Andreas Rüdig

Besuch im roten Punkt

Mit seinen mehr als 1.500 Exponaten gilt das Museum weltweit als größte Ausstellung zeitgenössischen Designs. Die Ausstellung hat nach eigenen Angaben eine sehr lange Tradition. Ihre Anfänge gehen bis in die Mitte der 1950er Jahre zurück. Die Firma Krupp gründete damals gemeinsam mit der deutschen Wirtschaft den Verein "Industrieform". Er ist der Vorgänger des heutigen Design-Zentrums Nordrhein-Westfalens. 1955 wurde die "Ständige Schau Industrieform" im "Kleinen Haus" der Villa Hügel, dem Stammsitz der Familie Krupp in Essen, eröffnet. Die Konsumgüterschau galt als Musterpräsentation und hatte Vorbildcharakter für Industrie wie Verbraucher gleichermaßen. 450.000 Besucher kamen allein in den ersten beiden Jahren. Auf einer Ausstellungsfläche von rund 4.000 Quadratmetern werden heute ausschließlich aktuelle Produkte gezeicht.
 
Die Entscheidung darüber, welche Produkte im Museum gezeigt werden, treffen nach Angaben des Museums jedes Jahr Designexperten aus aller Welt. "In langen Sitzungen testen und diskutieren sie die Produkte, prüfen sie je nach Aufgabenbereich und Verwendungszweck anhand verschiedener Kriterien auf ihre innovative Gestaltungsqualität und entscheiden schließlich darüber, welche Gegenstände das Qualitätssiegel "red dot" und damit einen Platz im Museum verdienen. Es sind Gegenstände aus den verschiedensten Lebensbereichen - Wohnen, Verkehr, Küche, Bad, Freizeit, Gesundheit, Kommunikation und viele andere. Das red dot design museum bietet seinen Besuchern einen Überblick über zeitgenössisches Design," berichtet das Museum.

Das Design Zentrum kann nach eigenen Angaben auf eine bewegte Vergangenheit zurückblicken. Bei seiner Gründung 1954 durch die Firma Krupp und den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) wurden hohe Erwartungen in die Arbeit der neuen Einrichtung gesteckt: Sie sollte jenseits "vom rein merkantilen Profitdenken" zu einer schöneren Umwelt beitragen, der Modernisierung und Exportqualifizierung deutscher Komsumgüter dienen, den "charakterbildenden Wert, der schönen, klaren und einfachen Form im Leben des Menschen fördern" - so berichtet es ein Pressetext des Museums.

1955 wurde die "Ständige Schau Industrieform" im "Kleinen Haus" der Villa Hügel eröffnet. Die Konsumgüterschau galt als Musterpräsentation mit Vorbildcharakter für Industrie und Verbraucher.

Dieses Schaufenster der Industrie war in der geistigen Tradition des Bauhauses verhaftet. Es sah seine Aufgabe darin, die soziale Funktion von Design als Bindeglied zwischen Mensch und Technik herauszustellen. Als sich selbst tragender Verein paßte sich "Haus Industrieform" nach eigenen Angaben in den folgenden Jahrzehnten immer wieder den sich wandelnden Anforderungen an das Design an.

Die 1968er-Bewegung brachte eine konsumkritische Einstellung. Zu Beginn der 1970er Jahre kam Wolfgang Fritz Haugs "Kritik der Warenästhetik" hinzu. Design wurde als "schöne Verpackung" abgetan. In der Folgezeit fiel es "Haus Industrieform" zunehmend schwer, Designprodukte zu promoten. Es drohte, den Anschluß an das Zeitgeschehen zu verlieren. Peter Frank wurde 1974 geschäftsführender Vorstand. Er brachte die Institution als Ausstellungshaus und Anwalt des Verbrauchers zurück ins öffentliche Bewußtsein. Frank bediente den Zeitgeist und seine konsumkritische Elite.

Erst im Rahmen des Strukturwandels Ende der 1980er Jahre wurde Designförderung von Industrie und Politik zunehmend wieder als Wirtschaftsförderung wahrgenommen. Das "Haus Industrieform" besann sich wieder auf seine ursprüngliche Rolle als Schaufenster der Wirtschaft. Der Rollenwechsel gelang durch eine Anschubfinanzierung des Landes und mit der Einbindung der regionalen Wirtschaftsförderung. 1990 folgte die Umbenennung in "Design Zentrum Nordrhein-Westfalen".

Peter Zec wurde 1991 Leiter des Design-Zentrums. Der Schwerpunkt des Aufgabenspektrums verlagertee sich vom Designmanagement hin zum Qualifizierungs- und Kommunikationszentrum für Unternehmen, diesich mittels Design im internationalen Wettbewerb behaupten müssen. Ein Wettbewerb und ein eigener Preis für diese Sparte zeigen die ständig wachsende Bedeutung des Designs.

Am 23.Dezember 1986 wurde die letzte Schicht auf der Zeche Zollverein gefahren. Mit der Schließung kamen Forderungen nach einem Strukturwandel der Region auf. Zollverein sollte in den kommenden 10 Jahren einen Wandel vom Zechengelände zum Wirtschaftsstandort erleben. Das Designzentrum zog aus der Innenstand in den Essener Norden. "Wir haben das Angebot seitens der Stadt, als Ankermieter auf das Gelände der Zeche Zollverein zu übersiedeln, schnell als große Chance erkannt und die Herausforderung, dort etwas Neues aufzubauen, gerne angenommen," berichtet Prof. Dr. Peter Zec. "Uns war allerdings auch klar, daß ein sichtbares Zeichen für den Wandel gesetzt werden muß. Deshalb haben wir unsere Zusage damals von der Bedingung abhängig gemacht, daß Lord Norman Foster für den Umbau des Kesselhauses verantwortlich sein sollte. Er sollte den Qualitätsstandard für zukünftige Entwicklungen setzen."

Modernes Design in industriehistorischem Ambiente - das Museum ist durchaus einen Besuch wert. Da es verkehrstechnisch sehr gut gelegen ist, lohnt es sich, das eigene Autor zuhause zu lassen und mit Bus und Bahn anzureisen. Die Linie 107 (Straßenbahn) hält an der Haltestelle "Zollverein" und damit praktisch schon vor der Haustüre. Das hier gezeigte Design umfaßt alle Lebensbereiche, vom Rasenmäher bis zum Rasierer, vom Fernseher bis zum Küchengerät und erscheint uns merkwürdig vertraut. Es ist dermaßen bekannt, daß man fragen könnte: Was ist neu daran? Was museumswürdig? Doch schauen Sie selbst, liebe Leser, und lassen Sie sich überraschen.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.09.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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