Katja Heinrich

Zwillingsflamme V. - The End

VII.

In dieser Woche versuchen Darius und Eila die Tatsache zu ignorieren, dass sie ihre wiederentdeckte Liebe nicht ausleben können. Morgens schaut er Eila beim Frühstück zu bevor sie sich zur Arbeit verabschiedet.

Wenn Eila abends von der Arbeit kommt, leistet Darius ihr beim Essen Gesellschaft, sie schauen zusammen fern oder reden bis tief in die Nacht hinein. Sie schläft jede Nacht neben ihm ein, er hält seine Hand über der ihren und sie genießen diesen mininmalen Austausch an fast-körperlicher Nähe.

Doch jeden Tag fühlt sich Eila schlechter, jeder Tag wird schwerer als der vorherige, jeden Tag wird die Sehnsucht größer, Darius wirklich berühren zu können.

Und Darius spürt den Schmerz und die Sehnsucht doppelt, seine und ihre. Er nimmt ihre Trauer wahr und hält es schließlich nicht mehr aus.

 

Am Samstag vor ihren Ferien teilt Darius Eila seine Entscheidung mit.

Sie sitzt an ihrer Staffelei und malt.

Eila, ich muss mit dir reden.

„Ja, warte, gleich.“

Nein, jetzt, Eila, es ist mir ernst.

Erstaunt dreht sie sich nach ihm um und schaut ihn fragend an. „Was gibt es denn?“

Seit einer Woche sehe ich dir zu wie du leidest, ich spüre deine Sehnsucht, deinen Schmerz. Ich ertrage es nicht, dich so zu sehen, Eila, du musst mich vergessen. Das, was zwischen uns ist, tut dir nicht gut, es zerstört dein Leben. Und das kann und will ich nicht verantworten, ich bin dein Beschützer – und momentan habe ich eher das Gefühl ich zerstöre mehr als ich beschütze.

„Was soll das bedeuten?“ flüstert Eila ahnungsvoll. „Was hast du vor?“

Ich werde mich wieder zurückziehen, Eila, so wie es war bevor du mich hören und sehen konntest. Du sollst mich vergessen und leben. Du sollst jemanden finden, der dir wirklich ein Partner sein kann.

„Ich will niemanden außer dir.“ Eila steht auf und geht auf ihn zu. „Das kannst du nicht machen, Darius.“

Eila, bitte, es ist besser für dich. Ich bin nicht gut für dich. Das ist nicht richtig.

„Es interessiert mich nicht, was richtig ist, Darius, bitte. Tu das nicht.“ weint Eila.

Ruf mich nicht, ich werde nicht reagieren. Vergiss mich. Ich liebe dich, Eila, immer. Seine Hülle verblasst.

„Darius!“ ruft  Eila und sinkt schluchzend zu Boden. „Darius, bitte nicht.“ Sie bleibt wie betäubt liegen.

 

Das Telefon und auch ihr Handy klingeln mehrmals, Eila hört es wie durch eine Wand, sie kann sich nicht rühren.

Am frühen Abend hat sie sich leer und kraftlos geweint, aber noch immer schneidet ihr der Schmerz die Kehle zu.

Sie schleppt sich mühsam zu ihrem Bett, auf dem sie zusammengerollt niedersinkt. Irgendwann kommt der gnädige Schlaf.

 

„Eila?“

Sie träumt von Darius. Ruft er?

„Eila, verflucht nochmal, wach auf. Was ist eigentlich los mit dir? Ich versuche dich seit Stunden zu erreichen.“

Unsanft wird sie gerüttelt.

„Darius.“ murmelt sie leise.

„Was Darius? Ich bins, Lea.“

„Lea?“ Tränen rinnen über Eilas Gesicht.

„Um Gottes Willen, Maus, was ist passiert?“ Lea richtet ihre Freundin auf und nimmt sie in den Arm. „Sag mir bitte, was los ist, Eila, ich bitte dich!“

Eila schüttelt schluchzend den Kopf.

„Gut, wein dich aus, meine Maus, ich bin da. Lass es raus.“

 

Eine Stunde später erzählt Eila ihrer Freundin alles. Es kümmert sie nicht mehr, ob sie es darf oder nicht.

Lea ist fassungslos. „Das klingt unglaublich.“
„Es tut unglaublich weh.“ erklärt Eila. „Ich fühle mich so tot und so leer und gleichzeitig ist so viel Schmerz in mir. Ich habe keine Kraft.“ murmelt sie müde.

Lea bettet sie zurück auf das Kissen.

„Schlaf ein bisschen, ich bleibe bei dir.“

 

Eila schläft wie eine Tote. Sie träumt nicht mehr.

Am nächsten Tag holt Lea einige Sachen aus ihrer Wohnung, sodass sie bei Eila bleiben kann. Sie richtet sich im Gästezimmer ein. Lea  macht sich große Sorgen um die Freundin, die größtenteils schläft – und in der wachen Zeit meistens weint. Sie isst kaum, Lea ist froh, wenn sie ihr gezuckerte Getränke verabreichen kann.

Nach drei Tagen zwingt Lea Eila in die Badewanne, sie wirkt wie ferngesteuert, vollkommen gleichgültig.

Am folgenden Sonntagabend hat Lea die Nase voll und hält ihrer Freundin eine Standpauke, in der Hoffnung, sie so wieder unter die Lebenden zu kriegen. Eila sitzt nur in ihrem Bett, lässt alles über sich ergehen und zeigt keinerlei Reaktion.

„Verdammt nochmal, Eila, du musst in zwei Wochen wieder arbeiten, wie soll das denn weitergehen?“

Eila zuckt müde mit den Schultern.

„Ich kann nicht ewig blieben, Maus.“
„Ich weiß.“ erwidert Eila mühsam. „Es ist ok, wenn du gehst, danke für alles.“

Lea schnauft. „Ich habe dich noch nicht aufgegeben, meine Gute.“

„Aber ich.“ murmelt Eila leise und lässt sich zurück aufs Kissen sinken. „Und es ist mir egal.“

Lea rauft sich verzweifelt die Haare und stapft aus dem Zimmer. Kurz darauf stapft sie wieder zurück.

„Ok, Maus, ich sage dir jetzt etwas und das meine ich wirklich verdammt ernst. Du hast noch eine Woche. Wenn dann keinerlei Besserung eintritt, dann lasse ich dich in eine Klinik einweisen. Vielleicht brauchst du dann wirklich professionelle Hilfe.“

Und damit stapft Lea wieder aus dem Zimmer.

Eila zuckt mit den Schultern und sinkt wieder in bleiernen Schlaf.

In dieser Nacht träumt sie zum ersten Mal wieder seit Darius gegangen ist. Sie träumt von ihm. Wie in den folgenden zwei Nächten auch.

In der Nacht zum Donnerstag wacht sie weinend auf und liegt schlaflos im Bett.

„Darius, ich kann nicht mehr.“ sagt sie in das dunkle Schlafzimmer.

Sie konzentriert sich auf ihn. Und plötzlich spürt sie ihn wieder. Sie hält den Atem an.

Eila …

„Darius?“ flüstert sie.

Eila, es tut mir leid.

Sie schluchzt leise. Es tut so unendlich gut, ihn wieder zu hören.

Ich dachte, es wäre besser, wenn ich verschwinde. Aber du siehst schrecklich aus. Dir geht es so schlecht, es zerreißt mich.

Seine Umrisse erscheinen neben Eila auf dem Bett. Sein Blick ist besorgt.

Tränen rinnen in Sturzbächen über ihr Gesicht.

Ich wollte dir nicht weh tun, Eila, bitte.

Sie nickt. „Wirst du wieder verschwinden?“

Ich kann es nicht. Ich dachte, ich könnte es, aber ich kann dich nicht so sehen. Und ich kann nicht existieren ohne mit dir zu reden. Es tut so weh.

Eila lächelt und dreht sich auf die Seite, Darius löffelt sich hinter sie.

Während die Tränen langsam trocknen, ebbt der Schmerz ab und sie nimmt ihn immer deutlicher wahr.

Sie lässt sich so vollkommen in diese Wahrnehmung fallen, dass sie bald das Gefühl hat, ihn als Körper an ihrem Rücken zu spüren. Sie fühlt sich wie in Trance, die Leere in ihrem Körper verschwindet.

„Oh. OH!“

„Was ist?“ murmelt Eila.

„Eila… ähm, ich habe keine Antwort.“

„Fängst du schon wieder….“ der Satz bleibt ihr Hals stecken. Keuchend dreht sie sich langsam um. „Du SPRICHST mit mir! Laut!“ Entgeistert starrt sie ihn an. „Was zum Himmel…..?“

„Was ist passiert? Wie ist das passiert?“ Darius räuspert sich und starrt genauso entgeistert zurück.

Vorsichtig berührt Eila seine Hand. Sie ist real. Fest und warm.

 

 

 

 

Epilog

 

 

Darius wurde zum Mensch für die Dauer von Eilas Leben. Er war noch immer ihr Beschützer und hatte weiterhin besondere Fähigkeiten.

 

Sie entstammten einer Seele und fanden nach Eilas Tod in der Ewigkeit für immer zusammen.

 

 

 

 

 

 

Dedicated to Sveti - my real Lea

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.03.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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