Andreas Rüdig

2. Duisburger Krimi

Im Karneval gibt es ganz viele Piraten. Dann verkleiden sich nämlich Kinder. Sie befestigen eine Klappe über einem Auge. Mit schwarzer Kohle fabrizieren sie den Schatten eines Bartes ins Gesicht. Ein Ring im Ohr, eine verwegene Mütze auf dem Kopf, ein buntes Hemd und eine Plusterhose – und schon ist der Karnevalspirat fertig.

Mit moderner Piraterie hat das natürlich nichts zu tun. Die modernen Piraten benutzen keine unbeweglichen Segelschiffe mit schwarzer Totenkopfflagge mehr. Die modernen Piraten nutzen schnelle Motorboote und gefährliche Waffen. Nähern sich zwei Motorboote mit schneller Fahrt einem Lastschiff, ist Gefahr angesagt. Dann sind nämlich Piraten unterwegs. Konnten die Piraten erst einmal den Lastkahn betreten, übernahmen sie augenblicklich die Brücke und dirigieren das Schiff dann in das benachbarte Ausland, um von dort aus Lösegeld zu erpressen.

Woher ich das alles weiß? „Die Piraterie hat inzwischen Duisburg erreicht,“ behauptet Matthäus Odewald, Leiter der Duisburger Hafenpolizei. Woher er das alles weiß, frage ich ihn. „Na ja, ich bin oft mit dem Boot im Hafengebiet unterwegs. Da sehe ich doch selbst, wie hochgerüstet selbst Frachtschiffe inzwischen sind. Es gibt oft einen zusätzlichen Radar, der gezielt feindliche Schnellboote aufspüren soll. Es gibt nicht nur die klassischen Kanonen, sondern auch Panzerfäuste, Schnellfeuerwaffen und sonstige Selbstverteidigungsanlagen. Die Schiffe fahren jetzt nur noch im Verband. So wollen sich die Schiffer selbst schützen.“ Und woher kommen die Piraten von heute? „Von den Komoren, Sao Tome und Principe, Mauritius, West-Samoa, Tonga..“ Hä? Woher? „Ja, ja, Sie haben schon richtig gehört.“ Behauptet der Hafenpolizist. „Vor 20 Jahren behaupteten die Reedereien, die Personalkosten seien zu hoch. Also entließen sie das deutsche Personal. Sie stellten dafür Leute aus Billiglohnländern ein. Diese Billiglohnländer liegen oft am Rande Afrikas oder in Ozeanien. Die Seefahrer von dort haben also Ahnung vom Fach. Die Leute von dort erhalten Niedriglöhne, die hier in Deutschland fast schon sittenwidrig sind. Eine Sache haben die Reedereien allerdings übersehen. Auf Dauer wollen die Seeleute natürlich nicht nur ihren kargen Lohn erhalten. Sie wollen mehr, immer mehr. Und das funktioniert eben nur mir Piraterie.“ Und wo bringen die Piraten die gekaperten Schiffe hin? „Nach Neu-Guernsey.“ Neu-Guernsey? Was ist das denn? Und wo liegt das? Warum habe ich denn noch nie davon gehört? „Neu-Guernsey ist eine neu geschaffene, künstliche Insel im Ärmelkanal. Sie hat einen riesigen Hafen. Neu-Guernsey ist auch für Binnenschiffe gut zu erreichen.“ Ob die Insel zu England oder Frankreich gehöre, möchte ich wissen. „Momentan weder noch. Das ist noch nicht geklärt. Es ist also auch keine Polizei zuständig.“ Ob denn schon Piraten gefaßt worden sind? „Nein. Bis wir überhaupt mitbekommen, daß den Reedereien ein Schiff abhanden gekommen ist, ist das Schiff schon längst in Neu-Guernsey angekommen.“ Wäre denn Geleitschutz für die Rheinschiffahrt möglich? An dieser Stelle lacht Odenwald schallend. „Wir sollen wir das denn schaffen? Wir von der Polizei haben weder genügend Personal noch genügend Boote. Meines Wissens nach übernehmen private Sicherheitsdienste den Geleitschutz. Nur: Für Einzelgänger übernehmen die privaten Sicherheitsdienste auch keine Garantie.“ Lohnt es sich denn, Kontakt zu einer dieser Sicherheitsfirmen aufzunehmen? „Ja, wenn Sie möchten, werde ich Sie nicht aufhalten.“

Mein Pendeldienst auf dem Rhein beginnt in Düsseldorf und endet in Emmerich. Der „Wachdienst Rheinlust“ hatte sich bereiterklärt, mich beim Begleitschutz mitzunehmen. Ich möchte doch zu gerne wissen, wie so ein Piratenüberfall abläuft. Zwei Wochen fahren wir nun schon auf dem Fluß, nein Strom hin und her. Und nichts hat sich ereignet. Kein Überfall! Keine Entführung! Allmählich glaube ich, daß die Piratenüberfälle einer überhitzten Phantasie entspringen. Sonst hätte sich schon längst was ereignet. Wahrscheinlich liegt hier ein Fall von Versicherungsbetrug vor. Doch was ist das? Dort drüben ist der Ruhrmund; hier mündet die Ruhr in Duisburg-Ruhrort in den Rhein. Drei Motorboote schießen mit hoher Geschwindigkeit auf unseren Verband zu. „Los, unter Deck, aber schnell,“ fordert mich ein Wachmann auf und hält mir eine Pistole an die Brust. Sollte etwa...??

Als ich mit den anderen Seeleuten unter Deck bin, spüren wir auch schon das betäubende Gas. Besinnungslos sinken wir zu Boden.

Als ich wieder zu Bewußtsein komme, bin ich in Neu-Guernsey. Der ganze Schiffsverband, den ich begleitete, ist hier angekommen. Ein schöner Wachdienst ist das, der Schiffe in die Entführung begleitet.

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Andreas Rüdig).
Der Beitrag wurde von Andreas Rüdig auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.04.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Andreas Rüdig als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Männer wie Vokabeln von Brit Brint



Elvira fühlt sich verfolgt - zunächst lediglich vom Pech. Sie hat ihren Job verloren, wird vom Freund verlassen und meistert ihr Leben immer weniger. Eines Abends begegnet ihr in der Disco ein Mann, der augenblicklich eine unerklärliche Macht auf sie ausübt. Von da an hat Elvira einen Verfolger. Sobald er auftaucht, ist sie wie gelähmt.

Elviras Leben wird zunehmend von Angst bestimmt, und sie zieht sich fast vollständig von ihrer Umwelt zurück. Bis zu dem Tag, an dem die Mutter ihren Besuch ankündigt ... Nur, um vor der strengen Mutter nicht als Versagerin dazustehen, rappelt sich Elvira noch einmal auf. Nimmt ihr Leben nun die entscheidende positive Wende, oder steuert sie direkt auf eine Katastrophe zu?

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Sonstige" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Andreas Rüdig

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Die kinderfressende Tasche von Andreas Rüdig (Humor)
Mama ...Lupus...autobiographisch... von Rüdiger Nazar (Sonstige)
Auszug aus "Befreiungs-Schläge" von Elke Lüder (Autobiografisches)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen