Tonia Drudo

Für die erhängten Hunde Italiens

Für die erhängten Hunde Italiens

 

Gestern war ich mit meinem kleinen Fiat Cinquecento unterwegs in das Nachbardorf. Eine atemberaubende Aussicht erstreckte sich vor mir, an der ich mich, nach dem ich jetzt seit einem halben Jahr hier in Süditalien wohne, immer noch nicht sattgesehen habe. Von der Sonne geblendet setze ich meine Sonnenbrille auf und fahre vorbei an Bauernhöfen, verfallenen mittelalterlichen Häusern und einem Hund, der lang ausgestreckt in der Sonne döst.

                Moment!, denke ich, aber da war ich schon vorbei. Diesen Hund habe ich letzte Woche auch hier gesehen, und zwar in ganz genau derselben Haltung…

                Dazu muss man bedenken, dass wir – trotz Sonnenschein – um den Gefrierpunkt haben, denn der Winter in den Bergen in Italien ist genauso kalt wie in Deutschland. Sollte der Arme womöglich erfroren sein?

                In dieser sehr armen Gegend Italiens haben viele Hunde kein leichtes Leben. Viele sind „obdachlos“, streifen durch das Dorf und schlagen sich irgendwie durch.

                Neulich hat mich ein Freund von mir mich gewarnt, als wir an einem großen Hund vorbeifuhren: „Vor dem musst du aufpassen. Der hat auch schon Schafe gerissen.“

                Mein „Nachbar“ ist ein obdachloser Hund namens Negrito. Er humpelt mit einer Vorderpfote (er wurde einmal angefahren) und ist schon sehr alt. Ich gebe ihm Wasser – Futter bekommt er von anderen. Gerade jetzt im Winter habe ich Mitleid mit ihm, also habe ich ihn einmal aufgefordert in mein Haus zu kommen, dass er sich etwas aufwärmen kann. Doch keine Chance; jaulend lag er vor meiner Tür und traute sich nicht rein, obwohl ich sogar mit Schinken versucht habe ihn zu locken.

                Dann erzählte mir auch ein Freund, dass sein Opa früher Bauer hier war und einen Hund hatte. Eines Tages hatte dieser Hund ein Huhn getötet und zur Bestrafung wurde er erhängt. Diesen Fehler konnte er nicht noch einmal machen…

                Das ist mir jetzt so zu der Situation der Hunde hier aufgefallen. Natürlich gibt es auch viele tierliebe Menschen hier, und den meisten Hunden, die einen Besitzer haben, geht es gut.

                Dies gehört irgendwie auch zu der Situation dieser ärmlichen Gegend. In Norditalien dagegen gehen die Menschen wieder ganz anders mit ihren Hunden um.

                Als ich also an diesem sonnigen kalten Tag zurückfuhr, hielt ich wieder Ausschau nach dem Hund, und – was für eine Erleichterung – diesmal hatte er seine Stellung verändert. Ich hoffe, dass er nach dem Sonnenbad ein Zuhause hat, zu dem er zurückkehren kann.

 

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