Klaus Lutz

Arztbesuche 20

Der Arztbesuch 58
(Der Text ist Phantasie. Ähnlichkeiten sind Zufall!)

Ich liege auf dieser Pritsche und denke so über
den Tag nach. Heute wollte ich mich 10 mal er-
schiessen. 18 mal hatte ich Lust auf Schwarzwäl-
der Kirschtorte. 20 mal wollte ich mich betrin-
ken. 1000000 mal, wollte ich die Liebe meines le-
bens treffen. Das war alles zuviel. Und so er-
schöpft liege ich auch hier. Und denke mir so ein-
fach gar nichts. Und denke mir was kommt noch? Auch
wenn nichts kommt. Was ist all das viele nichts,
das Dir so täglich begegnet. Was ist all das Leben so über-
haupt. Was wäre besser als all das. Als dieser Raum.
Als dieser Computer. Als dieses komische Leben.
Ich denke immer wieder, an diese Höhlen im Himalaya.
Es gibt da noch Einige. Da sitzen ein paar Gurus.
Sagen nichts! Und was sie denken, sagen sie auch
nicht. Bewegen sich nicht. Also bewegen sich jahre-
lang nicht oder nie. Und sind Glücklich. So Glück-
lich, sie müssen nicht einmal Lächeln! So glück-
lich sind Sie. Sie sind das absolute Nichts. Und
das Glücklichste auf der Welt. Ich meine das Nichts!
natürlich Philosphisch. Das Nichts! Nichts! Nichts!
Oder die Erleuchtung eines Guru. So ist es. Und
ich sitze an einem Computer total nichtig. Und
wollte mich heute 10 mal erschiessen. Was haben
Selbstmörder vom Leben begriffen? Wußten sie ein-
fach nicht mehr weiter. Oder war da mehr. Zuviel
Gedanken an Torte und zu wenig nichts. Das ist es
wahrscheinlich. Aber dann, was war Heute noch. Die-
ses komische Leben. Dieser komische Tag. Diese
komische Welt. Und da einzig wahre komische: "Das
Universum!" Das ist wirklich komisch. Um so klarer
es wird. Das ist so der Unteschied zu einem Mensch-
lichen Leben. 99% der Menschen, sind nur noch komi-
sch. Um so klarer ihr Leben wird. Die Klarheit,
die komisch ist. Und die Klarheit die komisch ist.
Der Mensch, das Universum und das Nichts. Und das
ist das Komische. Nur das Nichts ist die Erleucht-
ung. Um so größer das Nichts in so einem menschli-
chen Leben wird, um so erleuchteter ist er. Und,
um so komischer ist er für Andere. Der Mensch ist
und bleibt eben komisch. So komisch das auch ist.
Aber, es ist so. Kann sein, eines Tages bringe ich
mich wirklich um. Ich erkenne einfach das es nicht
reicht: "Das Nichts!" Es reicht nichts bei mir. Auch
das Nichts reicht nicht. Aber wie auch immer. Ich
bin dabei, den Genuß eines Tees mit Vollkommenheit
zu entwickeln. Kann sein, das ist der Anfang auf
dem Weg zum Himalaya. Auf dem Weg, zum wahren Nichts.
Dem nichts des allumfansenden Erleuchteten. Dem
Licht das allumfassend das Nichts zeigt. Und wie
wertvoll und welche Schätze dieses Nichts besitzt.
Wenn es richtig gedacht, entwickelt und vollendet
ist. Das Nichts von Gott. Der nicht zu sehen ist,
aber der überall ist. Die Energie in allem Leben.
Der Gedanke aller Gedanken. Das Denken! So unschein-
bar, als wäre es nichts.

Aber dann sehe ich diesen Tag. Ich "der Gekreuzigte"
In dieser Zelle. Von Lügen, Verleumdungen und Hinter-
hältigkeiten und Falschheit gerichtet. Mit dem Blick
aus diesem Zellenfenster. Dem Wahnsinn preis gegeben.
Dem geistigen, körperlichen Zerfall. In die Einsam-
keit verbannt. Aus dem Leben verschleppt. Verkannt
und von wahnsinngen verurteilt. Unschuldig und sprach-
los. Resigniert und kraftlos. Zerstört und am Ende.
Ohne Schokolade, Torte oder Gebäck. Allein, verloren,
verlassen. So ist es. Aber trotz alldem voller Ver-
gebung. Voller Gnade! Voller Verzeihen. Es ist dieses
Reine Gewissen. Es hat sich wieder gefunden. Und es
hat sich wieder entdeckt. Mit all dem was es besitzt.
Mit all seiner Göttlichkeit. Seinem Charme. Alles an-
dere ist zerstört. Noch etwas Witz. Aber alles andere.
Und da denke ich mir, so ein Leben es ist schon der
Wahnsinn. Ich bin schwerbehindert. Und ziehe dazu auch
noch in das Haus mit den 5-6 größten Vollidioten al-
ler Zeiten. Und einem genialen Anführer. Ich nenne
ihn mal: Ingo! "Irreperabel!" "Noch irreperabler!"
"Ganz irreperabel!" "Ohne Sinn!" Also wie gesagt: "Ein
Vollidiot von Gottes Gnaden. Ein aller Welt Hanswurst.
Zu dem auch ein aller Welts Hanswurst Namen paßen würde:
"Schmidt, Maier, Schulz!" oder so was. Aber auch das ist
es: "Mein großen Herz!" Es kann nur lieben. Es kann nur
da sein, für die Bedürftigen. Es ist für alle da. Auch
für Ihn. Ingo Ingo Ingo: "Du armes Elend! Ingo! Ingo!
Ingo! Du armer Wicht. Ingo! Ingo! Ingo! Du bist der
Arsch! Der der Arsch aller Ärsche ist!

Aber dann denke ich mir. Was war damals? Wie ging es
damals weiter? Wir saßen in der Küche. Die Mutter war
Tod. Und das verbreitete sich blitzschnell im Dorf.
Und alle Vorratskammern waren innerhalb von einer
Stunde voll. Mit Wurst, Brot, Süssigkeiten! Allem Er-
denklichen. Aber niemand von uns mochte was. Ich denke,
wir saßen einfach da. Niemand hatte die Worte dafür.
Aber jeder wußte, es ist etwas schreckiches passiert.
Und ich denke auch, jeder wußte, das ist das Ende von
etwas. Und etwas Neues beginnt. Jeder wußte das. Es
war nur still. Der ganze Raum war Still. Ich denke wir
Kinder saßen so da. Und es war einfach nur still. Mehr
als traurig. Es war Niemand mehr da. Es war mehr als
alles denkbare. Es war verloren. Heute würde ich sag-
en, es war das Nirgendwo. Da wo ein Mensch ist, wenn
es nichts mehr gibt. Wenn es nirgedwo mehr etwas gibt.
Ich weiß nicht mehr, wo wir die Nacht verbrachten. Es
war nicht in der Wohnung. Aber die Tage darauf waren
es, mein Vater versuchte uns im Dorf unter zu bringen.
Bei Familien. So vorläufig. Ein Zwischenlösung. Er hat
es probiert. Aber er wußte nicht zwischen was. Er wuß-
te wahrscheinlich, das er verloren hatte. Das er al-
les verloren hatte. Ich weiß nicht ob es nötig
ist zu betonen, das auch er verloren war. Aber mich
würde interessieren, was er gedacht hat. Dachte er
das es seine Schuld ist. Ich glaube nicht, das es sei-
ne Schuld ist. Oder war. Er hatte seinen Vater früh
verloren. Dann war er gegen Ende des Krieges, in die
Hitlerjugend rekrutiert worden. Und all das. Diese
ganze Geschichte. Das Leben! Die Welt! All das hat
ihn einfach überrollt. Das war es. So wie ich es Heute
sehe. Kann sein sein Vater hat eine Sekunde nicht
aufgepaßt. Oder anders gesagt: "Er hat eine Krankheit
falsch eingeschätzt!" Und ist daran gestorben. Dann ha-
be sich all die Umstände ergeben. Irgendwie ist es das
Leben. Es macht alle Platt. Es schafft jeden. Aber ei-
nige haben Jemand an der Seite. Mit einer intakten
Familie, wäre er wiede zurück nach Thüringen. Er hätte
sich gedacht: "Ich habe einen Vater. Ich habe eine
Mutter. Der Krieg ist aus. Also gehe ich wieder Heim!"
So wäre es irgendwie gelaufen. Aber er war allein.
Und das ist es. Da allein sein kann Jahrelang gut geh-
en. Und die Kunst des Lebens kann noch so groß sein.
Aber wenn ein Mensch fällt! Und wenn er dann allein
ist. Dann ist er verloren. Dann kann er sich die Kugel
geben. Oder das ist die Kugel. Das Leben hat ihn ein-
fach geschafft.

Auf jeden Fall kam es so. Es gab eine Wende im Leben
für mich. Es sollte noch eine Wende, im Leben für mich
geben. Aber, das war die Erste. Die Schwerwiegendste.
Zuerst wollte er mich bei einer Familie unterbringen.
Da wollte ich nicht hin. Und das war interessant. Ich
hatte die Wahl zwischen zwei Familien. Die erste Fa-
milie, das war die des ehemaligen Dorfpfarrers. Die
andere Familie wohnte in diesem Haus. Das immer ein
Geheimnis war. Mit der Tür deren oberer Bereich halb-
rund war. Und wo nie Jemand zu sehen war. Da wollte ich
hin. Und da kam ich auch hin. Das Haus, war für mich
als Kind immer ein Geheimnis. Immer wenn ich daran
vorbei ging. Und was das ist, dieses Geheimnis, das woll-
te ich wissen. Deswegen wollte ich nicht zur ersten
Familie. Was mein Vater wollte. Und warum er das wollte,
das verstand ich erst Jahrzehnte später. Aber gut!
Ich kam dann zu dieser Familie. Wo ich dann fast 14
Jahre blieb.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.09.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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