Als
ich noch klein war, so ungefähr sieben Jahre alt, durfte ich bei meinem
Großvater einmal die Messingtür-griffe mit Sidolin putzen. Leider gab es nur
acht Griffe und ich polierte und polierte, denn sie hatten es wirklich nötig.
Diese mattgoldenen Dinger fingen plötzlich an zu glänzen wie pures Gold.
Ich
sah mich um, was ich noch blank machen könnte, die Wasserhähne zum Beispiel und
den kleinen runden Spiegel, der auf der Kommode stand. Er hatte einen silbernen
Rand und ein silbernes Gestell. Ein kleines Mädchen schaute mich daraus an, mit
vor Eifer geröteten Wangen.
Ich
war fast fertig mit der Arbeit, als ich noch einmal lächelnd in den Spiegel
schaute. Da fuhr mir so ein Schreck in die Glieder, dass ich fast den Spiegel
fallen ließ.Ich hatte nämlich auch das Glas poliert, auf der Vorder-und auf der
Rückseite und plötzlich hatte der Spiegel einen riesigen Mund und riesige weiße
Milchzähne mit Zahnlücken, so wie ich. Der Spiegel sagte mir, ich hätte einen
dummen Fehler gemacht, als ich das Glas reinigte, ich hätte das Spiegelbild
verdorben.
Erst
viele Jahre später erfuhr ich, dass mit dem Spiegel meines Großvaters alles in
Ordnung war. Es war nämlich ein Rasierspiegel und jeder Rasierspiegel hat eine
Seite, die vergrößert.
Wenn
ich heute in den Spiegel sehe, erzählt er mir von einer älteren Frau, bei der
immer wieder die grauen Haare zum Vorschein kommen, die oft müde Falten trägt
und dann so alt aussieht, wie sie wirklich ist, nämlich siebenundfünfzig Jahre
alt.
Doch,
wenn ich das Licht ein wenig dimme und meine Brille nicht aufsetze, dann lügt
der Spiegel. Er zeigt mir eine junge, dynamische Frau und so fühle ich mich dann auch erst einmal, bis
zum nächsten Blick in den Spiegel... vielleicht erst morgen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 30.10.2009.
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