Gaby Schumacher

Eines rechts, eines links, bloß keines loslassen

Der mutige Versuch einer Mutter, Zwillinge artgerecht spazieren zu führen ...

 

Jede vielbeschäftigte Mutter braucht mal eine Pause. Selbst dann, wenn es gar keine richtige sein wird, weil sie nämlich in der Zeit den Nachwuchs ausführen wird. Denn auch der braucht frische Luft.

 

Ich zähle zu jenen weiblichen Arbeitstieren, die vor lauter Waschen, Putzen und Windel wechseln fast vergessen haben, dass es auch noch etwas anderes gibt. Eine Freundin macht mich eines Tages darauf aufmerksam:

„Du, mach doch mal einen Spaziergang. Du wirst dich danach wie neu geboren fühlen!“

Im Stillen zweifele ich es an und befolge den Rat trotzdem. Morgens, nachdem die beiden Älteren zur Schule und gen Kindergarten gezogen sind, schlüpfe ich aus dem verfärbten T-Shirt und der durchlöcherten Jeans und kleide mich Mama-ausgeh-gemäß. Die mit Spinat voll gekleckerten Hosen der Zwillinge tausche ich gegen flotte Mini-Jeans aus, dazu weiße Nicki-Pullover. Ich schnappe mir den Doppelbuggy, setze meine Protest brüllenden Kleinen in ihren Sitz und schnalle sie an. Des Letzteren wegen verstärkt sich das Geschrei noch. Ich greife zum üblichen Beruhigungsmittel für solche Fälle, den Brötchen. Prompt vergessen die Minis, dass sie ja eigentlich schwer sauer sind auf mich und mümmeln zufrieden.

 

Darob noch zufriedener als nun meine Kinder schiebe ich den Buggy zum Park. Es sind mir tatsächlich so etwa fünf Minuten Ruhe gegönnt. Dann ist Schluss damit. Die Brötchen sind den Weg allen Essbaren gewandert. Leider haben auch meine Kleinen dies mitbekommen und starten mit vermehrter Energie den Aufstand. Im Kinderwagen zu sitzen ist verflixt langweilig, sie wollen raus. Sie schreien und trampeln, was die kurzen Beine hergeben und lassen sich durch nichts mehr besänftigen. Angebotene Kekse landen im hohen Bogen auf dem Boden.

´So nicht mit mir!`

Sauer schalte ich auf stur:

„Ihr bleibt drin!“

Das nehmen die Beiden nicht für wahre Münze, kennen mich ja schon recht gut. Wenige Minuten später greife ich mir seufzend die Laufgurte, streife sie den Minis über und hebe sie aus dem Wagen.

 

Nun haben die Zwei jede ihren eigenen Kopf und meist eine gegensätzliche Vorstellung von dem, was und vor allem, wohin sie wollen. Das eine Mädchen macht energische Trippelschritte nach hinten, das andere gleichzeitig im Baby-Düsenjäger-Tempo nach vorne. Die Leinen straffen sich und ich hänge beinahe hilflos dazwischen. Nie im Leben würde ich sie aus der Hand gleiten lassen, denn noch ist die Straße recht nah. Mir bricht vor Anstrengung und noch mehr vor aufkommender Wut wegen der Dummheit, den Minis nachgegeben zu haben, der Schweiß aus. Die dagegen quietschen fröhlich herum und kümmern sich nach Babyart kein bisschen um meine länger und länger werdenden Arme, die mittlerweile Affenarmen nicht unähnlich sind.

 

Glückliche Kinder sind etwas Feines:

„Daa, dada, wau, da, ei!“

Sehr schön, aber ich bin es leid. Ich spüre meine Handgelenke kaum mehr, kämpfe gegen die Schlechtes-Gewissen-Mutterliebe an, fange meinen armen, davon total überrumpelten Nachwuchs ein und verfrachte ihn zurück in den Wagen. Vor Überraschung verstummen sie, es herrscht eine wohltuende Ruhe. Zumindest für ein paar Sekunden, dann geht das Theater wieder von vorne los.

„Nein, Mama ist ja nicht bekloppt!“, erkläre ich meinen geliebten Töchtern und ernte Schmollschüppchen.

Mein erstaunlich konsequentes Verhalten verschlägt ihnen die Sprache. Mit Siegesgefühl im Herzen fahre ich den Buggy in Rekordzeit nach Hause.

„Nie wieder!“, schwöre ich mir.

 

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.08.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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