Jürgen Berndt-Lüders

TESS POLY IM EINSATZ (Ende) Die Pflicht als Staatsbürger

Bei Tess klingelt das Handy. Melodie: OH DU SCHÖNER WESTERWALD. Tess klickt sich rein und meldet sich. „ Tess Poly am Apparat. Bitte melden.“

 

„Tag Frau Poly. Streber hier. Sie wissen doch, dass sie nur für den Ruhenden Verkehr zuständig sind, oder?“

 

„Klar weiß ich das, Herr Chef Streber. Wieso weisen sie mich darauf hin?“

 

„Weil sie einer Verkehrsteilnehmerin die Auflage erteilt haben, ihr Fahrzeug, einem alten VW Käfer, einer zusätzlichen Prüfung nach § 29 StVO zu unterziehen.“

 

Tess schluckt. „Natürlich habe ich nicht das Recht, aber ich darf, wie jeder andere Bürger auch, meine staatsbürgerlichen Pflichten wahr nehmen, sobald Gefahr im Verzuge ist. Zur Abwendung von...“

 

Streber unterbricht. „Ich weiß, was sie meinen. Aber was war denn nun so außergewöhnlich?“

 

„Also: ich mache meinen allabendlichen Spaziergang mit Uffz Wackernagel über den Wiesenberg, wo doch oben der große Parkplatz ist.“

 

„Kenne ich, und was wollten sie da?“

 

„Wissen sie, es ist so romantisch im Sonnenuntergang. Ein dünner Wolkenschleier am Himmel, der die letzten Strahlen unseres Heimatplaneten reflektiert...“

 

„Schon gut. Man merkt, wie verliebt sie sind. Und dann?“

 

„Als wir oben waren, steht da der Käfer in der letzten Abendsonne und macht, wie soll ich sagen, diese eindeutigen Nickbewegungen. Aber so unkontrolliert. Manchmal haben die Räder richtig abgehoben. Da konnte technisch was nicht in Ordnung sein.“

 

„Eindeutige Nick..., ach, alles klar, der sagte immer ja, ja, ja...“

 

„Ach sie“, Tess macht eine wegwerfende Handbewegung. „Der sagte nicht ja ja, der folgte einer regelmäßigen Gewichtsverlagerung im Innenraum. Von oben nach unten oder von links nach rechts.“

 

„Ich kenne nichts davon, ich hatte immer mein eigenes Zimmer, Frau Poly. Und wie haben sie sich verhalten?“

 

„Die Sonne schien aus schrägem Winkel  direkt durch die Windschutzscheibe. Die Schatten zweier Körper auf der Heckscheibe unterstrichen den Eindruck, den die Bewegungen des Käfers nur unzureichend und nicht eindeutig vermittelten.“

 

„Frau Poly, sie sind ja eine richtige Romantikerin. Und was sagte Uffz Wackernagel?“

 

„Komm weg hier, das ist peinlich, sagte er.“

 

„Finde ich auch. Und was taten sie?“

 

„Ich bin hin, ließ den Blick nicht vom Innenraum und machte den Stoßdämpfertest. Sie wissen doch: den Wagen runter drücken und loslassen. Und wenn er wippt...“

 

Streber lacht. „Und hat er gewippt?“

 

„Ja, aber nicht passend zu den Innenraumbewegungen, und da wurden die Insassen, die Halterin des Fahrzeugs und ihr Freund aufmerksam, weil wohl der Rhythmus durcheinander kam. Sie starrten mich an, und der Mann beschimpfte mich als Spannerin und Schlampe und so. Ich habe dann nicht mehr zugehört.“

 

Schweigen. Tess legt sich die Worte zurecht und kommt dann mit dem Wesentlichen rüber.

 

„Übrigens, aus unserem Duzen wird nichts mehr.“

 

„Warum das denn nicht? Meine Frau hat doch nun keine Befürchtungen mehr, wo sie doch Uffz Wackernagel haben.“

 

„Genau deshalb wird aus unserem Duzen nichts.“

 

„Hä? ich verstehe nun gar nichts mehr.“

 

„Uffz Wackernagel verdient jetzt einen Haufen Geld. Als Personenschutz für einen Banker, der dicke Boni kriegt, obwohl seine Bank aus Steuermitteln gerettet wurde.“

 

„Ach, und da verdient man so viel?“

 

„Klar, was meinen sie wie gefährlich das ist. Die Rache der Steuerzahler, verstehen sie? Und weil er so viel Geld verdient und ich einen kleinen Rekruten unter meinem Herzen trage...“

 

„...heiraten sie ihn. Verstehe. Und wenn sich sein Job irgendwann  erledigt hat?“

 

Tess schüttelt heftig mit dem Kopf. „Sein Auftraggeber plant doch schon wieder den nächsten Coup. Das mit der Entlassung erledigt sich. Aber wir müssen jetzt aufhören. Mir ist schlecht. Alles Roger. Over and out.“

 

Streber hört noch dieses markante Geräusch, dass er von seinen Kneipentouren kennt und drückt sich raus. Mit einem bedauernden Lächeln.

 

Ein klares Over and out, auch für diese Serie.

 

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