Hannis Eriksson

Mixed Up – Wie bastelt man sich einen Mann

 

Sie chattete mal wieder mit einem ihrer beiden Freunde. Es war ein super Gefühl und es war alles so einfach. Der eine wusste nichts vom anderen und umgekehrt. Na ja, ganz stimmte das nicht. Beide kannten sich, aber keiner der beiden wusste, dass sie auch Gefühle für den anderen hatte. Es war schon echt verrückt.

   Beide hatten ihre Vorzüge und beide hatten ihre Nachteile. Sie ergänzten sich gegenseitig perfekt. Da musste sich doch irgendwas draus machen lassen. Ewig auf zwei Gleisen wollte sie ja auch nicht fahren, OK, bis jetzt war es gut gegangen, immerhin schon ein halbes Jahr, aber ob das ewig so weiter ging, stand in den Sternen.

   Man müsste sie irgendwie kombinieren können, nur blöd das Zauberei reiner Humbug war. Frankensteins Monster, ja, das wäre es doch, nur dürfte dabei kein Monster raus kommen, einfach die Vorteile zusammenpacken, konnte doch eigentlich nicht so schwierig sein. Soviel mehr medizinische Kenntnisse als sie momentan hatte, würde sie noch nicht mal dazu brauchen.

   Sie konnte es ja erstmal an ihren Katzen ausprobieren, oder noch besser, sie holte sich zwei streunende Hunde von der Straße. Vorher musste sie sich noch ein bisschen in die Neurologie einlesen und dann konnte es losgehen. In der Stadtbibliothek gab es nicht besonders viel zu diesem Thema, aber sie hatte ja noch einen Ausweis von der FH-Bibliothek. Ja, hier gab es alles, was sie brauchte und die chirurgische Ausrüstung würde sie auch noch bekommen.

   Zwei Wochen nachdem sie ihren Plan gefasst hatte, war alles für den Probelauf vorbereitet. Sie hatte ein Zimmer ihrer Wohnung zum Operationsraum umdekoriert. Für die streunenden Hunde hatte sie einen Köder ausgelegt und glücklicherweise sprangen auch zwei von ihnen darauf an. Ihre Katzen hatte sie einfach zu gern, um dieses Experiment an ihnen durchzuführen. Die beiden Hunde waren friedlich eingeschlafen. Jetzt konnte es losgehen.

   Sie legte beide nebeneinander auf den Operationstisch und begann mit ihrer Arbeit. Es war nicht der schönste Anblick, aber sie überwand ihren Ekel und schaffte es. Beide überlebten die OP. Ihr Experiment war geglückt und optisch passte auch alles.

   Jetzt musste sie sich nur noch überlegen, wie sie das mit ihren beiden Freunden hinbiegen sollte. Sie musste ihnen beiden eine gekonnte Falle stellen. Aber da würde ihr schon etwas einfallen.

   Sie ging online. Diesmal waren beide da. Sie musste vorsichtig sein, nicht, dass sie durch irgendeine unüberlegte Bemerkung alles zunichte machen würde.

   »Hi, wie geht’s dir?«, begrüßte sie den einen.

   »Danke gut«, wurde ihr geantwortet.

   »Schön, dass du auch online bist«, schrieb sie dem anderen.

   »Wollen wir uns nicht mal wieder treffen«, fragte sie dieser.

   Das war ja schon mehr als einfach. Wenn sich Nummer eins jetzt auch noch mit ihr treffen wollte?! Sie brauchte ihm ja nur einen Vorschlag machen.

   »Haben uns schon lang nicht mehr gesehen. Hast du mal wieder Zeit.« Mal sehen, was Nummer eins antworten würde?!

   »Du kannst ja mal wieder zu mir kommen, ich koch dir was Schönes«, schrieb sie Nummer zwei. Na ja, irgendwie musste sie die beiden ja betäuben und zwar ohne dass sie davon etwas mitbekamen.

   »Wie wäre es mit morgen?«, kam jetzt die Antwort von Nummer eins.

   »Ich bekomm schon wieder Hunger«, meldete sich der andere. »Morgen?«

   Sie hatte ja richtig Glück. Jetzt musste sie nur noch zusehen, dass der eine schon auf dem Operationstisch lag, wenn der andere herkam.

   Nummer zwei zuerst, zum Abendbrot, genug Betäubungsmittel hatte sie zu Hause. Das würde schnell gehen. Und dann nach zwei Stunden etwa, Nummer eins. Ein Gläschen Wein, dazu konnte er nicht nein sagen. Das war der perfekte Plan.

   Sie bestellte Nummer zwei für 18 Uhr, Nummer eins für 21 Uhr. Dann verließ sie den Chat wieder. Sie musste jetzt alles vorbereiten, so schnell wie möglich, es durfte morgen nichts schief gehen. Und dann musste sie sich noch mal ausruhen, sie wollte nichts falsch machen. Es sollte der perfekte Mann herauskommen.

   Pünktlich war Nummer zwei noch nie gewesen, das hätte sie mit einberechnen müssen. Fast eine halbe Stunde kam er zu spät. Aber es könnte noch reichen. Einfach ein bisschen mehr von den Beruhigungstropfen im Essen verrührt.

   Es funktionierte, er wurde sehr schnell müde. Jetzt musste sie diesen großen Körper nur noch in ihr Operationszimmer schaffen. Auch keine leichte Aufgabe, sie war ja nicht gerade die größte, aber sie hatte mal Krankenschwester gelernt. Auch wenn sie schon länger niemanden umhergewuchtet hatte, es ging, nicht schnell, aber sie schaffte es.

   Ein wenig erschöpft kam sie in die Küche zurück. Sie musste schnell aufräumen, etwa eine halbe Stunde blieb ihr gerade noch, bevor ihr anderer Freund hier auftauchte. Im Gegensatz zu Nummer zwei war der immer pünktlich, meistens sogar überpünktlich.

   Sie war gerade mit allem fertig geworden, da klingelte es an ihrer Tür. 20 Uhr 55, man, das war echt knapp.

   Sie öffnete. Ihr Freund hatte ihr einen Blumenstrauß mitgebracht. Wow, das hatte er doch noch nie gemacht. Irgendwas stimmte hier nicht. Nummer zwei hatte sie in diesem Moment völlig vergessen.

   Sie bezogen Platz auf der Couch in ihrem kleinen Wohnzimmer. Sie holte zwei Gläser und eine Flasche Rotwein, ging aber nicht direkt wieder ins Wohnzimmer, sondern goss die Gläser bereits in der Küche voll. In das eine gab sie zudem noch einige Tropfen des Beruhigungsmittels, mit dem sie bereits ihren anderen Freund schläfrig gemacht hatte. Dann ging sie wieder ins Wohnzimmer zurück und stellte die beiden Gläser auf den kleinen Tisch neben dem Sofa.

   Ihr Freund hatte ihr was zu erzählen. Etwas lag ihm auf dem Herzen. Sie hörte ihm zu, lange. Er versuchte es ihr schonend beizubringen. Schonend? Na danke, dachte sie. Es war unglaublich. Er hatte nebenbei noch eine andere gehabt, angeblich eine einmalige Sache, aber diese andere war jetzt schwanger, von ihm. Darauf brauchte sie erstmal einen Schluck. Sie nahm eines der Gläser vom Tisch und leerte es in einem Zug.

   Jetzt drehte sich alles, der Wein bekam ihr nicht. Oh nein, die Beruhigungstropfen! Eh sie noch weiter denken konnte, wurde sie ohnmächtig.

 

Langsam wachte sie wieder auf. Wo war sie? Sie konnte weder Arme noch Beine bewegen. Sie öffnete ihre Augen. Sie lag auf dem OP-Tisch. Wie war sie hierher gekommen? Langsam kam ihre Erinnerung zurück. War sie allein? Sie versuchte sich umzuschauen, bekam aber niemanden zu Gesicht. Dann hörte sie jemanden sprechen, einen ihrer beiden Freunde.

   Sie ist aufgewacht, drang seine Stimme an ihr Ohr. Einen Moment später standen zwei Gestalten über ihr. Durch das OP-Licht, das direkt über ihr leuchtete, konnte sie die beiden nicht erkennen, aber ihr war klar, wer da stand und sie betrachtete.

   Du bist doch total verrückt, sagte der eine. Ich glaube, das ist sogar noch ziemlich milde ausgedrückt, kommentierte der andere. Sie versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, versuchte, eine Erklärung für diesen Ort zu finden, aber eh sie etwas sagen konnte hatte einer der beiden einige Zettel in der Hand und hielt sie ihr vors Gesicht.

   Sie hatte den Testlauf an den Hunden dokumentiert, als Hilfsmittel für das, was jetzt nicht mehr stattfinden würde. Was hatte sie sich überhaupt dabei gedacht? Sie schloss die Augen, ohne ein Wort zu sagen, und sie schluckte, würgte einen dicken Kloß nach unten, der sich in ihrem Hals festgesetzt hatte. Sie wusste nicht, was sie jetzt machen sollte, wie sie sich aus dieser Situation befreien sollte, in die sie sich selbst hineingebracht hatte.

   Dann sagte sie etwas, dass sie einen Moment später schon wieder bereute: Ich liebe euch beide! Die Antworten darauf folgten prompt. Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben, sagte der eine. Dito, sagte der andere. Dann verschwanden sie beide, auf Nimmerwiedersehen.

 

Jetzt klingelte der Wecker. Sie öffnete die Augen. Sie lag in ihrem Bett und sah sich im Zimmer um. Das war alles nur ein Traum, ein verrückter, bescheuerter Alptraum. Sie stand auf und sah aus dem Fenster. Es regnete. Eigentlich das perfekte Wetter um weiterzuschlafen. Aber sie würde kein Auge mehr zubekommen, zumindest nicht jetzt.

Ich bin für Kommentare jeglicher Art dankbar. Nur so kann ich lernen, noch besser und interessanter zu schreiben. Viel Spaß beim Lesen und schon mal im Voraus danke für Eure/Ihre Kommentare.Hannis Eriksson, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.10.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Marion Batouche, geb. 1962 in Waren an der Müritz; lebt zur Zeit mit ihrem Mann und ihren beiden erwachsenen Kindern in Lilienthal bei Bremen. Sie arbeitet seit dreizehn Jahren als Sachbearbeiterin in einer Bremer Im- und Exportfirma und füllt ihre Freizeit damit aus, Gedichte zu schreiben.

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