Fritz Lenders

Blasenbeschwerden im Hyde-Park... ( Peters feuchter Tag )

... eine verdammt harte Woche lag hinter uns. Unser Auftraggeber hatte wieder mal von uns gefordert, zu beweisen, daß wir zu den Besten unseres Faches gehörten.

Toll. Mit jedem neuen Rekord, wuchs sein Vermögen und schwand unsere Kraft. Wir waren im Gerüstbau tätig, da ist es schon von Vorteil, von Zeit zu Zeit seinen Verstand einzuschalten und etwas vom Gas zu gehen.

Ist ja nett, wenn man zu den Besten gehört, aber so ein Körper kann sehr nachtragend sein, wenn man Ihn täglich überlastet.

Nicht umsonst beenden Profi-Sportler Ihre Laufbahn schon in jungen Jahren. Man hat ein gewisses Reservoir an Kraft, Energie und Wiederstandskraft , aber wenn die Drei erschöpft sind, ist man nicht selten, ein guter Kunde vom Orthopäden geworden. Oder auf Du und Du mit Gevatter Tod ... !

Und ich will keine neuen Duzfreunde. Zumindest keine, die sich mit Vorliebe schwarz anziehen und mit der Sense spazieren gehen ...

Also wäre mal wieder ein kleiner Ausflug bestimmt die gerechte Belohnung für die ewige Schufterei.

Am kommenden Montag und Dienstag hatten wir keine Aufträge und somit etwas Luft, um uns treiben zu lassen. 4 Tage Abenteuer sollten uns doch wohl zustehen.

Es gab da so Aktionen! 3 Tage London, inc. Flug und Übernachtung für  499.- DM ... Perfekt.

Ins Reisebüro. Die Dame kannte uns. Logisch. Unsere Heimatstadt hatte um die 10.000 Einwohner, da kennt man sich. Zumindest kannte man uns. Die Dame aus dem Reisebüro, betrieb auch ein Solarium und schon allein diese Tatsache hielt Ihr unser Bild bestimmt oft vor Augen. Doch dies ist eine andere  amüsante Geschichte.

Sie anrangierte also für uns im Eiltempo einen Short-Trip nach London. Wunderbar. Der Hyde-Park würde in Kürze um eine Attraktion reicher sein.

Schnell ein paar Sachen gepackt und ab nach München zum Flughafen. England brauchte uns.

Schon im Check-In  Bereich fielen wir unangenehm auf.

Ich war etwas erkältet und hatte  verschwollene Augen. Wahrscheinlich habe ich ausgesehen, wie ein Drogenabhängiger Junkie, im Endstadium. Zumindest werde ich auf irgendeinen Flughafenpolizisten so gewirkt haben. Ich saß alleine an der Bar, Peter gondelte irgendwo rum, als der Beamte meinen Ausweis sehen wollte. No Problem.. Auf seine Frage hin , wohin die Reise gehen sollte und ob ich alleine unterwegs war, gab ich Ihm genau diese Auskunft : ich währe unterwegs nach London und wolle drei schöne Tage mit meinem Freund dort verbringen. Er grinste.. Neeein. Nicht mein Freund. Nur mein Kollege. Er nickte verständnisvoll ( und äußerst spöttisch ). Neeiiiiiiin. Eigentlich nicht mal ein Kollege. Mehr ein flüchtiger Bekannter aus der Arbeit.  Aber sicher.., meinte er.

Und in dem Augenblick kam Peter freudestrahlend um die Ecke geschossen...

: "" Fritzi.., ich hab einen Shop entdeckt, die hatten total schöne goldene Kettchen. Ich hab uns welche gekauft. Schau her.. zwei Gleiche ..""

Mein Kopf nahm eine purpur violett strahlende Farbe an. Wahrscheinlich sind auch noch meine Haare zu Berge gestanden. Jedenfalls stand mein Mund offen und gab nur mehr so lallende Sabberlaute von sich...

Ich mußte so einen entsetzten Eindruck hinterlassen haben, daß der Beamte laut lachen mußte. Wie eindeutig konnte wohl so eine verfluchte Situation auf einen fremden Menschen wirken. Alles Klar.

Den Stempel hatten wir und wurden wir vermutlich auch nicht mehr los, weil mehrere Mitreisende in der Nähe standen.

Nichts gegen Schwule. Aber Peter und ich waren von Homosexualität so weit weg, wie es nur möglich war. Immer und stets bereit, auf der Jagd nach den weiblichen Wesen standen wir eigentlich dem Schobinismus sehr helfend zur Seite.

Egal. Rein ins Flugzeug und ab, Richtung Melonenschwenker.

In England angekommen, war unser erster Eindruck, daß die Briten keineswegs so steif und vornehm näselnd durchs Leben gingen, wie bis Dato angenommen. Im Gegenteil. London war um einiges moderner und weltoffener, als damals München.

Schon alleine die Klamotten. Puuuh..! Wir sahen auch zum ersten mal in einer Bank, eine schwarzhäutige Angestellte, mit kurzgeschorenen Haaren und einem Muster in die Haare reinrasiert. Und als Zugabe einen Pirsingring in der Nase.

80iger Jahre.. Für uns war dies eine Sensation. Hier in Rosenheim oder meinetwegen auch in München, wäre so eine Angestellte ziemlich exotisch gewesen.

Wir fanden es allerdings phantastisch. Ach was!! Wundervoll...

Die Menschen waren alle um einiges moderner, als wir  Zwei zu sein glaubten. Und interessanterweise waren die am schönsten angezogenen Leute, die Asiaten und die Schwarzhäutigen. Merkwürdigerweise hielt sich der eigentliche Engländer eher ein bischen im Hintergrund.

Jedenfalls mußten wir uns ein wenig umstylen. Und zwar schleunigst, bevor wir auch noch als geschmacklos abgestempelt wurden, nachdem ja schon das Prädikat " Homosexuell " auf unsere Stirn tätowiert war.

Also. Peter kaufte sich einen tollen Gürtel mit silbernen Totenköpfen und für seine Cowboystiefel, silberne Sporen, ebnenfalls mit Totenköpfen. Die Farbe seiner Bekleidung in fröhlichem Schwarz.

Ich fand einen schönen Schlapphut, ebenfalls schwarz, den ich mit einem silbernen Hutgehänge aufpimpte.. Totenköpfe. Natürlich ebenfalls Sporen, silber und ..na  ratet mal.. ? Die Farbe meiner Bekleidung ebenfalls sehr farbenfroh und fröhlich gehalten.. SCHWARZ !!

So. Rein in die Metro und eine Rund durch Londons Unterwelt. So eine Fahrt mit der U-Bahn ist immer ganz wichtig, wenn man eine Stadt kennenlernen will. Unterwegs wollte uns ein Pastor bekehren und so manche Leute hielten Abstand zu uns. Vielleicht hatten wir ein bischen übertrieben. Egal, wir wollten uns der Modeverrücktheit der Stadt anpassen und zumindest für drei Tage mal auch so richtig rumflippen.

Wir waren im Wachsfigurnkabinett und im  House of  Guinessbook of the Rekords. Haben uns die Wachablösung angesehen beim Schloß und waren auf der Tower Brige. Ganz speziell sind wir in weniger vornehmen Viertels rumgesandelt und durften erleben, welch panischen Schock, ein plötzlich einsetzender Ruf des Iman von einem Minarett hervorrufen kann, wenn man gerade durch Withchapel spaziert und nicht drauf gefaßt ist.

Selbstverständlich haben wir uns eine Million mal verlaufen und einiges erlebt. Zum Beispiel wollte Peter einen Mann fragen, wie wir am Besten wieder Richtung Kensington Garden finden würden, denn dort war unser Hotel. Aber als Peter auf dem Mann zuging, ist dieser schreiend davongelaufen. Tolles Kompliment.

Was wir auch bemerkten, war dies. In England konnte man nicht so einfach in einem Lokal auf die Toilette gehen. Sogar im Mc Donalds waren Türsteher. Beim Eingang und vor der Toilette. Riesengroße Schwarze.

Warscheinlich deshalb Schwarze, weil Sie so furchteinflößend aussahen. Man durfte die WC-Anlagen nur benutzen, wenn man nachweislich Gast war und konsumierte.

Ich bin morgens immer im Hyde-Park beim Joggen gewesen. Quer durch den Park, am Longwater entlang in den Kensington Garden, an  Speekers-Corners vorbei zurück zum Hotel. Eine tolle Strecke..

Ein Sammelsurium verschiedenster Eindrücke und Merkwürdigkeiten.

Kurz vor Mittag ging ich mit Peter durch den Park. Er mußte pinkeln und war deshalb ziemlich quengelig. Ich ging neben Ihm und brummelte so leise vor mich hin.. : pisie,pisie,piesie,piesi.. . 

Ein grausames akustisches Folterwörtchen, wenn Jemand unbedingt zur Toilette muß. Peter war, dies betreffend, sehr eigen. Er konnte nicht überall pinkeln und schämte sich sehr schnell. Er war einer dieser Menschen, die Ihr kleines Geschäftchen zum Ritual machten.Und zwar ganz für sich alleine. Unbedingt ohne Zuseher. Sonst konnte er nicht strullern...

Also war es schon mal unmöglich für Ihn, hinter einen Baum zu piseln.

Ich wußte im Park ein kleines Ausflugskaffee. Schnell rein, Peter war schon ein bischen grün im Gesicht. 

Ich ging zum Büffett. Selbstbedienung.., und holte für uns Kaffee. Peter sauste zum Klo.

Türsteher!!

Peter war so nervös, wegen der peinlich Situation und wegen seinem , mittlerweile wahrscheinlich schon unerträglichem Harndrang, daß Ihm nicht die richtigen Worte, in dem, für uns ja selten gebrauchtem Englisch, einfielen.

Jedenfalls saß er total sauer und mit einem Gesicht am Tisch, als wenn bei Ihm eine Urinvergiftung im Endstadium statt fand. Der Türsteher hatte Ihn nicht ins Kloo gelassen. Er wollte nur noch rauß. Schnell also den Kaffee runtergekippt. Und man bedenke : Kaffe wirkt entwässernd. Besser verständlich wahrscheinlich : Harntreibend!! 

Es dürfte mittlerweile schon eine gute dreiviertel Stunde vergangen sein, seit Peter pinkeln mußte.

Drüben, Außerhalb des Parks, war eine kleine Pizzeria. Wir rannten rüber und schnell rein. Ich sagte zu Peter, in versönlicher Stimme : " schau, dort sind die Toiletten... pisie,piesi,pisie,piesi... ".. und ich mußte mir schon die ganze Zeit die Tränen zurückhalten, die entstehen, wenn man dauernd lachen muß.

Peter meinte, mit der sicheren Toilette im Hintergrund, wäre das Schlimmste überstanden, aber vorsichtshalber wolle er sich vorher was bestellen, denn, wer weiß, vielleicht hatten die auch so einen elenden Aufpasser beim Klosett.

Es dauerte eh schon lange, bis der Kellner kam. Wir bestellten uns Pizzas und die Getränke.

Peter stand auf, mit einem seligen Ausdruck im Gesicht. Ich saß mit dem Rücken zur WC-Anlage. 

Plötzlich verdunkelte sich sein Gesicht. Es nahm irgendwie den Ausdruck einer Teufelsfratze an. Die Haare standen wie bei einem Feuervogel zu Berge und irgendwie meinte ich leichte Ausbuchtungen von Satanshörnern zu erkennen. Schnaubend züngelten kleine Flammen aus seinen Nüstern und wirre, grollende Drohlaute rollten über seine, vor Hass sabbernden Lippen. Ich hatte noch nie so ein Abbild von verzweifelter Gehäßigkeit gesehen.

Als ich mich umdrehte, sah ich das Ausmaß seines Schreckens.. Eine freundliche Putzfrau betrat gerade die WC`s und begann leise vor sich hinträllernd, die Männertoiletten zu putzen.

Peter war ein klitzekleines bischen  indispuniert ... wie man so schön sagen möchte. Und ich sank vor Lachkrämpfen geschüttelt zusammen.

Es waren wie immer, drei äußerst lustige Tage...

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.03.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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