Achim Müller

Neuzugang

Auf der ersten Etage, wurde im "Dreier Zimmer" das freie Bett neu bezogen. Dies ist ein sicheres Zeichen, für einen Neuzugang. In dem Zimmer wohnen Thomas und Marcel alleine, seitdem der Stefan in eine Pflegefamilie gekommen ist. Thomas ist 11 Jahre alt und Marcel 13 Jahre alt.
Unser Haus ist eine reine Jungengruppe, neun Jungen im alter von 8 bis 16 Jahren wohnen in einer Familien-Gruppe zusammen. Neugierig warteten wir alle auf den Neuen.
Beim Mittagessen war noch nicht für den Neuen gedeckt. Also wurde Jürgen, der Erzieher ausgefragt. Wer kommt denn? "Markus!" bekamen wir zur Antwort. Er sein 12 Jahre alt, und werde gerade abgeholt, war die wenig erschöpfende Auskunft.
Den ganzen Nachmittag lagen alle mehr oder weniger auf der Lauer, und warteten auf den "Neuen". Selbst der übliche Streit um das Fernsehprogramm geriet in Vergessenheit.
Dann wurde der Küchendienst angewiesen zuerst nur das Geschirr zu decken, das Abendessen würde eine Stunde später stattfinden, weil der "Neue" mitessen sollte. Daraus wurde aber nichts, eine Stunde später blieb der Platz für den "Neuen" leer.
Gegen 21 Uhr mussten dann die Jüngeren ins Bett. Erst gegen 22:00 Uhr kam dann die Erzieherin Marion mit dem "Neuen" an. Der war wohl ziemlich fertig und müde. Diejenigen, die noch auf wahren, begrüßten den "Neuen" mit Handschlag, und wünschten den Markus herzlich willkommen. Das offizielle Willkommen würden wir dann morgen beim Frühstück machen. Der Markus sah ziemlich ungepflegt aus, und hatte nur schmuddelige Sachen an. Seine Haare waren Schulterlang. Die Marion ist dann mit dem Markus die Hände waschen gegangen, und hat mit ihm zusammen zu Abend gegessen. Erst wollte er gar nichts essen, aber nachdem er der Marion 10 Minuten beim Essen zugesehen hatte, hat er auch zugelangt, und gefressen, wie ein "Scheunendrescher". Bestimmt hat er Hunger gehabt.
Nun wir wurden dann zwischendurch "gekickt" und ins Bett geschickt. Das Zimmer indem ich mit meinem Kumpel wohnte, lag dem Zimmer, indem Markus einziehen sollte fast gegenüber. Ich habe dann noch mitbekommen, das der Markus ganz leise ins Bett geschickt wurde, und eigentlich die anderen beiden nicht wecken sollte. Es war aber klar, dass die noch wach waren. Marion ermahnte die drei noch nicht solange zu quatschen, und endlich zu schlafen.
Ich überlegte noch, ob ich bei dem Neuen noch mal reinschauen sollte, habe das dann doch lieber gelassen.
Am Nächsten morgen, gab es erstmal eine Überraschung. Der Neue war weg. Der hatte sich in der Nacht wohl angezogen, und war gleich abgehauen. Auch hatte er den Anorak von Marcel mitgenommen.
Aber die Erzieher nahmen das wohl gelassen hin, was uns schon fast wunderte. Aber dann erfuhren wir, das der Hausmeister nen Zettel an die Tür geklebt hatte, das der Markus bei ihm ist. Der Hausmeister, den alle im Heim auch "Hausdetektiv" nannten, hatte den wohl spät nachts auf dem Gelände aufgelesen und mitgenommen. Eigentlich mochten viele von und den Hausmeister nicht besonders, weil der alle unsere kleinen Sünden meldete.
Na ja, wir mussten in die Schule, da gab es nicht dagegen zu machen. Als ich aus der Schule zurück kam, war der "Neue" wieder da. Man sah sofort den Unterschied, er war frisch gebadet, und hatte die Haare geschnitten. Außerdem hatte er neue Klamotten an.
Da ich auf dem Gymnasium war, war ich immer der Letzte, der aus der Schule kam. Alle hatten auf mich gewartet. Wir haben da ein Ritual, einen Neuen zu begrüßen. Jedenfalls wurde dem Markus jeder einzelne von uns vorgestellt. Und er wurde jedem von uns vorgestellt und feierlich in unsere Familie aufgenommen. Wir halten ja alle zusammen und helfen und untereinander - wenn wir uns nicht gerade streiten :)
Jedenfalls kamen wir dann endlich zu einem gemeinsamen Mittagessen mit dem "Neuen". Der hat jedenfalls alles aufgegessen, und nichts aussortiert, wie es die meisten anderen machen. Jürgen, der Erzieher meinte mal, wir hätten Leute bei und in der Gruppe, die die Erbsen aus der Erbsensuppe aussortierten. Dies ist zwar stark übertrieben, aber jeder hat hier irgendetwas, was er nicht essen mag.
Nach dem Essen, hat sich der Jürgen den "Neuen" geschnappt, und versucht mit dem klar zukommen. Der muss wohl aus einer ziemlich heruntergekommen Familie kommen. Der kann kaum lesen und schreiben und scheint auch ne bisschen langsam von Begriff zu sein. Jedenfalls hat er einige Monate auf der Straße gelebt, und die Polizei hat den öfter aufgelesen. Weil das bei dem Zuhause nicht geklappt hat, ist der nun gegen seinen Willen ins Heim gekommen.
Dann ist auch noch die Tippse aus der Verwaltung gekommen, und hat dem ausgerichtet, dass seine Mutter mehrmals angerufen hat, man diese jedoch nicht durchstellen wollte. Jedenfalls habe man seiner Mutter versprochen, ihm auszurichten, das Sie ihn sehr lieb hat. Das man hiermit erledigen wollte. In diesem Augenblick haben einige von den Jungs gekichert und Markus sah aus, als würde er gleich heulen. Aber er hat es doch noch geschafft nicht loszuheulen. Fast alle hier im Heim, vermissen ihre Eltern und viele heulen deswegen, besonderes die "kleinen", wenn die "Neu" im Heim sind.
Na ja, ich hab´s noch nicht geschafft mich mit dem Neuen zu unterhalten. Der hat sich etwas abseits gesetzt, und wohl getrauert.
Am frühen Abend ist dann die Marion gekommen, die als Erzieherin die Spätschicht macht. Die hat dem noch mehr neue Klamotten und auch Schulsachen mitgebracht, die er in seinen Schrank einräumen sollte.
Ich habe von meinem Zimmer aus gesehen, wie er die Klamotten eingeräumt hat. Er hat auf dem Bett gesessen, und die Klamotten richtig gestreichelt. Ich habe erst gedacht, das er heult, und mal kurz meinen Kopf zur Türe durchgesteckt und "Hallo" gesagt. Er hat nur leicht zurückgenickt. Ich hatte den Eindruck, dass er wohl schon lange keine neuen Klamotten mehr bekommen hat, und das er sich wohl darüber gefreut hat. Jedenfalls wenn ich daran denke, was er anhatte, als er angekommen ist.
Ich bin 3 Jahre älter als er, ich bin dem wohl zu alt, als das er mit mir reden mochte.
Jedenfalls hat er den ganzen Abend nichts gesagt, und auch beim Abendessen ist er still gewesen.
Er hat sich dann zu den anderen in das Fernsehzimmer gesetzt. Hat aber nicht mit abgestimmt, welches Programm laufen soll. Fast 20 Sender und nur ein Fernsehgerät, das geht immer heiß her.
Ich habe jedoch wieder einige meiner "Pluspunkte" gegen Computerzeit eingetauscht, und schreibe gerade diese Geschichte auf. Wir haben bald Wochenende, da habe ich mir vorgenommen, den Markus mal kennen zu lernen.
Da ich die Geschichte schnell fertig bekommen muss, hoffe ich, dass nicht so viele Schreibfehler darin sind, und lade die ins Internet.
Der "Neue" wir sich schon eingewöhnen, das geht allen hier so, wenn die ankommen.
Wenn er mir seine Geschichte erzählt, werde ich die aufschreiben.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.12.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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