Er sprang aus dem Auto und schlug die Tür zu. Der
Wagen brauste davon.
Lorenzo warf Blicke in alle Richtungen und saugte Luft
in die Lungen. Seine Nasenflügel bebten. Es war ein kalter, klarer
Oktobermorgen. Reif lag auf dem Boden und die Innsbrucker Berge markierten den
Horizont.
„Nun denn!“ Lorenzo reckte seinen Alabasterkörper und
schritt in das Gebäude.
Das Innsbrucker KOZ war weithin bekannt. Sein
Direktor, Professor Tsandi, hatte aus ihm eine elitäre Organisation gemacht, in
der vor allem Wert auf gute Kontakte zu den Instituten gelegt wurde. „In der
postökonomischen Gesellschaft“ hatte er in seiner Antrittsrede doziert „sind
die Umsatzzahlen kein wichtiges Kriterium mehr. Wir leben in einer Epoche des
galoppierenden Reichtums und unsere Aufgabe als KOZ im Herzen Europas besteht
darin, unser Refugium des Wissens und der wissenschaftlichen Kontakte zu
schützen. Zu schützen und zu pflegen. Das ist eine Frage der intellektuellen
und auch der moralischen Hygiene.“
Dass einer wie Tsandi von Moral sprach, erschien den
Vertretern der Gegenbewegung abgeschmackt. Sie belagerten das Zentrum und
skandierten tagelang: „Hör‘ ich vom KOZ, kommt mir das Kotz‘“ bis ihnen die
Stimmen versagten.
Tsandi zeigte sich von den Protesten unbeeindruckt.
Von einem Journalisten darauf angesprochen, bemerkte er lediglich: „Originelle
Sprüche tönen anders.“ Auch ansonsten machte er ernst. Er entliess mehr als die
Hälfte der Angestellten, ersetzte sie aber nicht durch Roboter. „Das
Gleichgewicht zwischen Mensch und Maschine muss gewahrt bleiben.“ sagte er
gern. „Wir verkaufen Maschinen und müssen gerade deshalb ein menschliches
Gesicht zeigen.“ Oder er meinte: „Ich mag die Roboter nicht. Durch ihre
Pseudointelligenz verschmieren sie unser Denken. Der Geist gehört nach wie vor
dem Menschen an und nur ihm.“
Tsandi war voller Tatkraft. Er liess etliche
Verkaufsräume schliessen und baute das freigewordene Areal zu einem Seminar-
und Konferenzzentrum um.
Lorenzo hatte den Professor einmal reden gehört.
Dieser sehr grosse, etwas finstere Mann mit den wirr gelockten Haaren hatte ihn
beeindruckt. Er konnte so explosiv reden. Wenn man ihn hörte, glaubte man
wieder, dass die Welt eine Zukunft hatte.
Die gläserne Tür öffnete sich. Lorenzo trat ein und
stellte sich breitbeinig auf. Er starrte zuerst auf den glänzenden Marmorboden,
dann auf die dezent gemusterten Wände der Eingangshalle. Er war ein Beobachter.
Jemand kam direkt auf ihn zu. Es war ein schüchtern
aussehender, frisch rasierter oder noch bartloser Junge. Ein Lehrling oder ein
Praktikant.
„Herr Pedrazini?“
„Der bin ich.“
„Sie werden erwartet.“
Sie gingen durch die fast menschenleere Halle. Der
Bürobereich lag in einem Seitenflügel. Der Knabe klopfte an einer Tür mit der
Nummer 141 und öffnete sie. Sagte „Bitte“ und entfernte sich. Er schien es eilig zu haben wegzukommen.
Lorenzo warf ihm einen Blick aus seinen hellblauen Augen hinterher und trat
ein.
Hinter dem Schreibtisch sass ein kleines Männchen mit
spindeldürren Armen und einem grauen Spitzbart. Ein Asiate, vielleicht sechszig
Jahre alt. Der Mann erhob sich behende, ging mit vorgestreckter Hand auf Loenzo
zu und begrüsste den Gast.
„Guten Morgen, Herr Pedrazini. Ich freue mich, Sie
endlich kennenlernen zu dürfen.“
„Guten Morgen.“
„Möchten Sie etwas trinken?“ fragte der Asiate
„Kaffee? Tee?“
„Wasser.“
Lorenzo setzte sich und liess sich von dem agilen
kleinen Mann bedienen.“
„Ich möchte mich vorstellen“ sprach dieser, nachdem er
sich gesetzt hatte „Mein Name ist Aishoto San.“
Ein Japaner, dachte Lorenzo.
„Ich habe in Kobe medizinische Kybernetik studiert und
später an versciedenen Universitäten gearbeitet. Die meiste Zeit in einem
Karlsruher Forschungslabor. Aber ich war auch Dozent. Seit fünfzehn Jahren bin
ich nun hier. Im Verkauf.“
„Was war Ihr Forschungsgebiet?“ fragte Lorenzo.
„Energieeffizienz.“
Lorenzo hatte Durst. Er trank das Glas in einem Zug
leer und schenkte sich nach.
„Herr Pedrazini“ Aishoto lächelte. „Ich habe Sie
letztes Jahr bei der Weltmeisterschaft gesehen. Sie liefen die hundert Meter in
sieben Komma drei Sekunden und wurden Dritter.“
„Sieben achtunzwanzig“ verbesserte Lorenzo.
„Die Entwicklung geht so schnell! Wir gehen davon aus,
dass in zehn Jahren die sieben Sekunden Marke gebrochen wird.“
„Ich hoffe, in fünf Jahren. Dann bin ich noch dabei.“
„Die Menschen können bald gegen die Rennpferde
antreten.“
„Das Gute an den neueren Beinen ist, dass sie das
Tempo halten.“ Lorenzo sprach ganz ernsthaft. „Insofern sind solche Wettkämpfe
tatsächlich zu erwarten. Wir laufen jetzt die fünftausend Meter fast in
demselben Tempo wie die hundert. Deshalb ist die Mittelstrecke auch so
langweilig gworden.“
„Finden Sie?“
„Ja, klar. Es ist dann immer dasselbe. Das
Interessante ist die rasante Beschleunigung am Anfang. Die Atlethen in der
Startposition, der Pistolenschuss, die Explosion an Kraft“
„Ich kann Ihre Vorliebe für die Kurzstrecke
verstehen.“
„Hören Sie!“ Lorenzos Stimme wurde wieder dunkler.
„Ich bin nicht zu einem Schwatz hergekommen. Nächsten Sommer ist die Olympiade.
Und ich will keinen dritten Platz. Ich will gewinnen.“
„Das werden Sie.“
Aishote San erhob sich und lief um den Tisch herum.
„Ich schlage vor, wir fahren direkt in die Kuppel.“
meinte er „Den normalen Verkaufsbereich können wir uns schenken.“
„Einverstanden.“
Sie durchschritten den Flur und ein angenzendes Foyer.
Es hatte gerade eine Führung begonnen. Eine Schulklasse stand an den Vitrinen
mit den historischen Exponaten. Einige drückten sich die Nasen platt. Es waren
Jugendliche. Dreizehn, vierzehn Jahre alt. Ein paar Jungen standen beieinander und
blödelten herum.
‚Kinder mit blühenden Gesichtern‘ dachte Lorenzo. Sie
sahen nicht aus, als hätten sie viel vom Leben verstanden.
„Ich werde Euch jetzt ein historisches Instrument zur
Verbesserung der Sehfähigkeit zeigen.“ sagte die Museumsführerin. Sie öffnete
einen Glasschrank und entnahm ihm eine schwarz umrandete Hornbrille mit
fingerdicken Gläsern.
„Ihr könnt sie Euch einmal aufsetzen und
hindurchsehen. Da ihr gesunde Augen habt, wird das Gesichtsfeld verschwimmen.
Aber seid vorsichtig!“ Sie gab die Brille einem Mädchen, das sie sich
entschlossen auf die Nase setzte. Es schien eine Klassenschönheit zu sein, denn
sie machte ein paar kokette Bewegungen und die Jungen johlten begeistert. „So
geil!“ rief einer und ein anderer brüllte: „Gebt sie mal Elmira. Vielleicht
wird sie auch eine Schöne.“ „Das ist gemein!“ zischte ein Mädchen halblaut und
sehr böse „Wichser!“ Die Kids lachten.
Auch Lorenzo hatte den Mund verzogen. Er konnte
primitives Gehabe nicht ausstehen. Nur weg hier!
Sie waren inzwischen am Fahrstuhl angekommen und
warteten. Die Museumsführerin sprach wieder. „Und hier ist eine Brille mit
gleicher Leistungsfähigkeit, die dreissig Jahre später hergestellt worden ist.
Ihr seht, wegen des Spezialglases wird die Linse sehr viel dünner und das Instrument
wirkt unauffälliger.“
Lorenzo kannte diese Art von Führungen. Brillen,
Hörgeräte, Dialysegeräte, Herzschrittmacher. Die Anfänge der medizinischen
Kybernetik waren so langweilig. Erst seit ein paar Jahrzehnten hatte die Sache
an Tempo gewonnen.
Die Fahrstuhltür öffnete sich und die beiden betraten
die matt schimmernde Kabine. Lorenzo drehte sich zur Wand und las die
Beschriftungen der Etagenknöpfe. BEINE, INNERES, ARME, SINNE. Es war wie ein
Längsschnitt durch den menschlichen Körper. Die Wörter leuchteten kurz auf, als
sie die Stockwerke passierten. SEMINARE, KONFERENZEN. Aha, jetzt sind wir im
Grosshirn, dachte Lorenzo. Das war es also, das Innsbrucker Kybernetische
OrganZentrum.
Die Tür öffnete sich wieder und sie traten hinaus in
die gläserne Dachkuppel. Sie sahen sein wunderschönes Panorama. Über ihnen der
blaue Himmel. Zu ihren Füssen die Stadt. Auf Augenhöhe die schneebedeckten
Gipfel. Ringsum.
Es war angenehm kühl hier oben. Lorenzo schwieg
beeindruckt. Er ging in die Mitte des Raumes und richtete seinen Blick nach
draussen.
„Ich liebe sie.“ meinte er. „Die Berge hier waren
meine erste Leidenschaft. Ich war oben. Auf allen.“
„Das glaube ich gern.“
„Einmal hatte ich ein komisches Erlebnis. Es war vor
neun Jahren, ich trug gerade meine ersten Beine. Ich hatte mich etwas
überschätzt und an der Schneegrenze biwaken müssen. Am nächsten Morgen gingen
die Beine nicht mehr. Die Akkus waren runter und der ATP-Konnektor
funktionierte nicht, sodass die Geräte sich auch keine Energie aus dem Körper
saugen konnten.“
„Streikende Technik.“ Aishoto fühlte sich etwas
unwohl. „Vergleichbares passiert auch mit dem Primärkörper. Gebrochene Glieder.
Erfrorene. Oder einfach exzessive Erschöpfung. Sie liessen sich retten?“
„Natürlich nicht. Mein ganzes Dorf hätte über mich
gelacht. Ich dachte keinen Augenblick daran, den Heliokopter zu rufen. Ich
entfernte die Beine und schleppte mich mit der Kraft meiner Arme ins Tal. Es
gibt im Leben genug Gelegenheiten, bei denen man zeigen kann, was man für ein
Kerl ist.“
„Sie sind einer.“
„Seitdem habe ich glücklicherweise keine schlechten
Erfahrungen mehr gemacht.“
„Ich zeige Ihnen etwas.“ Aishoto fixierte den Sportler
für einen Moment als wäre der sein Opfer. Ein Schrank fuhr unvermittelt aus dem
Boden auf. Er entnahm ihm ein durchsichtiges Kästchen.
Auch ein runder Holztisch und zwei Stühle waren
erschienen.
„Nehmen Sie Platz.“ Zwei Sekunden Pause. „Ich möchte
Ihnen ein sehr gutes, neues Produkt zeigen. Es ist im Londoner Human Robotics
Center entwickelt worden und so neu, dass das Zulassungsverfahren noch läuft.“
Lorenzo nahm das Kästchen in die Hand und betrachte
das fausgrosse, dunkle Organ darin.
Ein Herz. Das ging zu weit. Er schüttelte den Kopf.
„Das Herz ist das Herz.“ sagte er.
„Ein Muskel.“ meinte Aishoto unbeeindruckt. Dann wurde
seine Stimme ganz weich. „Ich will ihnen natürlich nichts aufschwatzen. Deshalb
liegt mir auch ein Verkaufsgespräch fern. Aber es sollen Ihnen auch nichts
vorenthalten werden. Ich wollte Ihnen ein Informationsgespräch mit Doktor
Bensay vorschlagen.“ Er grinste. „Doktor Bensay ist Wissenschaftler, kein
Verkäufer. Er würde Ihnen die medizinischen und technischen Aspekte der neuen
Generation der Herzen erläutern. Er ist ein faszinierender Gesprächspartner mit
einem tiefen und umfassenden Wissen. Bei Weitem nicht jeder, der das wünscht,
erhält die Gelegenheit zu einem solchen Gespräch.“
Er holte Luft, bevor er einen anderen Ton anschlug.
„Übrigens, Sie kennen Brian Tenzer?“
„Etwas.“
„Er wird recht bald den Marathon gewinnen mit einem
solchen Herzen.“
„Mit diesem?“
„Mit der Langlaufversion davon.“
Lorenzos Gesicht blieb unbewegt.
„Ich will das Herz nicht.“
Er dachte an den Tag, als er seiner Mutter eröfnnet
hatte, dass er sich seine Beine amputieren lassen wollte, um sie durch
maschinelle Glieder zu ersetzen. Die Mutter war geschockt gewesen.
„Lorenzo“ hatte sie gerufen. „Tu das nicht!“
„Ich werde es tun.“
Sie war auf ihn zugekommen, berührte seine Schultern.
„Junge.“ sie sprach eindringlich, leise. „Du hast die
Wahl zwischen deinem gesunden Körper, wie ihn dir die Natur geschenkt hat und
Artefakten der kybernetischen Konzerne.“
„Ich habe vor allem die Wahl zwischen dem Guten und
dem Schlechten!“
„Willst du sagen, dass dein Körper das Schlechte ist?“
„Das ist ja wohl für jeden zu sehen!“ Er riss sich
los. Seine Mutter stand dieser pubertären Arroganz fassungslos gegenüber.
Selbst sein Vater war aus Teheran angereist gekommen.
Er lebte dort ein kompliziertes Leben zwischen Tradition und Modernismus,
führte dort eine leidlich funktionierende polygame Ehe und betrieb am Rand der
Metropole eine schlecht gehende psyotherapeutische Praxis.
Er wollte Lorenzo umstimmen, natürlich erfolglos.
„Du kannst nicht immer gewinnen.“ versuchte er zu erklären.
„Die Anstrengung zählt. Das Bemühen ist es, das den Respekt verdient.“
„Im Leben“ gab Lorenzo zurück, als sei er der Ältere
„und auch im Sport zählt nur, wer gewinnt. Das Bemühen interessiert niemanden.
Sonst würden wir vielleicht am meisten einen Krüppel bewundern.“
„Lorenzo! Du bist dann ja gewissermassen ein Krüppel.“
Lorenzo erstarrte für einen Augenblick. Dann lachte er
laut los. Dass er diesen einfachen Gedanken noch gar nicht gehabt hatte! Wie
sich die Enden trafen. Das Beste und das Schlechteste.
„Weisst du, “ giftete er „ich habe keine Lust, micht
mit deinen rückständigen Ansichten auseinanderzusetzen. In fünfzig Jahren macht
das jeder.“
Er spuckte aus.
Das Gespräch war gescheitert. Der Vater stand ihm
wütend gegenüber.
„Was bist du nur für ein Kotzbrocken.“ murmelte er und
ging. Es waren die letzten Worte, die er aus dem Mund seines Vaters gehört
hatte. Manchmal hallten sie in ihm nach.
Die damals so schroff geäusserten Ansichten vertrat er
noch immer. Er hielt die Allianz zwischen Sportlern und Wissenschaftlern für
die vielleicht fruchtbarste der neueren Geschichte. Körperkraft traf auf
Geisteskraft, Wille auf Wille.
Langsam tauchte er aus seinen Grübeleien wieder auf.
Der Verkäufer hatte gewartet. Sympathischer Zug.
„Können Sie mir eine Empfehlung machen?“ fragte er.
„Sehr gern.“ Aishoto entnahm einer aus dem Boden
auftauchende Vitrine ein maschinelle Bein und das zugehörige Katalogblatt. Er
legte beides auf den Tisch.
„Seine Typenbezeichnung ist Achilles C3 Plus. Es ist
zwölfeinhalb Kilo schwer.“
„Ich hatte bisher immer fünfzehn-Kilo Teile.“
„Ich weiss. Aber wir empfehlen jetzt auch für die
Atlethen leichtere Modelle. Die Leistungskonzentration hat sich deutlich
verbessert. Wir haben viel dünnere Fibrillen, auch die Knochen sind dank eines
neuen Materials zwölf Prozent weniger schwer.“
„Aber ich werde fünf kilo weniger wiegen. Mein
Körpergefühl wird sich verändern.“
„Unsere Tests haben gezeigt, dass sich die Träger
schnell daran gewöhnen. Sie werden sich selbst überzeugen. Die Explosivität
wird Sie beeindrucken. Bei guter Einstellung kann ein Bein eine Kraft von eins
Komma vier Kilowatt entwickeln.“
„Das ist beachtlich. Wenn’s stimmt.“
Er nahm das Katalogblatt mit den technischen Daten.
Zunächst schaute er auf den Preis und stutzte.
„Billig kann man’s nicht nennen.“ brummte er
„Hoffentlich ist’s das auch wert, was es kostet.“
„Sie haben drei Monate Rückgabegarantie.“ Entgegenete
Aishoto.
Drei Monate. Die schienen sich ja sicher zu sein.
„Das Bein wurde unter Leitung von Professor Lorraine
im Technikum Lyon entwickelt. Von ihm stammt auch das Ihnen gut bekannte Modell
Hektor II. Für Achilles C3 investierte er intensiv in die Materialforschung.
Vor allem aber ist er ein Experte der verteilten Steuerung.“
„Das heisst?“
„Bei traditionellen Extremitäten nehmen die Nerven
mehr oder weniger nur die Befehle des biologischen Körpers entgegen und setzen
sie um. Bei einer verteilten Steuerung gibt es an vielen Stellen Bauteile mit
aktiver Rechenkraft, die selbst Reize generieren und triggern.“
„Hauptsache, das Ding macht was ich will und
entwickelt kein Eigenleben.“
„Seien Sie unbesorgt. Die Innovationen führen vor
allem zu einem sehr viel besseren Sensorium.“
„Ach so.“
„Die allermeisten bisherigen Modelle haben fast nur
motorische Nerven. Zwar gibt es eine minimale Rückkoppelung, aber das
sensorische Nervensystem ist rudimentär. Das hat viele nachteilige Folgen. Das
Körpergefühl ist im kybernetischen Teil des Menschen kaum vorhanden. Die
Leiblichkeit ist eingeschränkt. Viele klagen über veminderte Genussfähigkeit,
von der erotik im engeren Sinne ganz zu schweigen.“
„Das heisst, mit Achilles C3 kann ich Schmerzen
spüren?“
„Alles. Behaglichkeit, Wärme, Berührung. Auch
Schmerzen.“
„Ich hoffe, man kann das Sensorium runterreglen.“
Empfindungen waren oft genug einfach nur störend.
„Selbstverständlich.“ Ein feines Lächeln umspielte die
Lippen des Verkäufers. „Sie erhalten die Möglichkeit, das Sensorium
mehrdimensional stufenlos einzustellen. Es gibt einen ganzen Set von
Regelgrössen.“
„Das Teil hat also eine Fernbedienung.“ Stellte
Lorenzo fest und vertiefte sich wieder in das Katalogblatt.
„Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen einen
Informationsfilm zeigen.“ schlug Aishoto nach einer Weile vor. „Er enthält
viele interessante Details und gibt Einblick in die Hintergründe und in die
aktuellen Perspektiven der Wissenschaft.“
„Später.“ Lorenzo hob das Bein hoch, wiegte es
zärtlich in beiden Händen.
„Ich möchte es gerne testen.“
„Sie werden beeindruckt sein.“ Aishoto erhob sich.
„Ich begleite Sie zur Kalibrationsabteilung. Die Beine
werden Ihnen professionell angelegt und eingestellt werden. Sie erhalten auch
eine kurze Schulung, denn es ist einiges zu beachten.“
„Haben Sie eine Bewegungshalle?“¨
„Selbstverständlich. Sie wurde vor Kurzem
modernisiert.“
Die beiden Männer standen am Fahrstuhl, lautlos
öffnete sich die Tür.
„Bevor ich’s vergesse.“ sprach Lorenzo, als er
eintrat. „Machen Sie mir einen Termin mit Doktor Bensay!“
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Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Steffen Herrmann).
Der Beitrag wurde von Steffen Herrmann auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.01.2010.
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Hass am Camino Frances
von Jürgen Berndt-Lüders
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