Hans Pürstner

INRI 2.0 Teil 10

Wir schreiben das Jahr 2044, Jerusalem, Residenz des amerikanischen Militärgouverneurs für den Staat Palästina.

Der amerikanische Botschafter begrüßt seine Kollegen aus Ägypten, Jordanien und Großbritannien.

"Sehr verehrte Exzellenzen, ich freue mich, dass wir heute den fünften Jahrestag der Bundesrepublik Palästina feiern können. Sie alle wissen, dass es ein schwieriges Unterfangen war, den Beschluss der UN-Konferenz umzusetzen und die Gebiete des Gazastreifen sowie die Westbank wieder mit dem Staat Israel zu verbinden und daraus die Republik Palästina zu machen. Hätten wir nicht letztendlich den Vorschlag aufgegriffen, etwas ähnliches wie nach dem zweiten Weltkrieg zu versuchen, wo wir Deutschland in vier Besatzungszonen aufgeteilt hatten, wäre die Sache wohl kaum von einem derartigen Erfolg gekrönt worden. Sicher, jetzt schon von einem Erfolg zu sprechen ist mehr als mutig.  Aber ich glaube, oder zumindest ich hoffe, dass wir den schwierigsten Teil hinter uns gebracht haben.

Ägypten kontrolliert den Gazastreifen, Jordanien die Westbank , Großbritannien den Norden Israels und wir den Rest der Republik. Alle Gebiete sind selbstständige Bundesländer mit einer föderalen Verwaltung die ihnen die Möglichkeit lässt, soviel wie möglich eigenständig zu entscheiden. Die Bundesregierung wird demokratisch gewählt entscheidet über die gesamtstaatlichen Aufgaben. Über alles wacht ein Kongress und ein Senat.

Wir vier Staaten, die wir unsere Truppen hier stationiert haben, verstehen uns selbstverständlich nicht als Besatzer, sondern wir garantieren nur die ungestörte Arbeit der demokratisch gewählten Legislative. Ohne uns würden vermutlich die ultrakonservativen Kräfte auf beiden Seiten dies unmöglich machen."

Der Botschafter Ägyptens erhob das Wort und legte wert darauf, auch dem iranischen Präsidenten zu danken.

"Gott sei Dank ist der vorherige Präsident, dieser unselige Kriegstreiber vom Volk abgewählt worden. Es wollte lieber in Frieden leben als ständig als Störer des Weltfriedens gebrandmarkt zu werden. Der neue Regierungschef hat auf eine Militärpräsenz in Palästina zugunsten Jordaniens verzichtet, ebenso wie die Russen, ohne deren stilles Einverständnis wir den ganzen Plan auch nicht hätten umsetzen können!"

Die übrigen Botschafter klatschten demonstrativ Beifall und der Amerikaner fuhr fort:

"Anders als damals in Deutschland, wo wir die Hauptstadt Berlin in vier Sektoren aufgeteilt hatten, waren wir hier von Anfang an der Meinung, eine andere Lösung zu versuchen. Als Hauptstadt wurde statt Tel Aviv wieder Jerusalem gewählt, das ja auch für die verschiedenen Religionen das Zentrum war und ist. Statt Sektoren zu bilden, wechselt jedes Jahr einer von unseren Befehlshabern in die Residenz des Militärgouverneurs für Palästina. Für die Geschichtsbewussten unter uns so eine Art Pontius Pilatus!" fügte er schmunzelnd hinzu.

"Aber er wird seine Hände nicht in Unschuld waschen, sondern alles tun, damit die Regierung Frieden im Land schaffen und bewahren kann!"

 

 

Zur selben Zeit in Haifa, zentraler Busbahnhof. Eine kleine Gruppe Männer und einige Frauen, alle um die dreißig versammeln sich um Joshua.

"Shalom!" grüßt er freundlich und winkt den Anwesenden, ihm zu folgen. Ein alter Militärbus erwartete sie am anderen Bussteig und alle begannen damit, ihr Gepäck aufzuladen.

"Ich hoffe, ihr habt alle meinen Rat befolgt und nur die Dinge eingepackt, die ich euch nach der Anmeldung zum 40 tägigen Selbsterfahrungstrip in die Negev Wüste geschickt habe. Ihr wisst, was auf euch zukommt, deshalb bitte ich jetzt jeden von euch noch mal, zu überlegen, ob er sich das tatsächlich antun möchte. Das wird keine Erholungsreise. Wir werden auf einer kleinen Oase die Zeit mit Meditieren verbringen. Zu trinken gibt es nur Wasser oder Tee, zu essen gibt es selbst gebackenes Fladenbrot und Kichererbsenbrei."

Die meisten verzogen das Gesicht, trotzdem machte keiner von ihnen Anstalten, das Angebot Joshuas anzunehmen und von der Reise zurückzutreten.

Die Aussicht, in den nächsten Wochen zu fasten und sexuell enthaltsam zu leben war sicherlich nicht besonders toll, aber jeder der Teilnehmer hatte in den letzten Monaten wahre Wunderdinge über diesen neuen religiösen Führer gehört und war begierig darauf zu sehen was es damit auf sich hatte.

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