Andreas Gritsch

ein Tanz auf dem Mond

 

 

 

 

 

 

 

 

Sylvia ist nun seit zwei Jahren auch offiziell meine Tochter. Wir haben uns damals zu dritt kennen gelernt, am Flughafen in Stuttgart, eigentlich nur im Vorübergehen. Ich sah eine wunderschöne junge Frau mit einem Kind in den Armen auf der Rolltreppe an mir nach oben gleiten und dachte mir, der Familienvater muß ein wirklich glücklicher Mensch sein. Ich selbst konnte mir nie vorstellen, Kinder zu haben, zu füttern und zu wickeln. Dennoch hätte ich all dies und noch viel mehr für jene Frau getan. Irgendwie hat mir diese Vorstellung zu lange im Schädel gelegen, weshalb ich meinen Flug nach Helsinki verpasst habe.

Am nächsten Tag wachte ich mit der Wirkung zu vieler Wodka-Shots in meinem stinkenden Hotelzimmer in der Nähe vom Bahnhof auf und wollte nun doch wenigstens den Zug erreichen. Mit dem Taxifahrer hab ich eine Pauschale vereinbart, kein Zählwerk, fünfzig Euro und keine Geschwindigkeitsbegrenzung. Apu, mein Fahrer, der ursprünglich aus Indien stammte und kurze Zeit in irgend einer kleinen Stadt in Amerika einen Supermarkt geleitet hatte, stieg aufs Gas und brachte mich zwanzig Minuten vor Abfahrt ans Gleis.

Als ich da nun so für mich allein stand, viel mir ein, daß ich vergessen hatte zu frühstücken. Da sich mein Magenknurren langsam wie eine seltsame Blähung anhörte, beschloss ich doch noch schnell einen Kaffee zu trinken. Auf dem Weg zum Automaten lief mir ein kleines Mädchen vor die Füsse. Ich fragte sie nach ihrem Namen, und sie sagte: "Sylvia". Einen Augenblick später stand plötzlich diese Frau vom gestrigen Tage vor mir. "Wir kennen uns doch", kam mir von den Lippen. Sie sah mich erschrocken an und meinte : "Woher denn?" Na, gestern auf der Rolltreppe am Flughafen sind wir aneinander vorbeigefahren. "In Stuttgart ? " antwortete sie fragend, und ich nickte. "Wir haben wohl beide gestern den Flieger verpasst", sagte ich, mit der anschliessenden Frage wohin sie denn wolle. "Nach Lissabon, zu meinen Eltern, Papa hat in zwei Tagen Geburtstag", antwortete sie mit einem bezauberndem Lächeln.

Danach haben wir gemeinsam ein kurzes Frühstück zu uns genommen, währen dessen Verlauf mir die kleine Sylvia einmal auf die Hose und einmal auf die Jacke gekotzt hat, doch mir war das völlig egal. Nach dem kläglichen Versuch, mir auf dem Klo den Gestank von den Kleidern zu waschen, gab mir diese wunderschöne Frau einen kleinen Zettel in die Hand, drehte sich um und sagte im Gehen: "Wir müssen jetzt zu unserem Zug". Auf dem Zettel stand ihre Telefonnummer, ich sah ihr nach und fragte noch kurz nach ihrem Namen. Sie drehte sich noch einmal für mich um, und sagte: "Juliane", lächelte und ging ihrer Wege. 

Zwei Wochen später hab ich Juliane angerufen, wir haben drei Stunden geredet und uns einen Tag später getroffen. Wir haben uns verliebt und fünf wunderbare Tage miteinander verbracht. Bei einer Tasse Tee auf der Terrasse vom Treibach-Hotel, als wir uns schweigend gegenüber auf diesen alten Ledersesseln in die Augen sahen, fragte ich sie nach diesem Kind von damals. In diesem Moment unterbrach sie ihr Schweigen indem sie ihren Blick von mir abwandte. Danach begann sie mir ihre Geschichte zu erzählen, und diese Geschichte endete am Tag bevor wir uns das erste mal begegnet waren. Wir tranken danach wieder schweigend unseren Tee zu Ende und waren uns daraufhin einig.

Natürlich war es am Anfang schwierig für mich, von einem Tag auf den anderen ein Vater sein zu müssen. Ich hatte Angst davor, der kleines Sylvia irgendwann sagen zu müssen, wie unsere Familie zustande kam und welche Rolle ich dabei spiele. Doch dieses wunderbare Kind nahm mir an einem sanften Sommerabend jede Last von den Schultern. Wir saßen gemeinsam im Garten uns schauten hoch zu den Sternen. Plötzlich, wie aus dem Nichts, sagte Sylvia zu mir : "Du bist mein Papa", ich schaute sie an, sie nahm meine Hand, schenkte mir ein bezauberndes Lächeln und ergänzte : " Nur mit dir möchte ich auf dem Mond tanzen ". Sie nahm mich dabei in den Arm und schlief zufrieden ein. Dies war der schönste Moment in meinem Leben, und ich seither ein glücklicher Familienvater.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.01.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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