Fritz Rubin

An(ein)sichten eines Löwen

An(ein)sichten eines Löwen

 

Alter ist eine biologische Konsequenz,

aber im Herzen jung zu bleiben,

ja, und nur allein das,

das liegt an uns selbst.

 

 

Ich bin eigentlich ein geborener Perfektionist, nur habe ich dieses Talent noch nicht so recht in mir entdeckt, es schlummert in der Tiefe meiner Seele, verborgen wie in einer Muschel.

Aber ich arbeite daran, wobei ich weiß, es ist mehr der hoffnungslose Wunsch denn zielstrebige Absicht.

Ich fühle mich wohl im Unperfekten, genieße die Sucherei, ohne zu fluchen und zu schimpfen, mein Blutdruck steigt nicht, ich bleibe cool und gelassen, rege mich nicht auf.

Mein Chaos hat unwahrscheinlich viele Facetten, es ist für mich Lebensqualität.

Ich lege z. B. den Schlüssel so hin, dass ich ihn nicht wiederfinde, nur mit wortreicher Assistenz meiner Frau finde ich den verborgenen Schatz.

Die Brieftasche verschwindet in einer Schublade, wo ich sie dann unter lautem Freudengeschrei nach langer Suche entdecke.

Die Geldbörse mit allen Kreditkarten wird einfach mal unter dem Fahrersitz verstaut, wo ich sie zwei Tage später jubelnd hervorhole.

Die Brille liegt auf dem Sitz des Sessels, auf dem ich sie im letzten Moment vor dem Totalschaden bewahre.

Wenn ich dann durch Zufall einen 10-Euroschein in meinem Jackett entdecke, bin ich den ganzen Tag wohl gelaunt, d.h. ich kenne keine schlechte Laune. Ich nehme das Leben so, wie es gerade kommt.

Nur gut, dass ich weder Gebiss noch Hörgerät trage, denn hören kann ich noch ganz gut, wobei ich bemerken möchte, dass ich hin und wieder auch nur das höre, was ich hören will.

Das Klappern meines Gebisses ist mir fremd, es begrüßt mich auch nicht morgens im Wasserglas auf meinem Nachtschrank.

Die Leichtigkeit der Jugend ist dem Genuss und der Freude einer wohligen Bequemlichkeit gewichen, Tribut an die Jahre, die nun hinter mir liegen,

Das Kollern im Bauch zeigt die Abnutzung des inneren Gefüges, wie sagt Herr von Hirschhausen so schön: „Die Leber wächst mit ihrer Aufgabe!“

Bei meiner Geburt hatte ich ein Gewicht von 4558 Gramm. Dieses Gewicht habe ich im Lauf  der letzten 71 Jahre auf 102 kg gesteigert, fürwahr ein pfundiger Knabe, dessen ehemals lockige Haarpracht einer übersichtlichen Stoppelglatze gewichen ist. Die hat den Vorteil der Pflegeleichtigkeit und der besonderen Hygiene, einmal mit dem Haarschneider drüber und schon wieder 15 Euro gespart. Deswegen bin ich aber noch kein Millionär geworden.

Der kleine Körper von damals 53 cm ist auf nun gute 181 cm gewachsen und mittlerweile wohl gerundet.

Nun lebe ich mit unseren drei Graupapageien, einem großen Garten und dem PC in der Idylle eines dörflichen Gemeindelebens, ich genieße diese wohltuende Atmosphäre.

Da kommt mir niemand in die Nähe meiner geordneten Unordnung, die mir jedoch kein schlechtes Gewissen und Unbehagen bereitet.

Wenn mich dann aber mal ein kleiner „Aufräumteufel“ an das Chaos erinnert, dann, ja dann wird zugepackt, bis der Anfall vorbei ist. 

Über das Ergebnis gerate ich dann jedes Mal in Verzückung und mache dieser Freude durch lautes Pfeifen Luft, nicht einfach so, sondern melodisch und angenehm, so empfinde ich das jedenfalls.

Das wiederum animiert unsere drei Grauen, in dieses Konzert einzustimmen, so dass unbändige Lebensfreude durch das Haus schallt, frei nach dem Motto:

„Bei Rubin´ s im Haus da piept´ s!“

Wie gesagt, Ansichten, Einsichten, vielleicht auch Weisheiten aus der Erfahrung, aus dem Erlebten von mehr als sieben Jahrzehnten, und eben der Festsstellung:

 

„Wer sich nicht selbst

auf den Arm nehmen kann,

der hat es wirklich schwer!

 

 

© Fritz Rubin, Othfresen, 22. August 2009

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.11.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Gestatten, dass ich mich vorstelle. Ich heiße Pedro und bin ein Graupapagei, ja, genau, der mit dem schwarzen Krummschnabel, der weißen Maske, dem grauen Gefieder und den roten Schwanzfedern. Meine drei Freunde Kasimier, genannt »Karl-Karl Kasel«, Grete, genannt »Motte-Maus« oder »Prinzessin«, Peter, genannt »O«, und ich leben seit Dezember 1994 in einem schönen Einfamilienhaus in einem Dorf in der Vorharzregion. Ich habe mir vorgenommen, aus meinem Leben zu berichten, was mir alles so passiert ist, wie mein Tagesablauf ist und war und was mich alles so bewegt.

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