell, mal langsamer. Ein Funker hätte bestimmt versucht das allseits bekannte Morsealphabet anzuwenden. Klick Klack Klick Klick Klack Klack Klick Klick Klick Klack Immer schneller wurde das Tippen. Dann wieder langsamer. Verwirrt schaute er zur Seite. Keiner beobachtete ihn dabei. Auch unterhielt sich keiner weiter im Wagen. Der Typ mit den Kopfhörer nahm auch anscheinend keine großartige Notiz von ihm. Er war ja durch seine Kopfhörer abgelenkt. Obwohl die Musik nicht mehr derartig Laut zuhören waren. Vielleicht war sein Ohr auch schon zu sehr an sein klickendes Kugelschreiber spielen gewöhnt. Die Bahn hielt an. Keiner stieg zu keiner aus. Also fuhr der Zugführer nach wenigen Sekunden weiter. Der Schweiß lief über seine kalte Stirn direkt in sein linkes Auge. Sofort fing es an zu brennen, als das salzhaltige Wasser die Linse traf. Mit der linken Hand wischte er es trocken! Dann mit der gesamten Handfläche über die Schläfe! Er spürte sein Herz in der seiner Schlagader pochen. Bald ist er am Ziel. Dann würde es heißen: Ruhe bewahren ! Die Lederjacke zwei Sitze vor ihm bewegte sich. Der bullige Typ erhob sich. So schaute er ihn an. Das Leder hatte auch mal bessere Zeiten gesehen. Bis obenhin war das Reißverschluss zugezogen, wohin der Mann auch mit seiner linken Hand griff! Das ratschen des Verschlusses zeriss das Rhythmische Klacken seines Kugelschreibers. Bis zur Hälfte hatte er es geöffnet. Dann griff er in die Innenseite seiner Jacke. Die Hand kam mit einem unförmigen Ding wieder heraus. Alles ging blitzschnell. Der Arm bewegt sich in seine Richtung. Auf der Höhe seines Kopfes blieb die Hand mit dem unförmigen Etwas stehen. Durch den einfallenden Sonnenschein konnte er es schlecht identifizieren was es war. Da knallte auch schon der Schuss und eine kleine Kugel traf seine Stirn. Sofort platzte die Haut auf. Der harte Schädelknochen zerbarst in tausend kleine Stücke. Ein schmatzen und platschen war zuhören als seine Gehirnmasse an die Scheibe des Strassenbahnwagens klatschte und langsam hinunterlief. Seine Augen hatten ihren nassen Glanz verloren. Sein Traum von einem neuen Anfang in einem neuen Job mit tollen Vorraussetzungen in wenigen Sekunden erloschen. Sein Körper sackte in dem Sitz in sich zusammen. Von dem höhnischen Grinsen, als der Lederjackentyp ausstieg, bekam er nichts mehr mit.

Moin Moin

Diese Geschichte habe ich für einen Kollegen in 30 Minuten geschrieben - er wollte mal wissen was in meinem Kopf so herumspukt !!!
Und dann fiel mir der Typ vom Morgen in der Strassenbahn ein der mir mit seinem Kugelschreiber auf die Nerven ging !!!
Carsten Hinze, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.03.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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