Markus Schale

Adventure Joe und der Speer von Golgatha

Lisa und Bob hatten sich den schönsten und ruhigsten Platz ausgesucht, den sie auf Anhieb finden konnten. Bob hatte seinen alten 70er Ford Pick – Up auf der Brücke geparkt, die sich über den Highway spannte. Das intensive orangene Schimmern des für Los Angeles typischen Sonnenuntergangs zu dieser Jahreszeit reflektierte auf der blankpolierten schwarzen Motorhaube. Fernab des geparkten Wagens zirpten ein paar Grillen im vertrockneten Gras und das distanzierte Hupen, das zu vernehmen war, ließ wohl auf einen der zahlreichen Staus schließen, wie sie sich gewöhnlich zum Feierabend hin bildeten. Bob hatte sich entschieden, am heutigen Abend Lisa seine Liebe zu gestehen. Nervös räusperte er sich und umklammerte verspannt das Lenkrad. Die wohlig wärmende Luft strömte durch die heruntergekurbelten Fenster herein. „Lisa, der heutige Abend,“ Bob hielt kurz inne und blickte in Lisas funkelnde Augen, „war einfach wunderbar.“ Lisa lächelte ihn sanftmütig an und antwortete: „Ja, mir hat er auch sehr gut gefallen, Bob.“ Es folgte ein langer Moment des Schweigens, der Bob allmählich unangenehm wurde. Er musste schnell wieder ins Gespräch kommen. „Wir, wir, wir kennen uns zwar erst drei Monate,“ nervös rutschte er auf seinem Stuhl herum, immer noch das Lenkrad umklammernd, „aber innerhalb der kurzen Zeitspanne habe ich sehr intensive Gefühle für dich entwickelt.“ Lisa schwieg, lächelte jedoch auf genierte Art und Weise weiter. Ihre großen Augen bettelten förmlich darum, dass Bob mit dem fortfahren sollte, was er begonnen hatte. „Ich habe in meinem Leben schon einige Mädchen kennengelernt, aber du bist irgendwie anders, als all die anderen.“ Er wandte seinen Blick ab und starrte in den Sonnenuntergang: „Ja, ich weiß, das hört sich jetzt ganz schön geschwollen an, als hätte ich es aus irgendeinem grottenschlechten Mainstream - Drehbuch abgeschrieben, aber ich finde einfach keine anderen Worte um meine Gefühle für dich zu beschreiben.“ Lisa strich sich ihre langen, blonden Haare aus ihrem feingezeichneten Gesicht. „Was genau gefällt dir denn an mir?“ fragte sie neugierig nach. Bobs Chance, sich in einem Schwall an Komplimenten zu ergießen, war gekommen. Ein Schwarm Möven flog kreischend über die beiden hinweg, direkt auf die Küste zu, die sich nur in wenigen Kilometern Entfernung befand. Die Sicht war so klar, dass man sogar noch den alten Leuchtturm in der Ferne auf der Klippe erkennen konnte und selbst das Geräusch der Brandung konnte man hin und wieder vernehmen. Der salzige Geruch der See lag unverkennbar in der Luft. „Ich will, dass du weißt, dass mich nicht nur dein Äußeres fasziniert. Nicht nur deine glasklaren, hellblauen Augen, in denen ich stundenlang versinken könnte. Nicht nur deine wunderschönen, langen Haare, deine zarte Haut, deine samtweichen Lippen. Nicht nur deinen makellosen Körper, deine Hände, die mir jedes Mal ein Kribbeln durch den Körper jagen, wenn sie mich berühren. Du bist eines der wenigen Mädchen, die es überhaupt nicht nötig haben, sich großartig zu schminken, du bist von Natur aus einfach.......wunderschön.“ Lisa fühlte sich geschmeichelt, selbst wenn Bob’s Worte derart aufgeplustert klangen, als wären sie einem Popcorn – Film entsprungen, so zeigten sie dennoch ihre Wirkung. „Ich möchte dich aber wissen lassen, dass DU es bist, was mich am meisten fasziniert und anziehst. Die Art, WIE du bist ist einfach einzigartig und wunderbar. Ich habe mich noch nie mit einem Mädchen so gut unterhalten können, wie mit dir, so viel lachen können, wie mit dir. Schon am ersten Tag, als wir uns bei Angelo’s Grill in die Augen blickten, warst du mir irgendwie so vertraut, als hätten wir uns schon zehn Jahre lang gekannt. Du bist innerlich so wahnsinnig attraktiv, dass der Rest Nebensache wäre. Und trotzdem bist du zusätzlich auch noch äußerlich so wunderschön.“ Lisa überlegte sich, ob sie seine Komplimente erwidern sollte, doch sie merkte, dass Bob noch nicht fertig war. „Wir verbringen zwar viel Zeit miteinander, aber das reicht mir ehrlich gesagt noch nicht. Ich will mehr Zeit mit dir verbringen, dir noch näher stehen, ich will einfach noch mehr Zeit mit dir verbringen, weil ich glaube, daß ich einfach nicht genug von dir bekommen kann.“ Lisa wischte sich eine kleine Träne aus dem Augenwinkel. Was anfangs noch als Worthülsen durch die Luft schwebte, nahm allmählich konkrete Gestalt an. Was sich anfangs bloß nett anhörte schwenkte um in ein gefühlvolles Plädoyer der Innigkeit und Zuneigung, ein Geständnis der Affektion, eine Bekenntnis der Liebe. Liebe, das war etwas, was Lisa schon lange nicht mehr gefühlt hatte, seit sich ihre Eltern scheiden ließen und ihre Mutter sich der Tablettensucht hingab. Lisas letzter Freund, ein Footballspieler auf dem College, konnte ihr auch einige Zeit lang mit Worten schmeicheln, bis sie schließlich mithörte, wie er vor seinen Kumpels angab, er hätte sie sich bloß fürs Bett geschnappt, denn das wäre das einzige, worin sie wirklich Talent besäße. Nach diesem bitter enttäuschenden Erlebnis der Frustration und des Kummers wollte sie nur noch alleine sein, kein weiterer Mann sollte jemals wieder ihr Herz brechen können. Und dann trat Bob in ihr Leben. Er brach ihr nicht das Herz, er brachte es ganz sanft zum Schmelzen. Er war zwar lediglich der Rathaus – Gärtner, aber vermutlich der Süßeste auf der ganzen Welt. „Ich wäre dir auch gerne noch näher, Bob,“ flüsterte sie leicht schluchzend. Bob streichelte ihr zärtlich mit dem Daumen über die Wange und strich Lisa vorsichtig und behutsam die Haare aus dem Gesicht. Dann näherte er sich ihr allmählich und schloss die Augen. Auch Lisa beugte sich langsam zu ihm herüber und verschloss die Augen. Als ihre Lippen sich zärtlich und liebevoll berührten, wünschte sich Bob, dieser Moment würde niemals mehr aufhören. Gefühlvoll und innig versanken sie im Liebestaumel und nahmen um sich herum nichts mehr wahr. Sie küssten sich immer und immer wieder, dann hielten sie inne, Stirn an Stirn, und rieben sanft ihre Nasenspitzen aneinander. „Ich liebe dich,“ flüsterte Bob erfüllt von Emotionen. Lisa antwortete vollends gerührt: „Ich.....“ dann wurde ihr Auto plötzlich von einem bulligen Truck erfasst. Er traf direkt die Beifahrerseite, brach Lisa umgehend die Rippen und schmiss sie zerquetscht auf Bobs Schoß. Der Ford wurde durch den immensen Aufprall zerschmettert und hinfort geschleudert. Der Wagen krachte durch die Absperrung der Brücke, welche in einem Regen aus hellem Stein und Staub auf die Erde rieselte. Bob stemmte seine Hände an die Decke, als er merkte, wie der Wagen zu kippen begann. Als er Lisas Kopf zu sich drehte, war der Glanz ihrer kristallklaren Augen gewichen. Sie waren milchig und starrten an ihm vorbei. Lisa war tot. Nach mehreren Metern freien Fall auf die Erde schlug der Ford donnernd auf. Zunächst splitterten die Scheiben auseinander, kurz darauf detonierte der Wagen, wirbelte durch die Luft und brannte schließlich langsam aus. Der Truck hupte einige Male tief dröhnend, dann nahm er die Abfahrt, die von der Brücke auf den Highway führte. Kurz nachdem der mit hell glänzenden, blankpolierten Neuwagen beladene LKW funkensprühend eine Anhöhe überquerte, folgte Joe in seinem silberfarbenen Porsche, dicht gedrängt von Bill, der mit seiner roten Corvette allmählich aufschloss und nach einem meterweiten Flug über die Anhöhe hart landete, wodurch sein Kopf ruckartig vor- und zurückgeschleudert wurde. Er fuhr nun rechterhand von Joe. „Wir dürfen die Mistsäcke auf keinen Fall mit dem Koffer entkommen lassen,“ schrie Joe zu Bill herüber, der hektisch am Lenkrad zerrte, um ein Ausbrechen des rasanten Gefährtes zu verhindern. „Ich finde, es ist allmählich Zeit, dass du mir mal erklärst, was sich in dem Scheiß Koffer befindet,“ drängte Bill lautstark. „Schließlich riskiere ich hier mein Leben, um dieses verfluchte Ding wiederzubekommen. Was ist denn bloß da drinnen? Die Superman – Erstausgabe?“ Joe schwieg noch einen Moment lang, doch er fand keinen Grund, diese Informationen Bill weiterhin vorzuenthalten. „Nein, es gibt tatsächlich noch etwas, das wertvoller ist. Die Typen haben den Koffer aus dem Keller des Staatsmuseums geklaut. Professor Hinkins hat ihn gestern noch in der archäologischen Fakultät verstaut und.....“ Der Truck bog scharf links ab. Joe und Bill schleuderten mit quietschenden Reifen hinterher. „Joe verdammt, ich will keine Hintergrundgeschichte hören, sag mir einfach, was zum Teufel da drinnen ist!“ brüllte Bill erzürnt. „Hast du schon einmal etwas vom Speer von Golgatha gehört?“ wollte Joe wissen. „Ja, das kommt mir irgendwie bekannt vor!“ gab Bill zur Antwort. „Das ist der Speer.......wow, Shit!“ Joe unterbrach, da er erkannte, dass sich infolge der abrupten Bewegungen des Trucks die Sicherheitshaken, die die Neuwagen vor dem Herunterrollen bewahrten, gelöst hatten. Die Neuwagen waren auf zwei Ladeflächen angebracht, einer unteren und einer oberen. Von der oberen Ebene rollte ein hellsilber glänzender 7er BMW herunter und krachte schallend auf den Asphalt. Der BMW drehte sich mehrmals seitlich um 360 Grad, dann schrammte er linkerhand an Joe vorbei, der seinen Porsche in letzter Sekunde nach rechts steuern konnte. Bill zog zusätzlich die Handbremse, worauf die Reifen seiner Corvette quietschten und qualmten und das Fahrzeug zu schlingern begann. Auch ihm gelang es, in letzter Sekunde nach rechts auszuweichen, allerdings derart haarscharf, daß der rotierende BMW die linke Seite der Corvette tangierte und ihm unter Begleitung quietschender Geräusche und hell sprühender Funken den linken Außenspiegel abriss sowie den Lack zerkratzte. Die Sicherung des hinter dem BMW plazierten Autos, begann sich allmählich ebenfalls zu lösen, konnte jedoch dem Druck noch standhalten. Einige Gummidichtungen rissen jedoch bereits auseinander und die Schrauben drehten sich aus ihren Windungen.. Die drei Fahrzeuge hatten nun den Highway erreicht. „Mann, das war knapp, wo waren wir stehen geblieben? Ach so, der Speer von Golgatha,“ nahm Joe mit geradezu nüchterner Stimme das Gespräch wieder auf, als sei nichts passiert. Bill streckte seinen Kopf nach links und starrte ebenso erschrocken wie ungläubig auf die zerkratzte Tür. „Mit dem Speer von Golgatha wurde vor etwa 1970 Jahren der werte Herr Christus am Kreuz erstochen!“ „Jesus Christus?“ fragte Bill in Gedanken versunken nach, während er verzweifelt die Stelle betastete, an der sich vor kurzem noch sein Spiegel befunden hatte. „Nein, George W. Christus. Natürlich Jesus Christus, fallen dir noch ein paar andere Leute mit dem Namen Christus ein, die im Jahre 28 oder 29 nach CHRISTUS am Kreuz gestorben sind?“ brüllte Joe erbost. „Du bist hier doch der Historiker, ich bin nur Tierpräparator und Hobbyjäger,“ bemerkte Bill achselzuckend. Dröhnend schnellte der Truck weiter über den Highway, ohne darauf zu achten, welche Autos oder sonstigen Hindernisse ihm in die Quere kamen. Einige Wagen wurden von dem Truck gerammt, brachen darauf aus und schlugen an die rechte Fahrbahnbegrenzung, anderen wichen quietschend auf den Seitenstreifen aus. „Jedenfalls hat Professor Hinkins Blutspuren an der Speerspitze entdeckt. Sein Ziel war es DNA – Daten aus den Resten zu gewinnen und mit denen des Turiner Grabtuches zu vergleichen. Stimmt das genetische Datenmaterial überein, wäre das der erste greifbare Beweis für die Existenz Jesus Christus. Das ist aber noch nicht alles, einige Mystiker, Esoteriker und Verschwörungstheoretiker schreiben dem Speer magische Kräfte zu.“ „Dann soll dieser Wunderspeer mir mal meine Seite neu lackieren und einen neuen Außenspiegel anbringen, wenn wir ihn uns geschnappt haben, da kann mir wahrscheinlich nur noch Magie weiterhelfen,“ merkte Bill sarkastisch an. Joe fuhr fort. Der Fahrtwind zwang ihn, die Augen zusammenzukneifen: „Der Söldner Longinus benutzte seinerzeit den Speer. Der Sage zufolge hält derjenige das Schicksal der Welt in seinen Händen, der die „heilige Lanze des Schicksals“ in seinen Händen hält und um ihre magische Wirkung weiß. Der Speer wanderte im Laufe der Jahre durch die Hände solch Männer wie Konstantin der Große, Apostel Thomas, Karl der Große, sogar Adolf Hitler besaß ihn einst. Ohnehin ist wenig bekannt über die okkulten Hintergründe des Dritten Reiches....“ Bill unterbrach: „Alles klar, Joe, wenn ich noch mehr wissen will, schreibe ich mich bei dir ein, jetzt lass uns diesen Speer erst einmal zurückholen,“ schlug er vor. „Hey Bill, hast du endlich einen Plan?“ „Ja, wie wär’s mit dem hier?“ brüllte Bill zurück und schmiss Joe eine Straßenkarte von Los Angeles ins Cabrio. „Entweder du bist unwahrscheinlich dumm oder hast eine unwahrscheinlich unlustige Art von Humor. Lass die Scheiße, ich meinte, ob du dir einen Plan ausgedacht hast, wie wir uns diesen gottverdammten Koffer zurückholen?“ hakte Joe lautstark nach. Die Mittagssonne erhitzte den Highway und die Umgebung auf beinahe 40 Grad Celsius. Die aufsteigende Hitze ließ den Horizont flimmernd erscheinen. Erneut touchierte der Truck einen Sonntagsfahrer, der nicht von der linken Spur weichen wollte, welcher daraufhin hastig das Steuer verriss und nach links über die Fahrbahnbegrenzung schoss. Er drehte sich mehrere Male im Flug um die eigene Achse, bevor er mit dem Dach zuerst direkt in die im Stau auf der Gegenseite wartenden Wagenkolonnen einschlug. Glas splitterte lauthals umher und auf das quietschende Geräusch des aufeinanderreibenden Metalls folgte eine gigantische Explosion, die sich wie eine Kettenreaktion ihren Weg durch die Wagenkolonne in Joes und Bills Fahrtrichtung bahnte. Einige der Autos flogen infolge der Explosion auf die hinter ihnen wartenden Wagen, andere wiederum schleuderte es zurück auf die Gegenfahrbahn, die Bill und Joe benutzten. Joe erkannte, wie direkt vor ihm zwei Autos japanischer Bauart infolge der Explosionswucht auf den Highway krachten. „Wow Shit,“ brüllte er und riss das Steuer scharf nach rechts um dem ersten Wagen auszuweichen, der auf der linken der drei Fahrspuren niederschlug und nach rechts weiter rollte. Kurz nachdem Joe den Wagen rechts überholt hatte, kreuzte er die mittlere und die rechte Fahrspur, um schließlich an die äußerste, rechte Fahrbahnbegrenzung zu schlagen. Mit quietschenden Reifen wich auch Bill aus, als der Wagen plötzlich aus dem linken Blickfeld auftauchte. Blitzschnell steuerte er seine Corvette auf die mittlere Fahrspur, die momentan auch Joe benutzte, dann fuhr er wieder auf die rechte Spur und plazierte sich neben Joe. Der zweite Wagen hingegen krachte direkt vor Joe auf die mittlere der drei Fahrspuren. Da sich Bill immer noch rechts von ihm befand, lenkte Joe kurzerhand den Porsche auf die linke Fahrspur zurück, jedoch derart intensiv, dass er mit der linken Wagenhälfte gegen die steinerne Fahrbahnbegrenzung schredderte und sich quietschend den silbrigen Lack zerkratzte. „Ihr miesen Penner, wegen euch kann ich mein Auto neu lackieren lassen,“ brüllte Joe und zog seine Beretta. Mit der rechten Hand visierte er das Führerhaus des LKW an, mit der linken Hand kontrollierte er weiter seinen Wagen, so gut es bei einem Tempo von 150 km/h ging. Joe gab wütend fünf Schüsse auf das Führerhaus ab, die jedoch ohne jeglichen Effekt zu erzielen funkensprühend vom Führerhaus abprallten. „Joe, ich hab zwar keinen Plan, aber auf das Führerhaus zu ballern erscheint mir wenig geistreich!“ „Ich bin Rechtsanwalt, kein Philosoph, erwarte nichts geistreiches von mir, verdammt!“ Die explosive Kettenreaktion auf der Gegenseite kam nun zu einem Ende, im Rückspiegel sah Joe lediglich noch einige gigantische Qualmwolken aufsteigen, sowie diverse Autofahrer, die vorsichtig den bereits herübergeschleuderten Wagen auswichen und Personen,die ihre Wagen verlassen hatten, um das Chaos kopfschüttelnd aus nächster Nähe zu betrachten. Auch das entstandene Hupkonzert konnte man noch vernehmen. Plötzlich entstiegen dem Führerhaus des LKW vier Personen. Sie spurteten die Ladefläche des Trucks herab, vorbei an den zahlreichen Neuwagen, die der Lastwagen ursprünglich transportierte, bevor die Verbrecher ihn entwendeten. Anschließend postierten sich die Männer am Ende der Ladefläche, zogen ihre Maschinengewehre und eröffneten umgehend das Feuer auf die beiden Cabrios. Bill duckte sich in Richtung des Beifahrersitzes, der Kugelhagel prasselte funkenschlagend auf seine Motorhaube ein und ließ seine Windschutzscheibe zerklirren, worauf Teile von ihr auf Bill herabregneten. „Tja, so wie es aussieht, hast du die Penner ein wenig verärgert!“ krisch Bill herüber. Joe, der ebenfalls Deckung suchte, indem er sich nach rechts abduckte, streifte wieder die linke Fahrbahnbegrenzung. Das quietschende Geräusch, gepaart mit der Vorstellung, dass die Front seines Autos gerade in diesem Moment von den vier Mistkerlen zerschossen wurde, ließen seine Wut ins unermessliche schnellen. Querschläger pfiffen direkt über seinen Kopf hinweg. „Alles klar, jetzt hört der Spaß auf!“ brüllte er, dann verließ er seine Deckung und schoss mit zusammengekniffenen Augen auf die vier Männer, während er seinen Wagen nach rechts steuerte, um den Männern kein festes Ziel mehr zu gebieten. Lauthals zerbarst sein rechter Außenspiegel, worauf er kurz zusammenzuckte. Einige andere Kugeln verfehlten ihn nur so knapp, dass sie in den Beifahrersitz einschlugen und weißes Wollmaterial aus ihm herausflog. Bill tat es Joe nun gleich und steuerte seinen Wagen von der rechten Fahrspur zunächst auf die mittlere und dann weiter nach links, wobei er etwas Gas wegnahm, um hinter Joes Wagen zu bleiben. Dieses Zickzack – Manöver verwirrte die Gangster zwar, doch ihre Schüsse verfehlten Joe und Bill nach wie vor nur um Zentimeter. Einer der Gangster sah sich gezwungen, nachzuladen. Bill erkannte dies, zog nun seinerseits seine Waffe und schoss ihm drei Kugeln direkt in den Brustkorb, worauf der Gangster schreiend vom Truck fiel, auf den Highway kullerte und kurz danach von Bill überfahren wurde. „Hoppla, Sorry!“ brüllte er nach hinten, als Joe einwarf: „Bill schau nach vorne, um Himmels Willen!“ Bill tat dies und stellte erschrocken fest, daß nur noch zwei der Gangster Handfeuerwaffen trugen, der dritte hingegen, offensichtlich ein Asiate, hatte sich entschlossen, auf Handgranaten umzusteigen. Eine davon kullerte geradewegs unter Bills Auto, der seine Corvette scharf nach rechts lenkte. Wenige Sekunden später ging die Granate hoch und riss ein Loch von mehreren Metern Durchmesser in den heißen Asphalt. Bill konnte noch die Hitze der Feuerwelle in seinem Nacken spüren, sogar einige Asphaltbrocken fielen auf sein Auto hernieder. „Das war aber ganz schön unhöflich,“ lamentierte er und schoss einen weiteren der Männer nieder, der nach hinten auf die Windschutzscheibe einer der Neuwagen geschleudert wurde und nachdem er an ihr mit schockiertem Gesichtsausdruck heruntergerutscht war, eine rote Spur hinterließ. „Hey Bill, Blutflecken auf der Windschutzscheibe mindern doch sicherlich den Kaufpreis, oder?“ wollte Joe lauthals wissen. Bill kniff die Augen noch stärker zusammen. „Mindestens 20 Prozent!“ krisch er zurück. Erneut krachten einige Schüsse nur wenige Zentimeter neben Joe in die Sitze und auf die Motorhaube hernieder, welche infolgedessen aufsprang und ihm die Sicht versperrte. Instinktiv zog Joe den Kopf ein. Die nächste MG – Salve, die auf die geöffnete Motorhaube prasselte, bewirkte, dass sich die Motorhaube nun vollends löste und über Joe hinwegflog. „Bill, Achtung!“ brüllte Joe hinter sich, der Tatsache bewusst, dass Bill momentan direkt hinter ihm fuhr. Anstatt sich zu ducken, oder den Wagen auf eine andere Fahrspur zu lenken, entschloss sich Bill innerhalb der wenigen Zeit, die ihm zum Nachdenken blieb, auf die zischend auf ihn zusausende Motorhaube zu schießen. Vier Schüsse reichten aus, um infolge der an der Motorhaube pfeifend abprallenden Kugeln, die Flugbahn der Motorhaube zu verändern, so dass sie an Geschwindigkeit verlor und Bill direkt auf seine Motorhaube flog, um kurz danach auf den Highway zu rutschen. „Danke, Joe, aber eine Motorhaube reicht mir für’s erste!“ flapste Bill. Joe konnte sich eines Lächelns nicht verwehren. Auf der Gegenfahrbahn herrschte immer noch Stau, hinter Bill und Joe war weit und breit kein einziges Auto mehr zu sehen. Aufgrund einer Baustelle auf dem Highway verengten sich die drei Fahrspuren nun zu einer einzigen. Joe gab acht Schüsse auf die beiden verbliebenen Männer ab, von denen alle entweder in die Neuwagen schlugen, oder an dem Gerüst des LKW abprallten. „Scheiße, ich habe keine Munition mehr!“ gab Joe zu wissen. Bill konnte nicht auf den Truck schießen, ohne Joe zu gefährden, da dieser unmittelbar vor ihm fuhr. „Hoffentlich fängst du besser, als du schießt!“ brüllte Bill, dann schmiss er seinen Colt nach vorne in Joes Richtung. Der Colt flog und drehte sich mehrmals währenddessen. Joe streckte seine Hand mit voller Kraft in die Höhe und bekam den Colt direkt am Griff zu fassen, so dass er direkt abfeuern konnte. Drei Schüsse zerfetzten den Kopf des schießenden Gangsters, der daraufhin ebenfalls vom Truck fiel und unter Begleitung knackender Geräusche über den Highway kullerte. „Wie viele Schüsse habe ich noch?“ erkundigte sich Joe. „Nur noch zwei!“ gab Bill zurück. „Eine für das granatenwerfende Schlitzauge und eine für den Fahrer,“ flüsterte Joe entschlossen, während er sich mit der Zungenspitze die Lippen befeuchtete. „Also los, friss das!“ Der erste Schuss schnellte auf den Granatenwerfer zu, der sich jedoch mit ausgebreiteten Armen von der rechten Seite der Ladefläche über das Dach eines Neuwagens auf die linke Seite der Ladefläche hechtete. „Wow, ganz schön artistisch der Junge!“ bemerkte Bill. „Mal schauen, wie artistisch der mit einer Kugel im Gehirn ist!“ brüllte Joe. Entschlossen feuerte er die verbliebene Kugel auf den verbliebenen Gangster, der sich blitzschnell abduckte, woraufhin die Kugel erneut in einen der Neuwagen einschlug. „Wo zum Teufel hat der Sack denn die Reaktionen her?“ fragte sich Joe. Der Gangster begann zu lächeln, denn er erkannte, daß Joe und Bill nun keine Munition mehr besaßen. Hämisch grinsend zog er den Sicherheitsring aus der Handgranate und winkte Joe und Bill noch einmal zu. Die Granate flog lange durch die Luft, ein Moment, der Joe und Bill vorkam, als würde er in Zeitlupe ablaufen. Schließlich prallte die Granate auf den Kofferraum von Joes Carrera und schleuderte weiter auf Bills Beifahrersitz. „Tut mir leid, kleine, aber da habe ich ja lieber meine Schwiegermutter auf dem Beifahrersitz, als dich,“ sagte er, während er die Handgranate vom Beifahrersitz aufhob und geradewegs zurück in Richtung des Asiaten schmiss. Die Granate explodierte jedoch aufgrund der verstrichenen Zeit bereits in der Luft. Wieder zogen Bill und Joe die Köpfe ein, als sie unter dem gleißenden Feuerball hindurchfuhren. „Bist du wahnsinnig? Das Ding ist direkt über meinem Kopf explodiert!“ brüllte Joe nach hinten. „Verzeihung, nächstes Mal klemme ich sie mir in den Arsch! Achtung, der schmeißt schon wieder!“ Dieses mal biss der Gangster die Siegelringe von zwei Handgranaten ab, offensichtlich beabsichtigte er, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.. Immer noch fuhren sie auf lediglich einer Fahrspur, die Baustelle erstreckte sich nun bereits über mehrere Kilometer. Vor dem Truck tauchte plötzlich ein brauner Volvo – Kombi auf, der mit 50 statt der erlaubten 60 Meilen pro Stunde die Baustelle entlang fuhr. „Daddy, ich muss mal auf die Toilette,“ lamentierte die kleine Tochter im Inneren des Volvos. „Aber Schätzchen jetzt gedulde dich noch ein wenig und hör auf Daddy zu nerven. Es sind doch ohnehin nur noch wenige Kilometer bis Disney World,“ versuchte die Mutter zu beruhigen. Der neunjährige Sohn, der gerade Gameboy spielte, bemerkte in der Reflexion seines Gamboy – Displays, wie sich ein bulliger Truck allmählich dem Wagen näherte. Schockiert fiel ihm der Gameboy aus der Hand. „Daddy!“ krisch er panisch, kurz bevor der Truck dröhnend zu hupen begann und nun auch dem ohnehin bereits entnervten, schweißgebadeten Vater vor Augen führte, dass Gefahr im Verzug war. „Was zum Teufel will der denn?“ fragte der Vater panisch, ständig einen hastigen Blick in den Rückspiegel werfend. „Fahr schon schneller,“ drängte ihn seine Ehefrau. Mit dem Zeigefinger schob sich der Vater seine verrutschte Hornbrille zurück auf die Nase. „Schatz, hier sind doch nur 60 Meilen erlaubt, denkst du ich will geblitzt werden?“ „Denkst du ich will überfahren werden?“ krisch die Frau ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Jetzt drück aufs Gaspedal oder du wirst erleben, wie Martha Louise Jennifer Tempelton – Bonnhofer dich fertig macht!“ Die kleine Tochter fing an zu weinen. „Mom, warum bist du denn so böse zu Daddy?“ „Schon gut, Schätzchen, das nennt man Wechseljahre,“ versuchte der Vater seine Tochter zur Ruhe zu bringen. Just in diesem Moment rammte der Truck den Volvo, der seitlich über die Fahrbahnbegrenzung schoss und über die Autokolonnen des Staus auf der Gegenfahrbahn sowie über mehrere Baumreihen segelte, ohne sich zu überschlagen, bevor er mit den Reifen zuerst auf dem Parkplatz einer Rastanlage aufschlug, worauf sämtliche Reifen hinfort geschleudert wurden. Zwei der Reifen schossen in ein naheliegendes Waldstück, der dritte zerfetzte die Windschutzscheibe eines geparkten Autos, welches glücklicherweise keine Insassen aufwies, wohingegen der vierte geradewegs auf die Toiletten zurauschte. Die Toilettenfrau saß gelangweilt auf ihrem Stuhl und bedankte sich artig für jede Person, der es wert war, 10 Cent in das kleine, vor ihr auf einem Beistelltisch plazierte Schälchen zu werfen. Nachdem ein älterer, graumelierter Herr seine 10 Cent aufopferungsvoll in die Schale geworfen hatte, flüsterte die Frau vor sich hin: „Ich wünschte mir, es würde endlich einmal etwas Großes in meinem Schälchen landen.“ Der ältere Herr öffnete die Ausgangstür, und der Reifen zischte heran. Instinktiv und reaktionsschnell presste sich der Mann an die gekachelte Wand, worauf der Reifen haarscharf an seiner Nasenspitze vorbei zischte. Die Toilettenfrau, die am Ende des Ganges saß, rutschte kreischend von ihrem Stuhl herunter. Darauf krachte der Reifen durch den Beistelltisch, schleuderte das Kleingeld – Schälchen hinfort und prallte an der Wand ab, wobei er einige der Kacheln zerfetzte. Unmengen an 5 und 10 Cent – Stücken prasselten auf die konsterniert auf der Erde kauernde Toilettenfrau herab. Der Volvo kreiselte funkensprühend über die Erde und schlitterte direkt in das Restaurant der Rastanlage, indem er zunächst die Glasfront durchsplitterte, um anschließend noch ein paar unbesetzte Tische und Stühle mitzunehmen und durch das Restaurant zu schleudern, bevor er schließlich demoliert und zerkratzt vor der Kasse stehenblieb. Die Tochter rannte umgehend auf die Toilette, um sich ihres Urins zu entledigen, die Mutter tat dasselbe, jedoch beschränkte sich ihre Entledigung auf die in Rage geratene Magensäure. Der kleine Sohn saß mit einem breiten Grinsen auf der Rückbank. „Cool!“ fuhr es begeistert aus ihm heraus. Der Vater lehnte sich aus dem zerklirrten Fenster heraus, schob seine ebenfalls zerklirrte Brille auf die Nase, worauf die Brille sich zweiteilte und zu Boden fiel und sagte schweißgebadet zur entsetzt dreinblickenden Kassiererin: „Einen Kaffee, schwarz und ohne Zucker!“
Die erste Granate explodierte hinter Joes Porsche, jedoch noch vor Bills Corvette, der aufgrund mangelnder Ausweichmöglichkeiten direkt über das sich ergebende Loch fuhr und heftig durchgerüttelt wurde. Asphaltbrocken prasselten erneut auf ihn hernieder. Allem Anschein nach resultierte aus der starken Erschütterung glücklicherweise kein Achsbruch, auch wenn diverse Metallteile der Corvette auf dem Asphalt schliffen und unangenehme quietschende Geräusche verursachten. Zudem sprühten die herabhängenden Metallteile durch die Korrosion mit dem rauhen Asphalt orangefarbene Funken über mehrere Meter hinweg. „Wahnsinn, Bill, mit der Nummer ist dir der Applaus auf jeder Silvester – Feier sicher,“ scherzte Joe, der sich die Szenerie im Innenspiegel seines Porsches betrachtete, kurz bevor auch dieser, als einziger noch unbeschädigter Spiegel an Joes Wagen von einem Querschläger des Asiaten zerfetzt wurde. Die zweite Granate kullerte unter Joes Wagen, dann unter Bills, um kurz darauf lautstark zu explodieren, worauf Bills Corvette mit dem Hinterteil vom Asphalt abhob und der Wagen sich derart stark nach vorne neigte, dass Bill direkt auf die Straße schauen konnte. "Shit, ich bin doch nicht versichert!“ krisch er, während er fest das Lenkrad umklammerte. Die Corvette schlug schließlich mit der Front zuerst auf die Straße, welche infolgedessen zerbeulte. Der sich straffende Gurt schnitt Bill eine tiefrote Furche in die Brust, die höllisch brannte. Dennoch kam der Wagen wieder in normale Fahrposition und nach einem beherzten Druck aufs Gaspedal schloss Bill wieder zu dem Truck und Joe auf. Erneut schlug eine Salve pfeifender Querschläger auf den Carrera nieder. „Verdammt, Bill, wir haben keine Munition mehr, was sollen wir denn jetzt tun?“ brüllte Joe. „Ich habe noch zwei Waffen, die sind allerdings im Handschuhfach und das wiederum ist verschlossen.“ Einige Kugeln schlugen in die Kopflehne des Fahrersitzes ein, kurz nachdem sich Joe nach rechts gebeugt hatte. Die Wollisolierung segelte ihm auf den Rücken. „Was hälst du denn davon, es einfach mal aufzuschließen?“ fragte Joe genervt. „In Ordnung, ich habe aber keine Ahnung wo der verfluchte Schlüssel ist,“ flüsterte sich Bill zu, während sein Blick durch das Auto wanderte. Schließlich entdeckte er am Schlüsselbund seines AVIS – Anhängers einen kleinen, dünnen Schlüssel. „Hey, das hier könnte der Schlüssel sein,“ bemerkte Bill erfreut. Eine weitere Granate explodierte kurz hinter ihm und jagte ihm eine heiße Feuerwalze hinterher. Eine Fontäne aus Stein und Kieseln schoss in die Höhe. Zwei große Steine, die sich aus dem Asphalt gelöst hatte, zischten jeweils links und rechts nur wenige Zentimeter an Bills Ohr vorbei und schlugen in Joes Rücklichter ein. „Hey, es reicht, wenn mein Auto von vorne zerstört wird, jetzt lass wenigstens die Rückseite in Ruhe!“ Hektisch versuchte Bill, den feinen, dünnen Schlüssel vom Schlüsselbund zu lösen, schließlich konnte er in dieser misslichen Lage nicht einfach den Zündschlüssel herausziehen, um den Schließfachschlüssel abzulösen. Der Metallring, der den feinen Schlüssel mit dem Schlüsselbund verband, war mit einer Hand einfach nicht zu lösen. Auch energisches Ziehen an ihm erzielte keinen Erfolg. „Verdammt Joe, mit meinen Metzgerfingern kriege ich diesen verfluchten Schlüssel einfach nicht ab. Jetzt machen wir das Ganze eben auf Bill Troder – Art!“ sagte Bill energisch und schlug mit der blanken Faust auf das Schließfach ein, so dass es nach mehreren Schlägen aus den Angeln gerissen wurde und zerbeult zu Boden fiel. „OK, jetzt kann uns nichts mehr passieren, wir müssen nur noch.....“ Bill hielt inmitten des Satzes inne, als er feststellte, daß hinter ihm eine Granate auf dem Rücksitz seines Autos gelandet war. „Jetzt habe ich ein Problem,“ flüsterte er mit erschrocken aufgerissenen Augen. Er schmiss die Waffen auf den Beifahrersitz und drehte sich in Richtung der Granate, konnte sie jedoch nicht greifen, so sehr er sich auch reckte und streckte. Bedingt durch seine mangelnde Aufmerksamkeit für das Geschehen vor ihm, bekam er nicht mit, dass sich das zweite Auto von der oberen Ebene des Trucks löste und zu Boden fiel. Dieses mal handelte es sich um einen schwarzen Camaro. Der Camaro schlug mit der flachen Spitze zuerst auf, wodurch die Front zusammengeknautscht wurde und sich die Motorhaube löste. Infolge der heftigen Kollision sprang der Wagen vom Asphalt wieder ab und drehte sich im Flug nach vorne, schlug quasi einen Salto. Joe bremste kurz ab und zog den Kopf ein, der Camaro schnellte pfeifend über ihn hinweg. Als Joe kurz nach oben blickte, erkannte er die Unterseite des Camaros, einige Schrauben und Metallteile fielen ihm auf den Kopf. Joe drehte sich um und sah, dass der Camaro direkt auf Bill zuflog. Als Bill den Lärm vor sich wahrnahm, wandte er sich wieder von der Granate ab und blickte direkt auf den Camaro. „Scheiße, jetzt hab ich gleich zwei Probleme!“ schrie er panisch. Bill hielt die Hand auf und bremste, da er hoffte, die Granate würde direkt in seine Handfläche kullern, jedoch bremste er zu heftig, wodurch die Granate über seine Handfläche rollte, bevor diese sich zur Faust schloss. Zum einen rauschte der sich drehende Camaro auf ihn zu, zum anderen lag die scharfe Granate nun direkt unter seinem Sitz. Bill blieb keine Zeit zum Nachdenken, jetzt zählte es, so schnell wie möglich zu handeln. Entschlossen schnallte er sich ab, steckte die beiden Waffen in sein Rückenholster und stellte sich auf den Sitz. Der heftige Fahrtwind und die schlingernden Bewegungen fegten ihn beinahe vom Auto. Bill hielt sich am Fensterrahmen der nicht mehr vorhandenen Windschutzscheibe fest und kletterte schwankend auf die Motorhaube. Plötzlich rutschte er aus und verlor das Gleichgewicht, doch bereits im nächsten Moment hatte er sich mit den Händen auf der Motorhaube abgestützt und das Gleichgewicht wieder erlangt. „Super, und was mach ich jetzt?“ krisch er, als der Camaro nur noch wenige Meter von ihm entfernt war. Er beschloss, zu springen, um sich auf Joes Carrera zu hechten. In diesem Moment explodierte die Granate unter dem Fahrersitz und schleuderte die Corvette eingetaucht in einen gigantischen Feuerball in Richtung des Horizonts. Bill flog bedingt durch den Explosionsdruck mehrere Meter durch die Luft. Er wurde derartig hoch gewirbelt, dass er über den Salti schlagenden Camaro segelte, der unter ihm im Abstand von höchstens zwei Metern vorbei flog, um anschließend in das niedergehende Wrack der explodierten Corvette zu krachen, wodurch auch der Camaro in einer wahnsinnigen Feuersbrunst detonierte. Sowohl der Camaro, als auch die Corvette wirbelten wie Modellautos durch die Luft und schlugen schließlich brennend auf dem Highway auf. Den Camaro schleuderte es gar auf die Gegenfahrbahn, auf der er einen Moment lang rollte, bevor er in einem Graben zum Stillstand kam. Joe blickte in den Himmel. Er konnte seinen entsetzten Augen nicht glauben, was sie ihm an Bildern ans Gehirn zu vermittelten versuchten. In etwa zehn Metern Höhe flog Bill durch die Luft und näherte sich dem Carrera. Bill ruderte mit den Armen und schrie heftig auf. „Keine Sorge, Bill, ich fang dich auf,“ schrie Joe auf, während er die Fahrtrichtung seines Wagens korrigierte und auf Bills Flugbahn justierte. Bill hingegen realisierte, dass er nicht auf den Carrera, sondern auf den Truck zu flog. Auch der letzte verbliebene Gangster, der Asiate, traute seinen Augen nicht. Verwundert zog er die Augenbrauen ins Gesicht und blinzelte mit den Augen, anschließend richtete er seine MG auf Bill aus. Haarscharf schnellten die Querschläger an Bill vorbei. Inmitten des Kugelhagels und immer noch in etwa sechs Metern Höhe zog Bill die beiden Waffen aus seinem Rückenholster und schoss beidhändig auf den Gangster, dem die MG aus der Hand geschossen wurde worauf er sich hinter einem der Wagen in Deckung begab. Die restlichen Kugeln knallten in den vordersten Neuwagen der unteren Ebene, einen weinroten Mercedes SL. Immer noch schreiend knallte Bill frontal gegen einen Stahlträger des Trucks, an dem er sich reflexartig festklammerte. Durch den Aufprall wurde ihm die Luft aus dem schmerzenden Brustkorb gepresst. Kurzzeitig wurde ihm schwarz vor Augen und er kippte zur Seite, jedoch nicht in Richtung des Asphalts, sondern entgegengesetzt plumpste er direkt neben den Mercedes. Blut floss ihm aus dem Mund, zudem spuckte er weiteres Blut durch einen heftigen Hustenanfall. Sein weißes T-Shirt war durch den Schnitt des Gurtes blutgetränkt, bedingt durch die Kollision mit dem Stahlträger gesellten sich weitere Flecken hinzu. Pochende Schmerzen durchzogen seinen Körper, er war sich nicht sicher, ob er sich etwas geprellt oder gar gebrochen hatte. Der Gangster tauchte hinter dem Mercedes auf und sah, wie Bill allmählich auf die Beine kam. Zornig riss er dem Mercedes den Heckspoiler ab und drehte ihn artistisch in der Hand. Entschlossen bewegte er sich auf Bill zu und wuchtete ihm den Spoiler über seinen breiten Rücken. Stöhnend sank Bill wieder zu Boden. Er bemühte sich, nicht das Bewusstsein zu verlieren, eine Situation, der er zuletzt in Badsehra und Tèotihuacan, also vor etwa drei Jahren ausgesetzt war. „Du bist stark, aber nicht gewandt!“ belehrte ihn der Asiate. „Deine weisen Bruce – Lee – Sprüche kannst du dir sparen, Schlitzauge,“ hustete Bill, während er sich wieder aufrappelte. Ohne eine Mine zu verziehen, schlug der Asiate ihm nochmals den Spoiler ins Kreuz. Stöhnend ging Bill zu Boden. „Ich werde dich jetzt töten, schwarzer Mann, wie hättest du es denn am Liebsten?“ wollte der Asiate überheblich wissen. „SO!“ schrie Bill und schlug dem Asiaten mit beiden Fäusten in die Bauchregion. Der Schlag traf den Asiaten derart heftig, dass er gegen den Mercedes geschleudert wurde. Er schüttelte sich kurz, dann nahm er erneut Schwung und schlug, während er sich mehrmals drehte, nach Bills Gesicht, der jedoch reaktionsschnell den Kopf zur Seite zog, worauf der Asiate lediglich den Stahlträger traf, der infolgedessen leicht deformierte. Den folgenden Schlag zum Kopf konnte Bill erahnen, weshalb er ihn mit dem Arm abblockte um sofort den Spoiler an sich zu reißen. „Ja, mein kleiner orientalischer Kumpel, jetzt werde ich deinen Kopf als Golfball benutzen!“ brüllte Bill, als er auf den Asiaten eindrosch. Dieser hingegen bewies einmal mehr seine formidable Gewandtheit und schlug über die Motorhaube des Mercedes einen rückwärtigen Flickflack. Bill schlug daher eine riesige Delle in die Motorhaube. „Du gehst mir langsam aber sicher auf die Nerven,“ schrie Bill den Asiaten an. Wütend schmiss er den Spoiler in Richtung des Asiaten, der einen Radschlag nach rechts ausführte. Der Spoiler schlug exakt in die Steuerungselektronik ein, die die Neuwagen der untersten Ebene in ihren Verankerungen hielt. Der Sicherungskasten explodierte lautstark und schlug Funken. Die Sicherheitsverankerungen der drei noch verbliebenen Neuwagen der untersten Ebene lösten sich und verschwanden mechanisch nach unten. Der weinrote Mercedes begann, von der Ladefläche zu rollen. „Mist, hiergeblieben!“ brüllte Bill verzweifelt, als er realisierte, daß er die Sicherheitselektronik außer Kraft gesetzt hatte. Verzweifelt stemmte er sich gegen den Mercedes, doch selbst mit seinen gestandenen hundert Kilogramm konnte er nichts gegen die Gesetze der Physik ausrichten. Joe betätigte nervös die Bremse. Selbst wenn er nun eine Vollbremsung hinlegen würde, so konnte er doch nicht verhindern, dass er in die herunter rollenden Neuwagen schmetterte. „Vielen Dank Bill, du machst es mir heute wirklich angenehm,“ schrie er zu Bill. Der Asiate setzte dem schockiert zurückblickenden Bill einen Tritt in den Rücken. Bill wurde zur Seite geschleudert und kippte über die seitliche Begrenzung des LKW. Gerade noch so konnte er sich an der Begrenzung festhalten, der Rest seines Körpers wirbelte durch die Luft. Krampfhaft umschlossen seine Hände die Metallstange. Joe hingegen schnallte sich ab und wagte nun etwas, bei dem selbst ein Extremsportler an einer Überdosis Adrenalin krepiert wäre. Er kletterte geradewegs aus seinem Sportsitz heraus auf den Motorblock seines Carrera, da er schließlich keine Motorhaube mehr besaß. Der weinrote SL rollte vollständig von der Ladefläche und bewegte sich rasant auf Joe zu. Dicht gefolgt wurde der Mercedes von zwei Nissan Sportwagen. „Oh Gott, warum tue ich mir so etwas immer wieder an?“ brüllte Joe verzweifelt, als die Neuwagen auf ihn zurasten. Joe sammelte seine Kräfte zum Sprung. In dem Moment, als der SL in die Front seines Carrera einschlug, sprang er hoch. Unter ihm zerbarsten die beiden Autos und schleuderten Unmengen an Metall und Glas umher. Joe landete auf dem Dach des Mercedes und erkannte, dass die beiden Nissan Wagen so dicht auf den Mercedes folgten, dass sie quasi eine Brücke zum LKW hin bildeten. Joe musste es bloß irgendwie schaffen, über die Autos hin zum LKW zu sprinten. Joe versuchte mit rudernden Armen sein Gleichgewicht zu behalten, dann rannte er auf den ersten Nissan zu und sprang ihm aufs Dach. Noch während des Sprunges schmetterte der Nissan in den Mercedes. Joe landete tatsächlich auf dem Dach des Nissan, rutschte kurz aus und sprintete sofort weiter in Richtung des zweiten Nissan. Auch dieses Mal krachten die Autos direkt unter ihm ineinander, als er sich noch im Sprung befand. Jetzt musste Joe bloß noch irgendwie auf die Ladefläche des LKW gelangen. Während Joe sich mühsam über die Wagen in Richtung des Trucks fortbewegte, ging der Asiate auf Bill zu, dem mehr und mehr die Kräfte schwanden. „Siehst du, schwarzer Mann, ich habe doch deinen Tod prophezeit.“ Zu gerne hätte Bill ihm etwas entgegnet, doch er sah sich gezwungen infolge der Torturen und des Kraftaufwands die Zähne zusammenzubeißen. Schmerzverzerrt blickte er den Asiaten an. Der Asiate schlug Bill mit der Handkante auf seine Faust. Kurzzeitig ließ Bill die Absperrung los und hielt sich bloß noch mit einer Hand fest, doch als der Asiate einen Fußtritt auf dieser Hand landete, hatte Bill sich mit der anderen Hand schon wieder festgeklammert. Joe lief über das Dach des zweiten Nissan und hechtete sich in Richtung der nun freien unteren Ladefläche. Schreiend flog er durch die Luft und kam mit den Schultern zuerst auf der Ladefläche auf. Als er hinter sich blickte sah er, wie die vier Autos ineinander wirbelten und total zerstört wurden. „Joe!“ hörte er Bill brüllen. Blitzschnell drehte Joe sich um und erkannte, in welch missliche Lage Bill geraten war. Bills Handknöchel bluteten infolge der Traktionen des Asiaten. Gerade als der Asiate mit einem wütenden Kampfschrei ausholte, um gleichzeitig auf Bills Hände einzuschlagen, was seinen sicheren Tot bedeutet hätte, riss Joe den Asiaten um, als wäre er ein Footballspieler. Der Asiate blickte verwundert umher, dann trafen ihn Joes Faustschläge mitten ins Gesicht, immer und immer wieder. Der Asiate konnte nichts mehr dagegen ausrichten. Aus seiner zerbrochenen Nase schoss das Blut heraus und lief ihm übers Gesicht, für Joe war dies allerdings noch kein Grund, aufzuhören. Er prügelte dem Asiaten noch vier mal auf seine gebrochene Nase, bevor dieser ins Reich der Bewusstlosigkeit abglitt. „Joe, ich kann mich nicht mehr festhalten,“ warnte Bill lauthals. Joe wandte sich sofort vom Asiaten ab und rannte auf Bill zu. In dem Moment, in dem er aus Schwäche die Umklammerung löste, packte Joe ihn an den Armen und zog ihn mühsam zurück auf die Ladefläche. Beide fielen auf den Rücken und blieben dort erschöpft liegen. Ihre Brustkörbe hoben und senkten sich in Sekundenschnelle. „Das war wirklich knapp, danke Mann,“ keuchte Bill. Joe nickte bloß mit dem Kopf. „Aber du hättest ihn ja nicht gleich bewusstlos schlagen müssen,“ fuhr er fort. Verwundert schaute Joe zu ihm herüber. „Das hätte ich nämlich am Liebsten gemacht!“ brachte Bill den Satz zu Ende. Joe begann zu Lachen, auch wenn dieser Vorgang unheimlich schmerzte und auch Bill brach in erleichtertes Gelächter aus. Joe rappelte sich auf. Noch immer fuhr der LKW weiter. „Der Fahrer scheint noch nicht mitbekommen zu haben, dass seine Kumpels tot oder bewusstlos hier herumliegen,“ bemerkte Bill freudig. Als Joe hingegen einen Blick in den Rückspiegel des Fahrers warf, den man von der Ladefläche gut einsehen konnte, erkannte er, dass der Fahrer in sich zusammengesunken war. Ein großer, roter Punkt klaffte auf seiner Stirn. „Der Fahrer ist tot, Bill!“ korrigierte ihn Joe angespannt. „Und wir rollen geradewegs auf ein Schild zu, auf dem zu lesen ist....“ Joe kniff die Augen zusammen, um die Insignien des Schildes zu erkennen, doch was er dort zu lesen bekam, ließ ihm einen Schauer den Rücken herunterlaufen: „...... dass die Brücke gesperrt ist!“ Bill versuchte, auf die Beine zu gelangen, doch die Schmerzen durchfuhren ihn derart heftig, dass er sofort wieder zu Boden sank und sich die schmerzende Rippenpartie hielt. „Natürlich, verdammte Scheiße,“ hustete er, „die St. Martino – Brücke ist doch bei den letzten Erdbeben eingestürzt, stand gestern in der Zeitung.“ Joe strich sich durch die Haare: „Und morgen wird drinnen stehen daß wir die Martino – Brücke herabgestürzt sind.“ Joe hatte nur noch eine Chance, nur noch einen letzten Ausweg: er musste irgendwie auf die Bremse zu treten. Bill war zu verletzt, um noch agieren zu können. Der LKW schmetterte durch das Warnschild und riss die Sicherheitsabsperrungen auseinander. Joe rannte so schnell er konnte die Ladefläche hinunter in Richtung des Führerhauses. Dort angekommen erblickte er, wie sich der klaffende Abgrund immer weiter näherte. „Shit, das wird knapp,“ flüsterte er. Anschließend riss er die Tür zum Führerhaus auf und der tote Fahrer kam ihm entgegen. Joe packte ihn am Kragen und wollte ihm aus dem Führerhaus werfen, doch der Fahrer hatte sich in seinem Anschnallgurt verfangen. „Mach schon, Joe!“ brüllte Bill aus dem Hintergrund. „Der Typ hängt nun mal sehr an seinem LKW!“ entgegnete Joe. Der Abstand zwischen dem Abgrund und dem Truck schmolz immer mehr dahin. Der Truck streifte hin und wieder die Brückenbegrenzung und schliff quietschend an ihr entlang. Joe streckte sich nun in das Führerhaus, indem er sich mit einer Hand seitlich festhielt und mit der anderen Hand den Gurtlöser suchte. Seine Hand tastete sich über den Sitz entlang der Hose des Fahrers. „Wo zum Teufel ist dieser verfluchte Gurtlöser?“ schrie er panisch. Just in diesem Moment bekam er ihn zu fassen und betätigte ihn, worauf der erschossene Fahrer aus dem Führerhaus purzelte und von den wuchtigen Reifen des Trucks gnadenlos zermalmt wurde. Nur noch wenige Meter trennten den Truck vom Abgrund. Joe schwang sich sportlich in das Führerhaus, zog die Handbremse und trat gleichzeitig auf die hydraulische Bremse. Quietschend schlitterte der Truck weiter auf den Abgrund zu. Joe versuchte, den Truck ruhig zu halten, doch er brach immer wieder aus und knallte gegen die Brückenbegrenzung, mal rechts, dann wieder links. Bill, der immer noch auf dem Rücken lag, schloss die Augen. Er hörte das Quietschen der Reifen und des touchierten Metalls, merkte die schlingernden Bewegungen und innerlich schloss er seinen Frieden mit der Welt. Wenn dies seine letzten Minuten sein sollten, dann musste er dies jetzt akzeptieren. Immer noch spürte er, wie der Truck sich vorwärts bewegte und innerlich rechnete er damit, jeden Moment zu fühlen, wie der Truck die Straße unter den Rädern verliert und den Abgrund hinunterstürzt. „Bleib endlich stehen, du Schrotthaufen!“ krisch Joe mit vor Anspannung verzerrtem Gesichtsausdruck. Der Truck wurde langsamer und langsamer und verlor zunehmend an Geschwindigkeit, wenngleich er sich nur noch haarscharf vor dem Abgrund befand. Auch Joe schloss die Augen, während der Truck sich noch langsam vorwärts bewegte. Als Joe schließlich keine Vorwärtsbewegung mehr wahrnahm, spürte er, wie sein Herz vor Anspannung nervös tremolierte. Auch er rechnete damit, dass der LKW nach vorne überkippen und herunterstürzen würde. Doch nichts tat sich. Sein subjektives Gefühl vermittelte ihm, daß er sich immer noch in einer waagerechten Lage befand. Langsam und vorsichtig öffnete er sein rechtes Auge. Der Truck stand tatsächlich noch auf der Brücke, nur etwa einen Meter vom Abgrund entfernt. „Heilige Scheisse, jetzt gönne ich mir erst mal eine Flasche Klosterfrau Melissengeist,“ konversierte er zu sich selbst. Er atmete heftig aus und hatte das Gefühl, mit diesem kräftigen Ausatmen würden gleichzeitig seine gesamte Anspannung und Todesangst von ihm weichen und in der Tat fühlte er sich von mal zu mal leichter und unbeschwerter. Auf dem Beifahrersitz lag der Koffer. Er öffnete ihn kurz. Der Speer von Golgatha funkelte ihm prächtig und imposant entgegen. Die Vorstellung, dass er gerade in diesem Moment auf das Blut blickte, das vermutlich vor Jahrtausenden im Körper von Jesus Christus floss, erfüllte ihn mit tiefer Ehrfurcht und Anerkennung. Er war sich sicher, dass sich die Mühe und die Strapazen gelohnt hatten. „Du kannst ja wenigstens mal Danke sage,“ sagte er scherzend in Richtung des Speers, bevor er den Koffer wieder verschloss. Joe kletterte aus dem Führerhaus und half Bill auf die Beine. „Also Joe, eins muss ich dir lassen,“ hustete Billl ihm entgegnen. „Langeweile kommt mit dir definitiv nicht auf!“ „Jetzt verstehst du hoffentlich auch, warum ich von zwölf Monaten mindestens fünf Monate Urlaub mache,“ grinste Joe ihn an. Plötzlich erfüllte ein lautes Grollen, ähnlich dem eines herannahenden heftigen Gewitters die gesamte Umgebung. Der LKW begann zu zittern und zu beben. Die Ursache hierfür war schnell gefunden, der Truck war zu schwer, als dass der vorderste Teil der demolierten Brücke ihn hätte tragen können. „Renn, Bill, renn so schnell du kannst,“ rief Joe. Entgegen der Schmerzen rannten beide so schnell sie nur konnten die Ladefläche des LKW herunter, der langsam den zerbröckelnden Abgrund herunter rollte. Vom Ende der Ladefläche sprangen sie ab und landeten unsanft auf dem stabilen Teil der Brücke. Hinter ihnen fiel der Truck umgeben von großen Gesteinsbrocken den Abgrund herunter. Bill und Joe sahen, wie er auf der Erde zerschmetterte und sogleich explodierte. „In Ordnung, wenn ich mir es recht überlege, dürften wir es jetzt geschafft haben. Der LKW ist abgestürzt, der Teil der Brücke, auf dem er stand, ist ebenfalls eingestürzt, alle Gangster sind tot, der Koffer mit dem Speer von Golgatha.........“ Bill hielt inne und blickte Joe entsetzt in die Augen. Wo zum Teufel befand sich der Koffer? „.....ist direkt hier!“ führte Joe den Satz zu Ende und streckte Bill den Koffer entgegen. Erleichtert atmete Bill aus. „Jetzt kann uns ja nichts mehr passieren,“ freute er sich. „Bist du wahnsinnig, Bill, immer wenn du den Satz gesagt hast, ist bisher alles schlimmer geworden,“ flüsterte ihm Joe hektisch zu. Beide hielten inne, schwiegen und blickten sich immer wieder um. Nichts passierte. „Oh Gott, wir verhalten uns schon wie zwei Paranoiker,“ brach Joe mit einem herzhaften Lachen die Stille. „Du hast vorhin das Wort Urlaub erwähnt, ich glaube, dafür wird es jetzt mal wieder Zeit,“ bemerkte Bill mit einem breiten Grinsen. „Ja, ich denke, so eine Auszeit von einem Monat würde uns mal wieder ganz gut tun,“ sagte Joe. „Karibik?“ fragte er nach. „Karibik!“ entgegnete Bill nüchtern. „Bahamas?“ „Bahamas!“ „Mit dir den Urlaub zu planen, ist wesentlich leichter, als mit dir zu arbeiten,“ lachte Joe. Beide kamen wieder zu stehen und begannen, die Brücke in Richtung des Highways hinunter zu humpeln. Weit und breit war kein Auto zu sehen, kein Geräusch zu vernehmen, außer das des leicht und mild säuselnden Windes, der über die Spitzen der kalifornischen Bäume wehte. Bill und Joe spazierten direkt in den glühend orangenen Sonnenuntergang hinein. „Hoffentlich wird der Urlaub mit dir genauso einfach, wie dessen Planung,“ deutete Bill an. „Wir werden aber an keinen Expeditionen teilnehmen, das ist einfach zu riskant mit dir!“ warnte er zugleich. „Komm schon Bill, das ist unfair,“ jammerte Joe. „Keine Exkursionen machen,“ „Auch keine Exkursionen?“ „Keine Tempel besichtigen,“ „Was kann uns in so einem Tempel schon Großartiges passieren?“ „Uns von Museen jeglicher Art fernhalten,“ „Ich kann doch nicht in den Urlaub fahren, ohne mir ein Museum angeschaut zu haben. Wie sieht‘s mit botanischen Gärten aus?“ „Da komme ich erst recht zu Tode, und zwar vor Langeweile!“ „Warum fährst du denn dann in den Urlaub?“ „Meine Güte, um zu ENTSPANNEN!“ „Eigentlich könnten wir doch auch in die Alpen....“ „Soll ich mir etwa den Arsch abfrieren?“ Und wer weiß, wie lange die problemlose und unkomplizierte Urlaubsplanung noch andauerte, als die beiden langsam in den Sonnenuntergang humpelten.


THE END












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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.12.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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