Markus Froehlich

Das was bleibt

Der Expressfrachter “Panther XF-77A“ tauchte in die unteren Atmosphaerenschichten ein. Die
Huelle gluehte weiss unter dem Ansturm der Luftpartikel, die sich in dieser Hoehe wie dickster
Sirup verhielten im Vergleich zum freien Raum. Unter mechanischem Poltern und Surren fuhren
die Landestuetzen aus, die wie riesige Metallklauen unter dem Schiff auseinander klappten und sich
verriegelten.

 

“Was haben wir auf diesem Planeten?“ fragte die Pilotin waehrend sie den Steuerknueppel fuer
Atmosphaerenflug an sich zog. “Nichts, kleiner Zwischenstopp den unsere Bosse vorschreiben.“ “Was -
wir sollen bezahlt Pause machen und dafuer extra landen? Schoene Energieverschwendung.“
Die Normalraumtriebwerke arbeiteten inzwischen auf hoechster Leistung um die Sinkrate
auszubremsen. Die Pilotin behielt die Anzeigen der Higgsfusionsgeneratoren im Auge, die
Energieautomatik leistete reibungslose Arbeit. “Koordinaten sind korrekt?“ “Yeah, sieht aus als
wollten sie uns auf der Grasebene dieses Kontinents haben“ “Natur pur. Schoener Mist.“

 
Im schubunterstuetzten Gleitflug war der “Panther“ inzwischen auf wenige Kilometer Hoehe an die
Oberflaeche herangekommen. Die Pilotin hielt den Knueppel fester, die Automatiklampe erlosch
unter einem Klingelton und das Schiff gehorchte nur noch ihren Kommandos. Minuten spaeter
stand der “Panther“ still auf der weiten Grasebene. Seine Huelle knisterte und knallte. Die
Landekufen hatten einige Baeume geknickt und viele dutzende Meter breite Streifen in die
Grasnarbe gefurcht. Die Pilotin nahm den Handschlag des Kopiloten (alte Raumfahrergeste) entgegen
und verabschiedete sich in ihre Koje. Der Kopilot fuhr die nicht noetigen Schiffssysteme herunter
und stellte sich auf den 2 Wochen langen Aufenthalt ein. Durch die Sichtscheibe zu seinen Fuessen
sah er einen Bachlauf und kleinen Teich der nach moeglicher Beute aussah. Er koennte sein
Angelzeug aus seinem Stauraum holen und etwas fischen. Bevor er den Kilometer zum anderen
Ende des Schiffes lief, tippte er in den Bordcomputer: “?Planetendaten?“ Die Antwort des Computers
war:

 
ERDE... es folgten astronavigatorische Daten. Er rief die Tierwelt auf, sah nicht gefaehrlich aus.
Ebenso die Pflanzenwelt. Eigentlich komisch, dass das Reich keine Kolonie hier hatte. Sogar die Luft
war atembar im hoechsten Grad. Ah – keinerlei Rohstoffvorkommen vorhanden - sogar der Kern
war weitmoeglichst ausgebeutet. Na, das erklaerte einiges. Er stand gaehnend auf und machte sich
auf den Weg sein Angelzeug zu holen.

 
Am fuenften Tag des Urlaubs sass er wie immer am kleinen Teich. Der “Panther“ dominierte den
Himmel in zwei Richtungen mit seiner grauen Huelle. Er liess den Schwimmer tanzen und hoffte
wieder einen so dicken Fisch wie gestern zu fangen. Der hatte ausgesprochen gut geschmeckt und
der Schiffscomputer hatte waehrend der Zubereitung keinerlei Giftstoffe gefunden. Er rueckte seine
Schirmmuetze zurecht und strich die Aufschlaege seiner hochgekrempelten Uniformaermel nochmal
glatt. Dieser Platz war nett fuer Urlaub, allerdings viel zu weit von Bevoelkerungszentren entfernt
um einen vernuenftigen touristischen Betrieb zu ermoeglichen. Erneut schweifte sein Blick und
seine Gedanken kreisten mehr um den Fisch den er fangen wollte.

 
Ein Ruf vom Expressfrachter her unterbrach den Bann des Schwimmers. “Ich hoffe sie beissen!“ “Es
geht, wieso?“ Die Pilotin war inzwischen herangekommen. Sie hatte die Funkerkappe auf. Das
Anschlusskabel baumelte hinter ihrem Ruecken, sie hatte es achtlos ueber die Schulter geworfen.
“Wir haben einen generellen Alarm auf Interdimwelle empfangen.“ “Generell? – Galaxieweit!?“ “Ja. Sie
sagen die Raummarine ist einberufen. Es gibt eine Invasion. Die wenigen Nachrichtensendungen die
noch durchkamen reden von einem Schleim der auf die aeusseren Welten regnet. Ein Organismus
aus dem intergalaktischen Raum!“ Die Augen des Kopiloten waren groesser und groesser geworden,
teils vor Entsetzen, teils vor Erstaunen. Die Frage ob die Menschen alleine im Universum waren
war nach vielen tausenden Jahren eindeutig beantwortet. Er sprang auf und warf dabei seine Angel
um. “Aber dann muessen wir los! Die ganze Raummarine. Mein Gott! Nein Moment - wir sind zu weit
von jedem Kommandoposten entfernt. - Wir muessen sofort unsere Notfallanweisung aufbrechen; die
Karte fuer den Kriegsfall und Schiff im abgelegenen Gebiet.“
 
“Das habe ich schon.“ antwortete die Pilotin ruhig. “Schon vor einer Stunde. Genau genommen habe ich sie alle aufgebrochen,.“ “Und? Was sagen die Karten?“ “Wir sollen das Schiff tarnen, seine Energiequellen zerstoeren und hier verharren bis man uns holt.“
 
“Ich verstehe nicht...“ “Sie sagen es alle. ALLE Karten sagen wir sollen
uns hier verstecken, wir und unser Schiff!“ Die Pilotin geriet kurz ausser Fassung und sie griff wild
in die Luft. “Deshalb habe ich alle Karten angesehen, die erste gefiel mir nicht.“ Der Kopilot war
dabei seine eigene Fassung zu sammeln. “Also wollten sie unsere Ladung in Sicherheit bringen. Sie
muessen es gewusst haben. Da. Die Karte sieht auch neu aus.“ Er ergriff das Plastikquadrat und
befuehlte es. Die Pilotin blickte starr vor sich her “Ja, die Ladung in Sicherheit bringen...“ “Was
haben wir an Bord?“ “Ich habe ein paar Kisten aufgestemmt. Es war Krempel. Haufenweise
Mikrofolien-Literatur, Gemaelde, Statuen, auch belangloser Alltagskram.“

“Eine Zeitkapsel!“ stoehnte der Kopilot. “Der ganze verfluchte Dreihunderttausendtonnen-Frachter ist
eine Zeitkapsel! Wir sind lebendig begraben. - Sie muessen den Krieg schon vorher verloren gesehen
haben.“

“Ja.“ - die Pilotin antwortete langsam - “Ich denke es wird niemand kommen.“

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.03.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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