Kim Thiel

Der endgültige Abschied


Es war nach Mitternacht, als Jonathan endlich zu Hause ankam. Bis zuletzt hatte er an ihrem Bett gewartet und gehofft es würde ihr bald besser gehen. Doch sie hatte es nicht geschafft, Zoey würde nie wieder ihre Wohnung betreten, nie mehr ihr ansteckendes Lachen lachen, sie wird nie wieder irgend etwas machen können! Denn sie war tot! Er konnte es noch immer nicht fassen, noch vor ein paar Tagen schien alles so perfekt zu sein. Aber dann begannen sich ihre Ohnmachtsanfälle zu häufen und sie wurde immer schwächer und kranker. Bis heute, heute war es soweit gewesen. Die Ärzte hatten es Jonathan immer gesagt aber er hatte ihnen nie Glauben geschenkt.
Langsam ließ er sich auf ihr gemeinsames Bett gleiten, er konnte sie immer noch in seiner Nähe spüren.
„Jonathan! Vergiss mich nicht!" Es war Zoey’s Stimme, die Jonathan zu hören glaubte.
„Zoey? Ich würde dich niemals vergessen! Nie!!!" Jetzt konnte er sie sogar sehen. Sie hatte lange blonde Haare, ihr Gesicht war extrem blass und sie trug ein langes weißes Kleid.
„Folge mir!" Sie schien zu schweben während sie langsam vorwärts glitt. Jonathan verstand nicht recht was gerade mit ihm geschah oder warum er dieser „Halluzination" folgte. Es kam ihm vor als würde er Stunden lang hinter ihr her gehen.
„Wo bringst du mich hin?"
Sie gab ihm keine Antwort.
„Bist du ein Geist?"
Wieder keine Antwort. Inzwischen waren sie am Meer angelangt und die Sonne lugte schon über den Horizont.
„Du hast den Sonnenaufgang immer geliebt. So wie du mich geliebt hast."
„Ich liebe dich noch immer und daran wird sich nichts ändern, gar nichts."
„Schtscht! Ich weiß, mein Liebling. Aber nun bin ich tot. Doch bevor ich endgültig gehe, will ich mich noch von dir Verabschieden." Sie glitt etwas näher an ihn heran. Doch er wendete sich von ihr ab.
„Ich begreife das ganze nicht, noch vor ein paar Stunden habe ich dich im Krankenhaus liegen sehen und da warst du tot! Und jetzt... jetzt stehst du hier und redest mit mir. Es ist fast so als wärst du nie krank oder gar tot gewesen!" Eine unbeabsichtigte Träne tropfte von seiner Nasenspitze auf den Boden.
„Bitte weine nicht meinetwegen. Wir wussten beide schon seit dem Tag als wir uns verlobt hatten dass es irgendwann soweit sein würde. Wir wussten schon immer das ich früher gehen musste als du und trotzdem hast du dich mit mir verlobt. Aber nun ist es vorbei, vorbei bis wir uns in einem anderen Leben wieder begegnen." Sie klang so traurig während sie sprach und dennoch glaubte Jonathan ein wenig Ironie in ihrer Stimme zu vernehmen. Nein, das bildete er sich nur ein! Aber hatte sie nicht eben auch verstohlen gegrinst? Jonathan ignorierte es.
„Ich habe dich geliebt. Ich dachte wir könnten deine Zeit irgendwie verlängern, ich hoffte das es vielleicht bald ein Gegenmittel geben würde, eine neue Chance für dich und mich. Eine Chance evtl. irgendwann eine Familie zu gründen. Aber nun stehe ich hier und rede über meine Hoffnungen und Träume mit meiner toten Verlobten. Es ist unfassbar!" Jonathan schien verzweifelt.
„Komm mit mir!" Langsam schwebte Zoey weiter auf das unruhige Meer zu, ohne weiter auf Jonathan einzugehen. Jonathan folgte ihr verwundert. Das Wasser reichte ihm nun bis zu den Knöcheln und dennoch folgte er Zoey tiefer ins Wasser hinein.
 
 
Es war bereits Nachmittag und in der Brandung lag ein Mann, mit dem Gesicht zur Erde. Er trug schwarze Kleidung und in seiner blassen verkrampften Hand hielt er einen weißen Stofffetzen, vielleicht von einem Kleid? Der Mann war Jonathan, der den Morgen nicht überlebt hatte. War es Selbstmord, weil er den endgültigen Abschied von seiner Verlobten nicht verkraftet hatte? Oder war es ein Unfall gewesen? Niemand hat das je herausgefunden.

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Kim Thiel).
Der Beitrag wurde von Kim Thiel auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.05.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Kim Thiel als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Dicht am Leben von Stefanie Dietz



Begleiten sie Stefanie Dietz auf eine poetische Reise voller bunter Bilder. Mit viel Humor, Gefühl, Herz und Verstand nimmt sie den Leser mit in eine Gedichtwelt, in der man sich wohlfühlt. Mal lustig, mal besinnlich, mal traurig, mal kritisch - so wie das Leben selbst. Ein Lesegenuß der besonderen Art für alle, die Gedichte mögen.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Mystery" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Kim Thiel

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Mein ganz persönlicher Selbsmord von Carrie Winter (Einfach so zum Lesen und Nachdenken)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen