Andreas Rüdig

Afrikanist



Afrikanistik ist die Wissenschaftsdisziplin, die sich mit der Erforschung afrikanischer Sprachen und Kulturen beschäftigt. Im deutschsprachigen Raum war sie lange Zeit auf die wissenschaftliche Erforschung von Sprachen und Literaturen in Afrika beschränkt. Am Zentrum für Afrikastudien in Basel wird seit dem Wintersemester 2002/03 der interdisziplinäre Studiengang African Studies angeboten. Die African Studies in den USA sind als Teil der area studies eher sozialwissenschaftlich geprägt.

Anfänge

Die europäische Afrikanistik beginnt mit den Missionssprachwissenschaften, an deren Anfang die Kikongo-Grammatik des Italieners Brusciotto steht. Fast gleichzeitig erschien das Wörterbuch zum Kenzi-Dialekt von Carradori da Pistoia. Etwas später folgte die Grammatik der Ge'ez-Sprache von Hiob Ludolf, der damit die Äthiopistik begründete.

Im 19. Jahrhundert fanden die großen Entdeckungsreisen in das Innere Afrikas statt. Zu den bekannten Afrikaforschern gehören Mungo Park, David Livingstone, Heinrich Barth, Adolf Overweg, Gustav Nachtigal und Georg Schweinfurth. Zur gleichen Zeit befassten sich Missionare mit den afrikanischen Sprachen. Beispielhaft sind hier Sigismund Koelle, Johann Gottlieb Christaller und Johann Ludwig Krapf zu nennen. Ein Sprachwissenschaftler, der sogar über die Bantu-Sprachen promoviert hatte, wie Wilhelm Heinrich Immanuel Bleek, war angesichts des akademischen Desintersses an afrikanischen Sprachen gezwungen, nach Kapstadt auszuwandern und seine Forschungen dort als Bibliothekar fortzusetzen. Auch die umfangreichen sprachwissenschaftlichen Forschungen von Heinrich Barth fanden erst im 20. Jahrhundert die gebührende Anerkennung.

Deutsche Afrikanistik

Es waren aber in erster Linie Carl Meinhof und Diedrich Westermann, die mit ihren Arbeiten zu den Bantu- und Sudan-Sprachen das Bild der deutschen Afrikanistik prägten. Die beiden Theologen waren auch die ersten Professoren für Afrikanistik in Hamburg und Berlin (Seminar für Orientalische Sprachen). In Wien wirkte zur gleichen Zeit der Ägyptologe und Afrikanist Wilhelm Czermak. Beeinflusst von der Ideologie des deutschen Kolonialismus widmeten sie sich auch der Entwicklung scheinwissenschaftlicher Theorien, vor allem der Hamitentheorie, die die Hegemonieansprüche von den Kolonialherren auserwählter Herrenvölker untermauerte, wenn deren Sprache über bestimmte Merkmale (z.B. ein Nominalklassensystem) verfügte.

Andere Wissenschaftler wie August Klingenheben, Johannes Lukas und insbesondere Ernst Dammann kamen erst nach ihnen zum Zug.

Heute ist die Afrikanistik ein typisches Orchideenfach, das in Deutschland an sieben Hochschulstandorten mit insgesamt 14 Lehrstühlen vertreten ist. Die schon aus Anfangszeiten der deutschen Afrikanistik bestehende Zweiteilung - ursprünglich nicht mehr als die jeweils unterschiedlichen Forschungsansätze von Meinhof und Westermann - lässt sich in Westdeutschland bis heute als inhaltliche Strömung beobachten.

Während die Schüler Meinhofs (im wesentlichen Akademiker aus dem Institut in Hamburg) sich mit Fragestellungen wie Sprachklassifikation und Nominalklassen auseinandersetzen, interessieren sich die Westermann-Schüler (die in der Nachkriegszeit vor allem aus dem Kölner Institut kamen) mehr für die afrikanischen Sprachen in einem folkloristischen oder kulturgeographischen Zusammenhang, wobei festzustellen ist, dass in dieser Strömung die ideologische Orthodoxie zwar erkennbar, aber nicht so stark ausgeprägt und stärker rückläufig ist, als im anderen Lager.

Zeitgenössische vertreter der Meinhof-Schule sind Herrmann Jungraithmayr, Wilhelm Möhlig, Ludwig Gerhardt, Gudrun Miehe, Dymitr Ibriszimov und Anne Storch. Schüler Westermanns sind Oswin Köhler, Bernd Heine, Franz Rottland, Mechthild Reh, Rainer Voßen und Raimund Kastenholz. Die ostdeutsche Afrikanistik (mit den Standorten Berlin und Leipzig) hat sich hiervon unbeeinflusst entwickelt, wobei deren Geschichte noch aufzuarbeiten ist.


Auf der Weltkarte gibt es heute keine weißen Flecken mehr. Allein schon die Satellitentechnik ermöglichte uns ein allumfassendes Bild unserer Welt. Jeder Winkel, jeder Grashalm und jeder Staubkorn ist bekannt. So dachte ich lange Zeit. Doch dann sollte die Rundfahrt auf dem Nil kommen.

Sag mal, Egbertm, wie hoch ist die Pyramide da drüben?

Keine Ahnung.

Wie heißt die denn?

Keine Ahnung. Sie ist nicht auf meiner Karte verzeichnet.

Kann man sie denn besteigen?

Keine Ahnung.

Dann fragŽ doch mal unseren Reiseführer.

Al-Haq ibn el-al...

Der Mann verstand kein Wort. Und ließ mich ratlos zurück. Wie sollte ich meiner Frau nur erklären, daß wir uns auf dem Nil verirrt hatten?

Kaum waren wir wieder zuhause, ging ich in die nächste Buchhandlung und suchte eine Landkarte vom Nil. Um ein Mißverständnis zu vermeiden: Reiseführer von Ägypten gab es jede Menge. Da wurde wirklich jede Kleinigkeit beschrieben. Gezielt über den Nil fand ich aber nichts. Was also tun? Ich rief bei der Niederrheinischen Universität an. Ob es da wohl einen Lehrstuhl für Geographie gibt? Zu meiner Überraschung gab es den nicht. "Es gibt einen Lehrstuhl fürdie Geschichte des Niederrheins und einen für die Ökologie des Niederrheins," beschied mich die freundliche Dame am Telefon. "Ich verbinde Sie daher mit der Aftikanistik." Afrika-was? "Afrikanistik, auch Afrikakunde genannt. Wir sind führend darin in Deutschland." Ob die unbedingt Karten vom Nil haben, wußte ich damals nicht. Aber es war mir egal. Vielleicht könnten mir diese Orchideenwissenschaftler ja trotzdem weiterhelfen.

"Ah ja, da ist ja der neue Kandidat," schnurrte plötzlich eine männliche Stimme. Welchen Kandidaten meint der namenlose Mann? "Den neuen Teilnehmer für unsere Afrikaexpedition. Sie wollen mithelfen, zu beweisen, daß es nicht nur in Ägypten Pyramiden gab?" Natürlich wollte ich. Da ich gerade nichts besseres zu tun hatte, machte ich auch gleich einen Vorstellungstermin aus. Franz-Ferdinand Graf Buchholz hieß mein Gesprächspartner.

"Afrika ist voller Geheimnisse," vertraute mir der Adelige an. "Die christlich-animistischen Teile Äthiopiens, des Sudan und des Tschad sind noch immer nicht vernünftig erforscht. Wir vermuten, daß es dort noch viele nicht entdeckte Pyramiden gibt. Sie sind teilweise unterirdisch, teilweisein den Fels gehauen. Wir möchten diese Pyramiden entdecken und erforschen. Sie kommen doch mit?"

Spätestens an dieser Stelle kam ich ins Grübeln. Ich selbst hatte Afrikanistik studiert, hatte auch schon den einen oder anderen Urlaub in Afrika verbracht - und sollte mich jetzt mit der Ägyptologie beschäftigen? "Ach, Quatsch," meinte der Graf nur. "Ägypten ist doch auch ein Teil Afrikas, oder? Kommen Sie mit auf die Forschungsreise und verdienen Sie sich ihren ersten beruflichen Sporen." Also schlug ich ein.

"Ich habe eine Arbeit," konnte ich also freudestrahlend ausrufen, als ich an dem Tag nach Hause kam. Klein-Erna, meine Frau, sah mich staunend an. "Du? Nach allŽ den Jahren des Bummelstudiums und des Reisens? Was machst du denn?" Ich erzählte es ihr. Und damit begann die Schimpferei. "Was willst du da? Spinnst du? Bist du verrückt? Was soll ich hier alleine ohne dich?" An diesem Punkt angelangt, braucht ich eine Pause von ihr. Also packte ich meine Koffer und zog gen Afrika.

Deutsche Archäologen im Sudan verschleppt!

Deutscher Afrika - Forscher lenkt Nil-Quelle um!

Afrikanisten ausgeraubt!

Wir produzierten viele Schlagzeilen. Am Anfang verstanden die Einheimischen in der Nil - Region nämlich nicht, was wir dort wollten. Ein paar Weiße buddeln im heißen, staubigen Wüstensand - die müssen doch reich und bekloppt sein. So dachten zumindest die Afrikaner. Mitnichten, wie sich bald herausstellen sollte.

"Mir ist warm." In der Mittagshitze hatte Franz-Ferdinand einen roten Kopf bekommen. Also setzte er sich in einen der Rinnsale, der sich endlos durch die Landschaft schlängelte. Daß er verschwunden war, fiel uns erst auf, als der Rinnsal plötzlich verschwunden war. Wo früher feuchtes Naß war, war auf einmal nur noch trockener Sand. Wir, die Reisebegleiter des Grafen, brauchten einige Minuten, um diese unbestreitbare Tatsache zu realisieren. Als wir uns nach dem Grafen umschauten, entdeckten wir plötzlich ein Loch im Boden. Bei näherer Betrachtung stellten wir fest, daß wir den Eingang zu einer Höhle im Boden entdeckt hatten.

Was dann geschah, erschreckte uns dann doch, zumindest am Anfang. Es tauchte plötzlich ein Turban im Boden au! "Will mir denn niemand helfen," fragte dann auch noch die Stimme des Grafen, ohne daß ihr Besitzer sichtbar wäre. "Holt mich hier endlich heraus."

Wie schon gesagt: Der Graf hatte sich in den Rinnsal gesetzt, um sich Abkühlung und Linderung zu verschaffen. Als er ein Knirschen hörte, war es auch schon zu spät. Der Boden unter ihm gab nach. Quasi wie durch eine Eieruhr versank er im Boden.

Was folgte, ist legendär. Der Graf lenkte den Rinnsal um. Dann begann er, im Boden zu buddeln. So legte er eine natürliche, unterirdische Höhlenpyramide freizulegen. Lebende Mumien entdeckten wir zwar nicht, dafür aber viele antike Alltagsgegenstände: Eßgeschirr, Hygieneartikel, Modeschmuck und Vogelfedern fanden wir in rauhen Mengen. "Wieso habt ihr denn Vogelfedern gefunden," wollte meine Frau eines Tages wissen. "Die Wüsten-Ägypter glaubten an eine unsterbliche Seele. Stirbt ein Mensch, verläßt die Seele den Körper. Um in den Himmel kommen zu können, braucht sie ganz viele Federn, die sie auf den Rücken schnallt. Ist die Seele im Himmel, kann sie über das Leben der Erdenbewohner wachen und aufpassen, daß es ihnen gutgeht. Bleibt die Seele aber auf der Erde, richtet sie nur Schaden an. In der Endzeit der Wüstenägypter gab es kaum noch Vögel mit Feder.... Die Wüstenägypter waren also dem Untergang geweiht. Irgendwann gingen sie dann im Pharaonenreich auf. Die Redewendung `Ich hab mit dir noch ein Hühnchen zu rupfen!` stammt aus dieser Zeit - man kündigte damit die bevorstehende Beerdigung an."

Unsere nächste Expedition führt uns nach Kenia. Angeblich liegt dort ja die Wiege der Menschheit. Wir sollen überprüfen, ob es im Urwald noch lebende Frühformen des Menschen gibt.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.03.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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