Andreas Rüdig

Der rheinische Patriot

 

Die "Informationen zur politischen Bildung" werden von der Bundeszentrale für politische Bildung" in Bonn herausgegeben. Die Nummer 266 stammt aus dem 1. Quartal des Jahres 2000. Ihr Titel lautet: "Nationalsozialismus II Führerstaat und Vernichtungskrieg". Wolfgang Benz, Elke Diehl, Jürgen Faulenbach, Hermann Graml, Christine Hesse, Astrid Irrgang, Hans Joachim Kraschewski und Hans Ulrich Thamer heißen die Autoren. Fotos, Karten und Texte ergänzen einander. Hier liegen ganz gewöhnliche Informatinoen vor. Sie informieren über das jeweiligen Thema, ohne allzu sehr in die Tiefe zu gehen. Inhaltlich beginnt das Heft im Jahre 1934, als die Macht erobert ist und Stabilität erreicht werden soll, und schlägt dann den Bogen bis zum Jahre 1945. Wer sein Allgemeinwissen vertiefen möchte, sollte zu dieser Broschüre greifen.

 

 

Mein Vater wurde im Jahre 1900, also noch zu Kaisers Zeiten, geboren. Er ging also auch mit dem Jahrhundert. Als junger Mann hatte er Glück: Er wurde nicht zur Wehrmacht eingezogen. Er war zu jung, um in den Krieg geschickt zu werden. Er erlebte aber die Ruhrbesetzung zu Beginn der `20er Jahre mit. "Es war eine schlimme Zeit," erinnert sich mein Vater. "Wir hatten nichts zu essen und wir froren.Und ständig diese Angst: Was wird aus Familie, Freunden, Nachbarn?" Zu dieser Zeit wurde mein Vater politisiert. "Ich habe nichts gegen Franzosen und Belgier, solange sie zu Hause bleiben. Im Ruhrgebiet und im Rheinland haben sie nichts zu suchen."

 

Mein Vater begann, Vergangenheit und Gegenwart der Rheinlade zu erforschen. Aus praktischen Gründen konzentierte er sich auf den Niederrhein. "Rheinland, Rheinland über alles, über alles in der Welt," lautete sein Wahlspruch. Ganz schnell bildete sich die "Rheinlandpatriotische Kultur- und Geistesvereinigung". Heimatforscher aus den örtlichen Bürgervereinen, Historiker von den örtlichen Universitäten, Lokalpolitiker, Autoren, Journalisten, Fachpublizisten und vor allem regionale Wirtschaftsführer als Geldgeber taten sich in der Vereinigung zusammen.

 

"In der Weimarer Republik waren wir ein unpolitische Haufen von Idealisten, die die Rheinlandkunde zum Anlaß für geselliges Beisammensein und den Gedankenaustausch nutzen," berichtet mein Vater. "Die Wende kam im Dritten Reich. Unserer Vereinigung war auf einmal wichtig und bedeutend. Fast jede Tageszeitung entlang der Rheinschiene wollte plötzlich Artikel zu regionalen Themen haben. Wir konnten ungehindert Fachpublikationen veröffentlichen. Schon ziemlich früh entstand eine kleine Filmproduktionsfirma, die pathetische Dokumentationen über das Rheinland erstellte."

 

Da die Vereinigung unpolitisch war, ließen die Machthaber die Mitglieder gewähren. "Wir wurden sogar finanziell nach Kräften gefördert," erinnert sich mein Vater. Nach dem Krieg mußten sich die rheinischen Patrioten neu organisieren. In den spätern `40er und kompletten `50er Jahren durchlebten die Rheinlandpatrioten eine geruhsame Zeit - niemand interessierte sich für sie. Das sollte sich erst in den `60er Jahren erinnern, als die Studentenrevolte über Europa hinwegschwappte.

 

Regionalisten hatten auf einmal Hochkonjunktur. Mein Vater durfte wieder in der Öffentlichkeit über seine rheinischen Forschungen referieren. Höhepunkt des Studentenprotests: die Gründung der "Rheinischen Volkspartei" Anfang 1968. Bei der Bundestagswahl im selben Jahr fehlten glatt 5 Stimmen, um in die nationale Quasselbude einzuziehen. Seit 1970 ist sie kontinuierlich in den Landesparlamenten von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen vertreten. Morgen kommt Papas großer Tag. Die "Freie Republik Rheinland" wird gegründet und aus den drei eben genannten Bundesländern hervorgehen. Die Republik reicht von der Schweiz bis zu den Niederlanden. Und Papa wird ihr erster Präsident sein...

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 30.06.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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