Mirjam Horat

Augustnachmittag mit vielen Zwei- & einem Achtbeiner

 

Es war an einem heissen spätsommerlichen Augustnachmittag, meine Zwillingsschwester

und ich kamen gerade aus der Intensivstation des Unispitals auf der unser Vater nach einem

Herzinfarkt stationiert war. Auf der einen Seite schockiert, dass IHM, dem so starken,uner-

schütterlichen, niemals krank werdenden Vater, so etwas passieren konnte, auf der anderen

Seite überglücklich, dass er noch lebt, beschlossen wir zusammen essen zu gehen um in

aller Ruhe über Gott und die Welt zu plaudern.

 

Bei diesem herrlichen Wetter war ohne ein Wort zu sagen klar, dass wir uns draussen ein

gemütliches Plätzchen suchten. Das Restaurant war dicht besetzt, was unsere Auswahl

auf ein Minimum beschränkt und wir ergatterten die letzten beiden Stühle. Direkt hinter uns

sassen drei junge Frauen in unserem Alter, die sich angeregt und in bester Laune unterhielten.

 

Schnell hatten wir unser Menu bestellt, denn der Grund weshalb wir dieses Lokal auserkoren

hatten waren die feinen Falaffel, die wir bereits kurze Zeit später genüsslichst vertilgten.

 

Doch unsere intensive Diskussion wurde plötzlich abrupt beendet. Der erstarrt Gesichtsausdruck

mein Zwillingsschwester sprach Bände. Sie brachte keinen anständigen Satz mehr zustande,

deutete mir nervös mit dem Finger umherfuchtelnd mich um zudrehen. Mir ahnte schon was

ich erblicken würde und wendete mich beinahe in Zeitlupe um. Und meine Befürchtung wurde mehr

als bestätigt... Da sass es! Ein riesiges, fettes, behaartes, braunes Achtbeiniges Wesen hatte

sich netterweise auf der Schulter der jungen Dame hinter mir platziert. Ich bekam nun den Auftrag

Diese davon in Kenntnis zu setzen.

 

Ich pöpperlete ihr vorsichtig mit dem Zeigefinger auf die nicht besetzte Schulter und beschloss ihr

ohne lange Umwege direkt zu berichten was los war:

 

„Entschuldige, ich wollte Dir nur schnell sagen, dass bei dir auf der Schulter eine Riesenspinne hockt!“

 

In sekundenschnelle war sie aufgesprungen, rannte kreischend den Gehweg auf und nieder.

Sie zappelte und zuckte, sprang auf und nieder, hüpfte und drehte sich, so dass alle anderen

Beteiligten nicht anders konnten als in schallendes Gelächter auszubrechen. Ihr Gekreische wurde

nur von den schreienden Worten: „ist sie weeeg?!“ unterbrochen. Es dauerte eine ganze Weile, bis

sie wirklich selbst davon überzeugt war, dass sie sich in „Sicherheit“ befand.

 

Sie war uns unglaublich dankbar für die Warnung und entschuldigte sich für ihre Reaktion.

Doch eigentlich waren wir es, die IHR unendlich dankbar waren, dass das Tierchen sie

ausgesucht hatte und nicht uns, denn wir hätten genau dasselbe, übertriebene Schauspiel

abgeliefert wegen dieser Spinne.

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