Yvonne Asch

Jägerin der Nacht *Sein* Kapitel 6

 

 

Er betrachtete sie voll Sorgnis, er konnte nicht verstehen, warum ihr ganzer Körper so glühte, das war einfach unmöglich, der Dämon in ihrem Körper würde es eigentlich niemals zulassen, dass sie krank werden würde. Aber dennoch glühte ihr Körper, und Schweiß lief an ihrer Stirn herab, ihr Atem ging schwer, und ihr Gesicht sah gequält aus. Mit ihr – das war deutlich zu erkennen – stimmte etwas nicht!
John setzte sich zu ihr auf das Bett und streichelte ihr zärtlich über das blond-rosafarbene Haar.
„Was ist nur los mit dir?“, flüsterte er ihr sanft zu, und in seiner Stimme lag unendlich viel Sorge, genauso wie in seinem Blick.
Er hatte sie in sein Bett getragen und sie zugedeckt, nun lag sie schon seit zwei Stunden dort, und ihr Zustand wurde immer schlechter. Er wusste sich einfach nicht mehr zu helfen, hatte der Zeitungsbericht sie etwa so sehr aufgeregt, dass ihr Körper deswegen verrückt spielte?
„Verdammt Mädel! Du bist ein Dämon, und die lassen sich doch nicht unterkriegen!“, sagte er im vorwurfsvollen Ton zu ihr, fast so als könne sie etwas dafür.

Stunden waren mittlerweile vergangen, und er war ihr nicht von der Seite gewichen, hatte ihr immer wieder das Thermometer in den Mund geschoben und ihr mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn getupft. Nun brach die Nacht an, und er stieg zu ihr ins Bett. Sie lag auf der Seite, und er schob sich vorsichtig hinter sie, so dass er ihren Rücken berühren konnte, er legte den Arm um sie und sog noch einmal den süßen Honigduft ihrer Haare ein, bevor er die Augen schloss und daran dachte, wie er sie zum ersten Mal gesehen hatte:

*„Du bist einfach nur unglaublich, John…“; die feine Stimme der blonden Schönheit kitzelte sanft sein Ohr, sie saß auf seinem Schoß, er hatte seine Hand auf ihre glatten Beine gelegt, der kurze Rock bedeckte nur das nötigste, und er konnte mit seiner Hand immer wieder unter den Rock gleiten, ohne dass sie auch nur einmal etwas dagegen hatte. Sie war geil auf ihn, das hätte sogar der letzte Idiot gemerkt, und er hatte nichts dagegen, sich ein wenig mit ihr zu vergnügen, er kannte sie nicht länger als eine Stunde, und doch hätte er in diesem Moment alles von ihr bekommen, was er sich wünschte.
Die kleine Kneipe, die vom Zigarettenqualm völlig vernebelt war, sah nicht besonders einladend aus, trotzdem war sie immer gut gefüllt. Vielleicht weil jeder hier fand, was er wollte und die Getränke günstig waren?
Sonst fielen ihm keine Gründe ein, weshalb die Kneipe sonst noch besucht wurde, es gab wirklich schönere Lokale. Aber er war ja auch hier, und warum? John wusste, dass er hier jederzeit eine Frau zum Vögeln finden konnte, sie waren alle gleich, jede von ihnen war freizügig gekleidet, jede von ihnen verriet nie ihren wahren Namen, und jede von ihnen gab immer vor, eine andere zu sein, als sie in Wirklichkeit war. Denn jede von ihnen wollte einfach nur Sex! Genauso wie er.
Doch plötzlich stutzte er. Ein außergewöhnlicher Duft stieg auf einmal in seine Nase, betäubte fast seine Sinne, er kam ihm so verlockend vor, aber er konnte ihn nicht einordnen, er gehörte zu keiner Person in diesem Raum. Er kam von draußen, in ganz schwachen Fäden zog er in die Kneipe hinein und umschmeichelte seinen Geruchssinn.
„Steh auf!“, seine Stimme klang brutal barsch, und die Blonde schaute ihn verwundert an.
„Heb’ deinen Arsch hoch!“, schnauzte er sie ein weiteres Mal an, es bereitete ihm Mühe, den Geruch nicht zu verlieren, er spürte schon, wie er schwächer wurde.
Die junge Frau erhob sich von seinem Schoß, doch es ging ihm zu langsam, also half er nach und schubste sie regelrecht herunter. „Ey!“, protestierte sie keuchend, doch John schenkte ihr schon gar keine Beachtung mehr, er wollte so schnell wie möglich hier raus, er hechtete hinaus auf die Straße, und als ihm eine frische Brise entgegen kam und er sie tief in sich einsog, roch er den Honigduft wieder stärker, außerdem duftete er nach Blüten, nach Blüten die gerade frisch aufgegangen waren und auf einer weiten Wiese standen, sie gehörten zu dem Honigduft. Wie im Rausch folgte er seiner Spur, und als er um die Ecke der Kneipe bog, sah er sie. Sie war es, die diesen lieblichen Duft verströmte, und sie sah genauso aus wie sie roch!
Ihm fiel nichts anderes ein als: Engel…
Wie sie da stand und auf ihr Handy starrte, ihre Augen waren von einem leichten Tränenschleier bedeckt. Und sie passte nicht in diese Umgebung, sie hätte nicht in dieser grauen, dunklen Gegend stehen dürfen, sie hätte in der Sonne am See, umgeben von vielen Blumen sein müssen.

Sie war es! Die, die er gesucht hatte! Er hatte sie gefunden…
Mit sicheren Schritten ging er auf sie zu, sie hatte sich an die Wand gelehnt, ihr Handy in der Jeanstasche verschwinden lassen und schaute nun stur geradeaus auf die Straße. Jedoch fuhr kein einziges Auto vorbei, die Straße schien wie ausgestorben zu sein.
„Lady…“, begrüßte er sie vorsichtig und stellte sich vor sie hin, er wirkte bedrohlich, er war so groß und kräftig, und er war ihr viel zu nah, sie wollte zurückweichen, doch es ging nicht, hinter ihr war die Betonwand. Also schaute sie ihm fest in die Augen.
Diese Augen… er konnte nicht anders, als genau in diese zu starren, sie wirkten so groß und so unschuldig.
„Ist alles in Ordnung?“, versuchte er sich wieder zu fangen, sie nickte erst zaghaft, dann öffnete sie ihren sinnlichen Mund. „Alles gut, ich warte nur darauf, dass ich abgeholt werde!“ Natürlich log sie, denn sie wusste, es würde niemand kommen, um sie abzuholen.
„Kann ich mit dir warten?“; es klang für sie fast so, als wäre er wirklich besorgt, aber er hatte so eine seltsame Ausstrahlung, irgendetwas war bedrohlich an ihm, und sie traute ihm nicht.
„Ich würde lieber alleine warten!“ gab sie ihm mit fester Stimme zu verstehen, dass er verschwinden sollte.
Doch er musterte sie nur von oben bis unten – und lehnte sich dann ebenfalls mit dem Rücken an die Wand.
Zornig schaute Lana ihn an, er passte ihr einfach nicht, seine aufdringliche Art, und noch dazu schaute er sie so komisch an! Mit viel Schwung trat sie von der Wand weg, ihr stufig geschnittenes Haar peitschte kurz durch die Luft, sie hatte all ihren Kummer kurzfristig vergessen und schenkte ihre Aufmerksamkeit nun komplett dem Unbekannten.
„Ich habe kein Interesse an Gesellschaft!“, sagte sie in einem arroganten Ton, der ihm überhaupt nicht passte. Er schaute sie forschend an, war sie wirklich so hart, wie sie gerade tat?
„Ich bleibe bei dir, ob’s dir nun gefällt oder nicht, ist mir egal! Denn eine solche Schönheit sollte man nicht alleine lassen!“, seine Stimme klang auf einmal sehr ruhig.
Was sollte sie tun? Er würde wohl nicht gehen, hatte er denn verdammt noch mal nichts anderes zu tun? Aber ein Auto würde auch nicht kommen, um sie abzuholen. Sie sollte einfach losgehen! Alleine durch den Wald? Das war der kürzeste Weg, aber irgendwie schien ihr dies nicht sehr klug zu sein. Vielleicht sollte sie ihn fragen, ob er sie nach Hause begleiten würde, doch als sie ihn daraufhin anschaute und ihn noch mal gründlich musterte, verwarf sie diesen Gedanken gleich wieder, da konnte sie genau so gut auch alleine gehen. Er sah nun wirklich nicht vertrauenserweckend aus, zugegeben, er war hübsch, und diese bedrohliche Ausstrahlung, die von ihm ausging, machte ihn nur noch interessanter. Schnell schob sie diese Gedanken beiseite und kam wieder aufs Wesentliche zurück: Sie würde einfach alleine gehen, Basta!
„Wünsch dir noch ’nen schönen Abend!“, verabschiedete sie sich von ihm, sie mochte ihn zwar nicht, aber trotzdem war sie gut erzogen und würde nicht einfach so gehen.
Erstaunt schaute er zu, wie sie sich umdrehte und entschlossen einen Fuß auf die Straße setzte.
„Moment mal!“, er schrie sie richtig an, eigentlich hatte er damit gerechnet, dass sie stehen bleiben oder wenigstens zusammenzucken würde, doch nichts dergleichen geschah, sie ging einfach weiter geradewegs über die Straße auf den Wald zu, der voller Dunkelheit nur darauf lauerte, sie zu verschlucken.
Er wollte sie, er würde sie nicht einfach so gehen lassen, und er wusste, sie war es, sie war die, die ihm gefehlt hatte!
Also eilte er ihr mit großen Schritten hinterher.
Sein Dämon in ihm brodelte richtig auf, er wollte sie, er wollte sie, Oh wie sehr er sie wollte…
Ohne eine Vorwarnung packte er sie am Arm und hielt ihr Handgelenk mit eisernem Griff  fest. Er spürte eindeutig, dass sie Angst hatte, aber sie ließ es sich nicht anmerken. Sie war die Richtige! Unschuldig, rein und mutig!
„Ich kann dich nicht gehen lassen!“, er flüsterte es ihr fast zu und zog sie dann am Arm in den Schatten des Waldes hinein. Er drückte sie mit viel zu viel Kraft gegen einen Baumstamm, so dass ihr der Rücken wehtat.
Mit erschrockenen Augen schaute sie ihn an. Sie ahnte nichts gutes, alles mögliche schoss ihr durch den Kopf, würde er sie vergewaltigen? Oder würde er noch viel schlimmere Dinge mit ihr anstellen?! Sie wollte schreien, aber sie konnte es nicht, warum um alles in der Welt schrie sie nicht? Warum rührte sie sich nicht? Sie stand einfach wie versteinert da und starrte ihn an, doch plötzlich veränderte sich der Ausdruck in ihren Augen, der traurige Glanz verschwand vollkommen, und sie schaute ihn nun voller Hass und Entschlossenheit an.
Sie war die Richtige, das wusste er nun, und er wollte sie besitzen!
„Ich kann dich nicht gehen lassen!“, wiederholte er sich und schaute ihr fest in ihre grünen Augen, die an eine Katze erinnerten, sie wirkte so zerbrechlich wie eine Elfe und auch genauso stolz.
„Was soll das werden?!“, fauchte sie ihn nun an, und sie wunderte sich selber, woher sie den Mut genommen hatte. Er ließ seinen Blick an ihr herabgleiten, und es machte sie furchtbar wütend, sie hasste es, ihm unterlegen zu sein!
„Ich möchte dir etwas schenken…“, begann er sprechen und umklammerte nun auch noch ihre andere Hand, während er mit seinem Kopf dem ihren ganz nahe kam, sie spürte seinen Atem auf ihren Lippen. „Ich kann dir die Unsterblichkeit schenken!“, flüsterte er.

Der ist doch völlig irre…
„Verpiss dich!“, sie konnte nicht anders, sie schrie diese Worte hinaus, und in ihrer Stimme schwang Verzweiflung mit.
„Sei still…“, sagte er nur und drückte seine Lippen auf die ihren, doch sie drehte ihren Kopf weg.
„Verschwinde…“, nun klang ihre Stimme gebrochen.
Sie hatte fürchterliche Angst, das wusste er, und es gefiel ihm auf eine Art und Weise, die er sich nicht erklären konnte.
Vorsichtig flüsterte er ihr ins Ohr, dass sie sein war – und dann, dann biss er sie, er biss sie direkt in ihren Hals, wie ein wildes Tier biss er sich an ihrem Hals fest, und der unerträgliche Schmerz trieb ihr die Tränen in die Augen, sie schrie aus voller Kraft laut um Hilfe, schrie, er solle aufhören, doch nichts dergleichen geschah, keiner eilte ihr zu Hilfe, und er hörte auch nicht auf sie zu beißen.
Bis ihr schließlich heiß und kalt zugleich wurde, bis ihre Haut zu brennen schien, bis ihr Blut in den Adern zu einer dickflüssigen Masse wurde, ihr Herz plötzlich aufhörte zu schlagen und ihre Haut sich anfühlte. als würde man sie mit Nadeln bearbeiten, da erst ließ er ab von ihr, und sie merkte nur noch, wie ihre Beine nachgaben und sie in seinen Armen landete, ob er sie hoch gehoben oder ob sie gefallen war, das konnte sie nicht sagen, aber sie spürte seinen festen Griff um ihren Körper, das letzte was sie sah, war das dichte Blätterdach, dann schloss sie die Augen…*

John seufzte auf und streichelte zärtlich ihren nackten Arm. Er hatte es sich nicht erlaubt, sie ganz auszuziehen, obwohl es verführerisch war. So lag sie voll angekleidet neben ihm und schlief tief und fest. Ob sie etwas Schönes träumte oder ob sie einen Alptraum hatte, er wusste es nicht.
Ihre unerträgliche Wärme durchströmte nun auch seinen Körper.
Und er machte sich Sorgen, große Sorgen…
Sie konnte doch nicht sterben, nicht wegen einer Krankheit, das ging nicht, das war unmöglich! Sie durfte ihn nicht verlassen, niemals durfte sie ihn wieder alleine lassen!
Das verbot er ihr.
Er schob sich noch enger an sie heran, drückte ihr einen Kuss auf den Rücken und schlief dann selber ein.

Sie war sein….Ganz alleine sein…

 

Fortsetzung folgt

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.09.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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