Marie-Christin Gustav

Lasko - Die Faust Gottes; Prolog & Kapitel 1+2

Prolog

Ob diese Geschichte wirklich so passiert ist, wie ich sie erzähle?

Manchmal weiß ich es selbst nicht genau. Manchmal bin ich mir sicher, ich habe mir alles nur eingebildet.
Aber manchmal, wenn ich besonders gut auf mein Herz höre, sehe ich wieder alles vor mir, wie es angefangen hat, als er plötzlich vor mir stand.
Das glaube ich jedenfalls.
Ob wirklich alles so passiert ist?
Ich weiß es nicht.

Aber was spielt das schon für eine Rolle..?

 

Kapitel 1 - Flucht

Das Herz schien aus seiner Brust springen zu wollen, er bekam kaum Luft.
Noch ein Gang.
Und noch ein Gang.
Er rüttelte an jeder Tür, doch sie waren alle verschlossen, bis er endlich, endlich, in einen Raum stürzte und sich gegen die Wand presste.
Das Adrenalin raste durch seine Adern, seine Sinne waren doppelt so scharf wie sonst und seine Nerven aufs äußerste gepannt.
Sekunden später ließ ihn das Geräusch von über Stein gezogenem Eisen sich reflexartig in Verteidigungshaltung schnellen.
Seine Augen suchten fieberhaft durch den Raum.
Es war alles still. Zwei Sekunden verstrichen.
Zehn.
Dreißig.
Eine Minute.

"Hier", wisperte eine Stimme.
Er entdeckte eine Öffnung am anderen Ende des Raumes, das gewöhnlich durch ein Gitter versperrt sein musste.
Lautlos bewegte er sich durch den Raum, Schritt für Schritt, bereit, jeden Moment attakiert zu werden.
Licht fiel in den dämmrigen Raum von draußen, doch die Öffnung verdunkelte sich plötzlich und Lasko erstarrte einen Meter entfernt.

"Niemand ist da, beeil' dich!"
Eine Frau.
Er saß in der Falle. Mit pochendem Herzen schob er sich näher und spähte an der Wand vorbei auf ein paar zarte Hände, die sich mit vor Dreck starrenden Fingernägeln um ein rostiges Gitter klammerten.

 

Kapitel 2 - Fragen über Fragen

 

„Wer bist du? Warum tust du das?“, flüsterte Lasko atemlos, als er sich auf der anderen Seite der Mauer aufrichtete.
 
Nachdem das Mädchen, oder eher die junge Frau, das Gitter wieder über die Öffnung im Boden gezerrt hatte, strich sie sich die Haarsträhnen mit dem nach der Anstrengung etwas zitterndem Arm aus dem Gesicht.

 „Weil es richtig war.“
Zu seiner Überraschung grinste sie. „Ich bin Leticia, ich bin die Tochter des Pfarrers. Und du bist Lasko, habe ich recht?“
„Ja, aber, woher..“
„Sie müssen ziemlichen Respekt vor dir haben, wenn sie extra das ganze Kommando auf dich ansetzen.“
„Du.. weißt.. von ares? Und wie wusstest du, dass ich hier bin?“
„Ich habe Unkraut gezupft, so einfach ist das. Und natürlich weiß ich von ares..“ Leticia strich erneut ihre dichten, langen und tief schwarzen Haare aus dem Gesicht, die vom Wind über ihre Schultern geweht worden waren.
„Von deinem Vater?“ Er musste vorsichtig sein, sein Körper war immer noch völlig auf Verteidigung eingestellt und er konnte diese Leticia nicht durchschauen.
„Naja, sie werden wohl kaum selbst zu mir gekommen sein, oder?“
„Verzeih‘, wenn ich zu persönlich gefragt habe. Es ist nur.. das ist etwas.. überraschend.“
„Was, das eine Frau dir hilft? Noch dazu eine so kleine?“
 „Nein, natürlich nicht. Ich beurteile Menschen nicht danach, ob sie männlich oder weiblich sind.“
„Ach, ist das so?“

Was wollte sie denn damit ausdrücken?! Und überhaupt, er hatte jetzt keine Zeit, er musste weg, sofort, es war nur eine Frage der Zeit, bis das Gelände abgesucht werden würde.

„Deshalb darf auch keine Frau Fuß in euer Gefängnis namens Kloster setzen!“
„Ich habe dieses Leben gewählt“, antwortete er einfach und beobachtete jetzt wachsam ihren Gesichtsausdruck, denn sie schien mehr gesagt zu haben, als sie wollte.

Sie hatte die Lippen zusammengepresst und sah sich um.
Ihm fiel auf, dass sie schöne Lippen hatte, nicht sehr voll, aber wie mit einem Pinsel gezeichnet. Der Wind hatte wieder eine Strähne an ihren Mundwinkel gehoben, die sie mit dem Daumen fortwischte.

„Hör mal, ich muss weg, schleunigst. Aber ich möchte zurück kommen, um mich gebührend bei dir zu bedanken, vielleicht können wir dann unser Gespräch fortsetzen.“ Lasko ging bereits einen Schritt zurück, als Leticia einen raschen Schritt auf ihn zu machte.
„Lasko.. Pass‘ auf dich auf..“
Er nickte wortlos, bevor er sich umdrehte und geduckt auf den nahen Waldrand zulief.

„Lasko! Heiliger Bimbam, bin ich froh dich zu sehen!“ Gladius umarmte seinen Oberkörper samt Armen. „Wie bist du da rein geraten? Und viel wichtiger, wie bist du wieder rausgekommen?“
„Eine junge Frau hat mir geholfen.“ Lasko befreite sich lächelnd aus der Umarmung des Freundes.
„Eine Frau..?! Doch nicht etwa..-“
„Nein, es war nicht Sophia, dieses Mal nicht. Ihr Name war Leticia, sie war die Tochter des Pfarrers.“
„Des Pfarrers? Du meinst, Pfarrer Viktor? Na wenn das mal kein Zufall ist.. Und sie wusste von ares?“ Gladius runzelte die Stirn. „Und sah sie etwa auch so gut aus wie Sophia? Ich wette, sie sah besser aus, die Unschuld vom Lande.. Junge, Junge, Lasko, dein Glück will ich haben!“
„Verfolgt und entführt zu werden?“, fragte Lasko sanft.
„Ja, verfolgt und entführt zu werden, wenn mich dann auch ständig hübsche Frauen befreien würden! Und sie war hübsch, stimmt’s?“
Lasko blickte seinen Freund an und dachte nach. „Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich war im Geiste eher beschäftigt mit den zehn ares Kämpfern, die nach mir gesucht haben..“

Gladius hob gerade an, um etwas zu sagen, als Bruder Magnus, Laskos alter Meister zu ihnen stieß.
„Mein Sohn, ich bin erleichtert, dich unverletzt zu sehen! Was ist passiert, wie konnte ares dich entdecken?“
„Ich bin mir nicht sicher, Meister; ich vermute, es gibt einen Verräter, irgendwo."
„Das ist unmöglich! Wer sollte das gewesen sein?“
„Ich weiß es nicht, aber es ist die einzige Erklärung. Niemand außer unserer Bruderschaft, Pfarrer Viktor und Bruder Paulus wussten von meiner Reise.“
„Was ist mit dieser Leticia? Ich kenne sie oder sagen wir eher, ich habe sie einmal gesehen, aber das ist fünf Jahre her. Wirklich ein erstaunlicher Zufall, dass ares dich ausgerechnet in einer Kirche gefangen halten wollte, und dass diese Kirche so nah an Viktors Dorf war. Trotzdem, kann sie etwas damit zu tun gehabt haben?“
„Sie hat mir geholfen zu entkommen. Sie sagte, sie hat gerade Unkraut gezupft und so sah es auch aus.“ Lasko zuckte die Schultern.
„Konntest du sehen, wer die Entführer waren? Hast du vielleicht sogar jemanden erkennen können?“
„Nein, nichts.“
In diesem Moment läutete es zum Abendessen.
Bruder Magnus legte ihnen die Hände auf die Schultern. „Kommt, lasst uns essen. Wir reden später weiter.“


 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.08.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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