Mario Hedemann

Schicksalsmelodie Teil 1

Da liegt es nun vor meinen Füßen. Das Schwein, das ich großegezogen hatte, und das mir überall hingefolgt war und mit dem ich so vieles erlebt hatte.

 

Die Schicksalsmelodie geht mir durch den Kopf und Tränen laufen über mein Geischt. Ich liebte dieses Schwein, aber mein Vater hielt es für angebracht, es schlachten zu lassen. Von jetzt an werde ich mich Vegetarisch ernähren. Das habe ich mir geschworen.

 

Ich weiß noch genau, als es geboren wurde. Von Anfang an hatte ich gesagt, das es mein eigenes Schwein wird, und ich mich um ihn kümmern werde. 

 

Ich zog es mit der Flasche groß und ging mit ihm an der Leine spazieren. Unsere Spaziergänge dauerten lange, weil das Schwein an jeden Gartenzaun oder Feldrand stehen bleiben, und im Boden wühlen musste. Die Leute im Dorf gafften uns immer blöde an, wenn wir durch die Gegend zogen.

 

Merlin, - so nannte ich meinen Freund - hatte im Stall einen Extraplatz von mir bekommen. In einer Box, wo früher unsere Zuchtsauen drin waren. Die anderen Schweine hatte mein Vater längst geschlachtet und Merlins Geschwister wurden nach und nach verkauft.

 

Schicksalsmelodie geht mir durch den Kopf. Eines Tages saß ich, wie so offt bei Merlin im Stall. Draußen hämmerte der Regen gegen die Fensterscheiben.

Ich streichelte Merlins Kopf, und er genoß es immer. Es war vier Uhr Nachmittags im November und kalt im Stall.

 

Ich brachte Merlin immer so viel frisches Stroh, das er sich damit gut eindecken konnte. 

"Sieh nur Merlin," rief ich. "Draußen verwandelt sich der Regen in Schnee." 

Als Antwort erhielt ich ein grunzen. Das Licht im Stall war sperrlich. Häufig saß ich in den Wintertagen bei Merlin, brachte ihm morgens und abends sein Futtter

und las ihn öffters was vor. Ich liebte Merlin, und niemand durfte ihn weh tun. 

 

Einmal musste der Tierarzt kommen und Merlin eine Impfung verpassen. Was das für eine Impfung war, weiß ich nicht mehr. Spielt ja nun auch keine Rolle mehr, denn jetzt liegt er auf dem Boden in seinem Blut. Ich heule wie ein Schlosshund. Mein Vater versteht nicht, was ich für Merlin gefühlt hatte.

Im Sommer saß ich bei Merlin auf der Wiese und schaute ihn Stundenlang zu, wie er von dem frischen Gras zupfte. Ich hatte schon sehr bald den Eindruck, das er immer ein kleines Grinsen im Gesicht hatte, wenn er mich sah. 

 

Wieder diese Schicksalsmelodie im Kopf. Ich werde sie nicht los. In meinem Zimmer hängt ein großes Bild, das ziegt Merlin beim grasen auf der Wiese.

Neben dem Bild hengen noch kleine Fotos, auf denen Merlin im Stall, auf dem Hof und mit mir im Dorf zu sehen ist. Auf dem Bild im Dorf, legte ich meinen Arm um ihn und drückte Merlin sanft an mich. 

Und wem drück ich jetzt an mich?

 

Irgendwann deutete mein Vater das schon einmal an, Merlin schlachten zu lassen. Schweine würden für die Landwirtschaft kein Geld mehr bringen.

Dämmliches Gerede vom Geld. Was ist mit den Gefühlen der Tiere?

Ich protestierte seiner Zeit, als Melrin geschlachtet werden sollte. 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.09.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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