Stefan Schweinberger

Der Umzug

Damals war ich 11 Jahre alt, ich wohnte in Fröttmaning, nur 2 Minuten von der Allianz Arena entfernt. Ich wohnte mit meinen Eltern in einer nur 60 m² großen Wohnung. Doch dann kam ich eines Tages vom Fußballtraining heim und ich spürte schon, dass etwas komisch war, denn meine Mutter war total übertrieben nett zu mir und sie hatte mein Lieblingsessen gekocht. Während des Essen sagte sie dann plötzlich: „Wir werden umziehen“. Ich wusste erstmal nicht, was ich davon halten sollte, denn natürlich war ich froh, dass wir in eine wahrscheinlich größere Wohnung ziehen würden. Dies dachte ich, bis meine Mutter hinzufügte: „Die Sache hat nur einen Haken: Die Wohnung ist nicht hier in München, sondern in Merching.“ Schockiert fragte ich: „Wo ist diese Merching?“ Ich wollte die Antwort eigentlich gar nicht hören, aber meine Mutter sagte genau das, dass ich befürchtet hatte: „Es ist eine Stunde von hier, du wirst also die Schule wechseln müssen.“ „Nein!“ rief ich „das kommt gar nicht in Frage, hier habe ich meine Freunde, hier habe ich... Doch meine Mutter unterbrach mich: „Dein Vater und ich, wir haben uns schon entschieden, die Wohnung hat 5 Zimmer und hat 140 m². Außerdem ist die Miete nicht höher als hier.“ Ich verschwand wütend auf meinem Zimmer, doch das sollte an ihrer Entscheidung nichts mehr ändern.

1 Monat später

Jetzt sind wir in Merching eingetroffen. Gerade eben habe ich mein neues Zimmer eingeräumt. Mit meinen alten Sachen gefüllt ist es allerdings nicht einmal halb voll. Und am nächsten Tag muss ich auch noch in die Schule. Erschöpft von dem langem Umzug lasse ich mich ins Bett fallen. Am nächsten Morgen klopft mein Vater an die Tür und ruft: „Aufstehen! Frühstück ist fertig. Müde öffne ich meine Augen und sehe auf die Uhr. Es ist viertel vor 6. In München wurde ich immer um viertel vor sieben geweckt. Hundemüde begebe ich mich zum Frühstück, wo mein Vater mir erklärt, dass ich jeden Morgen so früh aufstehen muss, weil der Zug 40 Minuten bis zu meiner Schule in Augsburg braucht. Am Bahnhof angekommen sehe ich einige Schüler stehen, doch da ich kein so kontaktfreudiger Mensch bin, stelle ich mich etwas Abseits. In der Schule angekommen muss ich feststellen, dass es nur noch eine einzelne Bank gibt. Ich sitze also alleine. Die ersten zwei Stunden vergehen ziemlich schnell, doch in der Pause ist keiner da, der wirklich mit mir reden will. Der restliche Schultag zieht sich ewig in die Länge, weil keiner da ist, der mit mir reden mag. Und was soll man in der Schule schon anderes machen? Zu Hause angekommen erzählt mir meine Mutter, dass sie mich schon für den örtlichen Fußballverein angemeldet hat und dass heute Abend das erste Mal Training ist. Als ich dort ankomme sehe ich, dass fast jeder im Verein aus meiner Klasse ist. Sie lachen mich sofort aus und fragen mich, was ich denn hier will. Sie hänseln mich so immer weiter, bis ich keinen einzigen Ball mehr treffe. Ab diesem Tag bin ich nie wieder ins Fußballtraining gegangen.
2 Wochen später hat sich an dieser Situation immer noch nicht viel geändert, die Schultage ziehen sich ewig hin, und die Nachmittage sind noch viel länger, weil ich nichts zu tun habe. Doch an diesem Tag kommt ein neuer in die Klasse, er ist „freiwillig zurückgetreten“, wie man das heute nennt. Neben mir ist der einzige freie Sitzplatz, deshalb setzt er sich dorthin. Er versucht sofort sich mit mir zu unterhalten und erzählt mir von seinen Noten, und wie es passiert ist, dass er durchgefallen ist. Er ist mir von Anfang an sehr sympathisch und sogar in den Pausen redet er mit mir. In der 5. Stunde werd eich dann tatsächlich ermahnt, dass ich nicht so viel schwätzen soll. Oh, wie ich das vermisst habe. Er lädt mich sogar ein, am Nachmittag mal beim Handballtraining vorbeizuschauen . Ich sage begeistert zu. Beim Handball ist es einfach nur toll, die Mannschaft nimmt mich supernett auf. Die Sportart erlerne ich auch sehr schnell, so dass ich bald schon bei den Punktspielen mitspielen darf.
Mittlerweile bin ich 13 Jahre alt und spiele sehr erfolgreich Handball. Durch den Verein konnte ich mir einen großen Freundeskreis aufbauen, und durch meine sportlichen Erfolge werd ich jetzt auch von meiner Klasse respektiert.


4 Jahre später

Heute habe ich mal wieder ein Handballspiel. Und es ist nicht nur irgendeins, nein es geht um den Aufstieg und mein Trainer hat mir gesagt, dass auch Talentsucher zuschauen werden. Ich glaube zwar nicht, dass ich eine große Chance habe bei ihnen Eindruck zu erwecken, aber ich bin natürlich dann trotzdem noch mal extra motiviert. Jetzt ruft meine Mutter zum Frühstück. Sie weiß auch wie wichtig das Spiel ist und hat mir ein total leckeres Frühstück vorbereitet mit Rührei, Orangensaft, frischen Semmeln und, und, und… Nach dem Verzehr des Frühstücks mache ich mich fertig zum Losfahren. Meine Hallenschuhe eingepackt geht’s mit dem Fahrrad los. An der Halle angekommen wundere ich mich schon ein bisschen, da jetzt eine Stunde vor Beginn des Spiels der Parkplatz schon halbvoll ist. Ich begebe mich in die Umkleidekabine, wo ich mal wieder als Letzter da bin. Als wir uns umgezogen haben gehen wir aufs Spielfeld zum Warmmachen- und sehen schon mindestens 100 Zuschauer in der Halle. Nach dem Warmmachen gehen wir wieder zur Passkontrolle in die Kabine. Nachdem diese vorbei ist laufen wir aufs Spielfeld. Mittlerweile sind schon wieder noch mal so viele Zuschauer gekommen. Und nun erblicke ich meine ganze Familie in der ersten Reihe. Schon geht das Spiel los. Ich bekomme einen Ball zugespielt, werfe aber viel zu überhastet und der Ball geht weit über das Tor. Der Gegenangriff ist dann drin und schon liegen wir zurück. Danach komme ich nicht wirklich ins Spiel rein und nach 20 Minuten liegen wir 9-12 zurück. Doch jetzt bekomme ich wieder den Ball und werfe als Rückraumspieler mit voller Kraft auf Tor, der Ball geht unhaltbar rein. Jetzt bin ich wach und blocke den nächsten Angriff, spiele ihn schnell zu einem meinem Mitspieler weiter, der alleine auf den Torwart zuläuft und den Ball mit einem wunderschönen Heber versenkt. Zur Halbzeit steht es dann 15-15 Unentschieden, durch weitere drei Treffer von mir. Unsere Trainer gibt uns Anweisungen, die ich aber vor Erschöpfung nicht mehr mitbekomme. Nach der Halbzeit starten di! e Gegner sofort einen Angriff und gehen in Führung. Den nächsten Ball werfe ich hart aufs Tor, er ist aber nicht platziert genug und der Torwart kann ihn halten. Nach 40 Minuten liegen wir 17-20 zurück. Jetzt gehe ich über außen, passe den Ball in die Mitte, der wirft den Ball steil nach außen zurück, ich ziehe in die Mitte, schneide den Ball an und der Ball dreht sich hinter dem Torwart ins Tor. Nun starten die Gegner wieder einen Angriff, doch den Wurf hält unser Keeper Weltklasse. Der passt gleich wieder zu mir und ich verwandle meinen fünften Ball. Jetzt ist es ein ausgeglichenes Spiel bei dem es 30 Sekunden vor Ende 27-27 steht. Wir starten wieder einen Angriff, ich bekomme den Ball- das ist meine Chance! Ich werfe den ball knallhart und platziert, aber der Torwart hält. Jetzt haben die Gegner die Chance. Sie probieren es schnell, doch ich springe dazwischen und fange den Ball ab. Ich schaue auf die Anzeigentafel- noch 7 Sekunden. Ich gehe noch 2 Schritte springe ab, werfe den ball per Aufsetzer Richtung Tor, der Ball springt unter dem Torwart durch- und springt an die Latte! Aber ich sehe noch eine Chance, der Ball springt im Torwartraum, ich springe und komme mit zwei Fingern meiner Linken Hand gerade so an den Ball, der Ball tuckert in Zeitlupe Richtung Linie- und ist drin.
Das Spiel ist aus!!! Wir sind aufgestiegen! Wir liegen uns in den Armen und ich bin der gefeierte Held. Wir lassen uns noch eine Viertelstunde vom Publikum feiern und gehen dann in die Kabine.
4 Jahre später

Heute habe ich mal wieder ein Handballspiel. Und es ist nicht nur irgendeins, nein es geht um den Aufstieg und mein Trainer hat mir gesagt, dass auch Talentsucher zuschauen werden. Ich glaube zwar nicht, dass ich eine große Chance habe bei ihnen Eindruck zu erwecken, aber ich bin natürlich dann trotzdem noch mal extra motiviert. Jetzt ruft meine Mutter zum Frühstück. Sie weiß auch wie wichtig das Spiel ist und hat mir ein total leckeres Frühstück vorbereitet mit Rührei, Orangensaft, frischen Semmeln und, und, und… Nach dem Verzehr des Frühstücks mache ich mich fertig zum Losfahren. Meine Hallenschuhe eingepackt geht’s mit dem Fahrrad los. An der Halle angekommen wundere ich mich schon ein bisschen, da jetzt eine Stunde vor Beginn des Spiels der Parkplatz schon halbvoll ist. Ich begebe mich in die Umkleidekabine, wo ich mal wieder als Letzter da bin. Als wir uns umgezogen haben gehen wir aufs Spielfeld zum Warmmachen- und sehen schon mindestens 100 Zuschauer in der Halle. Nach dem Warmmachen gehen wir wieder zur Passkontrolle in die Kabine. Nachdem diese vorbei ist laufen wir aufs Spielfeld. Mittlerweile sind schon wieder noch mal so viele Zuschauer gekommen. Und nun erblicke ich meine ganze Familie in der ersten Reihe. Schon geht das Spiel los. Ich bekomme einen Ball zugespielt, werfe aber viel zu überhastet und der Ball geht weit über das Tor. Der Gegenangriff ist dann drin und schon liegen wir zurück. Danach komme ich nicht wirklich ins Spiel rein und nach 20 Minuten liegen wir 9-12 zurück. Doch jetzt bekomme ich wieder den Ball und werfe als Rückraumspieler mit voller Kraft auf Tor, der Ball geht unhaltbar rein. Jetzt bin ich wach und blocke den nächsten Angriff, spiele ihn schnell zu einem meinem Mitspieler weiter, der alleine auf den Torwart zuläuft und den Ball mit einem wunderschönen Heber versenkt. Zur Halbzeit steht es dann 15-15 Unentschieden, durch weitere drei Treffer von mir. Unsere Trainer gibt uns Anweisungen, die ich aber vor Erschöpfung nicht mehr mitbekomme. Nach der Halbzeit starten di! e Gegner sofort einen Angriff und gehen in Führung. Den nächsten Ball werfe ich hart aufs Tor, er ist aber nicht platziert genug und der Torwart kann ihn halten. Nach 40 Minuten liegen wir 17-20 zurück. Jetzt gehe ich über außen, passe den Ball in die Mitte, der wirft den Ball steil nach außen zurück, ich ziehe in die Mitte, schneide den Ball an und der Ball dreht sich hinter dem Torwart ins Tor. Nun starten die Gegner wieder einen Angriff, doch den Wurf hält unser Keeper Weltklasse. Der passt gleich wieder zu mir und ich verwandle meinen fünften Ball. Jetzt ist es ein ausgeglichenes Spiel bei dem es 30 Sekunden vor Ende 27-27 steht. Wir starten wieder einen Angriff, ich bekomme den Ball- das ist meine Chance! Ich werfe den ball knallhart und platziert, aber der Torwart hält. Jetzt haben die Gegner die Chance. Sie probieren es schnell, doch ich springe dazwischen und fange den Ball ab. Ich schaue auf die Anzeigentafel- noch 7 Sekunden. Ich gehe noch 2 Schritte springe ab, werfe den ball per Aufsetzer Richtung Tor, der Ball springt unter dem Torwart durch- und springt an die Latte! Aber ich sehe noch eine Chance, der Ball springt im Torwartraum, ich springe und komme mit zwei Fingern meiner Linken Hand gerade so an den Ball, der Ball tuckert in Zeitlupe Richtung Linie- und ist drin.
Das Spiel ist aus!!! Wir sind aufgestiegen! Wir liegen uns in den Armen und ich bin der gefeierte Held. Wir lassen uns noch eine Viertelstunde vom Publikum feiern und gehen dann in die Kabine.

Als ich mich umgezogen habe wartet ein Mann auf mich. Er will kurz mit mir alleine sprechen. Er sagt, dass er ein Talentsucher des Erstliga Vereins Donau-Lech Augsburg ist, und dass ich doch mal zu einem Probetraining kommen soll. Ich kann es kaum fassen. Jetzt habe ich es fast geschafft. Zu einem Probetraining eines Erstligavereins. Unfassbar!!!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.05.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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