Heidemarie Rottermanner

Heimgekehrt

 

Heimgekehrt

Im Bücherregal stehst du, verloren, denn ich werde dich nicht aufschlagen, mein Photoalbum aus Kindertagen. Zu sehr schmerzt die Erinnerung an längst vergangene, glückliche Zeiten. Und ohne darin zu blättern, sehe ich dein Bild. Die runden Backen, dein Lächeln und die lieben Augen. So stehst du vor mir, gekleidet im dunkelblauen Kleid, mit den weißen Rüschen im Ausschnitt.

Und da, dieses Bild von den Sommermonaten im Bachbett. Mit Kübeln und Schaufeln bewaffnet standen wir im knöcheltiefen Wasser des Baches. Das ruhige Gewässer eingebettet in Wiesen und Sträuchern am Ufer, war unser Spielplatz im Sonnenschein. Schön war es, dass gerade das Haus deiner Großmutter und das meiner Eltern so nahe am kühlen Nass gebaut waren.
Schon am frühen Morgen tummelten wir uns beide, du und ich, mein Bruder und meine beiden Schwestern im Bachbett. Steine wurde aufgeschichtet, Brücken, Inseln und Wasserdörfer entstanden unter flinken Kinderhänden. Das fließende Nass wurde mit riesigen Steinen gestaut und im knietiefen Wasser versuchten wir die blitzschnellen Forellen zu erhaschen. Ein unmögliches Unterfangen.

Müde lagst du dann im Gras, umsummt von Bienen und Schmetterlingen. Selbst mit geschlossenen Augen lächelst du … ich sehe es noch heute … du dachtest wohl an die vielen bunten Steine. Wie kostbare Schätze legten wir sie vor deine Füße, nur um das Glück in deinen Augen zu sehen. Du konntest dich so wunderbar und herzlich über jede Kleinigkeit freuen.

Wie ein breiter ruhiger Strom eilte die Zeit dahin, aus den kleinen Mädchen wurden erwachsene Frauen. So vieles um uns herum veränderte sich, das Leben war hektisch angespannt und voll neuer Herausforderungen. Wir beide suchten unseren Platz in der Gesellschaft. Der Besuch der Handelsschule und Mittelschule. Du in der Großstadt und ich am Land. Später etablierten wir uns im Beruf und fanden neue Freunde. Doch das Band zwischen uns beide blieb unverändert, standhaft trotzte es den Stürmen der Zeit, den wechselnden Aufenthalten und dem
Lange - einander - nicht -treffen können.

In deinen klugen Ansichten, guten Ratschläge, verständnisvollem Zuhören, fand ich stets den Ort der Liebe und Geborgenheit. Deine ungebrochene Freude am Leben, das Glück über winzige Geschenke, deine Unbeschwertheit und Fröhlichkeit, all dies hattest du herübergerettet aus Kindertagen, es blieb dir erhalten bis ans Ende. Und war es nur der Duft der roten Rosen, der den Tisch in deiner Küche schmückte, er blieb nicht unbeachtet, sondern erfüllte dein Herz mit unbändiger Freude.

Nicht nur ich, deine Freundin, sondern viele Menschen suchten deine Nähe, erwärmten sich an den Sonnenstrahlen deines frohen Gemüts und deinem Glücklich sein können.

Wie ein Blitz aus wolkenlosem Himmel traf uns die Botschaft über deine lebensbedrohende Krankheit. Doch den Mut verlorst du nie, fest entschlossen kämpftest du schier das Unmögliche; du wolltest leben, den Sieg davontragen und dich nicht unterkriegen lassen. War ich verzweifelt, am Boden zerstört, du warst diejenige die mich aufrichtete, die mich glauben ließ, dass du es schaffen würdest.

Und dann … das letzte Bild, blass und abgemagert, mit dem orange leuchtendem Turban. Du hattest es mir geschickt, wohl als bleibende Erinnerung an dich. für später wenn du nicht mehr….

Für die Reise ins fremde Land warst du gerüstet, ich konnte dir nicht folgen, durfte die Tür nicht öffnen, sie blieb verschlossen, denn es war nur deine Zeit und nicht meine. Versprechen musste ich dir, dass ich nicht weinen, noch trauern sollte, wenn du heimgingst ins Reich der Sonnenstrahlen und der ewigen Freude. Doch diesen Wunsch kann ich dir nicht erfüllen … denn du fehlst mir so unendlich….

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