DAS ESSEN GEHT WEITER...
„Du hast wirklich eine gute Wahl
getroffen“, sagt der Proff gerade anerkennend zu Chris.
Huch, was erzählt er denn da? Er
meint doch nicht etwa sie? Irma fühlt sich ein wenig verlegen. Es ist natürlich
schmeichelhaft, aber viel wichtiger findet sie, dass er Chris gelobt hat.
„Ich habe keine Wahl getroffen“,
Chris wendet sich ihr zu und schaut sie zärtlich an, und wie immer, wenn er sie
so anschaut, ist sie wie benommen. Was wird das?
Chris nimmt ihre Hand und küsst
ihre Fingerspitzen. „Ich konnte gar nicht anders...“
Oh nein Chris, das darfst du nicht
tun, nicht sagen, nicht jetzt, ich löse mich auf, ich könnte mich auf der
Stelle, nein um Gottes willen nicht jetzt! Aber trotzdem... Irmas Blick taucht
für einen Moment in seine Augen ein, und das Verlangen, das sie darin sieht,
macht sie vollends fertig.
„Ich muss noch mal in die Küche“,
sagt sie leise und löst ihre Hand behutsam aus der seinen. Sie berührt ihn zart
am Rücken und geht, in Richtung Küche, es sieht bestimmt aus als würde sie
stolpern... Sie spürt instinktiv, dass Chris ihr nachfolgt.
Und so ist es auch. Er nimmt sie
in die Arme und drängt sie zur Arbeitsplatte hin. Er schiebt ihr ein Bein
zwischen ihre willigen Schenkel, schaut sie atemlos verlangend an. Und Irma
fühlte sich dahinschmelzen, ihre Beine kommen ihr vor, als wären sie aus Gelee,
und im Bauch hat sie ein komisches Kribbeln. Oh Chris, was tust du mit mir? Sie
schlingt die Arme um seinen Hals. Nimm mich bitte, ich gehöre dir! Sie stöhnt auf
und biegt ihm willig ihren Körper entgegen.
Natürlich ist er genauso erregt
wie sie. Aber sie hofft inständig, dass er mehr Widerstandskraft hat als sie,
sie ist ja so schwach... Ihre Lippen treffen sich und verschmelzen miteinander,
sie fühlt seine fordernde Zunge in ihrem Mund, sie küssen sich heftig, zuerst
leidenschaftlich, aber dann allmählich sanfter, sie beherrschen sich beide,
ihre Berührungen werden zärtlich und spielerisch, sie wissen ja, es entgeht
ihnen nichts, sie können alles später nachholen, aber trotzdem, schade,
schade...
Nach einer Weile lösen sie sich
widerstrebend voneinander und schauen sich bedauernd an. „Wir müssen wohl
wieder zurück“, sagt Chris, „die warten bestimmt schon auf die Hausherrin...“.
„Hausherrin? Aber ich fühle mich so
gar nicht wie eine Hausherrin,“ seufzt Irma.
„Das kannst du aber, Haselmaus“,
Chris sieht auf sie herab. „Du weißt doch, dass du meine Herrin bist...“
„Bin ich das?“ Sein Blick macht sie nervös und verlegen. Aber es hört sich herrlich an, so nach Mittelalter und nach Minnesängern. Meine Herrin... Irma fühlt, wie sie errötet. „Chris, das meinst du jetzt aber nicht sadomasomäßig, oder?“
„Ein bisschen schon.“ Chris
lächelt sie an. „Nein Quatsch, ich meine es anders. Ich meine, dass du mich
besiegt hast.“
„Aber ich hab’ dich doch nicht
besiegt, du bist Chris, und du bist doch kein Verlierer!“
„Nein, das bin ich nicht! Ich bin
ein Gewinner. Aber hallo, das hört sich ja an wie Muhammad Ali...“ Wieder muss
er lachen, und dann sagt er: „Jedenfalls bist du meine Herrin, denn du bist die
einzige, die mich besiegen konnte...“
„Wow“, sagt Irma mit schwacher
Stimme.
„Und ist doch alles gut gelaufen“,
Chris lächelt und berührt mit dem Zeigefinger zart ihre Nase.
„Oh ja, doch...“ Irma zieht die Nase
kraus und überlegt. „Sag’ mal, hast du irgendwelche Probleme mit deinem Vater?“
Chris stutzt und sieht etwas
verwirrt aus. „Nicht dass ich wüsste“, sagt er dann schließlich.
„Dann hab’ ich mich wohl geirrt.“
Er hat keine Ahnung, denkt Irma verwundert, aber da ist etwas...
„Und weswegen sind wir jetzt in
die Küche gegangen?“ fragt Chris sie arglistig.
Irma starrt ihn an. „Upps!“ sagt
sie und sieht sich in der Küche um. Vielleicht könnte man ja Servietten
mitnehmen, oder... „Was hältst du von diesem Spucknapf? Die Chinesen lieben so
was!“ Irma hält triumphierend ein Schüsselchen aus Edelstahl hoch.
„Ein Spucknapf? Genau das haben
wir immer schon gebraucht!“
Hand in Hand gehen sie zurück in
das neu erschaffene Esszimmer, wo sie sich dann doch voneinander trennen
müssen. Irma stellt das Metallschüsselchen auf den Esstisch, der sonst im
Keller steht neben dem Billardtisch und sagt: „Da ist er, der Spucknapf. Ich
weiß aber nicht, ob man ihn auf den Tisch stellt oder auf den Boden...“
Alle glotzen sie verwirrt an ,aber
der Proff kapiert es als erster. „Frag’ am besten den chinesischen Gärtner“,
schlägt er vor, alle fangen an zu kichern, und sogar der sehr zurückhaltende
Mann von Irene kann sich ein Lächeln nicht verkneifen.
„Sie... äääh DU hast einen
chinesischen Gärtner? Kann der auch chinesisch kochen?“
„Bei weitem nicht so gut wie du,
Irma. Deine Peking-Gulasch Suppe ist unerreicht“, Der Proff grinst, und es
sieht fast so aus, als ob Chris grinst. Die beiden sehen sich wirklich total
ähnlich, Chris ist allerdings ein bisschen größer als er. Und schon sind ihre
Gedanken wieder bei Chris. Er ist wunderbar und vor allem im Bett...
„Dann gehört dir also der nette
Karmann, der immer in der Einfahrt steht“, hört sie wie von weitem die Stimme
des Proffs. „Ich hatte mich schon darüber gewundert, weil sonst nie einer dort
parkt...“
Irma reißt mühsam ihre Gedanken
von Chris’ Körper los und auch von dem, was Chris’ Körper mit ihr anstellen
könnte. „Ja, das ist meiner, aber er wird’s nicht mehr lange machen.“
„Durchgerostet?“ stellt der Proff
mehr fest als dass er fragt. Er hat anscheinend viel Ahnung von Karmännern.
„Voll durchgerostet! Und das
Schweißen ist einfach zu teuer.“ Irma schaut betrübt vor sich hin, sie hängt an
ihrem Auto, es ist ziemlich einmalig, wenn auch manchmal recht unbequem und
lausig kalt, vor allem im Winter, wenn die Heizung nicht richtig warm wird.
„Was denn, so teuer kann es doch
gar nicht sein!“
Ha, der hat gut reden, er ist
Professor und verdient bestimmt jede Menge Kohle. „Im Prinzip schon, aber nur
wenn man Beziehungen hat.“ Irma sieht Chris zärtlich an, und der nimmt wieder
ihre Hand und küsst sie. „Und ich habe gewisse Connections aufgegeben.“
Eigentlich ist Connections ja ein blödes Wort...
„Connections?
Was denn für Connections?“
Der Proff ist ja ganz schön
neugierig. „Solche, die ich nur durch gewisse Leute hatte“, Irma lächelt, und
sie scheint es nicht zu bedauern, dass sie diese Connections nicht mehr hat.
Chris scheint das auch nicht zu bedauern, denn er schaut sie liebevoll und mit einem
schweren Hauch von Besitzerallüren an. Irma mag es, wenn er sie so anschaut.
Der Proff sieht erst
verständnislos aus, aber dann geht ihm wohl ein Licht auf, er überlegt ein
Weilchen und verkündet dann schließlich: „Ich habe da eine kleine Werkstatt an der
Hand, da machen sie es gut und günstig.“
„Ach wirklich?“ Irma ist
überrascht, dass Chris’ Vater sich so für ihren Karmann interessiert.
„Natürlich nur unter der
Bedingung, dass ich mal eine Spritztour mit ihm machen darf.“ Der Proff scheint
nachzudenken. „Ich habe nämlich mit diesem Auto, nein, natürlich nicht mit
diesem Auto, sondern mit einem anderen Karmann meine Frau kennen gelernt...“
„Oh“, sagt Irma erstaunt und fragt
sich, ob er wohl Genaueres erzählen wird. Aber er tut es nicht, sondern grübelt
versunken vor sich hin. Irma merkt, dass Chris und Irene ihn neugierig
anblicken, aber ihr Vater erzählt einfach nicht weiter. Schade, sie hätte so
gerne mehr gewusst über seine Frau. Er muss sie sehr geliebt haben, denn er hat
nach ihrem Tod nicht wieder geheiratet.
Hoffentlich ist Chris auch so wie
sein Vater, und wenn sie mal tot ist, dann bleibt er auch alleine und bindet
sich nicht wieder. Oh Mann, was für ein Quatsch, sie sind ja noch nicht einmal
verheiratet...
Fortsetzung folgt
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Ingrid Grote).
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 31.07.2009.
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