Jule Sonnenschein

Im Schein der Nacht

Erst jetzt bemerkt sie den Dreck an ihren weißen Stiefeln, jetzt hier im Bad, als sie zornig damit auf seine kalte Brust tritt, wobei unter ihrer Sohle ein schmutziges kleines Rinnsal entsteht. Eine ganze Weile saß sie einfach nur da und schaute ihn starr an, zielsicher, direkt ins Gesicht und fragte sich immer wieder warum sie ihn nicht schon längst verlassen hatte, einfach abgehauen ist, so wie immer.
Sie war sich Nichtmehr sicher, holte er noch Luft? Nach einer wenig zarkhaften Berührung zwischen Absatz und Haut war sie es sich wieder, er atmete, die gleiche Luft wie sie. Stunden hatte sie auf ihn gewartete, an ihrem Tag, den Tag, von dem er nichts wusste. Wie hätte er auch ahnen sollen das er ihr so viel bedeutete, das sie ihn heute noch mehr brauchte als sonst. Still erinnert sie sich an die Nacht in der Bar, als er sie einfach mitnahm, wortlos, zu sich wo sie über einander herfielen als hätte es eine Vergangenheit, ein Leben davor nie gegeben. Beide trugen die gleichen Narben auf der Seele, hatten den gleichen Schmerz durlitten, jeder auf seiner Art, in seinem Leben, bis sie sich trafen.
Wieso kam sie nicht nach Hause? Wo war sie? Er konnte sie förmlich riechen, ihr Parfum, den Duft ihrer Haare, ihrer Haut, verflucht wo bist du? Er saß in der Küche, welche nur vom Schein der Straßenlaterne ein wenig erhellt wurde und öffnete die dritte, vierte oder fünfte Flasche um möglichst schnell dieses Gefühl der Panik runter zuspülen. Er erinnerte sich an die Nacht in der Bar, an die Stunden danach. Sie war einfach mitgekommen, ohne Fragen zu stellen, sie stellte ihm nie Fragen. Oft redete sie stundenlang, tagelang kein Wort, sah ihn gelegentlich an, berührte ihn jedoch, als Zeichen der tiefen Zuneigung, die sie trotz allem oder gerade deswegen so intensiv spürte. Er weiß nicht wie lange er dort saß, wie viele Flaschen den Küchentisch deckten, wie er in die Wanne gekommen war. Erst als er einen Druck auf seiner Brust spürte kam er wieder zu sich, nur langsam, zu schwach um die Augen zu öffnen. Ein lautes scheppern ließ ihn dann jedoch entgültig hochschrecken. Sie hatte ihm die letzte Flasche aus der Hand genommen und gelangweilt auf die karierten Fließen fallen lassen, bevor sie den Raum verließ. Über den Spiegel am anderen ende des Bades sah er sie, im Schlafzimmer stehend, schwankend die Stiefel ausziehen, die viel zu engen Jeans, den Rest ihrer Kleidung abstreifen. Sie war nach Hause gekommen, zu ihm.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.02.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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